Rheinpfalz 06.08.2016 VHS Neustadt und Flüchtlinge

DIE RHEINPFALZ
— NR. 182
A KT U EL L NO TI ER T
Stadt zu Kita-Außenanlage:
Von Expertem abgenommen
Bei der Bepflanzung der Außenanlage der Kindertagesstätte in der Pulvertrumstraße habe
sich die beauftragte Fachfirma an die Vorschriften der Unfallkasse Rheinland-Pfalz gehalten. Ein Sachverständiger für Spielplätze
habe die Anlage danach auch abgenommen
und die Bepflanzung abgesegnet. Das hat die
Stadtverwaltung, Abteilung Gebäudemanagement, im Nachgang zu unserem Bericht
„Laubgehölze sind für Kinder viel attraktiver“
vom vergangenen Mittwoch erklärt. Dabei
hatten Experten kritisiert, dass nicht auf heimische Gewächse gesetzt worden sei. Mit Obstbäumen, wie etwa von Landschaftsarchitekt
Martin Hauck gefordert, seien wiederum
schlechte Erfahrungen gemacht worden, so
das Gebäudemanagement weiter: Durch herabfallende und faulende Früchte würden zum
Beispiel Bienen und Wespen angelockt und
die Kinder womöglich gestochen. Daher würden Obstbäume oder -sträucher nur auf ausdrücklichen Wunsch gepflanzt. Bei der Kita
Pulverturmstraße sei das nicht der Fall gewesen. Darüber hinaus müsste den Kindern zum
Beispiel bei Beeren vermittelt werden, welche
essbar seien und welche nicht. Zu bedenken
wäre schließlich auch noch der sehr viel größere Pflegeaufwand. Vor Haselnuss-Sträuchern warnt zudem eine RHEINPFALZ-Leserin:
Diese lösten oft Allergien aus, was den Aufenthalt im Freien und das Lüften der Räume
schwierig mache. |ahb
Sommertour der RHEINPFALZ:
Blick hinter die Kulissen des Roxy
Kino gestern, heute und morgen: Die RHEINPFALZ-Sommertour führte am Donnerstag ins
Roxy-Kino, wo Betreiber Michael Kaltenegger
den knapp 20 Gästen im Vorführraum die
technische Entwicklung der vergangenen
Jahrzehnte erklärte und Einblick in die nächsten Pläne gab. So soll es demnächst Live-Übertragungen von Opern geben.
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T A GE STHE MA
Mit „Chinchillas“ den Knoten lernen
SAMSTAG, 6. AUGUST 2016
Herausforderung auch für die Schule
FLÜCHTLINGE IN NEUSTADT (8): Sprache ist die Grundlage für Integration: Dabei spielt die Volkshochschule
eine entscheidende Rolle. Die Institution ist in den vergangenen zwei Jahren permanent gewachsen
und muss ständig auf neue Regelungen reagieren. Zurzeit besuchen in Neustadt über 400 Flüchtlinge Sprachkurse.
16 Rundschreiben in nur sechs Monaten: Was der Volkshochschule
(VHS), dem Hauptträger der Sprachkurse für Flüchtlinge, zurzeit das Leben schwer macht, ist der bürokratische Aufwand hinter den Kulissen.
Die Regelungen des Bundesamtes
für Migration und Flüchtlinge sind
umfangreich und werden oft als zu
starr empfunden. Zum Beispiel diese: Wenn ein Kurs begonnen hat,
darf nach dem dritten Tag ein Platz,
der aus irgendwelchen Gründen frei
wird, nicht wieder belegt werden.
Obwohl es eine Warteliste gibt und
die pädagogischen Fachkräfte sich
durchaus in der Lage sähen, einem
Nachrücker den versäumten Stoff
noch beizubringen.
„Mehr Vertrauen“ von Seiten des
Bundesamtes wünscht sich deshalb
die pädagogische Leiterin der Volkshochschule, Dagmar Fries. Und ein
bisschen weniger Dokumentationspflicht. Schließlich sei der Unterricht an sich schon eine gewaltige
Herausforderung.
In zunehmenden Maß kämen
Flüchtlinge in die Kurse, die das lateinische Alphabet nicht kennen,
sagt Fries. Insgesamt laufen zurzeit
elf Alphabetisierungskurse, teilweise finanziert durch die Stadt, teilweise durch die Bundesregierung.
„Das Bildungsniveau hat drastisch
abgenommen“,
sagt
Nicoletta
Schuster, die bei der VHS für den Bereich „Deutsch als Fremdsprache“
zuständig ist.
Gründe dafür gibt es etliche. Zum
einen kommen durch den Familiennachzug mehr Frauen nach Neustadt, die in der Regel schlechter
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ausgebildet sind. Zum anderen
zwingt der Bürgerkrieg, beispielsweise in Syrien, inzwischen auch
Menschen aus ländlichen Regionen
zur Flucht.
Gerade die Alphabetisierungskurse zeigen, dass es im Unterricht um
mehr geht als um Sprachvermittlung. Die Kurse gäben den Menschen Strukturen und Sicherheit, eine Perspektive und teilweise sogar
so etwas wie ein Zuhause, erklärt
Sprachlehrerin Neele Mundt. Ihre
Schüler erlebt sie in aller Regel als
hochmotiviert. „Viele lernen auch in
der Pause“, erzählt sie.
Allerdings seien viele Flüchtlinge
der Meinung, dass der Spracherwerb ihnen sofort den Weg in die
Arbeitswelt öffne. Wenn sie dann
erfahren, dass für die meisten Berufe eine mehrjährige Ausbildung nötig ist, seien sie häufig geschockt.
„Die Leute wollen Geld verdienen“,
sagt Schuster.
Das Bundesamt erhöht
Honorare stärker als
Pauschalen für die VHS.
Ums Geld geht’s aber auch innerhalb des ganzen Systems von Bildungsträgern, Honorarkräften sowie staatlichen und kommunalen
Geldgebern. Die jüngste Änderung
in diesem Geflecht sorgt bei Dagmar
Fries und ihrem Team für Bluthochdruck: Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, das das Honorar
für Sprachlehrer in den staatlich finanzierten Kursen festlegt, hat Mitte Juli eine drastische Erhöhung des
Stundenlohns beschlossen: von 23
auf 35 Euro. Und das sogar rückwirkend zum 1. Juli. Gleichzeitig ist
aber die Pauschale, die die Bildungsträger pro Schüler und Kursstunde
erhalten, nur geringfügig angehoben worden, so dass bei den Bildungsträgern nun ein Defizit entsteht.
Die Erhöhung hängt mit der großen Nachfrage nach qualifizierten
Sprachlehrern zusammen. Das Bun-
Flüchtlinge beim Deutschlernen, hier im Kurs von Bernhard Rieger.
desamt suche dringend Honorarkräfte und biete Interessenten mit
bestimmten Voraussetzungen Qualifizierungsmöglichkeiten an, erklärt Fries. Unterdessen arbeiten
aber auch ehrenamtliche Kräfte an
der VHS Neustadt als Sprachlehrer.
Die Stadt gehört laut Fries zu den
wenigen Kommunen, die neben den
staatlich geförderten Kursen mit
kommunalen Mitteln und mit Unterstützung von ehrenamtlichen
Kräften weitere Kurse anbietet. Davon profitieren all die Flüchtlinge,
die von den staatlich geförderten
Kursen ausgeschlossen sind. An diesen dürfen nämlich nur diejenigen
teilnehmen, die entweder als asylberechtigt anerkannt sind oder eine
„gute Bleibeperspektive“ haben. Syrer, Eritreer, Iraker und Iraner werden so eingestuft, Afghanen dagegen nicht. Diese Unterscheidung
stoße bei vielen Kommunen auf Kritik, sagt Fries. Neustadt habe bereits
im Herbst 2014 beschlossen, Geld
für den Sprachunterricht in die
Hand zu nehmen: 60.000 Euro im
vergangenen Jahr, die gleiche Summe in diesem. Zurzeit werden aus
diesen Mitteln 22 Kurse finanziert.
Fries geht davon aus, dass das Unterrichtsangebot für Flüchtlinge insgesamt noch weiter ausgebaut wird.
Für Kurse, die Sprachförderung mit
Berufsvorbereitung verbinden, laufe bereits eine Ausschreibung. Angesichts des häufig niedrigen Bil-
FOTO: LINZMEIER-MEHN
dungsniveaus hält sie aber auch allgemeinbildenden Unterricht für
wichtig. Die VHS Neustadt nehme
an Ausschreibungen dieser Art
grundsätzlich teil. „Ich sehe die
Volkshochschule da in der Pflicht,
das bestmögliche Integrationsangebot zu machen. Das kommt ja der
Stadt zugute“, so Fries. |kkr
DIE SERIE
Das Thema Flüchtlinge in Neustadt umfasst viele Aspekte. Wie stellen sich Kindertagesstätten und Schulen auf? Was
bedeutet Flüchtlings-Fernsehen? Wie
läuft es bei den Deutschkursen, wie auf
dem Arbeitsmarkt? Diese und andere
Themen wollen wir in loser Folge über
das Jahr hindurch aufgreifen.
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Afrikaviertel-Verein will Dornröschen wachküssen
Pfadfinder sein ist mehr als ein Feuer machen
und den Kompass bedienen können: Seit 40
Jahren gibt es den Verband Christlicher Pfadfinder (VCP) in Haßloch.
LOKALSEITE 3
B I T TE U M BLÄT TE RN
Waffen werden neu registriert
Land: Zirka 10.000 private Schusswaffen sind
im Kreis Bad Dürkheim noch korrekt ins Nationale Waffenregister einzutragen. Bis Ende
2017 sollen die Listen fertig sein. LOKALSEITE 4
Regen stoppt Segelflieger
Sport: Der erste Tag bei der Qualifikation zur
deutschen Segelflugmeisterschaft in LachenSpeyerdorf ist buchstäblich ins Wasser gefallen: Es gab Hagel und Regen.
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Neu gegründete Gemeinschaft steht in Startlöchern bei Denkmal- und Landschaftsschutzpflege
Es war nicht geplant, fügt sich aber
gut zusammen: Am Dienstag hatten wir über eine studentische Arbeit zur Axtwurfanlage im Afrikaviertel berichtet, gestern nun hat
sich der neu gegründete Afrikaviertel-Verein gemeldet.
„Eine bessere Möglichkeit, auf den
neuen Verein und dessen Ziele hinweisen zu können, hätten wir uns
nicht träumen lassen“, meint Vorsitzender Stephan-Marc Solomon.
Wie berichtet, hatte sich eine angehende Landschaftsarchitektin in ihrer Bachelorarbeit mit der Axtwurfanlage beschäftigt und war dabei zu
dem Schluss gekommen, dass der
frühere Park aus seinem Dornrös-
chenschlaf erweckt werden sollte.
Denkmalpflege, Landschaftspflege und bürgerschaftliches Engagement – das sind die Kernziele des im
Juni gegründeten Afrikaviertel-Vereins. Mit Blick auf die denkmalgeschützte Hauberanlage, die Axtwurfanlage und den angrenzenden
Stadtwald habe es ein reges Interesse unter den Anwohnern gegeben,
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sich zu engagieren, so der Vorsitzende.
Solomon hatte im September vergangenen Jahres im Innenstadtbeirat angekündigt, einen solchen Verein ins Leben rufen zu wollen. Seit
Sommer 2015 hatte er Gespräche
mit Anwohnern geführt und mittels
eines Flugblatts das Interesse im
Quartier abgefragt. Parallel dazu
wurde eine Satzung erarbeitet. Das
Ziel ist klar formuliert: ein starker
Förderverein für das Afrikaviertel,
der sich der dauerhaften Pflege der
Anlagen ideell, materiell und finanziell widmet und so den Zusammenhalt des Quartiers fördert.
Er freue sich schon jetzt auf die
Zusammenarbeit mit der Unteren
Naturschutzbehörde, dem Forstrevier und dem Denkmalschutz, sagt
Solomon, und ist sich sicher: „Wir
werden schnell auf einer Wellenlänge sein, die Schönheit der Anlagen
herauszuheben, ist einfach ein emotionales Thema mit praktischem,
sehr konkretem Bezug.“
Derzeit stimmt der Verein mit
dem Finanzamt die Anerkennung
der Gemeinnützigkeit ab, anschließend wird die Satzung notariell
dem Vereinsregister vorgelegt:
„Wir sind zuversichtlich, bis zum
Herbst offiziell als Verein geführt
werden zu können“, erklärt der Vorsitzende. Bis dahin wollen die Gründungsmitglieder ordentlich die
Werbetrommel rühren. Dem Vor-
stand gehören außerdem als stellvertretender Vorsitzender Hans
Kaiser, als Schatzmeisterin Regina
Remy und als Schriftführer Manfred
Oesterlean. |ahb
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Weitsichtige
Befürchtungen
Die Gefahr, dass Parkplätze permanent von E-Autos blockiert werden,
weil diese kostenlos parken dürfen,
scheint geringer als die Unternehmer-Gemeinschaft Willkomm zuletzt befürchtet hat. Am Mittwoch
wurde in dieser Zeitung schon spekuliert, ob mittlerweile schon das
kabellose Stromtanken erfunden
worden sei, weil die Autos an den
Stromtankstellen am Juliusplatz gar
nicht angeschlossen waren. Spaß
beiseite. In Neustadt sind zurzeit genau 29 E-Autos zugelassen, eins davon ist städtisch. Insgesamt gibt es
37.961 Autos (Höchststand, rund
800 mehr als 2015). Allerdings:
Auch bei den E-Autos zeigt der
Trend nach oben. 2015 waren es
nämlich erst 25. Man muss sich das
nur mal in Prozentzahlen statt in
Stückzahlen anschauen, um zu sehen, was für ein Trend das ist. Zum
Ziel der Bundesregierung, bis 2020
die Million an E-Autos zu erreichen,
trägt Neustadt dennoch eher wenig
bei. Anderswo ist es aber auch nicht
viel besser. Statistiker haben ausgerechnet, dass es, wenn es in dem
Tempo weitergeht, bis zum Jahr
2168 dauern wird, bis die Million
voll ist. Spätestens dann könnten
die Befürchtungen der Willkomm
berechtigt sein.
| KATHRIN KELLER
AMALIENSTRASSE
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Die Sache mit
der Niederlage
Dass bei Bauprojekten gestritten
wird, ist keine Seltenheit. Klar ist
zudem, dass es die Neustadter Bauverwaltung nie leicht hat und so
manche Kritik unverdient einste-
KARIKATUR: HERRMANN
cken muss. Im Fall Amalienstraße
14, in dem ein Gründerzeithaus saniert werden soll, ist ihr Verhalten
allerdings nicht nachzuvollziehen.
Dort hat es einiges an Pleiten, Pech
und Pannen gegeben, und trotzdem
wird immer weiter versucht, die Sache noch schönzureden. Jüngstes
Beispiel: Dass sich Stadt und Bauherr bei dessen Klage auf Schadenersatz auf einen Vergleich geeinigt
haben, wird von der Stadt nicht als
Niederlage gewertet. Was kaum zu
verstehen ist, wenn man bedenkt,
dass sie solche Ansprüche im Herbst
2015 als unbegründet zurückgewiesen und die Sache ihrer Versicherung übergeben hat. Die jetzt gezwungen war, 45.000 Euro zu bezahlen, weil das Gericht genau diese
Ansprüche des Bauherrn anerkannte. Der Vergleich betraf allein die
Höhe der Entschädigung. Bleibt die
Frage, wie eine Niederlage aussehen
muss, damit die Stadt eine solche
eingesteht.
| ANKE HERBERT
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