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Liebe Kolleginnen und Kollegen,
nachfolgend bieten wir Ihnen eine Meldung an.
Malu Dreyer (SPD), Ministerpräsidentin Rheinland-Pfalz,
Telefon
gab heute, 22.04.16, dem Südwestrundfunk ein Interview zum Telefax
Thema: „Bund-Länder-Sondergipfel zum
Integrationsgesetz“ .
Internet
Das „SWR2 Tagesgespräch“ führte Rudolf Geissler .
Mit freundlichen Grüßen
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Datum:
07221/929-23981
07221/929-22050
www.swr2.de
22.04.2016
Bund soll 10 Milliarden der Integrationskosten tragen / Mainzer Ampelkoalition "perfekt"
Baden-Baden: Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) ist mit den
Berliner Eckpunkten für ein Integrationsgesetz "sehr zufrieden". Im Südwestrundfunk (SWR)
sagte Dreyer, das Konzept entspreche inhaltlich dem, was auch die neue Mainzer
Ampelkoalition, die jetzt "perfekt" sei, als "humane Flüchtlingspolitik" verfolge. Für den BundLänder-Gipfel heute in Berlin erhoffe sie sich allerdings Zusagen, dass der Bund künftig die
Hälfte der Integrationskosten tragen werde. Beide Seiten, Bund und Länder, müssten sich dann
voraussichtlich 20 Milliarden Euro teilen. Als besonders positive Elemente des geplanten
Integrationsgesetzes hob Dreyer zum einen hervor, dass Asylbewerber in Ausbildung künftig für
diese Zeit Bleiberecht erhalten sollten. Das sei auch für die Ausbildungsbetriebe wichtig
gewesen. Rheinland-Pfalz werde zum andern davon profitieren, dass es künftig in Gebieten mit
hohem Fachkräftebedarf möglich werde, Asylbewerber vorrangig einzustellen.
Wortlaut des Live-Gesprächs:
Geissler: So spannend das Integrationsgesetz ist, auf das wir gleich kommen werden,
neugierig bin ich natürlich erst mal auf die Mainzer Ampel. Die Agenturmeldungen sind
schon voller Details. Es fehlt eigentlich nur noch die Bestätigung durch Sie. Ist die
Koalition perfekt, oder ist noch etwas offen?
Dreyer: Ja, die Koalition ist perfekt, und wir werden heute um 11 Uhr gemeinsam die
Ergebnisse der Koalitionsverhandlungen präsentieren und ich bin sehr glücklich darüber, dass
wir wirklich dreieinhalb Wochen sehr gut verhandelt haben.
Geissler: Die Agenturen sagen zur Ressortverteilung, fünf für die SPD, zwei für FDP und
Grüne jeweils, ist das so?
Dreyer: Da haben Sie jetzt Verständnis, dass ich Dinge jetzt vorbehalte bis 11 Uhr. Das wäre
nicht ganz fair meinen Partnern gegenüber. Wir haben so gut und auf Augenhöhe miteinander
verhandelt, so dass ich die Ergebnisse auch gemeinsam mit ihnen präsentieren möchte.
Der SWR ist Mitglied der Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der Bundesrepublik Deutschland (ARD)
Geissler: Das ist zuletzt ja doch ziemlich schnell gegangen. Waren die Verhandlungen
wirklich so geschmeidig oder musste das unbedingt jetzt noch fertig werden, damit es
morgen beim Bundesparteitag der FPD mal wieder etwas zu feiern gibt?
Dreyer: Nein, wir hatten tatsächlich einen Zeitplan uns vorgenommen. Er ist jetzt sehr sehr gut
eingehalten worden. Es wäre gar kein Schaden gewesen, wenn wir ein paar Tage länger
gebraucht hätten. Aber die Gespräche waren sehr konstruktiv und auch immer zielorientiert, so
dass wir gestern einfach fertig waren und sehr sehr froh darüber sind.
Geissler: FDP-Generalsekretärin Beer hat sich gestern schon weit aus dem Fenster
gelehnt und gesagt, es wird jetzt in Rheinland-Pfalz in der Verkehrs- und Energie-Politik
„einen klar erkennbaren Politikwechsel geben“. Gilt das auch für die Integrationspolitik?
Dreyer: In Zukunft wird es auch in der Integrationspolitik bei einer humanen Flüchtlingspolitik
bleiben. Das ist selbstverständlich. Aber jede Fraktion oder jede Partei bringt natürlich ihre
eigenen Akzente mit ein. Klar ist aber dennoch, wir sind uns ganz und gar einig in der Frage,
dass Deutschland natürlich ein Integrationskonzept braucht, dass wir ein EinwanderungsGesetz brauchen. Deshalb bin ich auch sehr glücklich darüber, dass der Kanzlergipfel heute
dieses Integrationskonzept bringen wird, auf das wir ja auch schon lange jetzt warten.
Geissler: Also kein substanzieller Wechsel. Obwohl ja wie gemunkelt wird, Frau Dreyer,
das Ressort Integration jetzt den Grünen weggenommen wird und an Sie geht, die SPD.
Hat das also keinen sachlichen Grund?
Dreyer: Ich kann sehr sehr gut die Neugierde verstehen, aber ich möchte einfach nicht zu
Details im Moment etwas sagen. Sondern ich kann ganz gerne reden über das
Integrationskonzept, das ist wunderbar, und es ist tatsächlich so, dass das Thema Integration
die drei Parteien nicht wirklich getrennt hat.
Geissler: Zwei Forderungen die Ihnen, Frau Dreyer, besonders wichtig waren, sind jetzt
in diesem Gesetz zur Integration erfüllt worden. Asylbewerber in Ausbildung sollen
Bleiberecht haben für diese Zeit und zweitens, Asylbewerber sollen auch dann eingestellt
werden können, wenn es deutsche Bewerber für diese Stelle gibt. Die werden dann nicht
mehr unbedingt bevorzugt. Sind damit alle ihre Einwände erledigt, oder fehlt noch
etwas?
Dreyer: Das sind jetzt sehr sehr wichtige Punkte, diese Formel drei plus zwei. Das hat die
Wirtschaft wirklich auch sehr stark gefordert, dass Menschen, die in Ausbildung genommen
werden auch wirklich etwas bleiben können, wenn sie die Ausbildung geschafft haben. Das ist
ganz in unserem Sinne und auch für Rheinland-Pfalz ist es wichtig, dass wir auf unser Land
schauen können, wo in Zukunft diese so genannte Vorrangregelung eben nicht eingehalten
werden muss, einfach weil wir nach Fachkräften suchen, oder wo es besser ist, die
Vorrangprüfung zu haben, weil sie auch hier noch Arbeitslose haben in bestimmten Regionen.
Insofern bin ich damit sehr sehr zufrieden. Auch was andere Inhalte betrifft. Ich denke wir sind
sehr weit gekommen. Wir haben auch sehr intensiv, als Rheinland-Pfalz, mitgearbeitet an
diesem Konzept. Klar, die Frage wird offen bleiben, wie geht es mit der Beteiligung des Bundes
am Geld. Inhaltlich muss ich aber sagen, sowohl bei der gesellschaftlichen Integration, bei der
beruflichen Bildung, beim Arbeitsmarkt, bei der frühkindlichen Bildung und auch, was das
Thema Wohnungsbau betrifft, sozialer Wohnungsbau für alle Menschen unserer Gesellschaft,
sind wir sehr weit gekommen in dieser Konzeption.
Geissler: Das Stichwort Geld haben Sie schon erwähnt. Es fehlen natürlich klare
Ansagen noch, wer welche Kosten trägt. Länder und Kommunen verlangen längst schon
eine neue Kostenverteilung. Welchen Anteil sollte der Bund denn jetzt tragen, in welcher
Größenordnung?
Dreyer: Wir Länder sind ja schon der Auffassung, dass der Bund sich zur Hälfte an den
Integrationskosten beteiligen sollte. Wir anerkennen, dass wir für die Unterbringung Geld
bekommen vom Bund. Es bleibt aber die Mammutaufgabe, die Menschen zu integrieren, ohne
Der SWR ist Mitglied der Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der Bundesrepublik Deutschland (ARD)
dass andere Menschen, die hier schon lange leben, Nachteile haben. Das ist unser aller
Wunsch und insofern können die Zahlen im Moment gar nicht so genau beziffert werden. Wir
Länder gehen davon aus, dass Bund und Länder zurzeit 20 Milliarden brauchen, um Flüchtlinge
wirklich gut zu integrieren, und wir wünschen uns, dass der Bund sich zur Hälfte beteiligt.
Geissler: Je schneller jemand in Arbeit kommt, umso besser ist es auf jeden Fall für die
Integration. Aber gerade mit Blick auf diese Binsenweisheit, gibt es jetzt Bedenken von
Pro Asyl aber auch von einigen Integrations-Ministern, etwa aus Sachsen, gegen die
geplante Wohnsitzauflage, dass also Asylbewerbern der Wohnort verbindlich
zugewiesen wird. Das Argument der Kritiker lautet, da schickt man die Leute aufs flache
Land, wo vielleicht viel Platz ist, aber herzlich wenig Arbeit. Wie überzeugt sind Sie denn
von dieser Residenzpflicht?
Dreyer: Im Integrationskonzept ist ja die Option, da soll eine Option für Wohnsitzauflagen
vorgesehen werden und wir können hoffentlich dann landesintern wirklich auch darüber
diskutieren, wo ist es sinnvoll und wo nicht. Es ist überhaupt nicht sinnvoll, Menschen an einen
Wohnsitz zu binden, wenn sie da keine Arbeit haben. Aber das ist wirklich nicht geplant. Es
wäre Quatsch zu sagen, Menschen dürfen nicht dort sein, wo Arbeit ist. Aber es kann unter
Umständen schon sinnvoll sein, Menschen einer Region auch für eine Zeitlang zu halten, wenn
sie in Ausbildung sind, wenn sie Sprachkurse machen, dass nicht dort ständig ein Wechsel des
Wohnsitzes stattfindet. Insofern bin ich dafür, dass wir differenziert über diese Frage diskutieren
und dass wir die Option uns wirklich anschauen und nachsehen, wo ist es sinnvoll auch für
unser Land so etwas zu tun und wo ist vielleicht auch nicht sinnvoll.
- Ende Wortlaut -
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