SWR Tagesgespräch

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Liebe Kolleginnen und Kollegen,
nachfolgend bieten wir Ihnen eine Meldung an.
Ansgar Heveling (CDU), Vorsitzender des InnenAusschusses des Bundestages, gab heute, 21.04.16,
dem Südwestrundfunk ein Interview zum Thema:
„Nach dem Karlsruher BKA-Urteil: Perspektiven der
Terrorbekämpfung“.
Das „SWR2 Tagesgespräch“ führte Rudolf Geissler.
Mit freundlichen Grüßen
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Datum:
21.04.2016
CDU-Innenpolitiker Heveling: Karlsruher Auflagen zum Datenaustausch "härteste Nuss"
Baden-Baden: Der Vorsitzende des Bundestags-Innenausschusses, Ansgar Heveling (CDU), hält die
Umsetzung des gestrigen Karlsruher Urteils zum BKA-Gesetz für schwierig. Das gelte vor allem für die
hohen Hürden für den Terrordaten-Austausch mit dem Ausland, sagte Heveling im Südwestrundfunk
(SWR). Diese Auflagen seien die "härteste Nuss", die die Verfassungsrichter präsentiert hätten. Die
Zusammenarbeit mit den Sicherheitsbehörden der anderen EU-Partnerländer sei heute schon nicht
leicht. Grund dafür sei zum einen, dass manche Staaten stark auf ihre Souveränitätsrechte pochten. Zum
andern hätten die 28 EU-Staaten immer noch unterschiedliche Vorstellungen davon, wer als Gefährder
zu gelten habe, und wer nicht.
Wortlaut des Live-Gesprächs:
Geissler: Wer nicht verdächtig ist, darf nicht ausgeforscht werden, und die Intimsphäre
bleibt generell tabu - diese beiden Kernvorgaben der Verfassungsrichter sind in ihren
Reihen der Unions-Parteien schon auf Kritik gestoßen. Wie können diese beiden
Vorgaben so schwer wiegen, dass die Terrorbekämpfung Schaden nehmen kann?
Heveling: Das Grundgesetz weist diesen beiden Rechten eben einen hohen Schutzstatus zu.
Deswegen ist es schwierig einzugreifen. Bei den Befugnissen, die dem Bundeskriminalamt jetzt
neu erwachsen sind, muss man aber erst mal festhalten, dass sie im Grundsatz durch das
Bundesverfassungsgericht bestätigt worden sind, und es an dieser Stelle jetzt um die Frage der
Verhältnismäßigkeit und Ausgestaltung der Durchführung geht.
Geissler: Ihre Parteifreunde de Maizière und Strobl haben sich gestern so geäußert, als
sei das Verfassungsgericht weltfremd inzwischen.
Heveling: Es geht da vor allem bei der Frage um den Datenaustausch und die
Datenweitergabe. Da stellt in der Tat das Bundesverfassungsgericht hohe Hürden auf. Wir
haben ja gerade durch die Attentate von Paris und Brüssel gesehen, wie wichtig es ist, Daten
auch mit Europa und anderen Partnern auszutauschen. Das ist sicherlich die härteste Nuss, die
das Bundesverfassungsgericht uns an der Stelle aufgegeben hat.
Der SWR ist Mitglied der Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der Bundesrepublik Deutschland (ARD)
Geissler: Ihr Kollege Uhl, der CSU-Innenpolitiker, er hat maßgeblich an diesem BKAGesetz mitgewirkt, der hat neulich gesagt, also vor diesem Urteil, „das Gesetz stammt
aus 2009, die Welt hat sich dramatisch verändert. Heute würden wir dieses Gesetz noch
weiter verschärfen“.
Nur, mit Verschärfung wird es wohl nichts mehr werden nach dem gestrigen Urteil, oder
sehen Sie noch Spielraum?
Heveling: Ich glaube schon, dass es Spielräume gibt, weil es eben auch noch weitere Ansätze
gibt um neue Vorgaben für die Terrorismusabwehr zu machen. Da gibt es ja auch
gesetzgeberisch weitere Planungen. Sicherlich sind die Hürden hoch, das ist gar keine Frage,
aber noch einmal gesagt, die Befugnisse des BKA sind im Grundsatz bestätigt worden. Das
heißt, das Gesetz ist an der Stelle ja nicht für verfassungswidrig erklärt worden.
Geissler: Die Sicherheitsbehörden legen, fällt mir auf, sehr viel Wert darauf alle
möglichen technischen Mittel ausschöpfen zu können bei der Überwachung, bei der
Terrorbekämpfung, das wird ja beim BKA-Gesetz besonders deutlich. Aber, wenn Sie
sich ansehen, Herr Heveling, was da am Dienstag zum Beispiel in Sachsen, in Freital,
deutlich wurde beim Ausheben der Rechts-Terroristen, wie wenig da offensichtlich
immer noch zusammengearbeitet wird zwischen den Sicherheitsbehörden von Bund und
Ländern. Ist es nicht viel vordringlicher, den Datenaustausch mal verbindlich zu machen
und durchzusetzen?
Heveling: Das ist genau einer der wichtigen Punkte und sicherlich auch eines der größten
Probleme, die auch gerade jetzt diese Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts aufwirft.
Wie können wir das sowohl innerhalb der Bundesrepublik schaffen, dass die Daten zwischen
den Sicherheitsbehörden vernünftig ausgetauscht werden. Wir haben im Prinzip mit dem
gemeinsamen Terrorabwehr-Zentrum da ja auch schon einen organisatorischen Ansatz.
Geissler: Das scheint aber nicht zu funktionieren. Über dieses Thema wird schon seit
den NSU-Verbrechen gesprochen.
Heveling: Ich glaube, dass wir vom Grundsatz mit diesem Zentrum schon gut aufgestellt sind.
Aber wir sehen eben die rechtlichen Hürden, und da hat ja das Bundesverfassungsgericht eben
jetzt auch noch einmal gesprochen. Das macht es dann schwierig, den Austausch tatsächlich
rechtlich gut hinzubekommen.
Geissler: Aber nur mit dem Ausland. Das war das Problem gestern bei dem Urteil.
Welche Möglichkeiten sehen Sie denn, das innerhalb Deutschlands durchzusetzen. Denn
Absichtserklärungen gab es ja schon viele?
Heveling: Wie gesagt, da gibt es schon gute Ansätze, weil in diesem Terrorabwehr-Zentrum ja
tatsächlich Personen aus allen Sicherheitsbehörden miteinander im persönlichen Austausch
stehen.
Geissler: Aber Sachsen scheint außen vor gewesen zu sein, was Freital angeht?
Heveling: Im Einzelnen ist es natürlich dann auch schon mal problematisch, dass es Fälle
geben kann, wo Ermittlungen schwierig sind. Aber wichtig ist, dass da die Zusammenarbeit
eben in der Tat auch weiter gestärkt wird.
Geissler: Da frage ich Sie aber, welche Möglichkeiten sehen Sie, das war jetzt mein
Ansatz, das durchzusetzen. Denn Absichtserklärungen gibt es schon viele?
Heveling: Wir haben natürlich in Deutschland mit dem Föderalismus eine Aufteilung von
Sicherheitsbehörden. Mein Eindruck ist, dass es eben auch mehr als Absichtserklärungen sind,
denn es gibt die Institutionen schon. Es hängt dann natürlich tatsächlich auch davon ab, dass
die Länder an dieser Stelle sich auch tatsächlich intensiv einbringen.
Der SWR ist Mitglied der Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der Bundesrepublik Deutschland (ARD)
Geissler: In das Terrorabwehr-Zentrum bei Europol sollen überhaupt nur vier oder fünf
EU-Länder ihre Daten einspeisen. Welche Art Vertrauensbildung ist denn da noch nötig,
aus Ihrer Sicht, damit zumindest alle EU-Staaten mal ihre Daten austauschen?
Heveling: Da ist es in der Tat auch jetzt dringend notwendig, die nötigen Prozeduren zu
schaffen. Das haben die Innenminister der Europäischen Union bei ihrem letzten Treffen
tatsächlich zum ersten Mal verbindlich festgelegt, dass diese so genannte Interoperabilität
hergestellt werden soll.
Geissler: Das klingt ganz toll, sagen Sie uns gerade, was das ist?
Heveling: Die Interoperabilität heißt, dass eben tatsächlich die Daten zwischen den Ländern
ausgetauscht und in den Datenbanken zentral erfasst werden können. Also, dass der deutsche
Beamte, wenn er jemanden überprüft, tatsächlich auch sehen kann, was Frankreich oder Italien
ganz konkret in Datenbanken eingespeist hat, und dass das eben dann auch hin und her geht.
Geissler: Aber nach den vielen Verbrechen, die wir jetzt schon gehabt haben von
terroristischer Seite, warum ist es nicht schon? Das ist der Hintergrund meiner Frage.
Heveling: Das ist ein Problem des Souveränitäts-Verständnisses einzelner Staaten, dass jeder
sein eigenes Souveränitäts-Verständnis insbesondere auf die Sicherheitsbehörden oftmals hat
und auch ein Problem des gemeinsamen Verständnisses: Wenn wir 28 unterschiedliche
Definitionen von Gefährderbegriffen in Europa haben, bringt das natürlich zum Beispiel für
einen Datenaustausch und eine Datenabfrage nicht wirklich etwas.
- Ende Wortlaut -
Der SWR ist Mitglied der Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der Bundesrepublik Deutschland (ARD)