§ 14 Übereignung beweglicher Sachen durch den Berechtigten Die Übereignung ist Doppeltatbestand: Einigung und Publizität Publizität = Besitzübertragung (Traditionsprinzip, § 929, 1) Trennung von Grund‐ und Vollzugsgeschäft (Unterschied zu französischem Recht) BGB‐Modell: Kauf (1), Einigung (2) und Besitzübertragung (3) Einigung = Rechtsgeschäft, formlos, aber bestimmt Prof. Dr. Dr. h.c. Eberhard Eichenhofer / Vorlesung Sachenrecht I Folie 83 Übergabe: • Veräußerer trennt sich vom letzten Rest des unmittelbaren Besitzes • Erwerber erlangt unmittelbaren Besitz • Übertragung der Sache; Einschaltung von Besitzdiener und ‐mittler auch auf beiden Seiten möglich; auch Übertragung, wenn Dritter sich dem Geheiß des Veräußerers unterwirft (Geheißerwerb) Für Übertragung reicht Besitzverschaffungsmacht. Prof. Dr. Dr. h.c. Eberhard Eichenhofer / Vorlesung Sachenrecht I Folie 84 Übergabesurrogate: 1. brevi manu traditio: § 929, 2 Einigung genügt, falls Erwerber schon Besitzer ist. Keine Fälle des § 929, 2: Übereignung bei offenem Besitz oder Übereignung an Besitzdiener 2. Begründung eines Besitzmittlungsverhältnisses: § 930 Kennzeichen: Übergabe wird durch Begründung eines Besitzmittlungsverhältnis zwischen Veräußerer und Erwerber ersetzt: Erwerber erlangt statt uB mB; Veräußerer bleibt uB ‐ Basis der Sicherungsübereignung, Wechsel der Besitzerrollen Prof. Dr. Dr. h.c. Eberhard Eichenhofer / Vorlesung Sachenrecht I Folie 85 3. Abtretung des Herausgabeanspruchs, § 931 Der abgetretene Anspruch entstammt dem Rechtsverhältnis zwischen Veräußerer und Besitzer Übereignung unter Einbeziehung von Stellvertretern Unproblematisch dingliche Einigung (§ 164) Schwierig: besitzrechtliche Lage: Möglichkeiten: Stellvertreter als Besitzdiener oder Insichkonstitut (nach § 181 erlaubt) und antizipiertes Besitzkonstitut Hauptanwendungsfall: Kommissionsgeschäft Prof. Dr. Dr. h.c. Eberhard Eichenhofer / Vorlesung Sachenrecht I Folie 86 § 15 Gutgläubiger Erwerb durch den Nichtberechtigten Eig leiht X ein Schmuckstück. X erklärt gegenüber K Veräußerung und Übergabe und übergibt Schmuckstück. Frage: Wurde K Eigentümer? Gegen die Möglichkeit des Erwerbs römisches Recht; stattdessen Ersitzung nach einem Jahr. Anders BGB, falls • Veräußerer Erwerber den Besitz verschafft, • Erwerber redlich ist und • Eigentümer Rechtschein des Eigentums in der Person des Nichtberechtigten veranlasst hat. Prof. Dr. Dr. h.c. Eberhard Eichenhofer / Vorlesung Sachenrecht I Folie 87 Kein gutgläubiger Erwerb also, falls • Veräußerer Erwerber nicht Besitz verschafft, • Erwerber fehlende Eigentümerstellung kannte oder kennen musste oder • Eigentümer sich nicht freiwillig des Besitzes begeben hat. Basis des gutgläubigen Erwerbs sind Rechtschein‐ und Veranlassungsprinzip. Prof. Dr. Dr. h.c. Eberhard Eichenhofer / Vorlesung Sachenrecht I Folie 88 Gutgläubiger Erwerb ist für jede Übertragungsform gesondert geregelt. Übertragungsform Gutglaubenserwerb § 929 § 932 § 930 § 933 § 931 § 934 Anwendungsprobleme • § 932 Geheißerwerb • § 933 Besitzkonstitut genügt nicht; Übergabe gefordert = erklärt Vorrang des EV vor SiÜ • § 934: Unterscheide, ob Veräußerer mB ist (dann 1. Alternative) oder nicht (dann 2. Alternative: Übergabe) Prof. Dr. Dr. h.c. Eberhard Eichenhofer / Vorlesung Sachenrecht I Folie 89 Redlichkeit • Vermutung, Ausschluss aber nicht nur bei Kenntnis (vgl. § 892), sondern auch bei grob fahrlässiger Unkenntnis Problem: Welche Erkundigungspflichten treffen den Erwerber? Beispiel: Pkw‐Veräußerung ohne Kfz‐Brief • kein Schutz des guten Glaubens an Verfügungsmacht • Ausschluss: bei unfreiwilligem Besitzverlust, Verfügungsobjekt ist Geld, Inhaberpapier oder Erwerb in öffentlicher Versteigerung Prof. Dr. Dr. h.c. Eberhard Eichenhofer / Vorlesung Sachenrecht I Folie 90 Wirkungen des gutgläubigen Erwerbs: Erwerber erlangt volles Eigentum, falls entgeltlicher Erwerb; Verfügender haftet nach Vertragsrecht (§§ 280, 325), Delikt (§§ 823 I, 823 II i.V.m. 246 StGB, 826) und nach Bereicherungsrecht (nach § 816 I 1). Der Erwerber unterliegt aber gegenüber dem früheren Eigentümer der Herausgabepflicht bei unentgeltlichem Erwerb (§ 816 Abs. 1 Satz 2). Der Erwerb ist lastenfrei (§ 936), es sei denn, der Erwerber wäre unredlich oder die Übereignung geschieht in der Form des § 931. Rückerwerb des Nichtberechtigten? Lösung streitig Prof. Dr. Dr. h.c. Eberhard Eichenhofer / Vorlesung Sachenrecht I Folie 91
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