Offener Brief Friedenserziehung DIE LINKE. NRW

DIE LINKE. Nordrhein-Westfalen, Alt-Pempelfort 15, 40211 Düsseldorf
Ministerpräsidentin Hannelore Kraft
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40219 Düsseldorf
Ralf Michalowsky
Landessprecher
Özlem Alev Demirel
Landessprecherin
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Düsseldorf, 23. März 2016
Friedenserziehung statt Akzeptanz des Krieges
Sehr geehrte Frau Kraft,
sehr geehrte Frau Löhrmann,
sehr geehrte Frau Kampmann,
sehr geehrte Frau Schulze,
der schleichende Prozess der Werbung für die Akzeptanz des Krieges bereitet uns
große Sorge. Besonders deshalb, weil er zunehmend auch in öffentlichen Bildungseinrichtungen stattfindet.
Vor einigen Wochen berichteten Medien über „Waffeln backen mit Soldaten“ in Kindertagesstätten. Viele Eltern und Erzieherinnen reagierten bestürzt. Dass Soldaten für die
Bundeswehr in Schulen werben, ist auch in NRW vielerorts regelmäßig auf der Tagesordnung. Dabei steht eigentlich die Erziehung zur gewaltfreien Konfliktlösung im Mittelpunkt der meisten Bildungseinrichtungen. Soldaten im Unterricht oder Kinder, die zum
Spielen auf dem Panzer eingeladen werden, sind das Gegenteil von Friedenserziehung.
Dabei ringen Lehrer*innen und Erzieher*innen täglich um eine demokratische Bildung
und ein gewaltfreies Miteinander. Sie tun dies oft mit großem persönlichen Einsatz und
erfreulich häufig mit Erfolg. Dennoch wächst die Zahl der Kinder, die schon im Sandkas ten der Kita „Krieg spielen“, die Spielzeugregale sind heute wieder gut gefüllt mit
Schusswaffen, Panzern und Bombenfliegern. Was Ende der 1980er Jahre für überwunden gehalten wurde, kehrt zurück: Begeisterung für Krieg und Waffen und zunehmende
Gewalt im persönlichen Miteinander.
Mit Blick auf die aktuellen Kriege und Terroranschläge, wäre es aus Sicht der LINKEN
dringend an der Zeit für NRW, statt der Duldung von Kriegswerbung die Friedenserziehung zum Ziel in den Bildungsrichtlinien des Landes zu machen.
Wir fordern die Landesregierung auf:
 Beenden Sie die faktische Kooperation mit der Bundeswehr, halten sie die Armee
verbindlich heraus aus Kitas und Schulen.
 Suchen Sie den gemeinsamen Austausch mit Friedensinitiativen, mit Friedensforscher*innen und den Lehrstühlen für Pädagogik und denen für zivile Konfliktlösung.
 Verankern Sie „Frieden“ und „gewaltfreie Erziehung“ als Leitbild für die frühkindliche, die vorschulische und die schulische Bildung sowie für die Hochschulen in
NRW.
Die Bundeswehr geriert sich mit ihrem umfangreichen und erschreckend weit verbreiteten Engagement als Wohlfahrtsbringer, doch dahinter stecken knallharte eigene Interessen: das Ansehen der Truppe zu steigern und Kindern ein attraktives Soldatenleben
vorzugaukeln.
Seit der Abschaffung der Wehrpflicht in Deutschland bemüht sich die Bundeswehr verstärkt um Nachwuchs. Daher gehört die Präsenz in Schulen, Berufsinformationszentren,
Jobcentern und Arbeitsagenturen für die Bundeswehr zum festen Bestandteil ihrer Personalwerbung.
Die Anzahl der 17-jährigen Jungen und Mädchen, die von der Bundeswehr rekrutiert
werden, steigt rapide an, im Jahr 2015 waren es schon 1.515.
Die Einstellung und Ausbildung von freiwilligen Wehrdienstleistenden und Soldatinnen
und Soldaten auf Zeit unter 18 Jahren widerspricht aber dem Anliegen der UN-Kinderrechtskonvention
Wir sind der Ansicht, dass Parteien, die in der politischen Verantwortung stehen, hier
gegensteuern müssen. NRW braucht eine Initiative zur Friedenserziehung auf allen Ebenen. Krieg darf nicht zur Normalität werden. Statt dessen müssen Kinder und Jugendliche dazu erzogen werden, sich Gedanken über friedliche Lösungen von Konflikten zu
machen. Sie müssen auch lernen, sich aktiv für friedliche Lösungen einzusetzen.
Wäre es nicht schön, wenn in der nächsten Generation Waffen nur noch in Museen und
Geschichtsbüchern zu sehen wären?
Der Gedanke, dass irgendwann Kinder und Jugendliche erstaunt und ungläubig ihre Eltern und Lehrer anschauen, wenn diese davon berichten, dass sich Menschen früher
mit Waffen gegenseitig umgebracht haben, erscheint uns reizvoller, als die Tolerierung
bzw. die Förderung kriegerischer Auseinandersetzungen.
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In den nächsten Tagen finden traditionell wieder die Ostermärsche statt. Viele Tausende
Menschen gehen dann auf die Straßen um für eine friedlichere Welt zu demonstrieren.
Einige der Demonstranten haben noch den letzten Weltkrieg mitgemacht und wissen
aus eigenem Erleben, wie man empfindet, wenn Tod und Elend um einen herum ist.
Wir appellieren an Sie als politisch Verantwortliche, stoppen Sie die Auftritte und Anwerbungen der Bundeswehr in Bildungseinrichtungen und Jobcentern. Schützen Sie die
Jugendlichen vor unüberlegten Entscheidungen.
Ralf Michalowsky
Landessprecher
Özlem Alev Demirel
Landessprecherin
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