D 8512 51. Jahrgang Nr. 34 Montag, 31. August 2015 Nachrichten Politik G 36: Waffenmix Um den bisherigen Waffenmix für den Einsatz zu ergänzen, werden je 600 MG 4 und G 27 P beschafft. Seite 3 Streitkräfte Simulierter Feind Die Soldaten vom Joint Electronic Warfare Core Staff sind Experten der elektronischen Kampfführung. Seite 8 Geschichte Der Köpenicker Vor 85 Jahren schrieb Carl Zuckmayer seinen „Hauptmann von Köpenick“ – und traf damit den Nerv der Zeit. Seite 9 Video der Woche: Der große Sprung Luftlandeübung „Swift Response“: Mehr als 5000 Soldaten aus elf Nationen stellen ihre Schlagkraft unter Beweis. Seiten 6/7 Foto: dpa/pa Fregatte „Schleswig-Holstein“, Mittelmeer: Am v ergangenen Montag erblickt Sophia an Bord der Fregatte das Licht der Welt. Das kleine Mädchen ist das erste Baby überhaupt, das auf einem Schiff der Deutschen Marine geboren wurde. Den Namen durften die Soldaten auswählen. Der Name Sophia hat einen besonderen Hintergrund – er geht auf den Spitznamen der Fregatte „Schleswig-Holstein“ „Sophie X“ zurück. Im Video berichten Soldaten über den für sie ungewöhnlichen medizinischen Notfall. Der Beitrag „Seenotrettung – Geburt auf der Fregatte“ unter www. youtube.com/bundeswehr. [email protected] 2 aktuell Intern 31. August 2015 Foto: Bundeswehr Bild der Woche Die kleine Sophia ist da: Am 24. August bringt Rahma A. aus Somalia ihr Kind zur Welt – an Bord der deutschen Fregatte „Schleswig-Holstein“. Soldaten hatten Rahma A. Stunden zuvor an Bord genommen – zu diesem Zeitpunkt war sie schon seit fünf Monaten auf der Flucht. Ein wahrlich ungewöhnlicher Vorgang für alle Beteiligten – Sophia ist das erste Kind, das auf einem Schiff der deutschen Marine und mit deutschen Soldaten als Geburtshelfer zur Welt kam. Mehr auf www.marine.de. Impressum Zitat Editorial Herausgeber und verantwortlich für den Inhalt: Bundesministerium der Verteidigung Presse- und Informationsstab Stauffenbergstraße 18, 10785 Berlin „Wir sind alle erschüttert.“ Eine Zwischenlösung ist gefunden: 600 Sturmgewehre G 27 P sowie 600 zusätzliche leichte Maschinengewehre MG 4 sollen den bereits vorhandenen Waffenmix im Einsatz ergänzen. Auf diese Weise wird unter anderem den Präzisionsanforderungen – vor allem bei hoher Schussbelastung und hohen Temperaturen – entsprochen. Mit der Beschaffung hat man für die deutschen Soldaten in den Einsatzländern eine schnelle und praktikable Lösung gefunden. Eine Blaupause dafür, wie es mit den rund 170 000 Sturmgewehren G 36 in der Bundeswehr weitergeht, ist die jetzt getroffene Maßnahme allerdings nicht. Das Verteidigungsministerium spricht bewusst von einer Zwischenlösung. Denn beim G 27 P handelt es sich um eine Waffe im Kaliber 7,62 x 51 Millimeter, die ursprünglich als „Designated Marksmann Rifle“ (DMR) Infanteriegruppen größere Genauigkeit und Durchschlagskraft auf weiteren Kampfentfernungen ermöglichen sollte. Als grundsätzlichen G 36-Ersatz für jeden Bundeswehrsoldaten eignet sich Waffe durch ihr Kaliber, ihr Gewicht und ihre Größe eher nicht. Redaktionsanschrift: Redaktion der Bundeswehr Bundeswehr aktuell Reinhardtstraße 52, 10117 Berlin Telefon: (0 30) 886 228 - App. Fax: (0 30) 886 228 - 20 65, BwFw 88 41 E-Mail: [email protected] Leitender Redakteur ( -2420): Oberstleutnant Torsten Sandfuchs-Hartwig (tsh) Vertreter und Politik ( -2421) Vivien-Marie Bettex (vmd) Streitkräfte/Einsatz: Major Peter Mielewczyk (pm, - 2820), Kapitänleutnant Victoria Kietzmann (kie), Jörg Fleischer (jf -2860), Major Anika Wenzel (akw), Hauptmann Patricia Franke (pfr) Sport/Vermischtes/Militärgeschichte: Björn Lenz (ble -2840), Regierungsamtmann Stefan Rentzsch (sr), Gabriele Vietze (vie), Christiane Tiemann (tie -2850), Ulrike Jenssen (uje) Mediendesign: Eva Pfaender (epf, - 2423) aktuell als E-Paper und im pdf-Format: Auf www.bundeswehr.de abrufbar Satz: Bundesamt für Infrastruktur, Umweltschutz und Dienstleistungen der Bundeswehr, DL I 4 Zentraldruckerei BAIUDBw Intranet: http://zentraldruckerei.iud Druck: Westdeutsche Verlags- und Druckerei GmbH Kurhessenstr. 4-6, 64546 Mörfelden-Walldorf Erscheinungsweise: Wöchentlich montags Auflage: 45 000 Exemplare Verteilung innerhalb der Bundeswehr: Fachinformationsstelle (FISt)/Bibl. ZInfoA Prötzeler Chaussee 20, 15344 Strausberg Telefon: (030) 886 228 - 2670 E-Mail: RedaktionBwMediendisposition@ bundeswehr.org ISSN: 1618-9086 Für unverlangt eingesandte Manuskripte, Filme, Fotos und Zeichnungen wird keine Gewähr übernommen. Namensbeiträge geben die Meinung des Verfassers wieder. Sie entsprechen nicht unbedingt der Auffassung der Redaktion oder des BMVg. Nachdruck nur mit Genehmigung der Redaktion. Leserbriefe per E-Mail werden nur mit wirklichem Namen und Adresse berücksichtigt, außerdem behält sich die Redaktion das Recht auf Kürzung vor. Bundeskanzlerin Angela Merkel über den Fund von mindestens 70 Leichen auf der Ladefläche eines Lastwagens in der Nähe von Wien. Die Menschen waren wahrscheinlich als Flüchtlinge von Schleusern nach Europa gebracht worden und erstickt. Kalenderblatt Vor 20 Jahren: Am 6. September 1995 brechen in Tahiti schwere Unruhen aus. Auslöser ist der fünfte französische Atomwaffentest einer Versuchsreihe im Südpazifik. Bis 1996 führt Frankreich insgesamt 198 Atombombenversuche durch. Vor 30 Jahren: Am 1. September 1985 entdeckt eine Expedition das Wrack der „Titanic“. Das als unsinkbar geltende Luxusschiff war 1912 mit einem Eisberg kollidiert und im Nordatlantik gesunken. Bei dieser Katastrophe verloren mehr als 1500 Menschen ihr Leben. Vor 70 Jahren: Am 2. September 1945 unterzeichnet Japan eine Kapitulationserklärung – damit endet der Zweite Weltkrieg auch im Pazifik. Kurz zuvor hatte die Sowjetunion Japan den Krieg erklärt, zwei amerikanische Atombomben waren auf das Land gefallen. Der Japanische Kaiser sah sich daraufhin zur Kapitulation gezwungen. Vor 105 Jahren: Am 5. September 1905 unterzeichnen Japan und Russland einen Friedensvertrag. Japan hatte 1904 den von Russland gepachteten Port Arthur in der Mandschurei angegriffen und damit den Russisch-Japanischen Krieg ausgelöst. In weniger als zwei Jahren wird Russland vernichtend geschlagen. Vor 115 Jahren: Am 2. September 1900 arbeitet die preußische Regierung einen Erlass zur Sexualkunde aus. Sie beschließt die Planung einer Art Aufklärungsunterricht an Schulen um gegen Geschlechtskrankheiten und die mangelnde Sexualhygiene vorzugehen. Ihr Einsatz wirkt vor allem in Kombination mit dem MG 4: Denn das leichte Maschinengewehr im Kaliber 5,56 x 45 Millimeter kann die gerade im Hinterhalt nötige Feuerüberlegenheit b ieten, die ein Sturmgewehr konstruktionsbedingt nicht leisten kann. Ab Ende November 2015 sollen die ersten 60 Gewehre in die Truppe kommen, Mitte des kommenden Jahres dann die übrigen 540 G 27 P. Hinter grund ist auch die Produktions leistung der Industrie. Das zeigt auch, wie lang der Weg zu einer grundsätzlichen Lösung in Zusammenhang mit dem Sturmgewehr G 36 noch sein könnte. Björn Lenz Ressortleiter Technik MINISTERIUM / HINTERGRUND G 36: Waffenmix im Einsatz Umfassende Bewertung Der Entscheidung war nach Angaben des Verteidigungsministeriums eine umfassende Bewertung vorausgegangen. Kriterien waren unter anderem die Leistungssteigerung für Soldaten im Einsatz sowie die Erfüllung der durch die Arbeitsgruppe „G 36 in Nutzung“ erarbeiteten Präzisionsforderungen bei schussinduzierter und klimabedingter Temperaturänderung. Auch die notwendigen Maßnahmen zur Herstellung der Einsatz- und Versorgungsreife wie Beschaffung von Zubehör und Logistik wurden berücksichtigt. Als kurzfristige Lösung kam somit eine Variante auf Basis des Gewehrs G 27 P – die Präzisionswaffe der Spezialkräfte – in Betracht. Vorbehaltlich noch ausstehender Überprüfungen der Präzisionsforderungen des G 27 P ist beabsichtigt, ein erstes Los von circa 60 Waffen mit zugehöriger Ergänzungsausstattung bis Ende November 2015 zu beschaffen. Bis Juni 2016 sollen weitere 540 Waffen zur Verfügung stehen. Nach Angaben des Ministeriums wird das G 27 P voraussichtlich ab der zweiten Jahreshälfte 2016 in den Einsätzen genutzt werden können. Mit der Beschaffung zusätzlicher MG4 in der Variante „Infanterist der Zukunft“, die bereits in die Bundeswehr eingeführt sind, soll der Waffenmix weiter ausgebaut werden. Bis Ende 2016 sollen bis zu 600 Waffen bereitgestellt werden. Zwischenlösung für 18 Millionen Euro Der Umfang der als Interimslösung bereitzustellenden Waffen orientiert sich laut Ministerium am kurzfristig verfügbaren und geeigneten Angebot und an der Produktionsleistung der Industrie. Foto: Heckler und Koch Das MG 4 (oben) und das G 27 sollen den Waffenmix im Einsatz erweitern. Die Kosten für die Beschaffung der Waffen werden mit etwa 18 Millionen Euro veranschlagt. Hinzu kommt ein regelmäßiger jährlicher Finanzbedarf für die Nutzung der Waffen. Die Beschaffung erfolgt als „Sofortinitiative für den Einsatz“ auf der Grundlage des Verfahrens „Einsatzbedingter Sofortbedarf“. Hintergrund: Nach Bekanntwerden von Präzisionsmängeln des Standartsturmgewehrs G 36 hatte Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen im Mai kurzfristige Maßnahmen angekündigt, die mit der nun getroffenen Entscheidung umgesetzt werden. (eb/vmd) Der Mann in Brüssel Markus Bentler, Vertreter im NATO-Militärausschuss, geht in Ruhestand – und gewährt Einblicke. der Europäischen Union in der Öffentlichkeit allerdings noch viel zu wenig wahrgenommen. Brüssel. Drei Jahre lang hat er bis August 2015 im Auftrag des Generalinspekteurs der Bundeswehr die militärischen und militärpolitischen Interessen Deutschlands in den Militärausschüssen bei der NATO und der EU vertreten. Vergangene Woche ist Generalleutnant Markus Bentler in den Ruhestand verabschiedet worden. Sein Auftrag in Brüssel: Als Deutscher Militärischer Vertreter transportierte er die Entscheidungen des Verteidigungsministeriums in die NATO- und EUGremien. „Das ist nicht immer einfach, insbesondere weil die Erwartungen an Deutschland so groß sind“, sagt Bentler. Dass sich Deutschland in allen Krisen und Konflikten als zuverlässiger Bündnispartner erweise, bringe der Bundesrepublik viel Anerkennung und Wertschätzung ein. Die Krisen in Osteuropa und im Spannungsbogen von Afghanistan bis zum Maghreb, dem Foto: Hazir Reka / Reuters von Andreas Beu Eine nicht immer einfache Aufgabe: Markus Bentler hat die militärischen Interessen Deutschlands bei der NATO und der EU vertreten. sogenannten „ring of fire“, haben die Amtszeit des NATO-Generals geprägt. Auch die Annexion der Krim und der bewaffnete Konflikt in der Ostukraine zählen dazu. Fokus: Kollektive Verteidigung „Die „Kollektive Verteidigung“ tritt nun als Kern der Allianz wieder stärker neben die seit langen gewohnten Operationen zur Bewältigung von Krisen. In der gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik der Europäischen Union haben wir uns der Stärkung der militärischen Komponente gewidmet“, sagt Bentler. Neben strukturellen Reformen seien eine Reihe von sichtbaren Operationen auf den Weg gebracht worden: die EU-Ausbildungsmission in Mali, die Stabilisierungsoperation in der Zentralafrikanischen Republik sowie jüngst die Operation zur Bekämpfung des Menschenschmuggels im Mittelmeer. Laut Bentler werden diese vielfältigen, militärischen Aktivitäten 3 Hilfe für Flüchtlinge Zwischenlösung: MG 4 und G 27 P sollen ab 2016 die Defizite des G 36 ausgleichen. Berlin. Wegen der Präzisionsmängel des Sturmgewehrs G36 wird der Waffenmix im Einsatz erweitert. Staatssekretärin Katrin Suder hat vergangene Woche über die Beschaffung von 600 leichten Maschinengewehren MG4 sowie 600 Sturmgewehren auf Basis des bereits eingeführten G 27 P zur Ergänzung des bisherigen Waffenmixes für den Einsatz entschieden. Der erweiterte Waffenmix dient als Zwischenlösung, um bekanntgewordene Defizite auszugleichen. aktuell Europa am Scheideweg Sein Fazit nach vielen Einblicken, die er in Brüssel bekommen hat: „Ich glaube, dass sich Europa an einem Scheideweg befindet“, sagt Bentler. „Wir müssen weiter hart daran arbeiten, der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik mehr Sichtbarkeit, Wirksamkeit und damit Relevanz zu geben.“ Mit dem Ansatz der „Vernetzten Sicherheit“ verfüge die Europäische Union wie keine andere Organisation über das Instrumentarium, um heutige Krisen und Konflikte zu meistern. „Ich bin der festen Überzeugung, dass ein geeintes Europa unsere Bestimmung und unsere Verpflichtung ist“, sagt Bentler. Er wurde am vergangenen Dienstag mit einem Großen Zapfenstreich aus dem Dienst verabschiedet. Berlin. Das Verteidigungsministerium hat eine zentrale Koordinierungsstelle zur Unterstützung bei der Versorgung von Flüchtlingen eingerichtet. Das geht aus dem Tagesbefehl von Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen vom vergangenen Mittwoch hervor. Von der Leyen würdigt darin das Engagement der Angehörigen der Bundeswehr und ruft zu weiteren Anstrengungen auf. Die Ministerin hebt insbesondere das Engagement der bisher schon rund 150 Angehörigen der Bundeswehr hervor, die auf freiwilliger Basis das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge bei der Bearbeitung von Asylanträgen unterstützen. Darüber hinaus helfen viele Angehörige der Bundeswehr ehrenamtlich. „Ich danke allen Beteiligten ausdrücklich für ihre wertvolle geleistete Arbeit“, schreibt die Ministerin in ihrem Tagesbefehl. Es werden weiterhin Verwaltungsbeamte des gehobenen Dienstes und Tarifbeschäftigte sowie ziviles und militärisches Personal des mittleren Dienstes im Bereich IT-Infrastruktur und Liegenschaftsmanagement gesucht. „Ich bitte Sie darum, sich in Abstimmung mit Ihren Vorgesetzten zu melden, wenn Sie die Voraussetzungen erfüllen und auf freiwilliger Basis einen Beitrag leisten können und wollen“, so die Ministerin. Weitere Informationen auf www.bundeswehr.de und im Intranet der Bundeswehr. Niederländischer König gratuliert Foto: imago 31. August 2015 Münster. Deutsch-Niederländische Korps hat seinen 20. Geburtstag gefeiert – mit königlicher Prominenz. König Willem-Alexander der Niederlande, Nordrhein-Westfalens Ministerpräsidentin Hannelore Kraft und zahlreiche hohe militärische Vertreter kamen nach Münster, um zu gratulieren. Während eines Appells auf dem Prinzipalmarkt verlieh Kraft dem I. Deutsch-Niederländischen Korps das Fahnenband des Landes Nordrhein-Westfalen. (bs) Mehr Informationen auf www. deutschesheer.de. 4 aktuell Politik / Hintergrund 31. August 2015 Volle Lautstärke Taliban rücken im Süden vor Foto: DIVIDS/A1C Jake Carter F-22 Kampfjets nach Europa Washington. Vor dem Hintergrund des Konflikts in der Ost ukraine wollen die USA Tarnkappenflugzeuge vom Typ F-22 Raptor nach Europa entsenden. Die Stationierung der Kampfflieger erfolge „im Rahmen unserer Initiative zur Unterstützung der Europäer“, sagte Deborah Lee James von der US-Luftwaffe am vergangenen Montag bei einer Pressekonferenz in Wash ington. Geplant sei unter anderem das gemeinsame Training der F-22-Piloten mit Luftfahrzeugbesatzungen anderer Nato- Staaten. (cfm/jah) EU: Rote Linien gegenüber Moskau Berlin. Die EU ist bereit, ihren Kurs gegenüber Moskau im Ukraine-Konflikt zu verschärfen. Bundeskanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Staatschef François Hollande hätten in der vergangenen Woche bei ihrem Treffen mit dem ukrainischen Staatschef Petro Poroschenko in Berlin „rote Linien“ festgelegt, welche die prorussischen Rebellen nicht überschreiten dürften, sagte ein ukrainischer Regierungsvertreter. Sollten die Separatisten in der Ostukraine im Herbst eigene Wahlen abhalten, würde dies eine entschiedene Reaktion der EU gegenüber Moskau hervorrufen. (bfi/ju) Seoul. Zum ersten Mal seit elf Jahren hat Südkorea eine Batterie von Lautsprechern zur Beschallung der nordkoreanischen Nachbarn eingesetzt. Die Antwort aus dem Norden: Kriegsdrohungen, ein Ultimatum und Beschuss durch Raketen und Artillerie. Die Eskalation in den vergangenen Wochen macht deutlich, welche Rolle der Informationskrieg in dem Konflikt auf der koreanischen Halbinsel spielen kann. Auf Worte folgen Granaten Auslöser für die erneuten Spannungen war die Explosion einer Landmine in der demilitarisierten Zone (DMZ) der de-facto-Grenze zwischen den beiden koreanischen Staaten, bei der Anfang August zwei südkoreanische Soldaten schwer verletzt worden waren. Seoul sah die Verantwortung für den Zwischenfall beim Regime im Norden und begann in der folgenden Woche, die DMZ mit Lautsprecheranlagen zu beschallen. Die Themen reichten dabei vom Lebensstandard in Südkorea bis zu Geschichten von Überläufern aus dem Norden. Ferner wurde das Regime des Machthabers Kim Jong-Un der Lüge bezichtigt. Nordkorea versetzte daraufhin die Grenztruppen in Gefechtsbereitschaft, gab Seoul 48 Stunden, um die Lautsprecher anlagen abzuschalten und drohte militärische Schritte an. Noch am selben Tag feuerten Einheiten der koreanischen Volksarmee Fotos: dpa/pa, Flickr/John Pavelka (CC BY 2.0) Kabul. Die radikalislamischen Taliban haben am vergangenen Mittwoch nach tagelangen Kämpfen das Distriktzentrum in Musa Qala in der südafghanischen Provinz Helmand erobert. Medienberichten zufolge nahmen die Islamisten das Amtsgebäude des Distriktgouverneurs und die Polizeistation ein. Ein Vertreter des Provinzrates bestätigte, dass bei den Kämpfen 45 afghanische Soldaten ums Leben gekommen seien. Ende Juli hatten die Taliban den angrenzenden Distrikt Naw Zad eingenommen. (kli) von Simon Klingert Infowar: Südkoreanische Soldaten mit Beschallungsanlage. Rechts ein nordkoreanisches Poster. Artilleriegranaten und Raketen in Richtung der Lautsprecheranlagen, woraufhin Südkorea das Feuer erwiderte. Gleichzeitig suchte Pjöngjang das Gespräch mit dem Süden. In der vergangenen Woche stellte Seoul die Beschallung ein, nachdem nordkoreanische Regierungsvertreter offiziell ihr Bedauern über den Vorfall geäußert hatten. Informationskrieg mit Popmusik Für den Asien-Experten Hanns Günther Hilpert von der Stiftung für Wissenschaft und Politik (SWP) ist der Grund für die Eskalation eng mit der Natur des nordkoreanischen Regimes verbunden. „An der Grenze stehen nur handverlesene Truppen, die lassen sich nicht von Propa ganda aus dem Süden beeinflussen. Aber in Nordkorea gilt die Beleidigung der Führung als ein Sakrileg – wenn das dennoch geschieht, sehen sich die Nord koreaner gezwungen zu handeln“, sagt Hilpert. Dass sich die Situation in der vergangenen Woche relativ schnell wieder beruhigt hat, führt er unter anderem auf die Einflussnahme der chinesischen Regierung in Pjöngjang zurück. Jahrzehntelang führten beide Staaten mit Flugblättern, Radiosendungen und Lautsprechern eine ausgedehnte Propagandaschlacht, deren Ursprünge bis zum Koreakrieg z urückreichen. Im Jahr 2004 schlossen die Regierungen ein Abkommen, das die Einstellung der psychologischen Kriegsführung vorsah. Erst 2010 wandte sich Seoul wieder mit einer Radiobotschaft an den Norden: Der provokative Popsong einer beliebten südkoreanischen Girlgroup kam einer unverhohlenen Verbalattacke gleich. Zuvor hatte die südkoreanische Regierung das Regime in Pjöngjang der Versenkung der Fregatte Cheonan beschuldigt, bei deren Untergang 46 Seeleute ums Leben kamen. Nordkorea sät Zwietracht Auch in Nordkorea betreibt man Propaganda – allerdings mit einer anderen Stoßrichtung. „Ich glaube nicht, dass die Nordkoreaner denken, sie könnten jemanden überzeugen, überzulaufen. Viel effektiver ist es, Zweifel, Unsicherheit und Streitgespräche im Süden hervorzurufen“, sagt Robert Carlin, Nordkorea- Experte an der Stanford University. Viel wichtiger seien Botschaften des Regimes, die über offene Kanäle verbreitet werden. Man dürfe die Nachrichten aber nicht wörtlich nehmen. „Nuancen, Vokabular und Ton sind entscheidend,“ so der ehemalige CIA-Analyst Carlin. Für den Korea-Experten Hilpert zeichnet sich indes keine langfristige Entspannung der Lage ab: „Für Nordkorea ist die Eskalation Mittel zum Zweck. Die Sprengfallen sind Teil der nordkoreanischen Diplomatie.“ Sicherer Hafen für al-Qaida Nach der Niederlage der Huthi-Rebellen in Aden kontrolliert nun al-Qaida Teile der Hafenstadt. Sanaa. Im Juli haben regierungstreue Truppen die jemenitische Stadt Aden aus der Hand von Huthi-Rebellen befreit – jetzt hat die Terrorgruppe al-Qaida Kontrolle über Teile der Stadt erlangt. Verstärkt durch in Saudi- Arabien ausgebildete Armeeeinheiten konnten regierungstreue Milizen die wichtige Hafenstadt im Süden des Landes nach schweren Kämpfen einnehmen, wobei die Luftunterstützung durch die saudisch geführte Militärallianz eine wichtige Rolle spielte. Allerdings gelang es den Sicherheitskräften nicht, die Stadt dauerhaft unter ihre Kontrolle zu bringen. Beobachter der International Crisis Group (ICG) machen dafür die starke Fragmentierung der Regie- Foto: dpa/pa Foto (Archiv): imago Seoul reagiert auf Provokation mit Lautsprecherbeschallung – Nordkorea antwortet mit Artillerie. Kampfbereit: Huthis geben nach dem Rückzug aus Aden nicht auf. rungstruppen verantwortlich. Die Truppen setzen sich derzeit vor allem aus Separatisten, die den südlichen Jemen vom Rest des Landes abspalten wollen, sunnitischen Islamisten sowie aus im Ausland ausgebildeten Armeeeinheiten zusammen. Profiteur des Sicherheits vakuums in der Stadt ist der arabische Ableger des Terrornetzwerks al-Qaida. Jemenitischen Sicherheitskräften zufolge nahmen Kämpfer der Terrorgruppe al-Qaida auf der arabischen Halbinsel (AQAP) in der vergangenen Woche das Stadtviertel Tawahi, in dem sich ein Regierungspalast und der Hafen von Aden befinden, sowie Teile des Geschäftsviertels Crater ein. In der Stadt Dar Saad nahe Aden eroberte die Gruppe zudem eine Armeebasis, die nun als Trainingslager genutzt wird. Dass AQAP in und um Aden eine solche Präsenz etablieren konnte, werten die Experten der ICG als großen Erfolg für die Terror gruppe. Die Sicherheitslage in der Stadt bleibt angespannt. Nach einem Überfall auf seine Mitarbeiter zog sich das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) in der vergangenen Woche aus der Stadt zurück. (kli) 31. August 2015 Einsatz / Bundeswehr aktuell 5 Gleiche Regeln für alle von Alexandra Möckel Koulikoro. Eine grölende Menschenmenge, unbewaffnet aber aufgebracht, stürmt auf einen Checkpoint zu. Die britischen Soldaten bilden innerhalb von Sekunden eine menschliche Barriere. Sie stellen sich dicht nebeneinander. Eine zweite Kette dahinter packt die in vorderer Reihe stehenden Kameraden an ihrer Ausrüstung, damit sie nicht getrennt werden können. Als die Demonstranten trotz Warnung auf die Soldaten treffen, wird es unübersichtlich. Ein Handgemenge entsteht, Demonstranten versuchen, einen Soldaten aus der Formation zu zerren. Übungsschüsse fallen. Ein Übungsszenario. Ziel ist es, die Menschenmenge auseinander zu bringen, ohne die Grenze zur Gewalt zu überschreiten. Grundkurs für Menschenrechte In Mali geht das Programm „Train the Trainer“ in eine weitere Runde. Beim internationalen Menschenrechtstraining geht es um das gemeinsame Verständnis humanitären Rechts – quasi ein Grundkurs für Menschenrechte. Hintergrund: Der malischen Armee wird vorgeworfen, in der Vergangenheit immer wieder gegen Menschenrechte v erstoßen zu haben. Nach dem Putsch und der Unabhängkeitserklärung des Nordens im Jahr 2012 kam es immer wieder zu Menschenrechtsverletzungen, wie Steinigungen und anderen körperlichen Misshandlungen durch Rebellengruppen. Nachdem die malische Armee die Städte im Norden zurückeroberte, verübte sie Racheakte an den Tuareg – ungeachtet jeder Menschenrechtskonvention. Nun werden die malischen Soldaten im Umgang mit der Wahrung der Menschenrechte geschult. Dafür wird eine einheitliche Ausbildung durch die internationalen Ausbilder der europäischen Trainingsmission Mali (EUTM Mali) erarbeitet. Auch 40 Soldaten des achten deutschen Einsatzkontingentes nehmen daran teil. „Jeder bekommt die gleiche Ausbildung, europäische wie malische Soldaten. Am Ende Foto: Bärwald/Bundeswehr EUTM Mali schult den Umgang mit Menschenrechten. EUTM Mali: Ziel ist die Ausbildung malischer Soldaten – auch Menschenrechte zählen zum Inhalt. kennt jeder die gleichen Regeln“, erklärt der Rechtsanwalt und ehemalige Soldat David H. das Ziel der Ausbildung. Gemeinsam mit Toral P. bildet er das englische Trainerteam. Eine Gruppe von britischen Soldaten stellen elf Szenarien im Umgang mit humanitärem Recht in bewaffneten Konfliktsituationen dar. Einheitliche Ausbildung noch in jungen Jahren beschnitten und verstümmelt. Die Regierung unterstützt die Aufklärung und Sensibilisierung zu diesem Thema. Nach der Ausbildung werten die Trainer das Geschehene im Detail mit den Soldaten aus. Bei den Diskussionen über das Verhalten eines jeden Teilnehmers sind unterschiedliche Meinungen ausdrücklich erwünscht. „Die eine Lösung gibt es nicht“, erklärt P. Die Soldaten müssen am Ende eigenverantwortlich und der Situation angemessen reagieren. Die Ausbildung soll den malischen Soldaten ermöglichen, dafür das richtige Gefühl zu entwickeln. Die aktuelle Lage bei Minusma Bevor Ende August die e rsten malischen Soldaten erwartet werden, durchlaufen alle Ausbilder der unterschiedlichen Nationen die Ausbildung. Dazu gehört auch der respektvolle Umgang mit Frauen bei Personenkontrollen. Nicht nur malische Soldatinnen, sondern auch ihre männlichen Kameraden dürfen Frauen abtasten – allerdings soll das nur mit der Rückseite der Hände geschehen, um die Intimität der Frau zu wahren. Denn ein Großteil der Malierinnen wird immer- Neben der Mission EUTM Mali im Süden des Landes agiert im Norden Malis die UN-Mission Minusma. In der Region herrschen Unruhen – in den vergangenen Wochen sind mehr als 40 Menschen bei Kämpfen, Geiselnahmen und Anschlägen getötet w orden. Anfang August wurde ein Militärlager angegriffen, elf Soldaten starben. Einige Tage später wurde ein Hotel gestürmt und mehrerer Geiseln genommen. 17 Menschen, darunter acht Mitarbeiter der UN und malische Soldaten, wurden dabei erschossen. Zu b eiden Taten bekannten sich islamistische Rebellengruppen. Rund um die nordöstliche Stadt Kidal haben UN-Blauhelmsoldaten eine Sicherheitszone errichtet, um Kämpfe von der Stadt fernzuhalten. Es wird geprüft, ob die Bundeswehr ihren Einsatz ausweitet. Bisher sind zehn deutsche Soldaten an Minusma beteiligt. Es können aber bis zu 150 Soldaten entsandt werden. Afghan Leader Neuer Director NLAT im Kosovo Alles im Blick: Hauptmann H. und Hauptfeldwebel K. am Haupttor. „Dadurch müssen wir ständig auf neue Situationen und Probleme reagieren. Das macht den Auftrag sehr abwechslungsreich.“ Sie sind für die taktische Führung der Ortskräfte an der „First Line“ des Haupttors, sowie für deren Verwaltung zuständig. „Wenn es Probleme am Tor oder bei den Personenkontrollen gibt, sind wir zur Stelle, um die Afgha nen zu unterstützen“, erklären die beiden Soldaten. Eine Hauptaufgabe für die Wachmannschaft ist die sogenannte Patientenübergabe. Ver- letzte Afghanen werden häufig im Lazarett des Camp Marmal medizinisch versorgt. Im Bereich des Haupttores werden sie – aus Sicherheitsgründen – aus zivilen Krankenwagen in einen Beweglichen Arzttrupp umgeladen. Bevor sie dann versorgt werden können, werden sie aber noch auf Sprengfallen und ähnliche Gefährdungen für die Soldaten im Lager kontrolliert. Die beiden Beelitzer Soldaten pflegen den Kontakt zu ihren afghanischen Kollegen und lernen durch ihren Einsatz sehr viel über deren Kultur. Oft werden sie von ihren anvertrauten Guards zum Essen in das kleine Wachlokal am Tor eingeladen. Bei Safranreis und Hammelfleisch erfahren sie dann so manches über die Menschen und deren Familien in Afghanistan. (lin) Foto: Bundeswehr Mazar-e Sharif. Das deutsche Feldlager in Mazar-e Sharif wird schon seit Jahren durch afghanische Wachen gesichert. Am Haupteingang des Camps durchsuchen sie Fahrzeuge und Personen. Zwei Soldaten des Logistikbataillons 172 aus Beelitz führen die 220 Guards und Sprachmittler. Sie sind die „Afghan Leader“. Hauptmann Patrick H. und Hauptfeldwebel Martin K. beginnen ihren täglichen Dienst jeden Morgen mit den aktuellen Lage informationen und notieren sich die neuen Alarm-Codes. Sobald sie ihren Arbeitsplatz am Haupttor betreten, endet die tägliche Routine. „Wir sind im Grunde wie eine kleine Kompanieführung für die 220 Wachen und Sprachmittler, die im Feldlager arbeiten“, sagt der Hauptfeldwebel. „Und das mit zwei Mann“, fügt H. hinzu. Foto: Bundeswehr Zwei deutsche Soldaten führen afghanische Ortskräfte im Camp Marmal. Prizren. Brigadegeneral Werner Haumann hat in der vergangenen Woche die Führung über das NATO Liason and Advisory Team (NLAT) an Brigadegeneral Stefan Linus Fix übergeben. Haumann führte das Verbindungsund Beratungsteam aus 14 Nationen acht Monate lang. Das Team unterstützt mit 35 Soldaten und zivilen Mitarbeitern die Kosovo Security Force (KSF) beim Aufbau und der Weiterentwicklung ihrer Fähigkeiten. Formell ist das Team nicht Bestandteil von KFOR, allerdings unterstützt es die Mission. Ziel ist es, die Region zu stabilisieren und ein friedliches Kosovo zu schaffen. (eb) 6 aktuell Bundeswehr aktuell 7 Im Anflug Foto: Hannemann/RedBw (5), Engler/Bundeswehr (3), Dorow/Bundeswehr (1); Grafik: Nothing/RedBw Multinationale Luftlandeübung „Swift Response“: 5000 Soldaten aus elf Nationen stellen ihre Schlagkraft unter Beweis. Aus Polen nach Hohenfels: Leutnant Paulina Lambucka Vor dem großen Sprung: Ein deutscher Soldat weist einen Nach der Landung: Die Soldaten müssen ihre Fallschirme Am Boden: Deutsche Fallschirmjäger sammeln sich nach Der Kampf beginnt: Die Fallschirmjäger sollen jetzt eine Luftfracht: Auch Material wird per Fallschirm in die Drop Zone bereitet ihre Ausrüstung vor. polnischen Kameraden ein. innerhalb kürzester Zeit bergen. dem Sprung, jetzt beginnt der eigentliche Auftrag. Angriffszone nehmen. erbracht – Punktlandung. v von Markus Tiedke Hohenfels. Ein sonores Dröhnen liegt über dem Feld, fünf C-130 „Hercules“ ziehen in 240 Metern Höhe heran. In Sekunden werden Dutzende Fallschirm jäger abgesetzt. Der Himmel verdunkelt sich. An ihren T-11 Schirmen sinken die Amerikaner herab. Kurz darauf folgen ihnen deutsche, polnische und niederländische Soldaten an deutschen T-10 Rundkappen. Immer wieder fliegen die Transportflugzeuge an. Zum Schluss springen die Briten. Insgesamt gehen gut 600 Soldaten mit der ersten Welle in die Drop Zone. Am Boden bergen die Soldaten ihre Schirme, sammeln zugweise. Schnell und schlagkräftig Die Aufstellung schlagkräftiger, multinationaler Eingreifkräfte, die innerhalb weniger Stunden und Tage verlegbar sind, um mit ihrer schnellen Reaktionsfähigkeit die Bündnispartner in Krisensituationen zu unterstützen – darum geht es bei „Swift Response“. Unter der Leitung der US-amerki anischen 82. Luftlandedivision nimmt auch die Division Schnelle Kräfte (DSK) mit der ihr unterstellten Luftlandebrigade 1 teil. Kaum liegt die Drop Zone wieder ruhig da, schwebt eine „Transall“ über die nördliche Platzgrenze, bringt Material. Vom deutschen Combat Control Team am Boden eingewiesen, wirft die Crew die Last in zwei Anflügen punktgenau im Ausziehverfahren ab. Nach dem Bergen des Materials folgt die zweite Welle: Hunderte Fallschirme öffnen sich. Angriffszone nehmen Insgesamt werden rund 1500 Soldaten abgesetzt. Darunter die Task Force „Cerberus“. Der Gefechtsverband setzt sich aus drei Nationen zusammen: Deutsche, Niederländer, Polen. Ihr Auftrag: Nach dem Sprung sollen sie eine Angriffszone nehmen, dort die Voraussetzungen dafür schaffen, dass alliierte Truppen mit Hubschraubern landen können. Die Maschinen müssen betankt werden, dann Munition aufnehmen, um Folgeaufträge durchführen zu können. Zeitansatz für die Task Force „Cerberus“: ein Tag. Während die zweite Welle anlandet, haben die Fallschirmjäger der ersten Welle bereits Feindkontakt. In den Wäldern rund um die Landezone sichert die polnische Kompanie eine Flanke, während die deutschen und niederländischen Soldaten der Task Force „Cerberus“ über etliche Kilometer in schwierigem Gelände auf das befohlene Ziel vorrücken. Immer wieder kommt es zu Feuergefechten, bis in den Abend. Leuchtmunition erhellt das Areal für einige Sekunden, dann fällt wieder alles in Dunkel heit zurück, nur das Mündungsfeuer verrät die Position der Schützen. Erst gegen halb zehn wird es ruhiger. Nur noch vereinzelt ist das Feuer von Infanteriewaffen zu hören, dann ist es still. Aber nicht lang. Am nächsten Morgen wird ein niederländischer Oberstleutnant im binationalen Gefechtsstand mitteilen, dass die Deutsch- Niederländische Kompanie das Angriffsziel am Abend wie befohlen genommen hat. Ein Ziel ist erreicht. Nicht mehr und nicht weniger. Aber es ist – ungeachtet der Schwierigkeiten – der Beweis für die Einsatzfähigkeit und Interoperabilität des trinationalen Gefechtsverbands „Cerberus“ im Verbund mit den Kräften der A merikaner, Briten und Italiener. Tatsächlich üben die Fallschirmjäger der Luftlandebrigade 1 schon geraume Zeit mit ihren niederländischen Kameraden der 11. Luchtmobielen Brigade, die seit vergangenem Jahr ebenfalls der DSK untersteht. Die intensive Einbindung polnischer Kameraden ist indes ein Novum. Probleme ehrlich bewerten Freies Feld: Nach der Landung müssen die Soldaten zügig Deckung suchen. Oberstleutnant Andras Wiechert, Leiter des Heeresverbindungstabs 18 und Verbindungsoffizier beim 18. US-amerikanischen Luftlandekorps, wünscht sich für die Zukunft eine deutliche Intensivierung der Kooperation mit den NATO-Partnern und insbesondere den US-Amerikanern. „Wir müssen Bündnisfähigkeit demonstrieren“, sagt Wiechert mit Blick auf „Swift Response“. Die Großübung sei seit langer Zeit die erste Gelegenheit, um in dieser Größenordnung mit den Amerikanern zu üben. „Das ist ein wichtiger Testlauf, der uns zeigt, wo wir zusammenarbeiten können und wo wir künftig Fähigkeiten bündeln sollten, um Synergien zu schaffen.“ Im Zuge der Übung erkannte Probleme der Interoperabilität müssten ehrlich bewertet werden, so der Fallschirmjägeroffizier. Nur so könnten Verbesserungen erreicht werden. Ein gelungenes Beispiel für professionelle Zusammenarbeit bieten kurz vor Beginn der Luftlandung deutsche Fallschirmjäger mit erweiterter Grundbefähigung im Zusammenwirken mit Rangern des US-amerikanischen 75. Ranger Regiment und spezialisierten italienischen Kräften. An der Nordseite der Landezone kämpfen sie eine von gegnerischen Kräften besetzte Ortschaft frei, setzen zwei Rädelsführer fest und führen diese zur späteren Befragung mit. Anschließend verlassen die Einsatzkräfte mit zwei britischen CH-47 Chinook und einer amerikanischen CV-22 Osprey den Bereich. Noch bis zum Ende des Monats werden bis zu 5000 Soldaten aus elf NATO-Staaten auf dem Truppenübungsplatz Hohenfels ihre Fähigkeiten und ihre hohe militärische Professionalität unter Beweis stellen. Aktuelle Informationen zur laufenden Übung „Swift Response“ auf www.bundeswehr.de. „Swift Response“ in Kürze • Größte multinationale NATO-Luftlandeübung in Europa seit Mitte der 1990er Jahre. • Die Übung findet in Bulgarien, Deutschland, Italien und Rumänien statt. • Bis zu 5000 Soldaten aus elf NATO-Staaten unter US-Führung (Bulgarien, Deutschland, Frankreich, Griechenland, Großbritannien, Italien, Niederlande, Polen, Portugal, Spanien, Vereinigte Staaten von Amerika). • Ziel: Fähigkeiten für schnelle Luftlande operationen unter Beweis stellen. • Herausforderung: Multinationale Koordinierung über mehrere Ebenen hinweg (siehe Kasten unten). Unterstellung der Task Force „Cerberus“ Die besondere Komplexität der Übung liegt in der Größe und Verflechtung der multinationalen Truppenteile. Am Beispiel der deutschen Einheiten wird deutlich, dass die Befehle von US-Kommando- einheiten kommen und mit Niederländern und Polen umgesetzt werden müssen. Der Koordinierungsaufwand ist auch für geübte NATO-Truppen sehr hoch. XVIII Das Corps entsendet die 1st Brigade der 82nd Airborne Division als Großverband zu „Swift Response“. Die Brigade agiert als Task Force „Devil“. In der MNTF „Cerberus“ dienen 630 deutsche Soldaten des 31. FJgRgt neben einer niederländischen Kompanie der 11. Luchtmobielen Brigade aus Schaarsbergen (150 Soldaten) und einer Kompanie Fallschirmjäger aus Polen (170 Soldaten). Die Übung wird durch das XVIII A irborne Corps der US-Streitkräfte geführt. Dieses ist in Fort Bragg in North Carolina (USA) stationiert. Während „Swift Response“ bildet das Corps die Task Force „Dragon“. Der Division ist die Multinationale Task Force „Cerberus“ unterstellt. Das Kommando führt die deutsche Luftlandebrigade 1 mit dem Fallschirmjägerregiment 31 aus Seedorf. (+) (+) aktuell bundeswehr Foto: Schott/Bundeswehr A400M fliegt nach Kanada und Afrika Wunstorf. Das Lufttransport geschwader 62 ist am vergangenen Dienstag mit dem A400M nach Afrika aufgebrochen. Hintergrund: Die weltweite Einsatzprüfung der Maschine. Bei dem Nonstop-Flug transportierte der A400M elf Tonnen Hilfsgüter. Wenige Tage zuvor hatte die Crew den ersten transatlantischen Flug abgeschlossen. Nach Zwischenlandung in Eindhoven überflog die Maschine mit 8,5 Tonnen Fracht den Atlantik und landete in Halifax in Kanada. Von dort ging es zur Navis Air Force Base in F lorida und anschließend von Washington D.C. aus und mit Zwischenstopp auf den A zoren zurück nach Deutschland. Die Tour dauerte knapp eine Woche. (afl) Foto: Oliver Arning Soldatentag im Moviepark Bottrop. Unter dem Motto „Wir sagen Danke!“ hat die Bundeswehr-Kameradschaft kürzlich gemeinsam mit verschiedenen Verbänden, Organisationen und Stiftungen den Soldatentag im Movie Park Germany in Bottrop-Kirchhellen veranstaltet. Von den knapp 12 000 Tagesgästen kamen circa 3500 aus dem Bereich der Bundeswehr. Mit einem Biwak auf dem Gelände des Dorstener Schützenvereins fand der Tag einen stimmungsvollen Ausklang. (oa/ad) 31. August 2015 Staub, Dreck und viel PS In Berlin üben Feldjäger anspruchsvolle Fahrtechniken auf dem Motorrad. von Dina Krüger Berlin. Es knattert, es staubt. Sechs grüne Motorräder rasen über den Asphalt und bremsen aus Geschwindigkeiten von bis zu 160 Kilometern pro Stunde bis zum Stehen ab. Adrenalin pur für die Fahrer. Oberfeldwebel Marcel Hoppe aus dem Feldjägerregiment 1 ist einer von ihnen. Der einsatzerfahrene Soldat fährt bereits zum vierten Mal mit. „Auch wenn es schon einige Stürze gab, macht es Spaß und vermittelt hilfreiche Fahrtechniken“, sagt der 26-Jährige. Zu seinen alltäglichen Aufgaben gehören KFZ-Kontrollen, Streifendienst oder die Absicherung von Gelöbnissen zum Beispiel vor dem Bundestag in Berlin. Um die vielfältigen A ufgaben souverän meistern zu können, gibt es Fahrsicherheitstrainings. Sie finden sowohl auf dem Asphalt, als auch im Gelände statt. Der Einsatzort der Feld jäger beschränkt sich schließlich nicht nur auf die Straße. Für die ersten zwei Tage sind Oberfeldwebel Marcel Hoppe und seine Kameraden auf der Start- und Landebahn der Kaserne in Gatow gefahren, um dort Gefahrenbremsung, Ausweichen vor Hindernissen und Geschicklichkeitsübungen, wie Slalom fahren, zu trainieren. Am dritten Tag wird auf dem Stand- bundeswehr. Foto: JEWCS www.youtube.com/ Konzentration: Die Feldjäger warten auf den Start der Übung. Der Beitrag „Fahrsicherheitstraining“ unter www.youtube. com/bundeswehr. Vollgas: Mit Geschwindigkeit und Balance geht es durch die Pfütze. Der Joint Electronic Warfare Core Staff ist Dreh- und Angelpunkt vieler NATO-Übungen. Dieser Informationsfilm aus dem Jahr 1969 gibt einen kleinen Einblick in die Ausbildung der Starfighterpiloten in den 1960er Jahren. Alle rund 2000 Starfighterpiloten der Luftwaffe und der Marine haben auf der Luke Air Force Base in Arizona (USA) ihre Flugzeugführer- und Waffenausbildung durchlaufen. in den USA“ unter Schotter: Der Untergrund ist eine besondere Herausforderung. Der simulierte Feind Bw Classix Der Beitrag „Piloten ortübungsplatz in der Döberitzer Heide durch Sand, über Schotterwege und durch Matsch gefahren. Wer zu langsam anfährt, bleibt in der Pfütze stecken. Die Übungen sind durch den Deutschen Verkehrsrat vorgegeben – und sie sind nicht ohne. Stabsfeldwebel Thomas Schaumburg ist seit fünf J ahren sogenannter Instructor. Er ist locker und dennoch konzentriert beim Training. Der Feldjäger erklärt seinen Schützlingen die einzelnen Übungen und versucht, eventuelle Angst zu nehmen. „Ein gesunder Respekt vor der Übung gehört dazu. Ab und zu fühlt es sich an wie in der Fahrschule“, sagt er. Keiner wird allein gelassen und jedem wird, zum Beispiel beim Wiederaufstellen der Maschine, geholfen. Die enge Kameradschaft, die die Feldjäger auszeichnet, ist auch hier deutlich zu sehen. Lockere und neckische Sprüche kommen dumpf aus den Helmen. Das Lächeln ist nur über die Augen zu erkennen, aber die strahlen. Im nächsten Jahr wird Hoppe wieder mitfahren und an seinen Fahrtechniken feilen. Foto: Neumann/RedBw (3) 8 Im Visier der „Mallina“: Eine polnische C-130E „Herkules“. Yeovilton. Sie sind die Experten der elektronischen Kampfführung. Sie können Radarsysteme beeinträchtigen und fiktive Einheiten darstellen. Auf diese Weise assistiert der Joint E lectronic Warfare Core Staff (JEWCS) den Mitgliedern der NATO auf allen Führungsebenen. Die Soldaten des JEWCS agieren von Schiffen aus und stören Kommunikations- und Aufklärungsmittel von See- und Lufteinheiten. Landgebunden nutzt der JEWCS Systeme, die auf militärischen Versionen des Land rover Defenders installiert sind. Mit seinen Möglichkeiten hilft der Verband neben den Landund See-, auch Lufteinheiten bei Übungen. Helikopter und Transportflugzeuge trainieren mit dem System „Mallina“, infrarotgelenkten Raketen auszuweichen. Einheiten mit Jets nutzen zumeist das System ShoRAD (Short Range Air Defense), um die Bedrohung einer feindlichen Radarstellung zu simulieren und Gegenmaßnahmen zu trainieren. Eine weitere Aufgabe der elektronischen Truppe ist die Verwaltung von Datenbanken. Die Mitglieder des atlantischen Bündnisses speisen dort Informationen der weltweit bekannten Radarsysteme ein. Mit Hilfe dessen können die Soldaten bereits bekannte Radaranlagen anhand ihrer Merkmale identifizieren. Die Experten der Abteilung Policy und Doctrine Section l iefern NATO-Führung und -Mitgliedsstaaten Konzepte zur elektronischen Kampfführung. Auf Konferenzen beantworten sie Fragen zum Thema und planen die bevorstehenden Vorhaben detailliert mit den Bedarfsträgern. Mit ihrem Know-how unterstützen die Soldaten im sogenannten Monitoring außerdem laufende Operationen des Bündnisses. Ihr Fachwissen ist für den Planungsprozess impulsgebend. In den 1980er Jahren gründete die NATO den Verband, um ihre Fähigkeiten im Bereich der elektronischen Kampfführung zu optimieren. (kw) Mehr über JEWCS unter www.bundeswehr.de. 31. August 2015 innere Führung / Militärgeschichte aktuell 9 Das Drama zur Posse Vor 85 Jahren: Carl Zuckmayer schreibt das Stück „Der Hauptmann von Köpenick“ – und trifft damit den Nerv der Zeit. Kritik am Obrigkeitsstaat Am 5. März 1931 erlebt das „deutsche Märchen in drei Akten unter tosendem Applaus seine Premiere am Deutschen Theater bieten die N ationalsozialisten das Stück mit sofortiger Wirkung. Zuckmayer belegen sie mit einem Aufführungsverbot, woraufhin er 1938 auswandert. Wiederauferstehung nach dem Krieg Foto: dpa/pa (2) Foto: Geschichte. „Ein als Haupt mann verkleideter Mensch führte gestern eine von Tegel kom mende Abteilung Soldaten nach dem Köpenicker Rathaus, ließ den Bürgermeister verhaften, beraubte die Gemeindekasse und fuhr in einer Droschke davon.“ So berichtete es die Berliner Täg liche Rundschau vom 17. Oktober 1906. Eine Posse sondergleichen, die das ganze Deutsche Reich – inklusive Kaiser Friedrich Wilhelm – amüsiert. Und auch über die Reichsgrenzen hinweg stoßen die Ereignisse auf große Resonanz: Die ausländische Presse bewertet den unverfro renen Coup des Schuhmachers Friedrich Wilhelm Voigt als Ausdruck des Militarismus und der tief verwurzelten Hörigkeit gegenüber der Uniform im Deut schen Kaiserreich. Basierend auf diesen Ereignissen schreibt Carl Zuckmayer ab September 1930 das Theaterstück „Der Haupt mann von Köpenick“. Für den Oscar nominiert: „Der Hauptmann von Köpenick“ aus dem Jahr 1956 von Regisseur Helmut Käutner mit Heinz Rühmann (2.v.r.) in der Hauptrolle. Und: Der ostpreußische Schuhmacher Friedrich Wilhelm Voigt in Hauptmannuniform (rechts). in Berlin. Das Drama ist kein bloßer Militärschwank, denn im Köpenicker Rathaus agiert der falsche Hauptmann viel zu souverän in Truppenführung und Befehlsgebung. Als Welt kriegsleutnant wusste Zuckmayer wovon er schrieb. Das Sozial stück spielt unter anderem vor dem Hintergrund trostloser wil helminischer Amtsstuben und dunkler Hinterhofwohnungen. Vor allem ist es aber auch eine Gesellschaftssatire mit durch aus tragischem Unterton, ein Spiel von Schein und Sein und der Wertschätzung menschli cher Existenz. Hier erscheint das alte Thema „Kleider machen Leute“ in neuem Gewande, näm lich in dem von „Kaisers Rock“ – Symbol des wilhelminischen Obrigkeitsstaates, in dem ein Papier, ein Pass, so Voigt, „mehr wert is als de janze menschliche Konstitution.“ Das Stück trifft den Nerv der Zeit und entwi ckelt sich zu einem beispiellosen Publi kumserfolg. Es ist der Streich des modernen „Eulenspiegel“, der Zuckmayer zufolge „einer Zeit und einem Volk die Wahr heit vor Augen hält.“ Zuckmayer liefert hier die tragikomische Abrechnung mit den alten und „herrlichen“ Zeiten. 1933 ver Erst nach dem Zweiten Welt krieg erlebt der „Hauptmann von Köpenick“ sein Wiederer wachen. Der Schauspieler Heinz Rühmann macht 1956 in der Filmver sion von Helmut Kräutner das Stück und den Haupt mann endgültig zur Legende. Friedrich Wil helm Voigt selbst wird von Kaiser Friedrich Wilhelm begnadigt. Fortan ist er als Vermarkter seiner eigenen Person bis an sein Lebensende unterwegs. 1922 stirbt er im Alter von 72 Jahren in Luxemburg, wo er auch begraben wird. Seinen Grabstein ziert seit 1961 eine Pickelhaube. Autor: Kapitän zur See a.D. Dr. Frank Ganseuer ist Historiker. Was zusammen gehört Geschichte. Im Sommer 1990 läuft die bundesdeutsche Diplomatie auf Hochtou ren. Während mit den Besatzungsmächten darüber verhandelt wird, ob sie bereit sind, der deutschen Einheit zuzustimmen, orga nisieren die beiden deutschen Regierun gen die Modalitäten der Vereinigung. Am 31. August 1990 wird der deutsch-deutsche Einigungsvertrag unterzeichnet. Als die Bürger der Deutschen Demokra tischen Republik – kurz DDR – im Herbst 1989 zu Hunderttausenden auf die Straßen gehen, demonstrieren sie in erster Linie für ihr Recht auf freie Meinungsäußerung. Doch erlangen sie in jenen Wochen nicht nur ihre Würde zurück. Am 9. November fällt mit der Berliner Mauer das macht vollste Repressionsinstrument der DDR. Schon nach wenigen Tagen erklingt auf der Leipziger Montagsdemo neben „Wir sind das Volk“ auch der Ruf: „Wir sind ein Volk!“ Bundeskanzler Helmut Kohl erkennt die Gunst der Stunde. Sein Wirken gilt in der Folgezeit dem Ziel der Wieder erlangung der deutschen Einheit und Sou veränität. Als am 18. März 1990 bei der ersten und letzten freien Wahl zur Volks kammer der DDR die konservative „Alli anz für Deutschland“ triumphiert, ist der Weg vorgezeichnet. Ein erster Schritt ist die Schaffung einer Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion Foto: imago Am 31. August 1990 unterzeichnen Vertreter der Bundesrepublik und der DDR den Einigungsvertrag. Symbol der Trennung: Die Berliner Mauer 25 Jahre nach ihrem Fall. am 1. Juli 1990. Die D-Mark wird alleini ges Zahlungsmittel in der DDR, die sozi alistische Planwirtschaft zugunsten der sozialen Marktwirtschaft aufgegeben. Für die Erlangung der politischen und staatli chen Einheit sieht das Grundgesetz zwei Möglichkeiten vor: Eine neue gesamtdeut sche Verfassung nach Artikel 146 oder ein Beitritt der DDR zum Geltungsbereich des Grundgesetzes nach Artikel 23. Letzterer hat den Vorteil, die deutsche Einheit über einen Staatsvertrag zügig herbeiführen, auftretende Probleme aber später regeln zu können. Diesen Weg beschreiten die Verhandlungsführer. Die am 22. Juli neu gebildeten Länder der DDR – Brandenburg, MecklenburgVorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen – sollen neben dem Land Berlin in die Präambel des Grundgesetzes aufgenommen werden. „Von dem Willen beseelt, als gleichberechtigtes Glied in einem vereinten Europa dem Frieden der Welt zu dienen“, wird die Wiedervereini gung für den 3. Oktober 1990 beschlos sen. Die Bundesrepublik übernimmt das Vermögen und vor allem die Verbindlich keiten der DDR und ihrer Rechtsträger. Nach siebenwöchigen Verhandlun gen unterzeichnen Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble und Günther Krause, Parlamentarischer Staatssekretär der DDR, am 31. August 1990 den Einigungsver trag. Das fast 1000 Seiten umfassende Werk regelt unter anderem den Verbleib der Stasi-Akten auf vormaligem DDR- Gebiet und trifft zahlreiche Übergangsre gelungen. Der Föderalismus samt Länder finanzausgleich muss ebenso organisiert werden wie eine Neuordnung der Eigen tumsverhältnisse in den neuen Ländern. Berlin wird zwar Hauptstadt. Die Frage nach dem zukünftigen Sitz von Parlament und Regierung aber vertagt man. Am 20. September wird der Einigungs vertrag sowohl von der Volkskammer als auch vom Bundestag angenommen. Nachdem auch die USA, die Sowjet union, Großbritannien und Frankreich in den sogenannten Zwei-plus-Vier-Verhand lungen zustimmen, kann in der Nacht zum 3. Oktober 1990 die Deutsche Einheit voll zogen werden. Autor: Thomas Heil ist Historiker. 10 aktuell sport 31. August 2015 Aller guten Dinge sind fünf EM-Gold für Brauchle und Drewell Der militärische Fünfkampf überrascht mit Abwechslung und Vielseitigkeit. Foto: imago Kanuten formstark bei der WM Kanu. Die Kanuten der Bundes wehr haben bei den Weltmeisterschaften in Mailand zu ihrer gewohnten Stärke zurückgefunden. Am meisten Grund zum Jubeln hatte dabei Hauptgefreiter Steffi Kriegerstein (Foto rechts). Die 22-jährige Dresdnerin sicherte sich zusammen mit Sabrina Hering im Z weierKajak die Goldmedaille über 1000 Meter und Bronze über 200 Meter. Zu zwei weiteren Bronze medaillen paddelte Oberfeld webel Tina Dietze. Die Athletin der Sportfördergruppe Frankfurt (Oder) landete sowohl im Zweier-Kajak als auch im Vierer- Kajak über die olympischen 500 Meter auf dem dritten Rang. Bei den Männern sicherte sich Hauptgefreiter Tom Liebscher die Silbermedaille im Einer auf der 500-Meter-Strecke. (sr) Gewinnauslosung aktuell 31/2015 Jeweils eine Blu-Ray „Die Mannschaft – Ein Ziel. Ein Wille. Ein Team.“ gewinnen Ramona Vogel und Karin Maul. Über die beiden DVDs können sich Stefan Schönbeck und Rüdiger Wiese freuen. Herzlichen Glückwunsch! Weibliche Verstärkung Das Besondere für die Sportler aus Bayern ist, dass sie mit Schütze Annika Seefeld erstmals seit vielen Jahren wieder eine Frau in ihrer Mannschaft haben, die im Wettkampf an den Athleten treten immer gleichzeitig auf der 500 Meter langen Strecke an. Nach einem furiosen Lauf mobilisiert Stabsunteroffizier Damian Rauch im Zielsprint noch einmal alle Kräfte. Auf den letzten Metern kann er seinen Gegner noch überholen. Völlig erschöpft wird er von seinen Kameraden im Ziel gestützt. Mit zwei Minuten und 22 Sekunden stellt er eine neue persönliche Bestleistung auf. Mach mit! Die militärischen Fünfkämpfer freuen sich über Bewerbungen von ehrgeizigen Soldaten mit Lust an der vielseitigen Sportart. Anforderungen für Männer: 5000 Meter Laufen unter 18 Minuten; 50 Meter Schwimmen unter 35 Sekunden. Für Frauen: 4000 Meter Laufen unter 16:30 Minuten; 50 Meter Schwimmen unter 37 Sekunden. Interessenten können sich bei der Sportfördergruppe Neubiberg für eine Sichtungs woche m elden (Tel.: 089 6004 2862; EMail: [email protected]). zufrieden“, erklärt er. „Sie hat großes Potenzial.“ Der zweite und spektakulärste Wettbewerb ist die Hindernisbahn. Bei der Königsdisziplin erwarten die Soldaten 20 verschiedenen Hindernisse, die bis zu fünf Meter hoch sind. Zwei Danach geht es zur nächsten Herausforderung – dem Hindernisschwimmen. Die 50 Meter lange Schwimmbahn ist gespickt mit vier Hindernissen, die die Sportler untertauchen oder überklettern müssen. Der Weltrekord bei den Männern liegt bei 23,8 Sekunden, die Bestmarke der Frauen bei 27,6 Sekunden. Sport und Militär vereint Die vorletzte Disziplin ist die militärischste: Hier gilt es, ein 400 Gramm schweres Wurfgeschoss, das einer Handgranate ähnelt, möglichst genau in Zielkreise über Distanzen zwischen 15 und 35 Metern zu werfen. Dabei macht sich die große Erfahrung der deutschen Sportsoldaten bezahlt. Mit durchweg guten Ergebnissen sichern sie sich eine gute Ausgangsposition für den nachfolgenden CrossLauf. Bei diesem Wettkampf ist Oberfeldwebel Andrej Sonnenberg eine bewährte Größe. Er läuft die acht Kilometer bei tropischen 32 Grad in 27:30 Minuten. Auf die Gesamtwertung können die Neubiberger Sportler stolz sein: Sie belegen den sechsten Rang von 15 Nationen. „Das ist für uns ein starkes Ergebnis“, freut sich Trainer Böttger. „Der Wettkampf hier in Wien ist für uns eine super Generalprobe für das nächste Großereignis: Die Militärweltmeisterschaft in Südkorea.“ Dort können sich die Sportler Anfang Oktober mit der internationalen Elite des militärischen Fünfkampfs messen. „Wir freuen uns sehr darauf“, sagt Böttger. „Daran teilnehmen zu dürfen, ist ein Privileg für jeden Soldaten.“ Bronze im Vogelnest Gesa Felicitas Krause holt in Peking die erste deutsche WM-Medaille über 3000 Meter-Hindernis. Peking. Hauptgefreiter Gesa Felicitas Krause schüttelte immer wieder ungläubig mit dem Kopf, schüchtern schaute sich die 23-Jährige nach ihrem historischen Lauf zu WM-Bronze im 3000 Meter-Hindernisrennen im riesigen „Vogelnest“-Stadion von Peking um und wirkte fast ein bisschen verloren. Doch dann traute sich die Frankfurterin doch noch auf die Ehrenrunde, schnappte sich eine Deutschlandfahne und ließ sich feiern. „Ich bin überglücklich. Das sind Momente, von denen man sein Leben lang träumt, die sich in harten Trainingseinheiten im Kopf abspielen“, sagte Krause. Mit der persönlichen Bestzeit von 9:19,25 Foto: imago Reiten. Sportsoldaten haben bei der Europameisterschaft im Reiten zwei Goldmedaillen gewonnen. Obergefreiter J annis Drewell siegte in Aachen im Voltigier-Wettbewerb mit seinem Pferd „Diabolo“. Bei dem deutschen Dreifacherfolg verwies er die Brüder Thomas und Viktor Brüsewitz auf die Plätze zwei und drei. Stabsunteroffizier (FA) Michael Brauchle entschied das Finale der Geländeprüfung im Viererzugfahren für sich. Der 25-Jährige holte sich gemeinsam mit Christoph Sandmann und Georg von Stein zudem Silber in der Mannschaftswertung. (sr) Wien. Konzentriert schaut Hauptfeldwebel Martin Scherer durch die Zieloptik seines Einzellader-Sportgewehrs. Schweiß perlen stehen dem S portsoldaten auf der Stirn, während er im Liegen die 200 Meter entfernte Ringscheibe anvisiert. Seine Atmung wird immer ruhiger – dann der Schuss: Volltreffer in die Zehn. Doch noch muss er neun weitere Präzisionsschüsse in zehn Minuten abfeuern. Danach folgen zehn Schüsse Schnellfeuer in einer Minute. Scherer gehört zu einem Team von fünf Soldaten der Sportfördergruppe Neubiberg, die vor den Toren Wiens an einem internationalen Wettkampf im militärischen Fünfkampf teilnimmt. Das Schießen ist der erste von fünf Wettbewerben. Hindernislauf, Werfen, Hindernisschwimmen und Geländelauf komplettieren den Pentathlon. Mit diesen exotischen Disziplinen unterscheidet sich der militärische Fünfkampf grundlegend vom olympischen Modernen Fünfkampf. Start geht. Die 19-jährige Läuferin ist erst vor Kurzem zum Team gestoßen und feiert in Wien ihr Wettkampfdebüt. „Es ist eine besondere Erfahrung für mich, aber die Jungs haben mich hervorragend aufgenommen und unterstützen mich, wo sie können“, freut sich Seefeld über den Teamgeist. Trainer Hauptfeldwebel Andre Böttger will sie nicht mehr hergeben: „Ich bin mit ihrer Entwicklung s e h r (5) ehr desw /Bun cker e B : Foto Foto: dpa/pa von Tim Becker Stahlend vor Glück: Gesa Felicitas Krause bei ihrer Ehrenrunde. Minuten lief sie am vergangenen Mittwoch hinter der Kenianerin Hyvin Jepkemoi und der Tunesierin Habiba Ghribi ins Ziel und holte damit die erste deutsche WM-Medaille über diese Strecke. Die EM-Dritte von 2012 lief von Beginn an ein couragiertes Rennen und zeigte sich immer wieder frech an der Spitze. Auch von einigen Tempoattacken der Konkurrenz ließ sie sich nicht beeindrucken. Auf der Zielgeraden lag Krause sogar kurz in Führung. „Am letzten Wassergraben habe ich kurz gedacht, das könnte sogar Gold werden“, sagte sie: „Aber am Ende hatten die anderen zu lange Schritte.“ So schoben sich Jepkemoi und Ghribi doch noch an der zierlichen Sportsoldatin vorbei. Bereits vier Tage zuvor hatte Stabsunteroffizier (FA) C hristina Schwanitz die Goldmedaille im Kugelstoßen gewonnen. Die 29-jährige Dresdnerin verwies die Lokalmatadorin Gong Lijiao auf den zweiten Platz. Nach Astrid Kumbernuss ist sie erst die zweite deutsche Weltmeisterin im Kugelstoßen. (sid/sr) 31. August 2015 Soziales / Personal aktuell 11 Wenn alle an einem Strang ziehen Die Erwartungen an den Arbeitgeber Bundeswehr sind genauso vielfältig wie die Bewerber selbst. von Sebastian Wanninger und Ulrike Jenssen Ein authentisches Bild der Bundeswehr In den Gesprächen mit den jungen Interessenten sei es ihm wichtig, immer ein authentisches Bild der Bundeswehr zu zeich nen. „Das heißt auch die unange nehmen Themen, wie Trennung von der Familie, Auslandsein sätze, Tod und Verwundung anzusprechen“, sagt Kopahnke. Der Karriereberater hat selbst viel erlebt und einen bewegten Foto: Wanninger/Bundeswehr Wittenberg. „Die Bundeswehr bietet viel gute Karrierechancen, ist aber auch ein Arbeitgeber mit ganz besonderen Herausforde rungen.“ Als Leiter des Karri ereberatungsbüros Wittenberg hat es sich Leutnant Christian Kapahnke zum Ziel gesetzt junge Menschen offen, ehrlich und transparent über ihre Karriere möglichkeiten bei der Bundes wehr zu informieren. Blick in die Zukunft: Die jugendlichen Interessenten setzen sich mit dem Soldatenberuf auseinander. Werdegang. Als Grundwehr dienstleistender ist er in die Bun deswehr eingetreten und hat sich innerhalb dieser Zeit für die Unter offizierlaufbahn beworben. „Vor her dachte ich nicht, dass die Bun deswehr für mich eine langjährige Option ist“, sagt Kapahnke. „Als ich dann aber erst einmal einen tie feren Blick in den Soldatenberuf hatte, änderte sich dies schnell.“ Mittlerweile ist er aus der Unter offizierlaufbahn in die Offizier laufbahn gewechselt und hat sich als Berufssoldat ein Leben lang verpflichtet. Er spricht aus persönlicher Erfahrung, wenn er jungen Inte ressenten von der Vielfalt und den Aufstiegschancen bei der Bun deswehr berichtet. „Wichtig sind mir deshalb auch die persönlichen Gespräche mit den jungen Men schen“, so der Leutnant. „Denn unsere Beratung ist immer indi viduell auf jeden Einzelnen aus gerichtet. Jeder kommt mit einem anderen Lebenslauf, anderen Vor stellungen und Voraussetzungen zu uns.“ Alles für den Traum Foto: Baasen/Bundeswehr Wilhelmshaven. Bootsmann Hendrik Schweizer sitzt an sei nem Schreibtisch. Vor ihm lie gen große Stapel mit Unterlagen von Bewerbern. Der Marinesol dat arbeitet im Karrierecenter der Bundeswehr in Wilhelms haven. Hier teilt er den Bewer bern die Ergebnisse ihrer Einstel lungsgprüfungen mit und plant mit ihnen gemeinsam ihre künf tige Karriere bei der Bundeswehr. Zu Beginn seiner Dienstzeit sahen seine Pläne noch ganz anders aus. 2012 trat Schwei zer seinen Dienst als Offizier anwärter bei der Marine an und absolvierte anschließend sei nen Offizierlehrgang. Für ihn war klar, dass er die Welt auf einem Schiff der Marine berei sen wollte. „Zur See zu fahren, war schon immer mein gro ßer Traum“, sagt der 22-jäh rige S oldat. Als g ebürtiger Wilhemshavener kennt er das Wasser schon von Kindesbeinen an. „Durch meine Bordpraktika auf dem Segelschulschiff ,Gorch Fock‘ und der Fregatte ,Emden‘ konnte ich die Seefahrt hautnah erleben und wollte fortan nichts anderes mehr tun“, beschreibt der Bootsmann seine Begeis terung für den Arbeitsplatz auf hoher See. Bundeswehr und Familie: Das geht. Er sagt, dass es herausfor dernd sei, aber die Bundeswehr im Rahmen der Attraktivitäts offensive vieles für die Verein barkeit von Familie und Beruf tue. „Das sage ich auch unse ren Interessenten. Es funktio niert, wenn alle an einem Strang ziehen: Jeder persönlich und die Bundeswehr.“ Mit Sprit aus der Steckdose Hendrik Schweizer wechselte die Laufbahn, um sich seinen Traum von der Seefahrt zu erfüllen. Sein Wunsch, an Bord eines Marineschiffes zu dienen, wäre jedoch fast geplatzt. 2013 begann er sein Maschinenbaustudium an der Helmut-Schmidt-Universität in Hamburg. Nur ein Jahr später fiel er zum dritten Mal durch die Mathematikprüfung und musste die Hochschule vorzeitig verlas sen. Sein Weg führte ihn anschlie ßend ins Karrierecenter der Bun deswehr nach Wilhemshaven. Eigentlich war diese Station als seine letzte Verwendung vor dem Dienstzeitende 2015 geplant. Schweizer, der damals noch Offi zieranwärter war, wollte seinen großen Traum jedoch nicht auf geben. Er beantragte deshalb einen Laufbahnwechsel. Um doch noch zur See fahren zu kön nen, wollte er nun in die Feldwe bellaufbahn wechseln. Kurze Zeit später schon, wurde Schweizers Antrag genehmigt und der junge Soldat tauschte die Schulterklap pen des Fähnrichs zur See gegen die eines Bootsmanns. Als nächstes wird er eine zivil berufliche Aus- und Weiter bildung zum Fachinformatiker absolvieren. Danach kann seine Karriere auf hoher See dann endlich beginnen. „In vier Jah ren geht es für mich endlich an Bord“, freut sich der 22-Jährige auf die Erfüllung seines lang gehegten Wunschs. (uje/fbr) Immer häufiger begegnet Kopahnke in seinen Beratungs gesprächen auch der Frage, ob Bundeswehr und Familie über haupt unter einen Hut zu bekom men wären. „Diese Frage kann ich aus persönlicher Erfahrung mit einem eindeutigen ,Ja‘ beant worten“, sagt der Karrierebera ter. Er selbst hat zwei Kinder und ist mit einer Soldatin verheiratet. „Sie macht zur Zeit ihre Feldwe belausbildung in Appen. Nach meiner Karriere ist jetzt auch mal meine Frau an der Reihe“, so der Offizier. Welches Wort oder welche Redewendung benutzen Sie zu häufig? „Wat mutt, dat mutt.“ Welche Eigenschaften schätzen Sie an einem anderen Menschen am meisten? Offenheit und Ehrlichkeit. Wozu können Sie nicht „Nein“ sagen? Wenn jemand wirklich Hilfe benötigt. Was wäre für Sie das größte Unglück? Durch einen Unfall oder ähn liches dauerhaft körperlich eingeschränkt zu sein. Wie können Sie am besten entspannen? Am Meer sitzend. Welche lebende Person bewundern Sie am meisten? Meinen Vater. Welche natürliche Gabe möchten Sie besitzen? Ich wäre gerne ein wenig musi kalischer. Was wäre Ihre berufliche Alternative? Auf jeden Fall die zivile Seefahrt im technischen Bereich. München. Nur 19 000 Elektro fahrzeuge sind deutschlandweit im Einsatz. Der Verkauf läuft schleppend, denn die umwelt schonenende Technologie ist teuer und die Angst auf halber Strecke liegen zu bleiben bei den Nutzern nach wie vor groß. Wie Elektrofahrzeuge attrakti ver werden könnten, untersuchen Klaus Bogenberger, Professor für Verkehrstechnik an der Universi tät der Bundeswehr in München, und sein Team. Die Forscher des Instituts für Verkehrswesen und Raumplanung sind am Förderpro gramm „Schaufenster Elektromo bilität“ beteiligt, das von der Bun desregierung gefördert wird. Im Forschungsverbund „wiMo bil“ kombinieren Bogenberger und seine wissenschaftlichen Mitarbeiter Stefan Schmöller und Johannes Müller Elektromobili tät mit Carsharing: Anhand der Analyse von Buchungsdaten der Carsharing-Nutzer verschiedener Anbieter wollen sie die Nutzung von Carsharing-Systemen ver stehen und die Auswirkung von E-Carsharing auf Mobilität und Umwelt nachvollziehen. So lassen sich beispielsweise Buchungsprognosen ermitteln. Auch konnten die Forscher fest stellen, dass Elektrofahrzeuge bisher ähnlich häufig gebucht werden wie Fahrzeuge mit Ver brennungsmotor, allerdings für deutlich kürzere Strecken. (eb) Personal/Soziales Otto persönlich Mit „komoot“ über Stock und Stein App. Wer in seiner Freizeit gerne auf dem Fahrrad unterwegs ist oder ausgedehnte Wandertouren genießt, wird diese App lieben. Denn mit ihr lassen sich Routen schnell und einfach planen. Ein genauerer Blick auf „komoot“ lohnt sich unbedingt. Die App lotst einen nicht nur tadellos durch jeden Wald, sondern bietet auch sogenannte „SmartTours“ in der Umgebung an. Das sind Touren, die andere Nutzer bereits ausgiebig getestet und für gut befunden haben. Besonders praktisch ist die Möglichkeit, die geplante Strecke auf dem Telefon direkt zu speichern. Die Navigation ist somit auch ohne Belastung des Datenvolumes und ohne Internetverbindung möglich. Die App ist kostenlos. Allerdings ist die Deutschlandkarte in mehrere Regionen aufgeteilt. Eine Region (zum Beispiel Potsdam/Berlin) kann kostenfrei genutzt werden. Wer mehr unterwegs ist, kann Einzelregionen für derzeit 3,99 Euro und Regionspakete (beispielsweise Mittleres Oberfranken) für 8,99 Euro dazu kaufen. Das Kartenmaterial für den gesamten Erdball ist für 29,99 Euro zu haben. (mt) 015 34/2 31. August 2015 Im Otto-von-Bismarck-Jahr zeigen zwei neue Bücher die private Seite des deutschen Kanzlers. von Andreas Müller Berlin. 2015 jährt sich Otto von Bismarcks 200. Geburtstag. Der Kanzler liebte Hunde und Wälder, führte ein wildes Studentenleben und aß für sein Leben gern – bis sein Arzt ihm Diät verordnete. Zwei Bücher wagen nun den Blick auf den Menschen hinter dem Politiker. Dem Otto sein Leben von Bismarck Der Titel wirkt ein wenig holprig, zerstückelt. Aber treffender hätte er für die Anekdotensammlung kaum gewählt werden können. Die Historiker Ulrich Lappenküper und Ulf Morgenstern fügen ausgewählte Splitter aus dem Leben Bismarcks zusammen. So entsteht auf knapp 120 Seiten gleich einem Kaleidoskop ein lebhaftes Bild belustigender, entlarvender, hauptsächlich aber interessanter Aspekte der Bismarckschen Wesensart. Die chronologische Zusammenstellung ist vielfältig und nicht auf Erheiterung, sondern auf Erkundung ausgelegt. So erfahren wir viel über Bismarcks Pragmatismus, als er zum Beispiel meint, Wilhelm Tell hätte anstatt auf den Apfel auf dem Kopf des Sohnes lieber gleich auf den Landvogt schießen sollen, der ihm diese Last aufgebürdet hatte. Wir lesen auch von Zeitgenossen wie Wilhelm I., für dessen Stärkung Bismarck eine Wurst mitbrachte, die der Alte hocherfreut im Schreibtisch einschloss! Der Kanzler riet, sie gleich zum Frühstück zu servieren, worauf der Kaiser antwortete: „Nein, das geht nicht. Die Kaiserin ißt keine Wurst und für die anderen ist sie zu schade.“ Lappenküper, Ulrich / Morgenstern, Ulf: „Dem Otto sein Leben von Bismarck“, 2015, 128 Seiten, ISBN: 978-3-4066-7523-2, C.H. Beck, broschiert, 9,95 Euro Das private Leben der Bismarcks Die Germanistin Waltraut Engelberg schöpft aus einem reichhaltigen Fundus an Wissen und jahrelanger Beschäftigung mit dem Thema. Davon profitiert ihr 240-seitiges Werk, bei dem der Leser dem privaten Bismarck besonders nahe kommt. Wir lernen den liebenden Ehemann und Familienvater und seine aufopferungsvolle Ehefrau Johanna – seinen Rückhalt – kennen. Wir sehen, dass ihn Musik so sehr berührt, dass er diesem Genuss mit der Reichsgründung 1871 aus dem Weg geht, um sich ungehindert auf die Arbeit konzentrieren zu können. Wir begleiten einen natur- und hundeliebenden Landedelmann, begeisterten Jäger und leidenschaftlichen Esser, der sich auf den großen Porträts nie authentisch dargestellt fand. Das Buch ist letztlich weniger große Politik, als vielmehr Menschenkunde und damit eine anregende Lesefreude. Weniger ist manchmal mehr Es sind meist die kleineren Dinge, die das Leben erfüllter machen – wie die beiden vor- Foto: Pantheon aktuell Foto: C.H Beck 12 gestellten Bücher. Sie ergänzen sich wunderbar und bieten selbst in ihrer Kürze ein rundes und umfassendes Bild des Menschen Otto von Bismarck. Engelberg, Waltraut: „Das private Leben der Bismarcks“, 2014, 240 Seiten, ISBN: 9783-5705-5226-1, Pantheon, broschiert, 14,99 Euro aktuell verlost drei Buch-Pakete, bestehend aus jeweils einem Exemplar von „Dem Otto sein Leben von Bismarck“ und „Das private Leben der Bismarcks“. Einfach eine E-Mail mit dem Betreff „Otto“ senden an: [email protected] SUDOKU Vi el G Senden Sie die vier Lösungszahlen, lück die sich aus den farbigen Feldern ! ergeben, per E-Mail mit dem Betreff “Sudoku 34/2015” und Ihrer Postanschrift an: [email protected] Einsendeschluss: Sonntag dieser Woche Der Gewinn: Ein mobiler Bluetooth-Lautsprecher Creative D100 Lösung der Ausgabe 32/2015: 7189 Gewonnen hat: Sabine Kreske-Scherge Spielregeln: Füllen Sie das Raster mit den Zahlen von 1 bis 9. In jeder Zeile und jeder Spalte darf jede Zahl nur einmal vorkommen. Zudem kommt auch in jedem 3 x 3 Feld jede Zahl nur einmal vor. Doppelungen sind nicht erlaubt. Aus allen richtigen Einsendungen wird der Gewinner ausgelost. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.
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