17/2376

Drucksache 17/2376
25.06.2015
17. Wahlperiode
Antrag
der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Rechtswidrige Durchsuchungen ohne richterliche Anordnung bei Abschiebungen beenden
Das Abgeordnetenhaus wolle beschließen:
Die rechtswidrige Praxis, bei der Menschen aus Wohnungen oder Flüchtlingsunterkünften,
die einen Wohncharakter aufweisen, ohne richterliche Anordnung abgeschoben werden, ist
sofort zu beenden.
Dem Abgeordnetenhaus ist bis zum 31. August 2015 zu berichten.
Begründung:
Die Zahl der Direktabschiebungen ist in den letzten Jahren rapide gestiegen. Waren es 2012
noch 24 Fälle, in denen direkt abgeschoben wurde, sind es 2014 bereit 464 Menschen. In den
meisten Fällen der Direktabschiebungen werden die Menschen aus ihren Wohnungen bzw.
Räumen in Flüchtlingsunterkünften geholt und zum Flughafen verbracht.
Jedes Eindringen in den geschützten Bereich der Wohnung ist als Durchsuchung zu werten
und bedarf daher einer richterlichen Anordnung. Die erforderliche richterliche Anordnung
wird im Land Berlin aber nicht eingeholt. Auf die Anfrage 17/16169 vom 29. April 2015 teilte der Senat folgendes mit: „Bei Direktabschiebungen werden die Betroffenen direkt aus ihren
Wohnungen oder Flüchtlingsunterkünften zum Flughafen verbracht und am gleichen Tag abgeschoben. (…) Es werden daher keine richterlichen Anordnungen eingeholt.“ Hierin könnte
ein Verstoß gegen die Unverletzlichkeit der Wohnung aus Artikel 13 des Grundgesetzes lie-
Abgeordnetenhaus von Berlin
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gen. Der Schutzbereich des Rechts auf Wohnung wird durch jedes Betreten der geschützten
Räume gegen den Willen des Berechtigten beeinträchtigt (BVerfGE 65, 1, 40 = NJW 1984,
419 ff) und ist hier auch nicht gerechtfertigt. Insbesondere sind auch die Voraussetzungen für
einen „sonstigen Eingriff“ im Sinne des Artikel 13 Abs. 7 Grundgesetz nicht erfüllt, da danach nur Eingriffe und Beschränkungen zur Abwehr einer gemeinen Gefahr oder einer Lebensgefahr für einzelne Personen, auf Grund eines Gesetzes auch zur Verhütung dringender
Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung, vorgenommen werden dürfen. Das wird
regelmäßig nicht vorliegen. Auch eine dringende Gefahr für die öffentliche Sicherheit ist bei
einer Abschiebung regelmäßig nicht anzunehmen. Diese erfolgt nämlich eben gerade nicht
zur Gefahrenabwehr, sondern als Vollstreckungshandlung des Staates.
Teilweise gibt es auch Flüchtlingsunterkünfte, die dem Schutz von Artikel 13 Grundgesetz
unterstellt sind, da sie Wohncharakter haben.
Berlin, den 17. Juni 2015
Pop Kapek Bayram
und die übrigen Mitglieder der
Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN