DIENSTAG, 23. JUNI 2015 FREIAMT AARGAUER ZEITUNG www.aargauerzeitung.ch 19 AARGAU, WOHLEN, MURI, BREMGARTEN Landkauf Oscosa wie erwartet abgelehnt Wohlen Einwohnerrat wies auch die Rechnung 2014 zurück – als Folge der Verfehlung des Gemeindeammanns giger Instanz überprüft. Der Gemeinderat nahm eine dringliche Interpellation der SVP entgegen. VON TONI WIDMER Das Resultat war (noch) deutlicher als erwartet: Der Wohler Einwohnerrat hat am Montagabend den auf 5,240 Mio. Franken veranschlagten Kauf von 7995 m² Land an der Pilatusstrasse mit 13:26 Stimmen abgelehnt. Vorausgegangen war der Abstimmung eine intensive, jedoch weitgehend sachliche und faire Diskussion. Es hätte die zahlreichen Voten allerdings nicht gebraucht. Die Meinungen waren schon vor der Sitzung gemacht. Geschlossen gegen den Landkauf ausgesprochen haben sich die Fraktionen SVP und FDP, geschlossen dafür einzig die Fraktionen von SP und den Grünen. CVP und GLP/EVP waren geteilter Meinung. Die Geschäftsprüfungskommission (GPK) hatte den Landkauf ebenfalls mehrheitlich zur Ablehnung empfohlen. Finanzkommission setzt Zeichen Vor der Beratung von Geschäftsbericht und Rechnung trat Thomas Hoffmann, der Präsident der Finanzkommission, ans Rednerpult. Unter Hinweis auf die zuvor abgegebenen Erklärungen des Gemeinderates über die zu hohen Pensionskassenbeiträge für den Gemeindeammann sowie Walter Dublers Schuldeingeständnis und Entschuldigung (siehe Artikel am Seitenfuss), beantragte er namens der Fiko, die Jahresrechnung zurückzuweisen: «Wenn wir diese Rechnung genehmigen, werden alle getätigten Ausgaben «Wenn wir diese Rechnung genehmigen, werden alle getätigten Ausgaben sanktioniert.» Misstrauen gegen Planung Begründet wurde die Ablehnung vor allem mit dem Argument, Wohlen verfüge über genügend eigene Flächen, um darauf ein neues Schulhaus zu bauen. Dafür müsse nicht teures Land an bester Wohnlage zweckentfremdet und umgezont worden. Grundsätzlich war im Parlament aber auch ein Misstrauen gegen die seit 2012 laufende Schulraumplanung zu spüren. Man glaubte weder den Prognosen zu den Schülerzahlen noch den finanziellen Überlegungen des Gemeinderates und zog auch dessen Überlegungen zu den pädagogischen Vorteilen eines Schulhauses auf der «grünen Wiese» in Zweifel. Vizeammann Paul Huwiler und Gemeinderat Urs Kuhn, in deren Händen die Schulraumplanung liegt, standen mit ihren Argumenten auf verlorenem Posten. «Aufgrund der vorliegenden Beurteilung des Gemeinderates müssten wir Thomas Hoffmann Finanzkommission Wird von der Gemeinde Wohlen nicht gekauft: Das ehemalige Oscosa-Areal an der Pilatusstrasse. dem Landkauf Pilatusstrasse zustimmen und dort ein neues Schulhaus bauen», sagte etwa Thomas Geissmann im Namen der GPK. «Doch», erklärte er weiter: «Politik ist keine exakte Wissenschaft, da spielen Meinungen hinein. Wir müssen uns bewusst sein, dass die Bewertungen und Zahlen des Gemeinderates letztlich auch seine Haltung in der Sache ausdrücken.» Roland Vogt (SVP) brachte sein Misstrauen noch drastischer zum Ausdruck: «Ich bin enttäuscht über die vorliegenden Ergebnisse im Schulraumplanungs- bericht, der sogar von einer Wohler Architektengruppe infrage gestellt wird.» Die Befürworter versuchten, den Landkauf als Lösung für die Zukunft zu verkaufen: «Das vom Gemeinderat gewählte Vorgehen ist ein schlaues Vorgehen. Wir müssen weitsichtig sein und nicht Gefahr laufen, bereits in 10 bis 20 Jahren wieder Platz für eine Schulraumerweiterung suchen zu müssen. Mit dem Kauf des Grundstücks an der Pilatusstrasse hätten wir auf Jahrzehnte hinaus vorgesorgt», sagte etwa Harry Lütolf (CVP). Auch Thomas Burkard TONI WIDMER (Grüne) votierte überzeugt für den Landkauf: «Langfristig wäre das die intelligenteste Lösung, aus ökonomischer und aus pädagogischer Sicht.» In der Schulanlage Halde sei der Platz jetzt schon knapp und hier wolle man noch verdichten: «Kinder und Jugendliche brauchen Platz und eine natürlich gestaltete Umgebung – das zu realisieren ist in der Halde nicht möglich.» Wie es mit der Schulraumplanung weitergeht, ist nach der Einwohnerratssitzung offen. Der Schulraumbedarf wird jedoch noch einmal von unabhän- sanktioniert. Auch die überhöhten Beiträge in Walter Dublers Pensionskasse.» Erst müsse die Sache mit den Pensionskassenbeiträgen aufgearbeitet werden. Er, sagte Hoffmann weiter, habe sich auf der Gemeindeabteilung des Kantons informiert und diese Auskunft erhalten. Der Einwohnerrat folgte Hoffmanns Argumentation mit 34:3 Stimmen äusserst deutlich. Der Geschäftsbericht hingegen wurde beraten, mehrheitlich gelobt und mit klarem Mehr verabschiedet. Ebenfalls deutlich gutgeheissen wurde der Kauf eines neuen Tanklöschfahrzeuges für die Feuerwehr. Die Fraktionen waren einhellig von der Notwendigkeit dieser Anschaffung überzeugt. Erstmals im Parlament vertreten war am Montag Sebastian Berns. Er ersetzt in der GLP-Fraktion Sandra Lehmann. Dubler sieht Verfehlung ein und entschuldigt sich Wohlen Gemeinderat hat von den höheren Pensionskassenbeiträgen nichts gewusst, Gemeindeammann hat die Zahlung in eigener Kompetenz angeordnet VON TONI WIDMER Die Affäre um die zu hohen Pensionskassenbeiträge für den Wohler Gemeindeammann Walter Dubler (az vom 19. Juni) ging gestern an der Einwohnerratssitzung in einer neue Runde. Finanzminister Markus Gsell erklärte in einer Stellungnahme des Gemeinderates zu Beginn der Sitzung, das Gremium habe erst vor einer Woche erfahren, dass die Gemeinde Wohlen für ihren Gemeindeammann Pensionskassenbeiträge ausrichtet, die noch auf dem alten, bis 2013 bezogenen Lohn basieren. Bis heute sind laut Gsell offenbar 4200 Franken aufgelaufen, die der Gemeindeammann am Montagmorgen zurückbeINSERAT zahlt hat. Künftig werde Dubler die höheren Pensionskassenbeiträge vollumfänglich selber bezahlen. Die Zahlung der höheren Pensionskassenbeiträge, erklärte Gsell, sei ohne das Wissen des Gesamtgemeinderates erfolgt, dieser habe auch nie einen entsprechenden Beschluss gefasst. Ammann Walter Dubler selber habe der Finanzverwaltung die Zahlungsanweisung erteilt. «Ich entschuldige mich für mein Vorgehen in aller Form.» Walter Dubler Ammann im Rat nicht über sie diskutiert werden. Nach Gsell meldete sich Gemeindeammann Walter Dubler zu Wort und entschuldigte sich beim Einwohnerrat «in aller Form für mein Vorgehen». Er bedauere den Wirbel, der jetzt entstanden sei. Für ihn sei allerdings immer klar gewesen, dass das Thema «noch einmal im Gemeinderat abgehandelt werden müsse». Beschönigende Erklärung Nötig Schritte unternehmen Der Gemeinderat werde die Sache aufarbeiten und allenfalls nötige Schritte vornehmen, erklärte Gsell abschliessend. Weil es sich bei seinen Ausführungen um eine offizielle Erklärung handelte, durfte Jean-Pierre Gallati, der den zu hohen Pensionskassenbeiträgen des Gemeindeammanns auf die Spur gekommen war und letzte Woche eine entsprechende Anfrage eingereicht hatte, bezeichnete Dublers Votum in einer Fraktionserklärung der SVP als «beschönigende Interpretation der tatsächlichen Vorkommnisse». Der Gemeindeammann habe in die Kasse gegriffen und diesen Griff geschickt vertuscht. Es sei nicht einfach gewesen, der Verfehlung auf die Spur zu kommen. «Der Gemeinderat», erklärte Gallati weiter, «ist gefordert, die Sache zu untersuchen oder untersuchen zu lassen. Es braucht eine saubere Aufarbeitung der tatsächlichen Geschehnisse und eine Prüfung der Konsequenzen, die bis zur Amtsenthebung von Walter Dubler durch den Gemeinderat führen können.» Als direkte Folge der Pensionskassenaffäre hat der Einwohnerrat am Montag die Jahresrechnung 2014 zurückgewiesen.
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