Maisernte 2015 rechtzeitig planen

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Tier
BAUERNBLATT l 10. Oktober 2015 ■
Erfolgreich füttern
Maisernte 2015 rechtzeitig planen
Schon jetzt steht fest, dass die
Maisernte in Schleswig-Holstein in
diesem Herbst sehr spät sein wird.
Es droht die Gefahr, dass die Ernte
sehr schwierig werden könnte. In
den beiden vorhergehenden Jahren gab es fast ideale Erntebedingungen. Die Böden waren trocken,
auf den Feldern gab es kaum Spuren und es wurde wenig Erde und
Matsch auf die Straße getragen.
Die Ernte verlief reibungslos, sodass kaum die Nacht durchgeerntet werden musste. Bei der Bevölkerung gab es wenig Anlass zum
Ärgern und es standen nur wenige
negative Berichte in den Tageszeitungen. Dies könnte sich in diesem
Herbst zum negativen ändern.
Aktuell liegen die T-Gehalte bei 24
(+-2) %, normal ist mit einem Anstieg von 2 % Trockensubstanz pro
Woche zu rechnen. Die volle Ernte
wird, abgesehen von einigen Ausnahmeflächen, deshalb erst in der
zweiten Oktoberwoche voll einsetzen. Man kann nur hoffen, dass es
in den nächsten Wochen wenige
Niederschläge, dafür aber viel Sonnenschein geben wird.
Erntetermin
absprechen
Die rechtzeitige Absprache des
Erntetermins mit dem Lohnunternehmer ist bei immer größeren Ernteflächen je Betrieb eine Selbstverständlichkeit. Die Lohnunternehmer werden versuchen, Betriebe zu
finden, die bereit sind, zu einem
möglichst frühen Termin mit der
Ernte zu beginnen. Aus Futtermangel dürfte dies kaum der Fall sein,
denn die Mehrzahl der Betriebe
verfügt über gute Vorräte aus dem
Vorjahr. Unter diesen Bedingungen
kann man sich höchstens bereit erklären, die Maisflächen vom Rand
her abzuernten und ein kleines Silo
vorab anzulegen. Erstens dauert dies etwas länger und muss nicht unbedingt in der Dunkelheit erfolgen.
Die Maisernte wird erst in der zweiten Oktoberwoche voll einsetzen. Bei guten Wetterbedingungen können enorme
Arbeitsleistungen erreicht werden.
Fotos: Johannes Thomsen
Zweitens ist das Pflanzenmaterial
vom Rand her etwas trockener, sodass die Sickersaftgefahr geringer
ist. Der angeschnittene Feldbestand
kann dann weiter abreifen und später mit voller Arbeitsleistung der
Häckselkette abgeerntet werden.
Auch bleibt dem Hauptsilo dann genügend Zeit, mindestens sechs, besser acht Wochen für eine stabile
Vergärung.
Auf alle Fälle sollte der Sickersaftanfall so weit wie möglich reduziert
werden. Sickersaft muss ordnungsgemäß aufgefangen, gelagert und
ausgebracht werden. Auf keinen Fall
dürfen Umweltschäden durch Sickersaft entstehen, denn solche negativen Meldungen kann die Landwirtschaft nicht gebrauchen.
Beschleunigt werden könnte die
Ernte allenfalls durch starken Blattpilzbefall oder Frost. Beides führt zu
einem schnellen Abbau des Blattgrüns, der Assimilationsfläche. Die
Pflanze stirbt ab und „verstroht“
schnell. Die Siliereignung sinkt
schnell und der Futterwert nimmt rapide ab. Bei Blattpilzbefall und Frost
ist also eine schnelle Ernte angesagt,
wobei vom frühen Frostbefall in diesem Herbst die größere Gefahr ausgeht.
Silotransporte
mit Rücksicht
Die überwiegenden Maisflächen
werden nicht mit Lkw, sondern mit
Schleppergespannen abgefahren.
Diese wirken in voller Fahrt durch
enge Straßen auf viele Bewohner
bedrohlich und machen ihnen
Angst. Besonders bei starker Besiedelung im Umfeld der Silolagerstätte ist vor Erntebeginn eine Fahrerbesprechung mit (schriftlicher) Arbeitsanweisung angebracht.
● Die Fahrer haben den verkehrssicheren Zustand des Transportfahr-
zeuges sicher zu stellen und Überladungen zu vermeiden.
● Bei Fahrten in der Dunkelheit ist
auf eine ausreichende Beleuchtung
des Schleppers und des Transportfahrzeugs zu achten.
● Die Fahrgeschwindigkeit muss besonders in Wohnstraßen mit Kindern, Fußgängern und Radfahrern
den Sicht- und Reaktionsbedingungen angepasst werden.
● Bei Verschmutzung der Straßen
müssen geeignete Warnschilder aufgestellt werden und unverzüglich
und wiederholt geeignete Kehrmaschinen zur Reinigung der Fahrbahnen eingesetzt werden.
● An den Transportfahrzeugen sollten lesbare Telefonnummern angebracht werden, damit bei drohendem Ärger betroffene Anwohner
sofort Rücksprache halten können.
Dann stellt sich noch die Frage, ob
bis in die Nacht hinein gehäckselt
werden muss. Soweit der Erntever-
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■ BAUERNBLATT l 10. Oktober 2015
Das Aufschneiden neuer Flächen benötigt mehr Zeit, es kann vor der normalen
Ernte bei Tag durchgeführt werden.
lauf das zulässt, sollte ab 22 Uhr die
Nachtruhe eingehalten werden. Nur
wenn es wetterbedingt nicht anders
geht, kann auf die Ernte in der Nacht
nicht verzichtet werden.
Shredlage –
ein neues Verfahren
Shredlage ist ein neues Häckselverfahren, das seit etwa vier bis fünf
Jahren in den USA mit zunehmender
Tendenz eingesetzt wird. In Wisconsin werden in diesem Herbst zirka
75 % der Maissilagen mit diesem
Verfahren geerntet. Dazu muss der
Häcksler mit einer speziellen Aufbe-
reitung mit Noppenwalzen, wie sie
bisher nur in den USA eingesetzt
wurden, ausgerüstet werden. In
Schleswig-Holstein stehen in diesem
Herbst zwei Häcksler für die Bereitung von Shredlage zur Verfügung.
Zumindest eine Maschine ist mit einem Original Bausatz aus den USA
ausgerüstet worden. Die Häcksellänge kann bis zu 26 mm betragen, die
Körner werden gründlich zerkleinert und die Restpflanze wird aufgerissen. Trotz deutlich höherer
Schnittlänge ergibt sich durch die
Zerfaserung der Pflanzenteile eine
bessere Nährstoffausnutzung. Dieses Verfahren ist nicht mit der einfa-
So sieht die Shredlage in Wisconsin aus. Alle Körner sind gut zerkleinert, die Restpflanze ist länger gehäckselt und von speziellen Crakerwalzen zerrissen worden.
chen Erhöhung der Häcksellänge,
wie sie vor Jahren in mehreren Versuchsanstalten (Haus Riswick, Lehrund Versuchszentrum Futterkamp,
Grub) durchgeführt wurde, zu vergleichen.
Die Bereitung von Shredlage ist
für alle Betriebe mit hohen Maisanteilen von über 8 bis 9 kg T/Kuh und
Tag ein Thema, genauso für alle Betriebe, die Stroh als Strukturkomponente in Hochleistungsrationen einsetzen. Stroh hat nur einen Energiegehalt von 3,5 MJ NEL/kg und verdünnt dadurch die Energiekonzentration. Shredlage könnte hier die
Strohmenge ersetzen und deshalb in
diesen Rationen Vorteile bringen,
darüber ist bereits berichtet worden.
Dennoch sollte unter den neuen Bedingungen die Shredlage mit dem
Original-Aggregat aus den USA bereitet und in Hochleistungsrationen
im Versuch getestet werden. Beim
Lohnunternehmer sollte das Verfahren genau hinterfragt werden, das
als Shredlage angeboten wird. Das
Interesse der Milchviehhalter an diesem Thema ist jedenfalls vorhanden.
Johannes Thomsen
Landwirtschaftskammer
Tel.: 0 43 81-90 09-47
[email protected]
Tierwohl, Teil 3
Die Kosten für mehr Platz je Kuh
Nicht nur bei der Schweine- und
Geflügelhaltung ist eine öffentliche Debatte um Haltungsstandards entfacht, sondern auch der
Bereich der Milchviehhaltung
rückt zunehmend in den öffentlichen Fokus. Zum einen geht es um
die Frage der Weidehaltung, zum
anderen um die Frage des Platzbedarfes je Kuh. Dem zweiten Punkt
widmet sich dieser Artikel. Vereinfacht dargestellt lautet die Frage:
„Welche zusätzlichen Kosten treten auf, wenn der einzelnen Kuh
statt 8 m2 10 m2 Fläche zur VerfüDer Autor regt eine ideologiefreie Diskussion der Tierhaltung an.
gung stehen?“
Die Beantwortung der Frage ist
pauschal nicht möglich. Es muss in
zwei Grundszenarien unterschieden
werden. Darüber hinaus müssen einige Annahmen getroffen werden.
Die zwei Grundszenarien heißen: (1)
Umsetzung der Forderung frühzei-
tig bei Planung für einen Neubau eines Kuhstalls inklusive Melkzentrum
oder (2) Umsetzung der Forderung
bei einem bestehenden Kuhstall.
Annahmen müssen natürlich für (1)
Größe des Kuhstalles, für (2) produktionstechnische Leistungen und für
(3) Preise für Milch beziehungsweise
für verschiedene Kostenpositionen
getroffen werden.
Die folgende Kalkulation basiert
auf einen Milchviehbetrieb, der entweder über einen Kuhbestand von
150 Kühen verfügt oder aber einen
Neubau für 150 Kühe plant. Im ersten Fall würde die Umsetzung der
Maßnahme dazu führen, dass der
Landwirt von vorneherein beim Bau
mehr Platz für seine Kühe einplant
und sich damit die Investition Milchkuhstall verteuert. Im Falle des zweiten Szenarios führt die Umsetzung
der Maßnahme „Zusätzlicher Platzbedarf“ zu einer Abstockung des
Kuhbestandes um etwa 30 Kühe auf
dann 120 Kühe.
Szenario 1:
Neubau eines Kuhstalls
Im Falle eines Neubaus müsste ein
Landwirt in etwa 300 m2 Kuhstall zusätzlich investieren. Da die Anzahl
der Liege- und Fressboxen gleich
bleibt und auch das Melkzentrum
und der Wartebereich keine Änderungen erfahren, muss „nur“ der
Laufbereich eine flächenmäßige
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