Es war einmal das Bankgeheimnis

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THEMEN
THEATER
Mutter aller
Monologe:
„Am Ziel“
Im Theater in der
Josefstadt brilliert
Andrea Jonasson
in Cesare Lievis
Inszenierung des
grässlichen Klassikers von Thomas
Bernhard. [ APA ] S. 25
REPORTAGE
Israels
frustrierte
Mittelschicht
Gruppenbild mit Steuerreform: Josef Pühringer, Markus Wallner, Hans Jörg Schelling, Reinhold Mitterlehner, Werner Faymann, Peter Kaiser, Michael Häupl und Andreas Schieder im Kanzleramt.
[ APA ]
Es war einmal das Bankgeheimnis
Steuer. Die Aufhebung des Bankgeheimnisses für Unternehmen empört die Wirtschaft. Nach Immobiliensteuern, Registrierkassenpflicht und Co. sehen sich viele Unternehmer als Verlierer der Steuerreform.
VON GERHARD HOFER UND JAKOB ZIRM
Wien. „Österreich ist ein Land der starken Mittelschicht. Wir reagieren in der Krise nicht mit
dem Rotstift. Wir investieren in die Kaufkraft
der Bevölkerung.“ Bundeskanzler Werner Faymann stellte die Freitagabend präsentierte
Steuerreform als eine Akt der Staatsräson hin.
Staatstragend, Seite an Seite mit ÖVP-Vizekanzler Reinhold Mitterlehner, schritt er im
Bundeskanzleramt vor die Kameras und Journalisten. Kein Löschblatt passte in diesem Moment zwischen die Regierungspartner.
Nur für einen kurzen Moment war die
Idylle gestört. Als ein „Presse“-Redakteur die
beiden auf das geplante Ende des Bankge-
BANKGEHEIMNIS
heimnisses für Unternehmen ansprach. „Betrugsbekämpfung hat mit Fairness zu tun“, sagte Faymann. Steuerfahnder stünden immer
wieder vor dem Problem, dass sie nicht in die
Privatkonten von Unternehmern blicken dürfen. Mitterlehner verwies auf Entwicklungen
auf EU-Ebene, an denen Österreich ohnehin
nicht vorbeikäme. Sonst blieb er vage. Fix ausverhandelt scheint das Ende des Bankgeheimnisses für Unternehmern noch nicht.
Mitterlehner verhehlte aber nicht, dass
viele Unternehmer irritiert seien. Kein Wunder: Registrierkassenpflicht, höhere Grunderwerbsteuer, Einschränkungen bei der Abschreibung von Gebäuden, 55 Prozent Spitzensteuersatz, höhere Kapitalertragsteuer
auf Dividenden und Wertpapiergewinne.
Diese Belastungen treffen vor allem mittelständische Unternehmen. Dass auch noch
das Bankgeheimnis für Unternehmen fallen
soll, stieß Wirtschaftsvertreter sauer auf.
Das „Ende des Bankgeheimnisses für
Unternehmen“ heißt es im SPÖ-Verhandlungspapier. Der Satz steht gleich auf einer
der ersten Seiten. Auch die ÖVP-Steuermänner hatten das Ergebnis der Verhandlungen
in ein 28 Seiten langes Konvolut aufgedröselt. Auf Seite 23 hieß es da aber nur lapidar:
„Bankenauskünfte im Zusammenhang mit
STEUERREFORM
Kleinverdiener sind die
Gewinner der Steuerreform. Bezieher kleiner
und mittlerer
Einkommen werden am
stärksten entlastet. Die
meisten Belastungen
werden mittelständischen Unternehmen
aufgebürdet. Unternehmer trifft das Ende
des Bankgeheimnisses,
die Registrierkassenpflicht sowie
Beschränkungen bei
der Abschreibung von
Gebäuden.
Abgabenprüfungen“. Und weiter im Kleingedruckten: „Konteneinsichtnahme durch die
Finanzbehörden, wie international üblich,
zukünftig möglich.“
Derzeit gibt es für Österreicher noch ein
Bankgeheimnis. Bankdaten werden den Ermittlungsbehörden nur bei schwerwiegenden Anschuldigungen nach richterlicher Genehmigung ausgehändigt. Etwa, wenn Steuerbetrug im Spiel ist. Bei einer routinemäßigen Betriebsprüfung sind die Bankkonten
des Unternehmers für die Steuerkontrollore
tabu. Bisher. Nun wird erwartet, dass – wie in
Deutschland – bei jeder Steuerprüfung auch
sämtliche Konten und Sparbücher von Unternehmern offengelegt werden müssen.
Um dies in die Tat umzusetzen, sind einige Hürden zu nehmen. Die erste Hürde:
Für eine Änderung des Bankgeheimnisses ist
eine Zweidrittelmehrheit im Parlament nötig. In diesem Fall haben sich aber die Grünen als Stimmenlieferant angedient. „Das
Bankgeheimnis erfüllt nur einen Sinn in Österreich, und diesen brauchen wir nicht: Das
ist der Schutz der Steuerhinterzieher“, sagte
Grünen-Budgetsprecher Bruno Rossmann.
Die größere Hürde: Es gibt kein Zentralregister für Bankkundendaten. Geht es nach
Johannes Rehulka, Geschäftsführer des
Fachverbands der Raiffeisenbanken, soll es
dieses auch künftig nicht geben. In Deutschland zeige sich, dass nicht nur die Staatsanwaltschaft auf solche Register zugreife, sondern, dass darin auch Sozialbehörden „herumschnüffeln“. Der Generalsekretär des
Sparkassenverbands, Michael Ikrath, sprach
von einem „Schnüffelgesetz“.
Weniger Abschreibungen
Das ist nicht die einzige schlechte Nachricht
für Unternehmen. So wird bei Betrieben auch
die pauschale Abschreibung von Gebäuden
eingeschränkt. Die Regierung erwartet sich
400 Millionen Euro an Einnahmen. Entlastungen für Unternehmen sind Zukunftsmusik. Ab 2018 sollen die Beiträge für den Familienlastenausgleichsfonds reduziert werden.
Dieser Fonds wird aus den Abgaben der Arbeitgeber auf die Lohnsumme gespeist. Pro
Jahr kommen sechs Milliarden zusammen,
mit denen die Familienbeihilfe und das Kin-
dergeld bezahlt werden. Von 2018 bis 2020
sollen die Beiträge der Unternehmen gesenkt
werden. Eine Milliarde Euro Entlastung soll
dabei herausschauen. Allerdings: Der Fonds
hat seit Jahren höhere Ausgaben als Einnahmen. Eigentlich sollte er bis zum Jahr 2020
schuldenfrei werden.
Alles ist teurer
geworden, trotzdem
dürfte Netanjahu
nach der Wahl am
17. März Premier
bleiben.
S. 9
SPECTRUM
Löfflers
Handke
Nächste Woche
kommt der neue
Handke. Sigrid
Löffler über den
bisherigen.
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