Ganze Branche gefrustet

DONNERSTAG, 26. MÄRZ 2015
Teil D
Markt
8600
extra bekommen die nach
Tarifvertrag
bei
Porsche
Beschäftigten für das Geschäftsjahr 2014 als Sonderzahlung. 700 Euro sind davon
für die persönliche Altersvorsorge vorgesehen. Grund sind
die Erfolge des Sportwagenbauers. Der Umsatz ist um 20
Prozent gestiegen, die Zahl
der an Kunden ausgelieferten
Autos kletterte auf 190.000.
Insgesamt können sich rund
14.600 der weltweit 22.400
Mitarbeiter von Porsche über
das Extra freuen.
Durch reine Optimierung nach innen
bekommen wir den Mangel nicht in Griff.
Bertram Brossardt, bayerische Metall- und Elektroarbeitgeberverbände,
fordert angesichts rückläufiger Azubi-Zahlen mehr Zuwanderung.
Ganze Branche gefrustet
Resignation: Nach der
Steuerreform ist im
Vorarlberger Tourismus
nichts wie es war.
DORNBIRN. (VN-reh) „Wollen
Sie in einem 40 Jahre alten
Hotel wohnen?“, fragt Hotelier Joschi Walch (Rote
Wand, Zug) in die Runde und
spricht dabei von der Abschreibungsgebühr, die nach
Plänen der Regierung von 33
auf 40 Jahre verlängert werden soll. Der normale Zyklus
wären dabei 15 Jahre. Oder
die Grunderwerbsteuer, die
das Schenken erheblich teurer macht. Für ein kleines
Hotel mit einem Verkehrswert von 3,1 Millionen Euro
und einem Einheitswert von
185.000 Euro zum Beispiel
bedeutet das eine Erhöhung
der Grunderwerbsteuer von
derzeit 3800 auf dann 67.250
Euro. Bei einem größeren Hotel in einer Topdestination
kommen noch ganz andere
Summen heraus. Fraglich,
wer da noch ein Hotel übernehmen will. Dazu noch der
größte Brocken, der direkt
auf die Wettbewerbsfähigkeit
zielt: Die Erhöhung der Mehrwertsteuer bei Beherbergung
von zehn auf 13 Prozent.
Vorarlbergs
Touristiker
sprechen von einer großen
Demotivation und Resignation, die wegen der Steuerreform bei den Unternehmerfamilien derzeit herrsche.
Sie sei für die Branche ein
„Schlag ins Gesicht“, resümiert Spartenobmann HansPeter Metzler (Das Schif, Hittisau). Weil man als Hotelier
„Die Politik raubt uns Motivation und Perspektive“: Hans-Peter Metzler,
Harald Furtner, Andrew Nussbaumer, Joschi Walch, Elmar Herburger.
besonders viel investiere und
dazu noch einen hohen Mitarbeiterbedarf habe, trefen
die Maßnahmen den Tourismus besonders hart.
Europaweit ausschreiben
Sorgen macht ihm auch die
Tourismusstrategie
2020,
mithilfe derer man die Wettbewerbsfähigkeit langfristig
sichern will. Dafür sei nun
kein Geld mehr vorhanden.
Momentan fühle sich die
Branche einfach gelähmt.
Da ist beispielsweise die Regionalität: Damit will man
sich in Vorarlberg vom Mitbewerb abheben. Das heißt,
dass man das Fleisch oder
den Salat vom bäuerlichen
Produzenten kauft. „Es gibt
Lieferanten, deren Umsatz
sich dadurch verfünfacht
hat“, erzählt Walch. Und regional ist genauso, dass man
den Tischler aus der Nachbarschaft beschäftigt. Schließ-
lich hat der Tourismus im
Land jedes Jahr ein Investitionsvolumen von rund 90
Millionen Euro. Jetzt stelle
sich die Frage, ob man sich
diese Mehrausgaben überhaupt noch leisten könne,
oder ob man europaweit ausschreiben müsse. Dann sind
da noch die Mitarbeiter, in die
viel investiert wird, ein neues
Ausbildungskonzept liegt auf
dem Tisch. „Momentan ist alles in Schielage geraten. Viele sind total verärgert, haben
das Vertrauen in die Politik
verloren“, sagt der Bildungsbeauftragte Elmar Herburger
(Mohren, Rankweil).
Situation kaum tragbar
Die Welt schaut nun ein wenig anders aus im Tourismus.
In der Gastronomie sei die
Situation derzeit schon kaum
mehr tragbar, sagt Andrew
Nussbaumer. Die Raucherdebatten, die Allergenverord-
nung, und man weiß nicht,
was sonst noch kommt. Die
Steuerreform belaste Vorarlbergs Gastronomie zwar
nicht so stark wie die Hotellerie, denn über 90 Prozent hätten bereits eine Registrierkasse. Nur, die Hotels sind jene,
die die Gäste ins Land bringen, die dann auch gerne in
den Lokalen einkehren. Ein
Kreislauf also, und sowieso
sei es die Regierung gewohnt,
dass man alles brav akzeptiere. „Die Motivation ist gelinde ausgedrückt am Ende“,
sagt Nussbaumer. Er sei seit
15 Jahren Branchenvertreter
und noch nie habe er einen so
hohen Frustrationsgrad unter
den Kollegen erlebt.
Die Forderung der Touristiker: Rücknahme der Mehrwertsteuererhöhung, Berechnung der Grunderwerbsteuer
nach der bislang geltenden
Regelung, keine Anhebung
der Abschreibungsdauer und
Ausnahme der Registrierkassenplicht etwa für Eisverkaufsstände oder am Weihnachtsmarkt. Gestartet wird
eine
Unterschriftenaktion
in den Betrieben, Gespräche
mit Bundes- und Landespolitikern stehen an. Deren
Ausgang ist ausschlaggebend
dafür, welche Maßnahmen
noch ergrifen werden. Die
Politik hat die Branche wohl
noch nie so stark gespürt wie
jetzt.
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Weniger Pleiten, weniger Schulden
Sowohl Firmeninsolvenzen als auch private
Konkurse gingen
zurück.
(VN-sca) In einer
Zeit, in der Wirtschaftsforscher immer düsterere Konjunkturaussichten
präsentieren, ist das eine wirklich
gute Nachricht: Firmeninsolvenzen sind in Vorarlberg in
den ersten drei Monaten des
laufenden Jahres nämlich
um 22 Prozent zurückgegangen. 39 Insolvenzverfahren
waren zu verzeichnen (23 eröfnete Insolvenzverfahren
und 16 Konkursabweisungen
mangels Vermögens), so die
Bilanz der Kreditschützer des
KSV 1870. Das sind um elf
Verfahren weniger als im Vergleichszeitraum 2014, stellt
Sabine Welte, Leiterin der
Vorarlberger KSV-1870-Niederlassung, fest.
Auch bei den mit den Insolvenzen verbundenen Schulden ist ein deutlicher Rückgang zu verzeichnen: von
zehn Millionen auf vier Millionen Euro, ein Minus von 60
Prozent. Wermutstropfen:
FELDKIRCH.
Die Anzahl der betrofenen
Arbeitsplätze hat sich von 79
auf 112 erhöht hat. Gleich 22
dieser betrofenen Dienstnehmer gehen allein auf das
Konto der Firma Bauleistungen Neumann, eine Personalbereitstellungsirma
in
Schlins.
Kahlschlag bei Bäckern
Bei den Bäckern wurde es
richtig schlimm für die Mitarbeiter: Gesamt 61 Mitarbeiter
sind von den drei Insolvenzverfahren über das Vermögen
der Bäckereibetriebe Viktor
Bischof in Dornbirn, Ender
Herbert „Plazi-Bäck“ in Götzis und der Bäckerei Elmar
Fink in Dornbirn betrofen.
Alle
Bäckereien
wurden
kurz nach Eröfnung des
Insolvenzverfahrens mangels
positiver Fortbestehensprognosen geschlossen.
In ganz Österreich zeigt
sich für das erste Quartal 2015
übrigens ein einheitliches
Bild: in allen Bundesländern
sind die Insolvenzzahlen gesunken. Den höchsten Rückgang verzeichnet Tirol (36,5
Prozent), gefolgt von Salz-
Der Rückgang
der Unternehmensinsolvenzen
steht im Widerspruch zur
derzeitigen
Konjunktur.
SABINE WELTE,
KSV 1870
burg (26 Prozent), Vorarlberg
hat den dritten Platz inne (22
Prozent).
Die Zahlen bei den Privatkonkursen sind erfreulicherweise, obschon das für die
Betrofenen kein Trost ist,
Firmeninsolvenzen
» Eröfnete Verfahren 1. Quartal
2015: 23 (- 17,9 %), im Jahr 2014:
28
» Abgewiesene Anträge 1. Quartal
2015: 16 (- 27,3 %), im Jahr 2014:
22
» Passiva in Millionen 1. Quartal
2014: zehn Mill. Euro
» Passiva in Millionen 1. Quartal
2015: vier Mill. Euro (- 60,0 %)
» Betrofene Mitarbeiter: 112 (+ 41,8
%) 2014: 79
Welt-Börsen
ebenfalls rückläuig. Die Zahl
der eröfneten Schuldenregulierungsverfahren („Privatkonkurse“) ist von 136 auf 125
Verfahren (- 8,1 %) gesunken,
womit sich Vorarlberg auch in
diesem Vergleich an die dritte
Stelle der Rückgänge an Privatinsolvenzen reiht.
Im Widerspruch
Sabine Welte sieht die Entwicklung mit Vorsicht: „Der
deutliche
Rückgang
der
Unternehmensinsolvenzen
steht im Widerspruch zur aktuellen Konjunkturlage und
dem immer noch bescheidenen Wirtschaftswachstum.
Ob der aktuelle Trend anhält,
bleibt abzuwarten.“
Auch der neuerliche Rückgang im Bereich der Privatkonkurse lasse sich nur
schwer mit den aktuell gestiegenen Arbeitslosenzahlen
in Einklang bringen, so Welte.
Höhere Anforderungen der
Gläubiger an die Bonität ihrer Kreditnehmer einerseits
und das niedrige Zinsniveau
andererseits sorgen für weniger Probleme bei den Schuldnern.
Tendenz des Vortags
(Schlusskurse)
Wien, ATX
2523,4
-0,6 %
11865,3
-1,2 %
5021,0
-1,3 %
6991,0
-0,4 %
19746,2
+0,2 %
23145,1
-0,8 %
9188,3
-1,1 %
17718,5
-1,6 %
Frankfurt, DAX
Paris, CAC 40+
London 100+
Tokio, Nikkei
Mailand, FTSE MIB
Zürich, SMI
NY, Dow Jones
Kommentar
Andreas Scalet
Irgendwer muss
das alles zahlen
Wenn schon Reform, dann aber richtig. Nach der Präsentation der Steuerreform durch die Regierungsspitze, die
vergangene Woche von den Arbeitnehmer-Vertretern heftig, von den Unternehmern eher zurückhaltend begrüßt
wurde, haben die Koalitionäre bei ihrer Klausur in der
Weinmetropole Krems nun ein ganzes Feuerwerk an Änderungen und Verbesserungen (und
keinesfalls Verschlechterungen)
angekündigt.
Der Ärger der Beherbergungsund Bewirtungswirtschaft wird
als Kollateralschaden ofenbar
hingenommen, gibt es doch andere Branchen, die von den Plänen
der Regierung ordentlich proitieren werden: z. B. die Hersteller
und Händler von Registrierkassen, von denen bislang keine wie
auch immer geartete Stellungnahme zum Steuerpaket zu hören
war.
Aber nicht nur den Registrierkassenverkäufern will man
mit dem Start im Jahr 2016 Gutes tun. Das Konjunkturpaket, das bei der Klausur der Regierung in Krems wohl nach
einem Glas Veltliner in Worte gegossen wurde, umfasst
nur mit Punktationen zu 18 Maßnahmen stolze elf Seiten.
Es ist nicht nur ein Befreiungsschlag für eine bislang
eher schlecht beleumundete Regierung, es ist die Lösung
all jener Fragen und Probleme, die uns nun schon seit
Jahren umtreiben. Unter dem Titel „Konjunkturpaket“
werden Wohnungen gebaut und die Lohnnebenkosten
gedrückt, es werden Forschung und Entwicklung verstärkt und neue Lehrberufe geschafen. Die Stärkung der
Deutschkompetenz von Asylsuchenden wurde ebenso ins
Visier genommen wie neue Finanzierungsmöglichkeiten
für kleine und mittlere Betriebe.
Es wäre für die Wirtschaft (Ausnahme: siehe Bericht
links) und viele andere gesellschaftliche Gruppen fast wie
Ostern, wenn tatsächlich in Erfüllung geht, was nun auf
dem Papier festgehalten wurde. Und man fragt sich als
verblüfter Staatsbürger, warum das alles so lang dauern
musste, bis etwas passiert, wieso man jahrelang am Ballhausplatz und rundherum gepfuscht hat, wenn doch alles
so einfach zu lösen wäre. War es notwendig, dass SPÖ und
ÖVP erst einmal alle Symphatien verspielten und sogar die
Mehrheit beim Wahlvolk aufs Spiel setzten, bevor sie sich
regten?
Bleibt die Hofnung, dass nun auch noch für die Gastronomen und Häuslebauer bzw. -erben eine Entlastung gefunden wird. Doch dann wären Zweifel an der Umsetzung
wirklich angebracht: Denn irgendwer muss doch inanzieren, was jetzt alles versprochen wird.
Das Konjunkturpaket ist die
Lösung all jener
Fragen und Probleme, die uns
schon seit Jahren umtreiben.
[email protected], 05572/501-862
Tageskurse vom 25. März 2015
EZB-Referenzkurse
100 Schweiz. Franken
1 US-Dollar
1 Kan.-Dollar
1 Brit. Pfund
100 Türk. Lira
100 Dän. Kronen
100 Norw. Kronen
100 Schwed. Kronen
100 Jap. Yen
1 Austral.-Dollar
100 Ung. Forint
100 Tschech. Kr.
100 Kroat. Kuna
100 Russ. Rubel
Euro
95,084
0,910
0,729
1,358
35,601
13,389
11,637
10,750
0,763
0,718
0,335
3,653
13,069
1,598
Für einen Euro erhalten Sie
1,052
1,099
1,371
0,737
2,809
7,469
8,593
9,303
131,130
1,393
298,800
27,378
7,652
62,574
Verbraucherpreisindex Februar 2015 (1996 = 100)
Philharmoniker (1 Unze)
Ankauf / Verkauf
Zürcher Goldnotierung (1 Unze)
Ankauf / Verkauf
Schweiz. Franken
US-Dollar
Kan.-Dollar
Brit. Pfund
Türk. Lira
Dän. Kronen
Norw. Kronen
Schwed. Kronen
Jap. Yen
Austral.-Dollar
Ung. Forint
Tschech. Kr.
Kroat. Kuna
Russ. Rubel
139,4
1079,00/1113,00 Euro
1188,50/1204,50 Dollar
Die angegebenen Kurse werden von der Europäischen Zentralbank (EZB) berechnet. Bei An- und
Verkauf (Valuten) bzw. Überweisungen (Devisen) verrechnen die einzelnen Banken für die Abwicklung der Transaktionen unterschiedlich hohe Spesen.