RECHT+STEUERN Newsletter 4.2015 Adieu Bankgeheimnis! Adieu Bankgeheimnis! 1 KESt-Vorschreibung bei verdeckter Gewinnausschüttung 2 Antragslose Familienbeihilfe 2 D ie Bundesregierung hat noch keinen Gesamtentwurf der Steuerreform 2015/2016 geschafft, aber zumindest Entwürfe für zwei Teilbereiche: Vorarbeiten für den neuen KESt-Satz von 27,5 % im Endbesteuerungsgesetz und — das Thema dieses Artikels — die de facto-Abschaffung des Bankgeheimnisses durch das so genannte Bankenpaket. Das neue Kontenregistergesetz 2 Das Bankenpaket umfasst hauptsächlich folgende Maßnahmen: Bankwesengesetz — Bankgeheimnis → Erweiterung der Ausnahmebestimmungen vom Bankgeheimnis 2 Gewerbeinformationssystem GISA online → Einrichtung eines Kontenregisters 3 → Einführung einer Meldepflicht von Kreditinstituten über größere Geldbewegungen → Erweiterung des automatischen Informationsaustausches in Steuersachen auf Informationen über Finanzkonten Genehmigungsfreistellung für Betriebsanlagen 3 Schmerzengeld 3 Ende der Sekundärmarktrenditen 4 Einführung einer „Teilpension“ ab 2016 4 Richtlinien zum Lohn– und Sozialdumping veröffentlicht 4 justizauktion.at 2016 bis 2019 werden lt. Erläuterungen zum Gesetzesentwurf Steuermehrerträge im dreistelligen Millionenbereich erwartet: 700, 600, 500 und 400 Millionen Euro. Das Bankenpaket nimmt sich vor allem folgender Themen an: → abgabenbehördlichen Verfahren Bankinformationen erhalten. → Paul & Schlemmer Steuerberatungs GmbH A-8200 Ludersdorf-Wilfersdorf, Ludersdorf 202 Tel. 03112/57729, Fax-DW 40 [email protected] ihre-berater.at Derzeit gibt es kein zentral geführtes Register über alle Bankkonten/Depots, die in Österreich geführt werden, weshalb Behörden und Gerichte nur in bestimmten Fällen (z.B. in Verlassenschaftsverfahren) Auskunft erhalten. — Mit dem zentral verwalteten Kontenregister erhalten Staatsanwaltschaften, Strafgerichte, Finanzstrafbehörden, das Bundesfinanzgericht und Abgabenbehörden des Bundes die Möglichkeit einen Überblick darüber zu bekommen, über welche Bankkonten/Depots eine Person verfügt bzw. welche Personen Zugriff auf ein bestimmtes Konto/Depot haben. J ustiz-auktion.at ist der aktuellen Versuch des Justizministeriums, gerichtlich gepfändete Gegenstände über das Internet zu versteigern. Das Bankgeheimnis wird derzeit nur durchbrochen, wenn ein Strafverfahren eingeleitet worden ist — in Zukunft soll die Finanzverwaltung bereits im → Derzeit besteht keine Möglichkeit, ein „Abschleichen“ (= Abziehen von größeren Kapitalbeträgen) zu verhindern — deshalb müssen Kreditinstitute Ka- pitalabflüsse über 50.000 Euro ab dem 1. März 2015 dem Finanzministerium melden. Das bedeutet, dass das Kontenregister künftig alle rund 33 Millionen inländischen Konten (davon ca. 22 Millionen Konten mit Spareinlagen) erfassen wird — Details s. http://www.oenb.at/isaweb/report.do?lang=DE&report=3.8 Die Details des Kontenregistergesetzes sowie der Aufweichung des Bankgeheimnisses im Bankwesengesetz finden Sie umseitig. Newsletter RECHT+STEUERN KESt bei verdeckter Gewinnausschüttung D as Finanzministerium ändert nach einer jüngsten Information seine Verwaltungspraxis bei verdeckten Ausschüttungen: Die Kapitalertragsteuer (KESt) soll bei verdeckten Ausschüttungen nun grundsätzlich dem Anteilsinhaber (Gesellschafter) vorgeschrieben werden, dem die Ausschüttung zuzurechnen ist. Die ausschüttende Gesellschaft soll künftig nur mehr nachrangig heranzuziehen sein. [BMF-010200/0015-VI/1/2015] Das neue Kontenregistergesetz D ie Banken müssen lt. Kontenregistergesetz neben den Personendaten auch allfällige „hinsichtlich des Kontos oder des Depots vertretungsbefugte Personen, Treugeber und wirtschaftliche Eigentümer“ übermitteln, die Kontonummer bzw. Depotnummer, den Tag der Eröffnung und der Auflösung des Kontos bzw. des Depots sowie die Bezeichnung des konto- bzw. depotführenden Kreditinstitutes. Das Kontenregister ist automationsunterstützt zu führen und die Meldungen haben laufend zu erfolgen. Die Daten sind zehn Jahre ab Ablauf des Jahres der Auflösung des Kontos bzw. Depots aufzubewahren. Der Clou ist aus Sicht der Finanzverwaltung in § 4 KontRegG unter der Überschrift „Auskünfte aus dem Kontenregister“ versteckt: „Auskünfte aus dem Kontenregister sind im Wege elektronischer Einsicht zu erteilen: 1. für strafrechtliche Zwecke den Staatsanwaltschaften und den Strafgerichten, 2. für finanzstrafrechtliche Zwecke überdies den Finanzstrafbehörden und dem Bundesfinanzgericht, Antragslose Familienbeihilfe 3. wenn es im Interesse der Abgabenerhebung zweckmäßig und angemessen ist, für abgabenrechtliche Zwecke den Abgabenbehörden des Bundes und dem Bundesfinanzgericht.“ E Z 1 und Z 2 sind bekannt und logisch — aber Z 3 ist neu: „wenn es [...] zweckmäßig und angemessen ist [...]“, kann das Amtsfinanzamt im ganz normalen Abgabenverfahren, also sogar im Zuge der routinemäßigen Bescheiderstellung Auskünfte aus dem Kontoregister erhalten; doch damit nicht genug: ine aktuelle Änderung des Familienlastenausgleichsgesetzes (BGBl I 50/2015, ausgegeben am 22. April 2015) hat nun die versprochene antragslose Familienbeihilfe realisiert. Der neu eingeführte § 10a FLAG bestimmt in seinem Absatz 1: „Anlässlich der Geburt eines Kindes kann das Finanzamt die Familienbeihilfe automationsunterstützt ohne Antrag gewähren, wenn die Anspruchsvoraussetzungen für die Gewährung der Familienbeihilfe sowie die maßgeblichen Personenstandsdaten […] vorliegen.“ Die Erhöhung der Familienbeihilfe für ein erheblich behindertes Kind ist besonders zu beantragen. D ie neue Bestimmung gilt für Kinder, die nach dem 30. April 2015 geboren werden. Bankwesengesetz — Bankgeheimnis 38 Bankwesengesetz, der das eigentliche Bankgeheimnis re§ gelt, erhält in seinem 2. Absatz neue Ausnahmen: „im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens [...] gegenüber Abgabenbehörden des Bundes; dies gilt bei der Veranlagung der Einkommen- und Körperschaftsteuer sowie der Umsatzsteuer [...] nur, wenn die Abgabenbehörde Bedenken gegen die Richtigkeit der Abgabenerklärung hegt [...]. In Fällen, in denen der Inhaber des Kontos oder Depots nicht Partei des Abgabenverfahrens ist, darf ein schriftliches Auskunftsverlangen nur dann gestellt werden, wenn die begründete Annahme besteht, dass das Auskunftsverlangen für die Erhebung von Abgaben bedeutsam ist; zudem ist der Inhaber des Kontos oder Depots im vorhinein anzuhören;“ Die neue Ausnahme bedeutet, dass das Bankgeheimnis ab 2016 schon dann nicht mehr gelten soll, wenn das Amtsfinanzamt „Bedenken gegen die Richtigkeit der Abgabenerklärung“ hegt und „die Verhandlungen mit dem Abgabepflichtigen nicht zum Ziel führen oder keinen Erfolg versprechen.“ — ein Strafverfahren ist da weit und breit noch nicht in Sicht, womit das Bankgeheimnis de facto fällt. Newsletter RECHT+STEUERN Gewerbeinformationssystem GISA online D as angekündigte „Gewerbeinformationssystem Austria“ (GISA) wurde Ende April online gestellt — auf der Website https://www.gisa.gv.at/ gibt es weitere Informationen und eine Verlinkung auf die Bundesländerseiten (für die Steiermark etwa wie folgt: http://www.e-government.steiermark.at/cms/ziel/61130270/DE/). Nachstehend sehen Sie die neuen elektronischen Antragsmöglichkeiten: Bezeichnung Gewerbeanmeldung Berieb/Betriebsstätte Standortverlegung Gewerbeberechtigung Zurücklegung Weitere Betriebsstätte Begründung Gewerbe Individuelle Befähigung Feststellung Gewerberechtlicher Geschäftsführer - Bestellung Gewerberechtlicher Geschäftsführer - Ausscheiden Weitere Betriebsstätte Einstellung Zentrales Gewerberegister - Auskunft VVR-Abfrage Leistungsbeschreibung OnlineFormular OnlineDownloadFormular Formular mit Bürgerkarte Feedback Genehmigungsfreistellung für Betriebsanlagen D ie am 16. April 2015 veröffentlichte 2. Genehmigungsfreistellungsverordnung (BGBl II 80/2015) bringt vor allem für Kleinbetriebe weniger Bürokratie im gewerblichen Betriebsanlagenrecht. Für einige Arten von Betriebsanlagen ist jedenfalls keine Genehmigung erforderlich, soferne bestimmte Betriebszeiten eingehalten werden (dazu unten): 1. Einzelhandelsbetriebe mit einer Betriebsfläche von bis zu 200 qm (Ausnahme Einzelhandel mit Lebensmitteln) 2. Bürobetriebe 3. Lager in geschlossenen Gebäuden für Waren und Betriebsmittel mit einer Betriebsfläche von bis zu 600 qm 4. Kosmetik-, Fußpflege-, Frisör-, Massage-, Bandagistenbetriebe 5. Änderungsschneidereien und Schuhservicebetriebe 6. Fotografenbetriebe Folgende Betriebszeiten müssen eingehalten werden: werktags Montag bis Freitag zwischen 6 und 22 Uhr (Lieferverkehr zwischen 6 und 19 Uhr), Samstag zwischen 6 und 19 Uhr (Lieferverkehr zwischen 6 und 18 Uhr). Die Wirtschaftskammer schätzt, dass ca. 2.800 von insgesamt 15.000 Verfahren entfallen werden. Schmerzengeld Eine aktuelle Judikaturübersicht über die Schmerzengeldsätze im Zivilverfahren findet sich unter http://zak.lexisnexis.at/tabellen. Newsletter RECHT+STEUERN Ende der Sekundärmarktrenditen D ie Sekundärmarktrenditen (SMR), die in vielen Bankprodukten als Referenzwerte eingesetzt werden, sind mit 1. April 2015 von der „Umlaufgewichteten Durchschnittsrendite für Bundesanleihen“ (UDRB) abgelöst worden, die von der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB) berechnet und veröffentlicht wird. Einführung einer „Teilpension“ ab 2016 E s liegt ein Ministerialentwurf vor, der zur Aufrechterhaltung der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung älterer Dienstnehmer eine neue „Teilpension — erweiterte Altersteilzeit“ schaffen will. Personen mit Anspruch auf Korridorpension, die aber noch keine Alterspension beziehen, sondern weiterhin versicherungspflichtig beschäftigt bleiben, sollen nach dem Vorbild der Altersteilzeit die Möglichkeit erhalten, ihre Arbeitszeit mit Anspruch auf einen teilweisen Lohnausgleich um 40 bis 60 % zu reduzieren. Arbeitgebern, die mit ihren Mitarbeitern entsprechende Teilpensionsvereinbarungen treffen, sollen ihre Mehraufwendungen abgegolten werden. Altersteilzeit und Teilpension — erweiterte Altersteilzeit sollen insgesamt längstens 5 Jahre in Anspruch genommen werden können. Richtlinien zum Lohn– und Sozialdumping veröffentlicht D as Sozialministerium hat im Mai die lange erwarteten Richtlinien zum Lohn– und Sozialdumping (LSDB-RL 2015) veröffentlicht (GZ BMASK‐462. 203/0006‐VII/B/9/2015), die ab dem 1. Jänner 2015 gelten. Obwohl sie nur einen allgemeinen Auslegungsbehelf darstellen, haben sie größte praktische Bedeutung , da sie eine einheitliche Vollziehung des Lohn– und Sozialdumpinggesetzes sicherstellen sollen. Besonders wichtig sind aus unternehmerischer Sicht im Hinblick auf die seit 2015 geltenden Verschärfungen die Nachsichtregelungen. Zur Erinnerung — die wesentlichen Verschärfungen: Die behördliche Lohnkontrolle wurde auf das gesamte Entgelt ausgedehnt. Jede Unterschreitung zieht (neben zivilrechtlicher und Beitragsnachzahlung) eine Strafbarkeit nach sich: bei bis zu drei Dienstnehmern 1.000 bis 10.000 Euro (im Wiederholungsfall 2.000 bis 20.000 Euro), ab vier Dienstnehmern 2.000 bis 20.000 Euro (bei Wiederholung 4.000 bis 50.000 Euro) pro Dienstnehmer — die Dienstnehmer werden außerdem von sie betreffenden Strafbescheiden informiert. G emeinsam ist den Nachsichtregelungen, dass der Arbeitgeber die Differenz zwischen dem tatsächlich geleisteten und dem gebührenden Entgelt nachweislich nachzahlt. Ein Absehen von der Strafe erfordert zusätzlich entweder → nur leichte Fahrlässigkeit ODER → nur eine geringe Unterschreitung (Unterzahlung). Die neuen LSDB-RL 2015 lösen nun erfreulicherweise das Versprechen ein, dass ab 2015 eine Unterschreitung bis 10 % als gering gilt (bisher 3 %) - s. die folgende Tabelle (Rz 50 LSDB-RL 2015):
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