Referat Alexander Rabian, Vorsitzender des

FIDLEG/FINIG sind nicht zu retten!
Medienkonferenz sgv
Zürich, 7. April 2016
Was soll FIDLEG regulieren?
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Ein Bisschen
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Produkteverkauf (allgemeine Verhaltensregeln für alle Anbieter)
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Anlageberatung (allgemeine Verhaltenspflichten für alle Anbieter)
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Vermögensverwaltung (allgemeine Verhaltenspflichten für alle Anbieter)
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Produkte (Prospektpflicht)
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Zivilprozess (Finanzdienstleistungskunden- Sonderprozessrecht)
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Formeller Anlegerschutz (Dokumentationspflichten, Ombudswesen)
Nicht alle Finanzdienstleistungen – Einsicht, dass das nicht geht, war früh da..
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Aber so ein Bisschen vom meisten, was mit Finanzanlagen zu tun hat
Neue Regulierungsarchitektur wird das genannt
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Nicht branchenbezogen und –fokussiert
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Nicht an spezifischen Risiken klar definierter Dienstleistungen und Produkte
orientiert
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Es ist ein lauwarmes, halbfertiges, vertikales und horizontales Querschnittsgesetz
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Anleger und Anbieter haben bessere Gesetze verdient!
Was soll FINIG regulieren?
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Ursprünglich: Alle Finanzinstitute
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Das haben Banken- und Versicherungslobby in der Vernehmlassung verhindert!
Heute (Botschaft BR):
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Nicht die Banken, nicht die Versicherungen
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Nur noch Wertpapierfirmen (=kontoführende Broker ohne Bankenstatus), Fondsleitungen,
Vermögensverwalter und Trustees
Es sind davon schon reguliert:
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Wertpapierfirmen, Fondsleitungen, Vermögensverwalter von Fonds und Vorsorgevermögen
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Vermögensverwalter (nach Geldwäschereigesetz (GwG) und teilweise nach Verhaltensregeln)
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Neu also nur: Bisher nur nach GwG regulierte Vermögensverwalter
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Auch das wird «Neue Regulierungsarchitektur» genannt
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Nicht branchenbezogen und –fokussiert
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Nicht an spezifischen Risiken der von den Institutsgruppen angebotenen Dienstleistungen orientiert
Mit einem einzigen Governance-Modell für alle Anbieter (dazu gleich mehr) wird das Bankenmodell allen
Vermögensverwaltern aufgezwungen.
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Obschon das Bankenmodell den Tätigkeiten und den Risiken, die von Vermögensverwaltern
ausgehen, nicht angemessen ist.
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Selbst ein kleine, auf Vermögensverwaltung ausgerichtete Bank massiv komplexer ist und massiv
weitergehende Risiken für die Anleger generiert als ein Vermögensverwalter.
Das massive Ausdünnen der gewerblichen Anbieter auf dem Finanzplatz ist die primäre Folge von
FINIG
Das FINIG-Governance-Modell
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Aufsicht durch die FINMA basiert auf einem einzigen Governance-Modell – dem «Bankenmodell»
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Horizontale Funktionentrennung – Spartentrennung
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Trennung von Geschäftsbereichen und Funktionen, die kollidierende Interessen haben oder
Kontrollfunktionen gegenüber anderen ausüben
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Trennung von Handel, Beratung, Vermögensverwaltung, Kommerz, Compliance, Risk
Management
Vertikale Funktionentrennung
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Trennung von Oberleitung und Kontrolle und Geschäftsleitung (Trennung von VR und GL)
«Heilige Kuh» der FINMA – nicht nur für Banken
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Aber nicht vorgesehen von MiFID, UCITS etc. für Wertpapierfirmen (kontoführende Broker,
Vermögensverwalter, Anlageberater, Fondsleitungen, Trustees)
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Nur noch Wertpapierfirmen (=kontoführende Broker), Fondsleitungen, Vermögensverwalter und Trustees
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Soll in Art. 8 E-FINIG für kontoführende Broker, Fondsleitungen, Vermögensverwalter «aller Art» und
Trustees zementiert werden
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Für bei Vermögensverwalter KAG schon heute zu unsinnigen Ergebnissen
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Nicht tragbar für gewerbliche Vermögensverwalter
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«Viele Häuptlinge, keine Indianer»
Kosten einer minimalen Governance-Struktur gemäss Bankenstandard: ca. CHF 150’000 p.a.
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Entspricht rund 10% des durchschnittlichen Jahresumsatzes der VSV-Mitglieder
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Für mehr als einen Viertel der VSV-Mitglieder würden diese Kosten 50% des Jahresumsatzes
auffressen
Das FINIG-Governance-Modell ist inhaltlich für unabhängige Vermögensverwalter (UVV) ungeeignet.
Es ist für die UVV bis auf wenige finanziell auch nicht tragbar!
Querschnittsgesetze
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Querschnittsgesetze im Finanzsektor sind grundsätzlich Gift für den KMU-Sektor, da
sie sich an den Risikoprofilen der grossen Institute orientieren.
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Querschnittsgesetze können nur sinnvoll funktionieren, wenn sie eine sehr eng
umgrenzte Materie regeln (z.B. GwG), nicht aber, wenn sie horizontal und vertikal
regulieren.
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Die EU wird weiterhin siloartig regulieren. Die USA und die asiatischen Finanzplätze
regulieren institutstypenbezogen. Die Schweiz ging bisher einen Mittelweg zwischen
den beiden Modellen.
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Die Überführung von Spezialgesetzen in einen einzigen Erlass entspricht der
Rechtsarchitektur der 1990er Jahren. Länder, die solche Gesetze eingeführt haben
(z.B. UK), buchstabieren heute wieder zurück.
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Versicherer, Banken, Fondsproduzenten, Fondsvertreiber sowie Finanzberater bieten
unterschiedliche Dienstleistungen an. Nicht alle Finanzdienstleistungen können gleich
reguliert werden. Es gibt kein Level Playing Field für unterschiedliche «Sportarten».
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Querschnittsgesetze, welche Finanzdienstleistungen gesamthaft regulieren, hemmen
die Innovationsfähigkeit des Finanzplatzes (Stichwort: Fintech).
Es braucht einen sektoriellen Regulierungsansatz
FIDLEG: Teuer und kein Anlegerschutz
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Anstatt die bewährte Selbstregulierung weiterzuentwickeln, schafft das
FIDLEG/FINIG-Paket überflüssige neue Aufsichtsinstanzen. Der dafür notwendige Staatsausbau wird in den Privatsektor ausgelagert (Beraterregister,
Prospektbewilligungsstelle, Ombudsstelle, Aufsichtsorganisation(en)
für Vermögensverwalter und Trustees).
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Es entstehen neue regulatorische Kostenblöcke, die international ausgerichtete
Banken bevorteilen, kleine und mittlere Anbieter aber übermässig belasten.
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Die regulatorischen Mehrkosten belaufen sich auf CHF 300 Mio. pro Jahr für
wenig bis gar keinen zusätzlichen Anlegerschutz. Anleger und Konsument
berappen diese zusätzlichen Kosten über höhere Gebühren.
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Um gleichbleibende Renditen zu erzielen, müssen Anleger mehr Risiken
eingehen. Anlegerschutz verkehrt sich so ins Gegenteil!
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Die Haftungsrisiken im internationalen Privatkundengeschäft werden durch das
nationale Recht am Wohnsitz des Kunden bestimmt, nicht durch EU-Recht.
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Angleichung ans abstrakte EU-Recht bringt keine Verbesserung.
FINIG: Die Mär vom Marktzugang
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Die IOSCO und OECD-Standards verlangen keine Regulierung für UVV im
Sinne des FINIG-Entwurfes. Selbstregulierung ist zulässig.
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Internationaler Druck zur Unterstellung der unabhängigen Vermögensverwalter
besteht nicht. Im Gegenteil: Die Kompetenz der Selbstregulierungsorganisationen zu finanziellen Sanktionen ist ein gutes Argument gegen die
internationale Kritik an der FINMA.
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Äquivalenz der schweizerischen Finanzmarktgesetzgebung zum EU-Recht
bringt nur in klar definierten Teilbereichen des Finanzplatzes bessere
Konditionen; bisher ausschliesslich im institutionellen Geschäft.
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Im Privatkundengeschäft sind für international aufgestellte, grosse Finanzdienstleister Vorteile möglich. Für Privatbanken ohne EU-Niederlassung, UVV,
Anlageberater, Treuhänder bringt eine Äquivalenz-Strategie keinerlei Vorteile,
sondern nur kostenbedingte Nachteile.
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Bevor ein Finanzdienstleistungsabkommen mit der EU nicht ausgehandelt
ist, machen regulatorische Vorleistungen keinen Sinn.
FINIG: AO(s) - impraktikabler Vorschlag
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Von Branchenverbänden finanzierte und so von der Branche kontrollierte
Aufsichtsorganisation(en) (AO) würden im internationalen Kontext nicht als Behörden
anerkannt, sondern als Pseudo-Behörden abgelehnt.
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Dass eine betroffene Branche den Aufbau einer (oder mehrerer) Aufsichts-behörde(n)
finanzieren soll, ist ein Novum in der Schweiz. EBK, BPV, FINMA, RAB, ESBK wurden alle
vom Bund finanziert.
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Eine AO mit vergleichbarer Governance-Struktur wie die Revisionsaufsichtsbehörde (RAB)
oder Eidgenössische Spielbankenkommission (ESKB) benötigt eine Anfangsfinanzierung
von CHF 5 - 6 Mio.
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Die geplante AO-Aufsicht ist ohne Anschubfinanzierung des Bundes nicht realistisch. Die
Vorlage schweigt sich bisher zur Finanzierung aus. Will der Bund private Behörden
subventionieren? Das EFD will dazu ja sagen. Aber ist ein solcher Ressourcenverschleiss
überhaupt zu rechtfertigen?
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Die Unterstellung der UVV unter die FINMA ohne klare gesetzliche Vorgaben
ist keine tragfähige Alternative. Das Resultat wäre Bankenregulierung für KMU!
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Das Schaffen von AOs nach dem FINIG-Modell wird mit einer sehr hohen
Wahrscheinlichkeit zum Zusammenbruch der heutigen Selbstregulierung im GwG-Bereich
führen. Und staatliche Aufsicht im GwG-Bereich (DUFI-Status) soll mit FINIG ja gerade
abgeschafft werden.
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Es braucht ein eigenständiges Vermögensverwaltergesetz, das die Aufsicht über die
UVV branchengerecht regelt!
Ein Gesetzesentwurf liegt vor.
FIDLEG / FINIG: die Ängste der Banken
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Banken befürchten, dass ohne FIDLEG/FINIG die Anpassung der Schweizer
Finanzmarktregulierung an bestehende internationale Standards (IOSCO oder
OECD), namentlich auch die Aufsicht über die unabhängigen
Vermögensverwalter, auf unbestimmte Zeit vertagt würde.
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Diese Ängste sind unbegründet, weil
 es in der Schweiz kein systematisches Versagen der Aufsicht im Bereich
der unabhängigen Vermögensverwaltung gibt;
 heute nur das Gefälle zwischen den Selbstreguliersträgern unbefriedigend
ist;
 der VSV zu einer Weiterentwicklung der Regulierung steht, aber
branchengerechte, KMU-taugliche Lösungen fordert.

FIDLEG / FINIG müssen nicht gerettet werden, weil der «Prozess schon so
weit vorgeschritten ist» - es bleibt Zeit für angemessene Lösungen
FIDLEG/FINIG: Folgerungen
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FIDLEG / FINIG sind horizontale und vertikale Querschnittsgesetze. Solche
Gesetze sorgen für systematische Überregulierung vor allem von KMU. Sie sind
nicht notwendig, um die notwendigen Anpassungen in der Regulierung der
Vermögensverwaltungsdienstleistungen vorzunehmen.
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FIDLEG/FINIG bringen den Anlegern keinen besseren Schutz, sondern Kosten
und weniger Rendite bei gleichen Anlagerisiken
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Die unabhängigen Vermögensverwalter sind keine ultralliberalen Phantasten.
Sie verlangen nicht mehr und nicht weniger als eine für ihre Tätigkeit
sachgerechte, an den durch ihre beschränkte Tätigkeit generierten Risiken
orientierte gesetzliche Regelung, die den vielen KMU in diesem Sektor eine
Zukunft lässt. Diese wird ihnen mit FIDLEG/FINIG verweigert.
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FIDLEG und FINIG sind zwei verunglückte Projekte. Sie müssen und sollen
nicht gerettet werden. Was zu regeln bleibt, kann in einem einfach gehaltenen
Vermögensverwaltergesetz geregelt werden.