Erasmus Erfahrungsbericht Yeditepe University – SS 2015 1. Bewerbung/Vorbereitung Der Bewerbungsprozess verlief ziemlich reibungslos. Nachdem es für mich feststand, dass ich mein Auslandssemester in Istanbul absolvieren möchte, ging alles ziemlich zügig – alle Dokumente für die Bewerbung besorgen und die Deadline einhalten. Für die Bewerbung benötigte man einen Sprachnachweis (mind. B2), die ausgedruckte Online-Bewerbung, ein in Englisch verfasstes Motivationsschreiben und Passfotos. Der Sprachtest wird zwei Mal im Jahr an der HS Ludwigshafen angeboten und ist im Vergleich zu anderen Sprachtests mit 30 Euro recht günstig. 1.1 Visum Da man sich als Deutscher in der Türkei nur 90 Tage visumfrei aufhalten kann, muss zusätzlich ein Studentenvisum im Voraus beantragt werden. Dieses kann, je nach Bundesland (Ba-Wü oder Rheinland-Pfalz), entweder in Mainz oder in Karlsruhe im türkischen Konsulat beantragt werden. Ich war damals in Karlsruhe und da hat man mir gesagt, dass das Studentenvisum, welches ca. 60 Euro kostet, nicht mehr vorausgesetzt wird, sondern lediglich die Residence Permit (siehe unten) für den Aufenthalt benötigt wird. Da sich in der Türkei ständig die Gesetze ändern, ist es ratsam sich vorab gründlich über die Visa-Bestimmungen zu informieren. Ich habe mir damals kein zusätzliches Studentenvisum machen lassen, hätte dafür aber ca. 350 TL= ca. 80 Euro für eine „Visum-Gebühr“ zahlen müssen, hätten sich die Gesetze nicht eine Woche nach meiner Ankunft geändert. Also Glück gehabt nochmal. Wie gesagt: Türkei und die Gesetze 1.2 Residence Permit Wer denkt, damit hat es sich jetzt, den muss ich leider enttäuschen! Residence Permit heißt die Hölle, durch die jeder ausländische Student in der Türkei durch muss. Residence Permit ist die Aufenthaltserlaubnis, welche dir erlaubt das Land ohne Probleme wieder zu verlassen. Wenn Du die Möglichkeit hast, dich vorab für einen Termin zu bewerben, dann tue das. Es kommt nicht selten vor, dass man bis zu 1,5 Monaten (wenn nicht noch länger) auf seinen Termin warten muss. Hier findest Du alle Details für die Beantragung: http://www.istanbulforeignersoffice.com/en/students/residence-permit . Das größte Problem ist, dass eine Auslandskrankenversicherung verlangt wird. Ich hatte zwar auch eine Auslandskrankenversicherung, diese wurde jedoch abgelehnt. Kümmere Dich also früh genug um eine Auslandsversicherung. Wenn Dir deine Krankenversicherung ein TA11 Formular ausstellen kann, dann bring auf jeden Fall das Original mit, Kopien werden abgelehnt und es ist ein riesen Aufwand sich das Original aus Deutschland zuschicken zu lassen. Ein wichtiger Tipp: versuche einen Termin im Vatan und nicht Kadiköy-Polizei zu bekommen. Ich habe von so vielen gehört, dass es wesentlich einfacher ist, als bei der Polizei. Ich selbst hatte einen Termin bei der Polizei und musste mind. 4 Mal dort antreten, weil sie ständig etwas Neues gebraucht haben. Formulare, die Du für deine Bewerbung brauchst: - Passfotos (am besten gleich mehrere parat haben) - Ausgedruckter online-Antrag - Studentenzertifikat von der Yeditepe-University - Auslandskrankenversicherung - Steuernummer Aber an sich ist das alles kein Problem. Da jeder dadurch muss, kriegt man viele Infos und Tipps von anderen Studenten. Anderer Tipp: Frag einen Buddy dich zu begleiten. Die sind alle super lieb und machen es sehr gerne. 2. Unterkunft Buche Deine Unterkunft, wenn es geht direkt vor Ort. Es gibt viele Angebote und Du findest bestimmt schnell etwas Passendes. Leider gibt es viele „Abzocker“, die einfach viel zu viel für die Wohnung verlangen. Also schau Dir am besten erstmal ein paar Alternativen an, bevor du dich entscheidest. Ich selbst bin einmal umgezogen, da ich den Fehler gemacht habe, die Wohnung von Deutschland zu buchen. Es war ein Erasmuswohnheim, aber leider etwas weit weg vom Zentrum und total zerstört (ich meine wirklich alles kaputt: Fenster, Bad etc.). Ich habe aber recht schnell eine neue und deutlich günstigere Wohnung in Moda (der beste Stadtteil in Kadiköy) gefunden, die ich mir drei türkischen Studenten geteilt habe. Ich würde Dir außerdem dringend empfehlen nicht in die Nähe der Uni zu ziehen, auch wenn der Busweg von Kadiköy nach Atesehir, wo sich die Uni befindet, etwas weit ist. Die meisten Studenten wohnen in Kadiköy und wenn man an der Uni wohnt, muss man jeden Abend hin und her pendelt, wobei die Transportmöglichkeiten in der Nacht ziemlich rar sind. 3. Studium Das Studium an der Yeditepe macht super viel Spaß. Man muss aber sagen, das Niveau ist deutlich niedriger, als in Deutschland, aber der Unterricht deutlich spaßiger. ALLE Professoren an der Yeditepe sprechen Englisch und sind total vernarrt in Erasmus-Studenten. Nicht selten kam es vor, dass wir statt Unterricht machen die Uni verlassen haben, um Cay zu trinken und Baklava zu essen. Auch in Bezug auf Klausuren sind die Professoren sehr tolerant. Da wir nach unserem Road-Trip nicht mehr viel Zeit hatten, um für unsere Klausuren zu lernen, schlug uns unsere Professorin vor, die Klausur extra für uns um zwei Wochen zu verlegen. Leider hatten wir zu unseren Kommilitonen nicht so einen guten Draht. Viele haben sich nicht getraut auf Englisch zu sprechen, daher war unsere Kommunikation eher auf „Hey. Wie geht’s?“ beschränkt. Nichtsdestotrotz waren alle sehr lieb und hilfsbereit. Bevor ich es vergesse: die Uni hat ein riiieeesen Freizeitangebot, um genau zu sein: zwei Pools, Fitnesscenter, Tennisplatz etc. Außerdem gibt es eine Bank, einen kleinen Supermarkt, einen Friseur Schreibwarenladen (!), und einen sogar ein Krankenhaus. Das Krankenhaus ist kann super nützlich sein, da es komplett kostenlos für Studenten ist, wobei man als ausländischer Student die Kosten für Medizin in der Apotheke selbst übernehmen muss. 4. Studentenleben Das Studentenleben in Istanbul macht so viel Spaß. Es gibt einfach so viel zu sehen und zu entdecken. Wir waren ein recht großer Freundeskreis, bestehend aus Deutschen, Holländern, Franzosen, Ungarn, Griechen, Portugiesen und Italienern. Es war also niemals langweilig. Es gibt wirklich täglich jede Menge Erasmusparties in der Party- und Shoppingmeile in Taksim. Es ist absolut kein Problem von der asiatischen Seite auf die europäische zu kommen. 24 h am Tag kann ein sogenannter Dolmus (eine Art größeres Taxi) genutzt werden. In noch nicht mal 25 min. ist man dann in Taksim und kann die Nacht zum Tag werden lassen. Aber nicht nur das Nachtleben in Istanbul ist großartig, auch das Essen ist mehr als gut. Es gibt eine riesen Auswahl zu günstigen Preisen. Nicht selten haben wir uns zum Dinner verabredet oder saßen in der bekannten Barstraße in Kadiköy und haben über Gott und die Welt geredet. Eine unserer Traditionen war es zusammen frühstücken zu gehen. Türkisches Frühstück ist einfach das Beste auf der Welt, man hat soo viel Auswahl. Ich empfehle Dir aber auch unbedingt andere Städte in der Türkei anzuschauen. Dieses Land hat so viel zu bieten- von Gebirgen bis hin zu kristallblauen Gewässern und goldenen Stränden. Wir haben uns einfach ein paar Autos gemietet und sind an der Südküste entlang gefahren. Es lohnt sich auf jeden Fall! 5. Fazit In meinen Augen gibt es keine andere Stadt, gegensätzlich ist die – so laut und chaotisch, aber auch still und friedlich. Kopftücher und lange Gewände, aber auch junge, modische Frauen, die nur so vor Selbstbewusstsein strotzen. Religion und Politik, die eine große Rolle in dieser Gesellschaft spielen, aber auch Menschen, die sich nichts sagen lassen und auf der offenen Straße gegen all das protestieren. Es ist ein tolles Gefühl zu wissen, dass man sich nie wieder als ein Tourist in dieser Stadt fühlen wird.
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