McKinseys zweifelhaftes Engagement am Berliner LaGeSo | Manuskript McKinseys zweifelhaftes Engagement am Berliner LaGeSo Bericht: Markus Frenzel Das Berliner LaGeSo – seit Monaten Inbegriff für Flüchtlingschaos in Deutschland. Und es wird kaum besser - trotz bunter Schildchen – für viele Menschen bleibt die Lage katastrophal. Marwan Awad, Flüchtling “Ich habe keinen Schlafplatz und kein Geld. Aber sie sagten nur: Das ist nicht unser Problem. Komm morgen wieder.“ Trotz der Minusgrade – Marwan Awad wird von Tag zu Tag vertröstet. Marwan Awad, Flüchtling “Ich habe von gestern bis heute hier in der Schlange gewartet. Und jetzt lassen sie mich nicht rein.“ Derya ist eine Helferin der ersten Stunde – sie ist längst desillusioniert. Derya “Es ist ziemlich unmenschlich, die Menschen hier so lange warten zu lassen. Ich bin nach wie vor der Meinung, dass sie teils wie Tiere behandelt werden.“ Behördenchaos, Willkür – eigentlich sollte all das längst beendet sein. Denn in der Berliner Behörde hat die Unternehmensberatung McKinsey das Ruder übernommen. Wir treffen einen Mitarbeiter des LaGeSo, der aus Angst um seinen Job unerkannt bleiben will. Er berichtet uns, dass sich kaum etwas verbessert hat. Insider LaGeSo „Mein Eindruck ist, das ist alles eher Show. Nach außen hin sieht das alles etwas geordneter aus, aber in Wahrheit herrscht weiterhin das gleiche Chaos wie früher.“ Die Machtübernahme durch McKinsey verlief schleichend – seit September schickt das Unternehmen mehrere Vollzeitkräfte in die Behörde. Bis zu neun Personen arbeiten für das Flüchtlingsamt, über Monate – angeblich völlig umsonst. Bis schließlich im Januar einer von ihnen Chef wird. Sebastian Muschter – ehemaliger Topberater. Frisch im Amt produziert der einstige McKinsey-Mann zunächst viele bunte Grafiken, Diagramme und Listen. Hinweis: Dieses Manuskript ist urheberrechtlich geschützt und darf nur für den privaten Gebrauch des Empfängers verwendet werden. Jede Verwertung ohne Zustimmung des Urheberberechtigten ist unzulässig. 1 McKinseys zweifelhaftes Engagement am Berliner LaGeSo | Manuskript Vom Sinn des Engagements ist nicht einmal die Landesregierung komplett überzeugt – was eine interne Brand-Mail aus der Führungsetage des Koordinierungsstabes Flüchtlingsmanagement zeigt, die FAKT exklusiv vorliegt. Mail – Zitat: Da hat aber jemand schöne Bilder gemalt und nun?? Da steht nichts was man nicht schon wusste!! Gibt es nach den Jahren der Strategie(klausuren)runden auch mal Entscheidungsrunden? Ein zweiter Insider – diesmal direkt aus der Chefetage des Lageso – berichtet von ähnlichen Erfahrungen mit den Unternehmensberatern. Insider LaGeSo „Generell haben die uns eher von der Arbeit abgehalten. Die haben überhaupt nichts gebracht. Wir haben nach dem Sinn der McKinsey-Leute gesucht.“ Für den Insider ist klar, wer vor allem von dem Engagement profitiert. Insider LaGeSo „Es geht um Macht und Einfluss. (…) McKinsey versucht sich flächendeckend wie eine Krake in alle Leitungsebenen der Bundesländer reinzudrücken. Sie wollen damit richtig Geld verdienen.“ Auch Tobias Lindner, grüner Haushaltsexperte im Bundestag, hält das Vorgehen von McKinsey für eine durchschaubare Masche. Tobias Lindner „Für Unternehmensberatungen ist der Staat, die Regierung eine neue Goldgrube geworden. (…) Es scheint mir schon ein Geschäftsmodell zu sein, dass man sich bekannt machen will, quasi ein bisschen anfixen will, was man als Beratungsunternehmen auch kann.“ In Berlin kommt die erste Rechnung postwendend. Fünf Monate – nachdem McKinsey kostenlos zu arbeiten begonnen hat – bekommt das Unternehmen vom Regierenden Bürgermeister einen Auftrag über 238.000 Euro. Am Parlament vorbei und ohne Ausschreibung. Es geht vor allem um das Organisieren von Workshops. Jan Ziekow - renommierter Experte für Vergaberecht in Deutschland – ist entsetzt. Hinweis: Dieses Manuskript ist urheberrechtlich geschützt und darf nur für den privaten Gebrauch des Empfängers verwendet werden. Jede Verwertung ohne Zustimmung des Urheberberechtigten ist unzulässig. 2 McKinseys zweifelhaftes Engagement am Berliner LaGeSo | Manuskript Jan Ziekow, Deutsches Forschungsinstitut für öffentliche Verwaltung „Es ist etwas, was einfach nicht vorkommen darf – denn das unterscheidet eigentlich einen Staat wie Deutschland von Bananenrepubliken. (…) Das heißt, es hätte ein Vergabeverfahren durchgeführt werden müssen, das ist nicht der Fall und deshalb ist gegen Haushaltsrecht in Verbindung mit den deutschen vergaberechtlichen Vorschriften verstoßen worden.“ Für die Kritiker ist das kein Kavaliersdelikt. Es fehle der Berliner Landesregierung schlicht das Fingerspitzengefühl – beim Umgang mit Staatsaufträgen. Tobias Lindner „Ich kann mir nicht vorstellen, dass Michael Müller die gesetzlichen Vorgaben nicht kennt, das bedeutet aber dann, dass er bewusst gegen sie verstoßen haben muss in diesem Fall. Das heißt, er hat nicht nur das Parlament getäuscht, er hat auch die Öffentlichkeit getäuscht. (…) Da ist eine Nähe entstanden, die nicht gut für den Rechtstaat und auch nicht gut für die Steuerzahler ist.“ Dass es eine ungesunde Nähe zwischen der Berliner Regierung um Michael Müller und McKinsey gibt, kritisiert inzwischen auch die Opposition im Abgeordnetenhaus. Elke Breitenbach „Natürlich ist das Wettbewerbsverzerrung. Weil andere Firmen hatten diese Chance nicht. Man hat das meines Wissens auch anderen Firmen nicht angeboten. Das ist dann eine klare Bevorzugung von einer Firma.“ Der Regierende Bürgermeister lässt mitteilen – dass alles nach Recht und Gesetz erfolgt sei. Angeblich komme nur ein einziger Bieter in Betracht – nämlich McKinsey. Daher keine Ausschreibung. Auch die Arbeitssenatorin teilt noch etwas mit – vor wenigen Tagen im Parlament: Dass sie nämlich die Berater von McKinsey – die in erster Linie für sie tätig werden sollen – überhaupt nicht braucht. Absurde Welt in Berlin. Jan Ziekow „Wenn man keinen Bedarf hat für eine Leistung, die man einkauft, dann ist das in der Tat ein Verstoß gegen das Wirtschaftlichkeitsgesetz im Haushaltsrecht.“ Hinweis: Dieses Manuskript ist urheberrechtlich geschützt und darf nur für den privaten Gebrauch des Empfängers verwendet werden. Jede Verwertung ohne Zustimmung des Urheberberechtigten ist unzulässig. 3
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