AU L I N G E R RECHTSANWÄLTE | NOTARE MANDANTENINFORMATION | März 2015 GESELLSCHAFTSUND UNTERNEHMENSRECHT IN EIGENER SACHE Druckfrisch liegt unsere aktuelle Mandanteninformation vor Ihnen. Während wir in einigen der letzten Ausgaben „jun ge“ Praxisgruppen wie z.B. das Vergaberecht in den Fokus gerückt haben, stellen wir Ihnen heute wieder einmal eine Vielzahl von Beiträgen aus unseren „klassischen“ Kernbe reichen Gesellschaftsrecht, Steuerrecht und Immobilien vor. Wir schlagen einen weiten Bogen von der Beendigung von Ergebnisabführungsverträgen beim Verkauf von Organgesell schaften über die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Erbschaftsteuer bis hin zu so genannten Stufenverträgen für Architekten und Ingenieure. Aber auch spezielle Fragen wie die Entschädigung von Eigentümern von Forstgrund stücken bei der Verlegung von Telekommunikationsleitungen kommen nicht zu kurz. Auch im Übrigen bleibt die Zeit nicht stehen: Wir haben unsere Homepage mit einem Relaunch aktualisiert und dabei besonderen Wert auf die Nutzbarkeit mittels Smart phones und Tablets gelegt. Probieren Sie es selbst aus und geben www.aulinger.eu in den Browser Ihres Smartphones ein! Last but not least freuen wir uns, eine Verstärkung unseres Kartellrechtsteams um Dr. Andreas Lotze vermelden zu können. Seit Januar hat Rechtsanwalt Toni Ebbinghausen seine berufliche Laufbahn bei uns begonnen. Wir heißen den neuen Kollegen willkommen und wünschen uns und ihm eine stets gute Zusammenarbeit. GESELLSCHAFTSUND UNTERNEHMENSRECHT INHALT GESELLSCHAFTS- UND UNTERNEHMENSRECHT Vermeidung von Haftungsrisiken bei der Beendigung von Beherrschungs- und Gewinnabführungsverträgen Keine Bestellung eines Notgeschäftsführers für eine Gesellschaft7 bürgerlichen Rechts trotz „Ärger in der Familie“ Gemilderte Haftung für Geschäftsführer einer Gesellschaft in der Krise 9 STEUERRECHT Betriebliches Vermögen und Erbschaftsteuer 11 Neue Steuerfalle für Gemeinschaftspraxen 14 HANDELSRECHT Die handelsrechtliche Untersuchungs- und Rügeobliegenheit15 bei unmittelbarer Weiterlieferung von Ware ARBEITSRECHT Abwerbeverbote zwischen Arbeitgebern17 IMMOBILIENRECHT BGH schafft Rechtssicherheit für Stufenverträge 19 Verjährung von Gewährleistungsansprüchen bei Mängeln an Dach-Photovoltaikanlagen 21 VERSORGUNG UND INFRASTRUKTUR „Im Wald, da sind die Räuber?“ – Die Inanspruchnahme von Forstgrundstücken für die Verlegung von Telekommunikationslinien 23 Wirksam oder unwirksam - das ist hier die Frage.24 Strom- und Gaskonzessionsverträge auf dem Prüfstand. 6 GESELLSCHAFTSUND UNTERNEHMENSRECHT VERMEIDUNG VON HAFTUNGSRISIKEN BEI DER BEENDIGUNG VON BEHERRSCHUNGS- UND GEWINNABFÜHRUNGSVERTRÄGEN Der Fall: Verkauf einer Konzerntochter Vor Verkauf einer Tochtergesellschaft, die über einen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag („EAV“) in einen Konzern eingebunden ist, muss der EAV beendet werden. Ist die Tochtergesellschaft defizitär, ist der Verlust auszugleichen, hat sie Gewinne erzielt, sind diese abzufüh ren. Die maßgeblichen Jahresabschlüsse werden noch unter Ägide der herrschenden Gesellschaft aufgestellt. Mit Clo sing der Transaktion ist die Sache erledigt – dies jedenfalls könnte man annehmen. Haftungsrisiken für die herrschende Gesellschaft Tatsächlich bestehen nach Abschluss der Transaktion er hebliche Haftungsrisiken, die das gesamte Projekt in Frage stellen können. Dreh- und Angelpunkt sind die Regelungen der §§ 302 und 303 Aktiengesetz (AktG), die sowohl den Gläubigern der ehemaligen Konzerntochter ermöglichen, gegen die Verkäuferin vorzugehen, als auch der Gesellschaft selbst Ansprüche gegen die ehemalige Muttergesellschaft einräumen. Anspruch auf Sicherheitsleistung So gibt § 303 AktG Gläubigern der beherrschten Gesellschaft das Recht, innerhalb eines Zeitraums von sechs Monaten nach Bekanntmachung der Beendigung des EAV Sicherheit für Forderungen gegen die Tochtergesellschaft von der Verkäuferin zu verlangen. Die ehemalige Muttergesell schaft könnte verpflichtet werden, z.B. eine Bürgschaft für die Ansprüche des Vermieters aus einem Mietvertrag mit der ehemaligen Tochtergesellschaft zu stellen. Wenngleich der Bundesgerichtshof (BGH) in einer aktuellen Entschei dung vom 07.10.2014, Az.: II ZR 361/13, den Zeitraum, in dem solche Ansprüche fällig werden müssen, auf fünf Jahre beschränkt und damit zumindest eine Endloshaftung der Verkäuferin ausgeschlossen hat, ergeben sich hieraus erhebliche finanzielle Risiken. 6 Gestaltungsmöglichkeiten im Kaufvertrag Da es sich um einen Anspruch der Gläubiger der ehemaligen Konzerngesellschaft handelt, können diese im Kaufvertrag mit der Verkäuferseite nicht begrenzt werden. Möglich sind lediglich die Rückdeckung etwaig zu stellender Sicherheiten im Kaufvertrag oder die Aufnahme von Freistellungsansprüchen, nachträgliche Kaufpreisanpassungen oder ein Hold-Back. All das setzt freilich entweder einen ausreichend hohen Kaufpreis oder die entsprechende Bonität des Erwer bers voraus. Gegeben sind diese Voraussetzungen jedoch nicht immer. Verlustausgleichsansprüche Neben der Notwendigkeit, Sicherheit für Forderungen ge gen die Tochtergesellschaft leisten zu müssen, kann sich die Verkäuferin mit Verlustausgleichsansprüchen konfrontiert sehen. Die Verlustübernahmeverpflichtung des § 302 AktG verjährt erst zehn Jahre nach Bekanntmachung der Beendigung des EAV; ein Vergleich über die Höhe des Ausgleichsan spruchs oder sogar ein Verzicht sind erst drei Jahre nach Bekanntmachung der Beendigung möglich. Das Problem ist, dass für die Höhe des Verlustausgleichsanspruchs nach der Rechtsprechung des BGH nicht der im Jahresabschluss ausgewiesene Betrag maßgeblich ist, sondern der sich bei – so die Terminologie des BGH – objektiv ordnungsgemäßer Bilanzierung zum Bilanzstichtag ergebende (fiktive) Jahresfehlbetrag. Da letzterer von dem unter der Kontrolle der ehemaligen Gesellschafterin festgestellten Verlust abwei chen kann, besteht das Risiko einer zusätzlichen Verlust ausgleichspflicht nach Closing der Transaktion für weitere zehn (!) Jahre. Doch nicht nur in Konstellationen, in denen die ehemalige Tochtergesellschaft Verluste erzielt hat, dro hen Rückforderungsrisiken. Wenngleich es höchstrichter lich noch nicht entschieden wurde, so wird zumindest ver treten, dass auch zu viel an die herrschende Gesellschaft abgeführte Gewinne zurückgefordert werden können. Stimmt der bilanziell festgestellte Gewinn nicht mit dem nach Maßgabe der Rechtsprechung des BGH festgestellten „objektiven Gewinn“ überein, müsse das sich ergebende Delta von der herrschenden Gesellschaft zurückgezahlt werden. Maßnahmen zur Risikominimierung Differenzen zwischen den vor Durchführung der Transak tion festgestellten und den sich danach ergebenden objekti ven Gewinnen oder Verlusten können sich zudem ergeben, wenn die Gesellschaft rechnerisch überschuldet ist und es an einer positiven Fortführungsprognose fehlt. GoingConcern-Werte können nur bei vorangegangener positiver Fortführungsprognose angesetzt werden. Fehlt diese, wäre das Vermögen der Gesellschaft zu Liquidationswerten zu bilanzieren. Ergäbe sich nach Closing der Transaktion, dass es an einer positiven Fortführungsprognose fehlte, könnte der Verlustausgleichsanspruch aufgrund des dann erforder lichen Ansatzes von Liquidations- statt Going-ConcernWerten steigen. Begegnet werden kann diesem Risiko, in dem die defizitäre Untergesellschaft vor Closing ein tragfähiges Fortführungskonzept aufstellt und die Käufer seite dieses akzeptiert und ggf. entsprechende Mittel zu sagt, die eine Fortführung des Unternehmens als überwie gend wahrscheinlich erscheinen lassen. Im Zusammenhang mit der Erörterung von Gestaltungs möglichkeiten wichtig ist, dass der Ausgleich eines Jahres fehlbetrags durch Aufrechnung mit einem Gegenanspruch der herrschenden Gesellschaft erfolgen kann. Die Möglichkeit der Aufrechnung erlangt besondere Bedeu tung im konzerninternen Cashpooling, wenn der Oberge sellschaft hieraus Forderungen gegen die Tochtergesell schaft erwachsen sind. Allerdings muss die Forderung der herrschenden Gesellschaft gegen die Untergesellschaft, mit der der Verlustausgleichsanspruch aufgerechnet werden soll, werthaltig sein, andernfalls kommt die Aufrechnung nicht in Betracht. Fehlt die Werthaltigkeit, muss der Verlu stausgleichsanspruch tatsächlich durch Zahlung beglichen werden. Dann besteht zwar die Möglichkeit, den Betrag anschließend zur Begleichung der Verbindlichkeit der Untergesellschaft aus dem Cashpooling wieder an die herr schende Gesellschaft zurückzuzahlen. Im Falle einer Insol venz könnte ein Insolvenzverwalter die Zahlung allerdings anfechten. Dem wiederum wäre zu begegnen, indem die entsprechende Forderung im Zuge der Transaktion an die Käuferseite abgetreten und kaufpreiserhöhend berücksich tigt wird. Im Ergebnis gibt es also eine Reihe von Möglichkeiten, das Risiko nachträglicher Verlustausgleichungspflichten zu minimieren. Sicher ausschließen lässt es sich jedoch nicht immer. Sebastian Hauptmann KEINE BESTELLUNG EINES NOTGESCHÄFTSFÜHRERS FÜR EINE GESELLSCHAFT BÜRGERLICHEN RECHTS (GBR) TROTZ „ÄRGER IN DER FAMILIE“ Die strukturellen Unterschiede der einzelnen Gesellschafts formen sind bei der Wahl der Rechtsform eines Unternehmens sorgfältig gegeneinander abzuwägen. Das Gesellschafts recht trennt bekanntlich deutlich zwischen dem Recht der Personengesellschaften (z.B. GbR, OHG und KG) und dem der Kapitalgesellschaften (z.B. GmbH und AG). Bei den Personengesellschaften ist die Geschäftsführung und die organschaftliche Vertretung Ausfluss der Gesellschafterstellung. Es gilt der Grundsatz der Selbstorganschaft, weshalb die Geschäftsleiterstellung nicht losgelöst von einem Gesellschaftsanteil übernommen werden kann. Dennoch können Geschäftsführungsaufgaben z.B. durch 7 einen Anstellungsvertrag auf einen Dritten übertragen werden, der diese Befugnisse dann aufgrund einer abgelei teten Rechtsstellung ausübt. Anders ist dies hingegen bei den Kapitalgesellschaften, wo die nach außen gerichtete Handlungsfähigkeit von der Bestellung ihrer „Organe“ ab hängig ist. Geschäftsleiter (Geschäftsführer/Vorstand) kann nur eine natürliche Person sein, die allerdings nicht zugleich auch Gesellschafter sein muss. Im Gegensatz zur Personen gesellschaft gilt das Prinzip der Fremdorganschaft. Gesellschaftern. Insbesondere sind die Gesellschafter AM und die Beteiligten zu 1 bis 3 verurteilt worden, ein Giro konto auf den Namen der M-GbR mit gemeinschaftlicher Verfügungsbefugnis aller Gesellschafter zu eröffnen und sämtliche Mieter anzuweisen, die jeweiligen Mietzahlun gen ausschließlich auf dieses neue Girokonto einzuzahlen. Aufgrund anhaltender Gesellschafterstreitigkeiten zahlten aber einige Mieter in bar an die Beteiligte zu 1 oder hinter legten ihre Mietzahlungen. In diesen Kontext ist der Beschluss des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 23.09.2014 (Az. II ZB 4/14) einzuordnen, in dem inhaltlich die Frage beantwortet wird, dass für eine GbR grundsätzlich kein Notgeschäftsführer zu bestellen ist. Der Wunsch nach einem Notgeschäftsführer für die M-GbR Die Beteiligte zu 1 hat beantragt, der M-GbR einen Notgeschäftsführer zu bestellen. Dieser Antrag ist zurückgewiesen worden und auch die hiergegen gerichtete Beschwerde hatte keinen Erfolg. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde ist das Antragsgesuch weiterverfolgt worden. Die Fallgestaltung („Streit in der Familie“) Die Eheleute FM und AM hatten zur Bewirtschaftung drei er Hausgrundstücke gemeinsam mit ihren vier Kindern (Beteiligte zu 1 bis 4) die M-GbR gegründet. Durch den Gesellschaftsvertrag ist ausschließlich FM zur Geschäftsführung und Vertretung der Gesellschaft beru fen worden, welcher im Falle seiner Verhinderung durch seine Ehefrau AM vertreten wird. Diese Vertretungsregel gilt jedoch immer dann nicht, wenn FM einen Dritter mit schriftlicher Vollmacht zu seinem Vertreter bestimmt. Der Gesellschaftsvertrag sieht ferner vor, dass die GbR bei Tod eines Gesellschafters nicht aufgelöst sondern grundsätzlich mit seinen Erben fortgesetzt wird. Noch zu Lebzeiten hatte FM die laufenden Geschäfte der M-GbR auf die Beteiligte zu 1 übertragen. Diese ist insbe sondere bevollmächtigt worden, Mietverhältnisse abzuschlie ßen, zu beenden und nach ihrem Ermessen zu gestalten. Ferner hat die Beteiligte zu 1 eine Vollmacht für das auf den Namen von FM eingerichtete Unterkonto erhalten, auf welchem die Mieterträge der Hausgrundstücke eingingen. Tod des geschäftsführenden Gesellschafters („Ende des Patriarchen“) Nach dem Tod des FM ist es zu diversen Unstimmigkeiten zwischen den übrigen Gesellschaftern gekommen. Streitig ist insbesondere gewesen, wer zur Vertretung der Gesellschaft berufen sei, auf welches Konto die Mietzahlungen zu zahlen seien und wer hinsichtlich der Mieterträge verfü gungsberechtigt sei. In der Folge ergab sich eine Vielzahl von gerichtlichen Auseinandersetzungen zwischen den 8 Der BGH hat die Rechtsbeschwerde mit Beschluss vom 23.09.2014 für zulässig erachtet, da die Beteiligte zu 1 in ihren Rechten beeinträchtigt sei. Diese habe als Gesellschafterin nämlich ein Interesse an der Handlungsfähigkeit der Gesell schaft und sei grundsätzlich zur Mitwirkung an der Ge schäftsführung berufen. Keine Bestellung eines Notgeschäftsführers für die GbR In der Sache hat die Beschwerde allerdings keinen Erfolg gehabt. Für eine GbR sei die Bestellung eines Notgeschäftsführers grundsätzlich abzulehnen. Sinn und Zweck eines Notgeschäftsführers sei es, eine vorübergehende Handlungsunfähigkeit der juristischen Person ohne ein ordentlich bestelltes, geschäftsführendes Organ zu überbrücken. Eine solche Handlungsunfähigkeit drohe jedoch bei einer GbR beim Wegfall des geschäftsfüh renden Gesellschafters schon kraft Gesetzes nicht, selbst wenn der Gesellschaftsvertrag hierzu keine konkreten Lö sungen vorsehe. Versterbe der einzige zur Geschäftsführung berechtigte Gesellschafter, so führe dies zur Gesamtgeschäftsführungsbefugnis der verbliebenen Gesellschafter, so dass die GbR handlungsfähig bleibe (vgl. § 709 Abs. 1 BGB). Nichts anderes gelte bei einer Amtsniederlegung oder bei einer Entziehung der Geschäftsführungsbefugnis. Gefahr einer Blockadesituation bei der GbR systemimmanent Die Gefahr einer Blockade sei in der gesetzlichen Regelung der Gesamtgeschäftsführungsbefugnis der GbR angelegt und rechtfertige somit nicht die Bestellung eines Notge schäftsführers. Ferner eröffne das Gesetz den einzelnen Gesellschaftern in Fällen eines dringenden Handlungsbedarfes die Möglichkeit von notwendigen Erhaltungsmaß nahmen, so dass es auch deshalb der Bestellung eines Not geschäftsführers nicht bedürfe. In der Regel keine Notgeschäftsführer für Personengesellschaften Nach verbreiteter Auffassung in Rechtsprechung und Li teratur ist bei Personengesellschaften kein Notgeschäfts führer zu bestellen. Mit der vorstehenden Entscheidung hat der BGH dies nun erstmals für die GbR ausgespro- chen. Ausnahmen werden lediglich für die Publikumsge sellschaft sowie für die GmbH & Co. KG erwogen, was der BGH in dem vorliegenden Beschluss aber offen gelassen hat. Die dem gesetzlichen Prinzip der Gesamtgeschäftsführungs befugnis immanenten Gefahr der Blockade der Personengesellschaft durch die Gesellschafter selbst, kann mit einer sinnvollen Ausgestaltung der Geschäftsführung im Rahmen des Gesellschaftsvertrages begegnet werden. Jens Hausmanns GEMILDERTE HAFTUNG FÜR GESCHÄFTSFÜHRER EINER GESELLSCHAFT IN DER KRISE Der Geschäftsführer einer GmbH oder einer GmbH & Co. KG, die sich in einer Krise befindet, trägt neben dem strafrechtlichen Risiko, den richtigen Zeitpunkt für die Insol venzantragstellung zu verpassen und damit eine strafbare Insolvenzverschleppung zu begehen, auch das Risiko, mit seinem privaten Vermögen für eine Verminderung des Vermögens der Gesellschaft bis zur Insolvenzantragstel lung zu haften. Die Straftat der Insolvenzverschleppung begeht der Ge schäftsführer nach § 15a Insolvenzordnung (InsO) wenn er nicht spätestens 3 Wochen nach Eintritt der Insolvenz gründe, also der Zahlungsunfähigkeit und/oder Über schuldung, einen Insolvenzantrag stellt. Die Haftung für Masseschmälerungen nach § 64 GmbHGesetz (GmbHG) bzw. § 130a Abs. 1, 177a Handelsgesetz buch (HGB) gilt dagegen unmittelbar mit Eintritt der In solvenzgründe. Eine „Schonfrist“ existiert hier nicht. Nach § 64 GmbHG bzw. § 130a Abs. 1, 177a HGB haftet der Geschäftsführer für Zahlungen, die nach dem Eintritt der Insolvenzreife aus dem Vermögen der Gesellschaft gelei stet werden, wenn sie nicht mit der Sorgfalt eines ordentli 9 chen Geschäftsmannes vereinbar waren. Mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes vereinbar sind regel mäßig nur Zahlungen, die zur Aufrechterhaltung des Ge schäftsbetriebes unerlässlich sind, und dies auch nur inner halb der strafrechtlich relevanten 3-Wochen-Frist. tungsbegründende Masseschmälerung vor, wenn in einem unmittelbaren Zusammenhang mit der Zahlung ein Ausgleich in die Masse fließt. Nicht erforderlich ist dagegen, dass der Ausgleich zum Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung noch in der Masse vorhanden ist. Haftungsumfang in der Vergangenheit In der Vergangenheit diente diese Norm den Insolvenzver waltern dazu, unverhältnismäßig hohe Forderungen gegen die Geschäftsführer zu erheben, und zwar unabhängig da von, in welchem Umfang die Insolvenzmasse zum Zeit punkt der Insolvenzeröffnung noch geschmälert war. Der Entscheidung des BGH lag ein Fall zugrunde, in dem der Schuldnerin von ihrem Gesellschafter ein Darlehen zum teilweisen und auch mehrfachen Abruf auf einem Rechtsanwaltsanderkonto zur Verfügung gestellt wurde. Die Schuldnerin hat das Darlehen abgerufen, wieder zu rückgezahlt und in der Folgezeit wieder in Anspruch genommen. Nach der alten Rechtsprechung hätte der Ge schäftsführer für die Rückzahlung gehaftet, Der BGH lehnte dagegen in ausdrücklicher Abkehr von der bisherigen Rechtsprechung eine Haftung ab, da durch die erneute Inanspruchnahme des Darlehens die Masseschmälerung beseitigt wurde. Besonders deutlich wird dies bei Zahlungseingängen auf ein debitorisches Konto: Zahlt ein Gläubiger an den Schuldner und lässt der Geschäftsführer zu, dass die Zah lung auf ein Konto im „Soll“ eingeht, so wird durch die Zahlung die Verbindlichkeit gegenüber der Bank zurück geführt. Damit liegt nach der Rechtsprechung des Bundes gerichtshof (BGH) eine Zahlung vor, die eine Haftung des Geschäftsführers wegen Masseschmälerung begründet. In der Vergangenheit haftete der Geschäftsführer für sämtliche Zahlungseingänge auf dem debitorischen Konto seit dem Eintritt der Insolvenzreife, und zwar unabhängig da von, ob die Schuldnerin zwischenzeitlich den zurückge führten Kontokorrentkredit wieder in Anspruch nehmen konnte und damit ja wieder etwas in die Masse geflossen ist. Dies führte dazu, dass Geschäftsführer nicht für den am Ende tatsächlich zurückgeführten Saldo, sondern für die Summe der einzelnen Rückführungen, und damit für ein Vielfaches hafteten. Im Ergebnis wurde die Masse so deutlich bereichert. Neue Rechtsprechung des BGH Dem hat der BGH in seinem Urteil vom 18.11.2014 – Az. II ZR 231/13 nunmehr Grenzen gesetzt. Nach der neuen Rechtsprechung des BGH liegt jedenfalls dann keine haf 10 Fazit Für Geschäftsführer ist dies auf den ersten Blick eine posi tive Entwicklung, da ihre Haftung deutlich eingeschränkt wird. Es sind allerdings noch viele Fragen offen geblieben, so dass für die Geschäftsführer erhebliche Unsicherheiten bestehen. Offen ist danach, ob es einen zeitlichen Zusam menhang zwischen Leistung und Gegenleistung geben muss, ob der Erwerb einer Forderung als Ausgleich aus reicht und wie zum Bespiel Dienstleistungen zu bewerten sind. Daneben verbleibt eine Haftung, wenn die Gegen leistung aus der Masse wieder abverfügt wird, wenn hier nicht wiederum eine Gegenleistung die Masseschmälerung ausgleicht. Nicht zuletzt wegen der vielen offenen Fragen und der verbleibenden Haftungsrisiken ist ein Geschäfts führer gut beraten, die Entwicklung der Gesellschaft aufmerk sam zu beobachten und bereits bei den ersten Anzeichen einer Krise rechtlichen Rat in Anspruch zu nehmen. Heike Middendorf STEUERRECHT BETRIEBLICHES VERMÖGEN UND ERBSCHAFTSTEUER Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat am 17.12.2014 das lang erwartete Urteil erlassen. Sein Ergebnis ist gar nicht leicht in Schlagworte zu fassen: Die Privilegierung oder Verschonung von betrieblich unternehmerischem Vermögen bei der Erbschaftsteuer (und Schenkungsteuer) als solche ist und bleibt endgültig verfassungswidrig und verboten. Sie ist aber dann zulässig, wenn sie für einen ge setzgeberisch und auch im Blick der Verfassung nachvoll ziehbaren, vertretbaren gesetzgeberischen Zweck und dann systemgerecht für die diesem Zweck entsprechenden Fälle, Unternehmen, Beteiligungen und Betriebsvermögen ge währt wird. Die konkrete bisherige Regelung genügte aber in mehrfacher Hinsicht nicht einer systemgerechten und zweckentsprechenden Abgrenzung der begünstigten Fälle. Sie war zu weitgehend. Sie ist verfassungswidrig, übrigens auch die Vorschrift über die Steuersätze, die für alle (!) Erb schaftsteuerfälle die Steuersätze festgesetzt. Das BVerfG hat aber dennoch nicht die gesamte Regelung wegen Ver fassungswidrigkeit für nichtig erklärt, schon gar nicht rückwirkend. Es droht aber mit der Nichtigkeit, und zwar dann, wenn der Gesetzgeber nicht spätestens bis zum 30. Juni 2016 eine gesetzliche Neuregelung trifft. Die wesentlichen Entscheidungsgründe Ordnet man die tragenden Erwägungen des BVerfG, so ist wohl Folgendes wesentlich: Wie jede Belastung, so muss gerade auch die Steuerbelastung die Steuerpflichtigen (Unternehmen und vor allem auch natürliche Personen) „gleich“ behandeln, Artikel 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG). Mit der Erbschaftsteuer greift der Staat zu, wenn durch Tod eines Menschen dessen Vermögen auf Erben (und sonstige Begünstigte) übergeht; Grundsatz ist: Je nach ökonomischem und letztlich insgesamt und im Einzelnen in einem Geldbetrag auszudrückenden Wert hat der, der etwas bekommt als Nachlassberechtigter, darauf Steuern zu zahlen. Zwar gilt nach mittlerweile stillschwei gend akzeptierter Auffassung, dass nicht proportional zum Geldbetrag sich die Steuer erhöht, sondern progressive, also im Steuersatz ansteigende Belastungen angeordnet werden dürfen. Vor allem aber bei der Bewertung des Vermögens setzt die Gleichbehandlung grundsätzlich voraus, dass alle Gegenstände mit ihrem Verkehrswert, gleichermaßen im Geldwert ausgedrückt, angesetzt werden. Willkürlich davon bestimmte Vermögen zu begünstigen, auszunehmen oder zu begünstigen, würde in jedem Fall verfassungswidrig sein. Es darf also nicht betriebliches oder unternehmerisches Vermögen „um seiner selbst willen“ schonender behandelt werden. Eine allgemeine Aussage, „Unternehmensvermögen“ dürfe privilegiert werden, ver bietet sich daher. Grundsätzliche Anerkennung des gesetzgeberischen Zwecks Der Gesetzgeber darf aber, auch im Rahmen steuerrechtli cher Regelung, besondere, gesetzgeberisch klarzustellende und vor der verfassungsrechtlichen Abwägung tragfähige besondere Ziele verfolgen. Die bisherige Behandlung des unternehmerischen und Betriebsvermögens wird grundsätzlich ausdrücklich akzeptiert. Der Gesetzgeber darf auch mit Hilfe des Steuerrechts „außerfiskalische Förderund Lenkungsziele“ verfolgen, mit denen „aus Gründen des Gemeinwohls“ das Verhalten von Steuerpflichtigen geför dert oder gelenkt werden soll. Dabei hat der Gesetzgeber sogar einen „großen Spielraum“, welche Ziele er für förde rungswürdig hält. Hier akzeptiert das BVerfG die Überlegungen und Absichten des Gesetzgebers: Vor allem bei kleineren und mittleren, mittelständischen Unternehmen, insbesondere Familienunternehmen, die in einem besonderen personalen Bezug zum Erblasser oder zu Erben stehen, droht bei einer vollen erbschaftsteuerlichen Belastung Gefahr für das Unterneh men, und/oder mindestens zugleich auch für die mit ihm 11 verbundenen Arbeitsplätze. Denn oft oder gar typisch ist nicht genügend freies Vermögen neben dem Unternehmen oder den Gesellschaftsanteilen daran vorhanden, aus dem die Erbschaftsteuer bezahlt werden könnte. Müsste man aber in die Kasse des Unternehmens greifen, um die Erb schaftsteuer zu zahlen, so drohen mindestens Liquiditätsprobleme und daher existenzielle Gefahren für Unternehmen und Arbeitsplätze. Dies hat der Gesetzgeber als typische Gefahr gesehen und dieser wollte er mit einer weitgehenden Verschonung des Übergangs von betrieblichem Vermögen von der Erbschaftsteuer (und Schenkungsteuer) entgegenwirken. Genau dies akzeptiert das Gericht grundlegend. Das kommt in Ausdrücken des Gerichts zum Vorschein, wie etwa, der Gesetzgeber sei „bei der Auswahl der Ziele weit gehend frei“; der verfassungsrechtliche Kontrollmaßstab sei „großzügig“ bezüglich der einzelnen Maßnahmen des Gesetzgebers. Auch nimmt das Gericht es hin, dass der Ge setzgeber in gewissem Umfang pauschalieren und typisieren darf. Verstöße gegen den Gleichheitsgrundsatz Nur hat er im Ergebnis in einigen, aber grundlegenden Berei chen deutlich gegen den Gleichheitsgrundsatz verstoßen. Im Einzelnen: Der Gesetzgeber dürfe bei „kleineren und mittleren“ Unternehmen gleichsam typisch und insoweit ohne weitere Voraussetzung vom Verschonungsbedarf ausgehen. Die Begünstigung, durch einen Abschlag von 85 % oder sogar 100 % des Erwerbs, sei zwar allemal „enorm“ gegenüber nicht begünstigtem Vermögen. Das will das Gericht für „kleinere und mittlere“ Unternehmen aber noch hinneh men, ohne dass näher für den konkreten Einzelfall die „Ge fährdungslage“ zu prüfen sei. Bei größeren und Großunternehmen könne das aber nicht mehr hingenommen werden. Allein schon „wegen der Größe der steuerbefreiten Beträge“ sei hier zwingend, die Frage der Gefährdung und Verschonungsbedürftigkeit näher zu prüfen. Hierzu muss sich der Gesetzgeber dann aber intensive Gedanken ma chen – ob denn etwa bei solchen großen Unternehmen und Beteiligungen im Nachlass genügend weiteres, gleichsam bares und liquides Vermögen vorhanden sei, um Erbschaftsteuer zu zahlen. Mehr noch: Das Gericht erwägt ausdrücklich, dass der Gesetzgeber möglicherweise auch vom Erben verlangen kann, sein vor dem Erbfall ohnehin 12 schon vorhandenes eigenes Vermögen mit einzusetzen, um eine Erbschaftsteuerschuld zu begleichen. Schließlich könnte der Gesetzgeber auch eine absolute Obergrenze für die Steuerverschonung festsetzen, was bereits einmal mit 100 Millionen Euro zur Debatte gestellt war. Aber auch die Behandlung von kleineren und mittleren Unternehmen kommt nicht unbeanstandet davon. Ein ganz wesentliches Element der Regelung ist bekanntlich, dass Unternehmen noch in einer weiteren Behaltensfrist von 5 oder 7 Jahren Bindungen unterliegen, hier namentlich dahingehend, wonach der Durchschnitt einer Lohnsumme aus der Zeit vor dem Erbfall, grob gesagt, nicht unterschritten werden darf. Genau dies sei, so das BVerfG, sehr kluges und tragfähiges Indiz dafür, dass wirklich der gesetzgeberische Zweck erstrebt und erreicht werde, nämlich Unternehmen und Arbeitsplätze zu erhalten. Nur – diese Lohnsummenpflicht gilt nicht für Betriebe mit bis zu 20 Arbeitnehmern, und rechtstatsächlich stellt das Gericht fest: Diese Privilegierung gelte für „weit über 90 % aller Betriebe in Deutschland“. Die Arbeitsplatzsicherung sei doch gerade eines der zentralen Ziele der Verschonungsregelung“, es sei aber nicht akzeptabel, dass „über 90 % aller Betriebe“ dann an dieses zentrale Rechtfertigungselement für die Vergünsti gung überhaupt nicht gebunden seien. Recht ausführlich meint das Gericht, auch hier ließe sich ohne größeren Ver waltungs- oder auch betrieblichen Aufwand die Einhal tung der Lohnsumme überwachen. Äußerstenfalls bei Unternehmen mit einer „ganz geringen Zahl an Beschäftigten“, „einigen wenigen Beschäftigten“, könnte vielleicht eine Freistellung von der Lohnsummen pflicht gerechtfertigt sein, weil bei einer so geringen Zahl schon einige wenige personelle Veränderungen eine Art „unkalkulierbaren Wechsel“ in Belegschaft und ersichtlich auch Lohnsumme, herbeiführen würde. „Verwaltungsvermögen“ ist, grob gesagt, dasjenige, was „eigentlich“ nicht betriebsnotwendig ist, bilanziell und ver mögensmäßig aber doch im Unternehmen „steckt“. Bis zu 50 % des betrieblichen Vermögens darf Verwaltungsver mögen sein, wenn nur nicht kurzfristig vor dem Erbfall oder insbesondere Schenkungsfall eingebracht, für die all gemeine Verschonungsregelung, und dann wird sogar das gesamte Betriebsvermögen begünstigt. Auch dies beanstan det das BVerfG: Es sei gleichheitswidrig, Vermögen mit einer Quote von knapp unter 50 % an Verwaltungsvermögen insgesamt zu begünstigen, also auch den außerordentlich hohen nicht betrieblich benötigten Teil „Verwaltungsver mögen“, und außerdem könnten willkürlich, wenn auch mit einer Zweijahresfrist versehen, rechtzeitig „vor“ dem Steuerfall private Vermögensgegenstände in die Gesellschaft bis knapp unter die Grenze willkürlich eingebracht werden. Letztlich attackiert das Gericht die gesetzliche Regelung auch noch insoweit, als sie besondere steuerliche Gestal tungen zulässt, die zu nicht zu rechtfertigenden Ungleich behandlungen führten. Zwar wiederholt das Gericht den altbekannten Spruch, wonach man grundsätzlich durch Privatautonomie die eigenen Verhältnisse steuergünstig ge stalten dürfe. Das BVerfG sieht hier aber krasse Fälle von Gestaltungsmöglichkeiten, die dem gesetzespolitischen Ziel widersprechen, der Gesetzgeber aber hätte verhindern müssen. Genannt wird etwa die Aufteilung auf Betriebsund Besitzgesellschaft, wie auch weitere Gestaltungen, namentlich ärgern das BVerfG so genannte „Cash-Gesellschaften“, bei denen Zweck die reine Vermögensverwaltung ist und diese daher nur, nach formaler Anwendung des Ge setzes, begünstigtes Betriebsvermögen haben. Fazit Was folgt daraus? Momentan für die Praxis scheinbar wenig. Bis Mitte 2016 ist, sofern und solange der Gesetzgeber nichts anderes regelt, das bisherige Recht anzuwenden. Allseits wird wohl gesehen: Sollte der Gesetzgeber bis 30.6.2016 keine Neuregelung in Kraft treten lassen, so dürfte die gesamte Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuererhebung dann keine Gesetzesgrundlage mehr haben, sondern weg fallen. Das wird man wohl für wenig wahrscheinlich zu halten haben, wenngleich es bei der Vermögenssteuer ge nauso seinerzeit abgelaufen ist. Sie fiel dann weg. Was der Gesetzgeber genau regeln wird, um den Anforderungen des Gerichts Genüge zu tun, lässt sich nicht vorhersehen, auch hier spielt der große gesetzgeberische Ermessenspielraum eine wesentliche Rolle. Relativ deutlich scheint die Aussa ge des Gerichts, wonach der Gesetzgeber jedenfalls mit Rückwirkung bis zum Tag der Verkündung des Urteils, 17.12.2014, eine Neuregelung anordnen dürfe, die „einer exzessiven Ausnutzung“ der Vergünstigungen die Aner kennung versagt. Nach dem Zusammenhang wird mögli cherweise kaum darüber hinaus mit einer rückwirkenden Neuregelung zu rechnen sein, ausgeschlossen scheint dies aber nach dem Text des Urteils nicht. Hier bleiben Unsi cherheiten. Grob gesagt: Es kann naheliegen, in mehr oder minder „normalen“, nicht durch schnelle und gekünstelte Gestal tungen und veränderten Situationen noch vor einer gesetzlichen Neuregelung zu den bisherigen Konditionen Übertragungen vorzunehmen. Der Einzelfall wie auch die einzelne Regelung bedürfen aber sorgsamer Betrachtung. Dr. Egon Peus 13 NEUE STEUERFALLE FÜR GEMEINSCHAFTSPRAXEN Seit jeher haben ärztliche Gemeinschaftspraxen eine hohe praktische Relevanz. Hierbei von besonderer Bedeutung ist der Fall, dass neu aufzunehmende Gesellschafter zunächst nicht wie die bisherigen Gesellschafter behandelt werden, sondern Probezeiten o. ä. vereinbart werden. Ein in der Praxis durchaus beliebtes Modell ist die Aufnahme eines Partners mit einer so genannten Nullbeteiligung. Finanzgerichtliche Entscheidung zum sogenannten Nullbeteiligungsmodell Genau solch ein Fall wurde nunmehr durch das Finanzge richt Düsseldorf entschieden (Urteil vom 19.09.2013, Ak tenzeichen 11 K 3969/11 G). In dem entschiedenen Fall bil deten zunächst zwei Gesellschafter eine Gemeinschaftspraxis. Diese nahmen einen dritten Gesellschafter auf, wobei dieser mit 0 % am Gesellschaftsvermögen beteiligt wurde und auch neue Investitionen ausschließlich den Altgesellschaf tern zuzurechnen waren, sofern der Neugesellschafter keinen Beitrag geleistet hatte. Später sollte eine vollwertige Beteili gung gegen Zahlung eines festgelegten Betrages möglich sein. Die „Gewinnbeteiligung“ des neu aufgenommenen Gesellschafters erfolgte ausschließlich über Anteile an seinem persönlichen Umsatz, für Gesellschaftsverbindlichkeiten bestand im Innenverhältnis eine Freistellung. Der neue Ge sellschafter wurde weisungsunabhängig und selbständig tätig, er unterhielt eine eigene ärztliche Haftpflichtversicherung. Das Finanzamt vertrat die Auffassung, die gesamten Ein künfte der Gemeinschaftspraxis mit Ausnahme der an den neuen Gesellschafter ausgezahlten Gewinnanteile seien als Einkünfte aus Gewerbebetrieb zu qualifizieren. Hiergegen wandten sich die Gesellschafter der Gemeinschaftspraxis mit ihrer Klage. Gemeinschaftspraxis wird zum Gewerbebetrieb Das Finanzgericht Düsseldorf gab dem Finanzamt Recht. Es führte aus, der neue Gesellschafter habe selbst keine 14 Mitunternehmerinitiative entwickelt. Dies führe dazu, dass die Gemeinschaftspraxis als Gewerbebetrieb zu behandeln sei. Prinzipiell seien Zusammenschlüsse von Ärzten als Freiberuflergesellschaft nicht als Gewerbebe trieb zu behandeln. Auch sei es anerkannt, dass sich der Gesellschafter zur Ausübung seines Berufs entsprechend qualifizierter Mitarbeiter bedienen darf. Dies setze je doch voraus, dass die Tätigkeit durch die unmittelbare, persönliche und individuelle Arbeitsleistung des Steuer pflichtigen geprägt ist. Er müsse aufgrund eigener Fach kenntnis leitend und eigenverantwortlich tätig sein. Dem entsprechend müsse die Ausführung jedes einzelnen Auftrages dem Steuerpflichtigen selbst und nicht dem qua lifizierten Mitarbeiter zuzurechnen sein. Dies sei im ent schiedenen Fall nicht gegeben, da der neu aufgenommene Gesellschafter unabhängig und eigenverantwortlich tätig geworden sei. Fazit Diese Entscheidung stellt zwar keine grundlegend neuen Anforderungen an Freiberuflergesellschaften auf, bestätigt jedoch noch einmal das Risiko so genannter Nullbeteiligungsmodelle. Wird der neu aufgenommene Partner eigenverantwortlich tätig, führt dies in Anwendung der Rechtsprechung zu einer Infektion des gesamten Praxisbetriebes mit der Folge, dass dieser als Gewerbebetrieb zu behandeln ist. Dies hat nicht nur Folgen für die Besteue rung, sondern auch beispielsweise für die Gewinnermitt lung. So ist ein Gewerbetreibender im Vergleich zu einem Freiberufler verpflichtet, seinen Gewinn im Rahmen einer Bilanzierung zu ermitteln, was mit erheblichen Zusatzko sten verbunden ist. Sofern die Neuaufnahme von Partnern beabsichtigt ist, sollte daher besonderes Augenmerk auf die Ausgestaltung der Gesellschaftsverträge gelegt werden, um spätere böse Überraschungen zu vermeiden. Markus Winnacker, LL.M. HANDELSRECHT DIE HANDELSRECHTLICHE UNTERSUCHUNGS- UND RÜGEOBLIEGENHEIT BEI UNMITTELBARER WEITERLIEFERUNG VON WARE § 377 Abs. 1 Handelsgesetzbuch (HGB) bestimmt, dass dann, wenn der Kauf für beide Teile ein Handelsgeschäft ist, der Käufer die Ware unverzüglich nach der Ablieferung durch den Verkäufer, soweit dies nach dem ordnungsgemä ßen Geschäftsgang tunlich ist, zu untersuchen und, wenn sich ein Mangel zeigt, dem Verkäufer unverzüglich Anzeige zu machen hat. Unterlässt der Käufer die Anzeige, so gilt die Ware nach § 377 Abs. 2 HGB als genehmigt, es sei denn, dass es sich um einen Mangel handelt, der bei der Untersu chung nicht erkennbar war. In der Praxis führt die in § 377 HGB statuierte handels rechtliche Untersuchungs- und Rügeobliegenheit bei Kaufverträgen zwischen Kaufleuten immer wieder zu Problemen. Dies gilt insbesondere bei Lieferketten, bei denen der Verkäufer die Kaufsache nicht an seinen Käufer, sondern unmittelbar an dessen Abnehmer liefert. Sowohl für den Zwischenhändler als auch den Endabneh mer stellt sich dabei die Frage, wer die Ware untersuchen muss und wer gegenüber wem etwaige Mängel rügen muss. Untersuchung und Rüge beim Streckengeschäft Für das sogenannte Streckengeschäft, bei dem die Ware direkt vom Verkäufer an den Endabnehmer geliefert wird, der Zwischenhändler die Ware also nicht in Besitz nimmt, ist in der Rechtsprechung entschieden worden, dass der Zwischenhändler die Ware nicht selbst untersuchen muss. Er muss jedoch dafür Sorge tragen, dass sein Abnehmer die Ware unverzüglich untersucht und ihm gegenüber rügt. Nachdem er die Rüge erhalten hat, muss er seinerseits die Ware unverzüglich gegenüber dem Verkäufer rügen. Andernfalls verliert er seine Gewährleistungsan sprüche gegenüber dem Verkäufer, sieht sich aber bei recht zeitiger Rüge durch den Endabnehmer dessen Gewähr leistungsansprüchen ausgesetzt. Die Entscheidung In diesem Zusammenhang ist eine neuere Entscheidung des Bundesgerichtshofes (BGH) vom 08.04.2014 – VIII ZR 91/13 – von Bedeutung: Die Klägerin machte als Verkäuferin gegen die Beklagte Kaufpreisansprüche für die Lieferung sogenannter Wafer geltend. Die Beklagte verteidigte sich mit angeblichen Ge währleistungsansprüchen. Unstreitig war zwischen den Parteien, dass die Wafer mangelhaft waren. Produktions bedingt enthielten sie defekte Chips, die vertragswidrig von der Klägerin nicht gekennzeichnet worden waren. Die Wafer wurden an die Beklagte selbst geliefert, welche diese aber nicht selbst untersuchte, sondern sie direkt an einen in Ma laysia ansässigen Subunternehmer weiter lieferte. Dieser bemerkte den Mangel erst im Rahmen der Weiterverarbei tung. Die Vorinstanzen hatten der Klage stattgegeben. Dem schloss sich der BGH an. Die Beklagte hätte nach Ansicht des BGH dafür Sorge tragen müssen, dass ihr Subunternehmer als Endabnehmer die Wafer unmittelbar nach Anlieferung in Malaysia untersuchte. Insoweit könne bei einer unmittelbaren Weiterlieferung nichts anderes gelten als für ein Streckengeschäft bei dem die Lieferung direkt an den Endabnehmer erfolge. Daher musste der BGH im vor liegenden Fall nicht entscheiden, ob eine Untersuchung durch die Beklagte, welche die Wafer schließlich kurzzeitig selbst in Besitz hatte, bevor sie sie nach Malaysia weiterlie ferte, hätte erfolgen müssen. Dies wäre wegen drohender Oxidation der Wafer nicht tunlich gewesen. Rüge des eigenen Abnehmers In der Sache überrascht diese Entscheidung nicht. Denn es ist nicht ersichtlich, warum derjenige, der die Ware direkt weiter liefert, anders behandelt werden sollte als jemand, 15 der diese nie in Besitz nimmt. Auch wenn die Ware nach Anlieferung direkt weitergeliefert wird, sollte also tunlichst dafür Sorge getragen werden, dass der eigene Abnehmer die Kaufsache unverzüglich untersucht und gegebenenfalls rügt. Auslandsfälle Unproblematisch ist dies, wenn es sich beim eigenen Abneh mer um einen deutschen Kaufmann handelt und deutsches Recht Anwendung findet. Dann ist § 377 HGB ohne weiteres anwendbar. Aber schon bei einer Lieferung ins Ausland kann die Implementierung einer Untersuchungs- und Rügeobliegen heit schwierig sein. Denn Ausländische Rechtsordnungen kennen diese in vielen Fällen nicht. Von daher sollte mög lichst versucht werden, eine solche vertraglich zu vereinbaren. Beachtung der eigenen Rügeobliegenheit bei direkter Weiterlieferung Daneben sollte der Käufer selbst, wenn er die Kaufsache auch nur kurzzeitig in Besitz nimmt, seine Untersuchungs- 16 und Rügeobliegenheit stets im Blick haben. Das genannte Urteil ließ Gewährleistungsansprüche der beklagten Käu ferin ausschließlich daran scheitern, dass sie ihrem Abneh mer keine Untersuchungs- und Rügeobliegenheit auferlegt hatte. Zur eigenen Untersuchungs- und Rügeobliegenheit eines Käufers, der die Kaufsache auch nur kurzfristig in Be sitz hat, verhält sich das Urteil aber ausdrücklich nicht. Auch wenn der Käufer nur kurzfristig vor einer Weiterliefe rung Besitz erlangt, sind ihm einfache Untersuchungen aber wohl aufzuerlegen. Werden etwa mehrere Paletten Rotwein bestellt, aber Weißwein geliefert, wird das auch durch eine oberflächliche Sichtkontrolle feststellbar sein. Der Käufer wird dadurch auch nicht belastet. Man wird das Urteil daher kaum so verstehen können, dass eine Überlei tung der Untersuchungs- und Rügeobliegenheit den Zwi schenhändler bei einer nur kurzfristigen Inbesitznahme der Ware stets von seinen eigenen Obliegenheiten entlastet. Christian Holthaus ARBEITSRECHT ABWERBEVERBOTE ZWISCHEN ARBEITGEBERN Gerade bei Know-how-Trägern oder sonstigen Führungskräften haben Arbeitgeber oftmals ein erhebliches Interesse daran, dass ein ausscheidender Mitarbeiter kein Arbeits verhältnis beim Konkurrenten beginnt. Um dies zu verhin dern, kann ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot mit dem Mitarbeiter vereinbart werden. Dieses ist aber auf die Dauer von zwei Jahren beschränkt und ist nur verbindlich, wenn eine Karenzentschädigung gezahlt wird, die minde stens die Hälfte der zuletzt bezogenen Vergütung beträgt, führt also zu erheblichen Kosten für den Arbeitgeber. Als weitere Möglichkeit ist es denkbar, dass sich Arbeitgeber untereinander verständigen, keine Mitarbeiter des jeweils anderen aktiv abzuwerben bzw. selbst dann nicht einzu stellen, wenn sie sich eigeninitiativ bewerben. Beides kann jedoch zu einer erheblichen Beeinträchtigung der Mitarbeiter dieser Arbeitgeber führen. Denn ohne Anspruch auf eine Karenzentschädigung zu haben, werden diesen Mitarbeitern Arbeitsplatzchancen genommen. Fehlende Durchsetzbarkeit von Vertragsstrafen und Abwerbeverboten Im dortigen Fall schlossen die im Nutzfahrzeuggeschäft tätigen Parteien, die in der Vergangenheit derselben Firmen gruppe angehörten, miteinander einen Kooperationsvertrag. Darin war unter anderem geregelt, dass sich jede Partei dazu verpflichtet, während sowie bis drei Jahre nach Been digung des Kooperationsvertrages keine Mitarbeiter des Anderen direkt oder indirekt abzuwerben. Bei einem Ver stoß hiergegen sollte eine Vertragsstrafe in Höhe von zwei Bruttojahresgehältern des betreffenden Arbeitnehmers ge schuldet sein. Nach Kündigung des Kooperationsvertrages, jedoch nicht nach Ablauf von weiteren drei Jahren, kündigten zwei Mitarbeiter ihre Arbeitsverhältnisse mit der Klägerin und begannen sodann nahtlos eine Beschäftigung bei der Beklagten. Zwischen den Parteien ist streitig gewesen, ob dieser Wechsel durch Abwerbemaßnahmen des Geschäfts führers der Beklagten veranlasst worden ist. Dies kann zudem dazu führen, dass der Wettbewerb der Unternehmen um die besten Mitarbeiter beeinträchtigt wird und somit das Lohnniveau gering gehalten wird. Daher sind nach § 75 f Handelsgesetzbuch (HGB), der über § 110 S. 1 Gewerbeordnung (GewO) auf alle Arbeitsverhältnisse an Der BGH hat die eingeklagten Ansprüche auf Zahlung der Vertragsstrafe verneint. Zunächst stellt der BGH klar, dass § 75 f HGB, auch wenn dies nicht so im Wortlaut der Vorschrift steht, auch Vertragsstrafen erfasst. Das ist nachvollziehbar. Denn eine drohende Vertragsstrafe führt wendbar ist, Vereinbarungen, wonach sich ein Arbeitgeber gegenüber einem anderen Arbeitgeber verpflichtet, dessen Arbeitnehmer nicht oder nur unter bestimmten Vorausset zungen anzustellen, zwar nicht unwirksam. Jedoch steht beiden Teilen der Rücktritt davon frei. Auch kann der sich verpflichtende Arbeitgeber nicht klageweise aus einer sol chen Vereinbarung in Anspruch genommen werden. Solche Vereinbarungen sind damit trotz ihrer rechtlichen Wirk samkeit nicht durchsetzbar. letztlich ebenfalls dazu, dass ein Arbeitgeber davon absieht, einen Mitarbeiter eines anderen Arbeitgebers einzustellen. Des Weiteren geht der BGH davon aus, dass § 75 f HGB nicht nur Sachverhalte erfasst, in denen nur die Einstellung eines Arbeitnehmers verboten wird. Vielmehr soll die Vorschrift auch Abwerbeverbote umfassen, so dass auch diese zwar vereinbart werden können, jedoch nicht durchsetzbar sind. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in seiner Entscheidung vom 30.04.2014 (I ZR 245/12) einige grundlegende Fragen dazu geklärt, welche Fälle von § 75 f HGB erfasst werden. Damit kann also letztlich auch nicht durchsetzbar verein bart werden, dass ein Arbeitgeber nicht aktiv um Mitarbeiter eines anderen Arbeitgebers werben darf, solange hierbei die Grenzen des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) eingehalten werden. 17 Ausnahmsweise Durchsetzbarkeit von Abwerbeverboten bei besonderen Konstellationen Nach Auffassung des BGH soll allerdings in besonderen Fallkonstellationen ausnahmsweise die Vereinbarung eines Abwerbeverbots wirksam und durchsetzbar möglich sein, wenn die Belange der Arbeitgeberseite die Interessen der Mitarbeiter überwiegen. Dies sei Ausfluss der grundrechtlich geschützten wirtschaftlichen Betätigungsfreiheit von Un ternehmern. Als Beispiel führt der BGH Fälle an, in denen die Abwerbemaßnahme gegen das UWG verstößt und der Abwerbende sodann eine strafbewährte Unterlassungserklärung abgibt. Ein solches Vertragsstrafeversprechen müsse entgegen § 75 f S. 2 HGB gerichtlich durchsetzbar sein. Als weiteres Beispiel führt der BGH Vereinbarungen an, bei denen das Abwerbeverbot lediglich eine Nebenbestimmung und nicht den Hauptzweck der Vereinbarung darstellt und die einem besonderen Vertrauensverhältnis bzw. einer besonderen Schutzbedürftigkeit Rechnung tra gen. Hierzu sollen etwa Abwerbeverbote gehören, die bei Due-Diligence-Prüfungen vor dem Kauf von Unternehmen oder Unternehmungsbeteiligungen vereinbart werden. Auch bei der Abspaltung von Unternehmensteilen oder Konzerngesellschaften oder bei Vertriebsvereinbarungen zwischen selbstständigen Unternehmen soll nach Ansicht des BGH eine vergleichbare Situation bestehen. In all diesen Fällen soll eine einschränkende Auslegung des § 75 f HGB gebo ten sein. Zeitliche Grenze für die Bindung an Abwerbeverbote Weiter führt der BGH aus, dass im entschiedenen Fall zwar grundsätzlich ein besonderes Vertrauensverhältnis in diesem 18 Sinne aufgrund der weiteren Zusammenarbeit bestanden haben dürfte. Der Anspruch auf Vertragsstrafe bestehe aber dennoch nicht, da die konkrete Regelung die Parteien für zu lange Zeit bindet. Der BGH orientiert sich unter anderem an den Vorschriften, die für ein nachvertragliches Wettbe werbsverbot gelten und führt aus, dass eine Bindung an das Abwerbeverbot, die länger als zwei Jahre nach Beendigung der Zusammenarbeit bestehen soll, nicht mehr gerechtfertigt sei. Da die behauptete Abwerbung hier im dritten Jahr nach Beendigung der Vereinbarung stattgefunden haben soll, wurde die Klage demgemäß abgewiesen. Offen lässt der BGH, ob in Ausnahmefällen ein schutzwür diges Interesse des Unternehmers auch zu einer längeren Bindungsfrist führen kann. Denn so eine Konstellation soll hier jedenfalls nicht vorgelegen haben. Der BGH gibt in der Entscheidung auch keinerlei Hinweise dazu, wann von einer solchen Ausnahmesituation ausgegangen werden könnte. Fazit Festzuhalten bleibt damit, dass grundsätzlich auch ein Abwerbeverbot in den Anwendungsbereich des § 75 f HGB fällt, so dass ein solches Verbot nicht durchgesetzt werden kann. Nur in Ausnahmesituationen soll dies zulässig sein, etwa bei einem besonderen Vertrauensverhältnis zwischen den Vertragspartnern. Auch dann ist jedoch grundsätzlich zu beachten, dass eine Bindung an das Abwerbeverbot nicht für länger als zwei Jahre nach Beendigung der ent sprechenden Zusammenarbeit vereinbart werden sollte. Dr. Bastian-Peter Stenslik IMMOBILIENRECHT BGH SCHAFFT RECHTSSICHERHEIT FÜR STUFENVERTRÄGE! In der Baubranche ist es seit langem gängige Praxis, mit Architekten und Ingenieuren sogenannte Stufenverträge abzuschließen. Es wird vereinbart, dass der Architekt bzw. der Ingenieur zunächst nur einen Teil der Leistungen erbringt und sich verpflichtet, die weiteren Leistungen auf Abruf des Auftraggebers auszuführen. Hintergrund für eine solche Vertragsgestaltung sind zumeist bestehende Risiken im Hinblick auf die Finanzierung und/oder Genehmigung der geplanten Baumaßnahme. Was aber gilt, wenn zwischen der Beauftragung der ersten Leistungsstufe und dem Abruf der weiteren Leistungsstufen eine neue Fassung der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) in Kraft tritt? Hierbei handelt es sich keineswegs um eine nur akademische Frage. Die HOAI stellt mit ihren Mindest- und Höchstsätzen zwingendes öffentliches Preisrecht dar. Mit dem Inkraft treten einer neuen Fassung der HOAI können sich die für den Architekten- bzw. Ingenieurvertrag maßgeblichen Honorarermittlungsparameter ändern. Meinungsstreit zur anwendbaren Fassung der HOAI Die Frage, welche Fassung der HOAI Anwendung findet, wenn zwischen der Beauftragung der ersten Leistungsstufe und dem Abruf weiterer Leistungsstufen eine Novelle in Kraft tritt, wurde kontrovers diskutiert und war höchst umstritten. Nach der einen Auffassung, die im Übrigen auch vom Verordnungsgeber, der Bundesregierung, in den Einführungserlassen des Bundesministeriums für Verkehr, Bau- und Stadtentwicklung zur HOAI 2009 und zur HOAI 2013 vertreten wurde, sollte der Zeitpunkt des Abschlusses des Ausgangsvertrages auch für die erst später abgerufenen Leistungen maßgeblich sein, für alle Leistungsstufen also die zum Zeitpunkt des Abschlusses des Ausgangsvertrages geltende Fassung der HOAI Anwendung finden. Nach der Gegenansicht sollte es auf den Zeitpunkt des späteren Ab rufs ankommen, d. h. die zum Zeitpunkt des Abrufs der weiteren Leistungsstufen geltende Fassung der HOAI für diese weiteren Leistungen maßgeblich sein. Höchstrichterliches Urteil von Dezember 2014 Mit seinem Urteil vom 18.12.2014 (VII ZR 350/13) hat der Bundesgerichtshof (BGH) diesen seit langer Zeit schwe lenden Streit entschieden und nunmehr höchstrichterlich festgestellt, dass für die Frage, welche HOAI-Fassung bei stufen- oder phasenweiser Beauftragung von Architektenund Ingenieurleistungen auf die nach dem Abruf noch zu erbringenden Leistungen Anwendung findet, nicht der Zeitpunkt des Ausgangsvertrages maßgebend, ist, sondern wann der Vertrag über die weiteren Leistungen letztendlich geschlossen wird. Entscheidend sei allein der Zeitpunkt der Beauftragung der Leistungen und nicht der Zeitpunkt einer vorab getroffenen Honorarvereinbarung für später zu beauftragende Leistungen. Auch wenn die Vertragspartei en für den Fall der späteren Beauftragung schon konkrete Festlegungen zu den beabsichtigten Leistungen und zu dem hierfür geschuldeten Honorar getroffen hätten, komme es nicht auf den Zeitpunkt des Ausgangsvertrages an, sondern darauf, wann der Vertrag über die weiteren Leistungen ge schlossen werde. Zu beachten ist, dass die vom BGH entschiedene Fallkon stellation allein die Ausgestaltung von Architekten- und Ingenieurverträgen betrifft, in denen der Auftraggeber bei der Beauftragung der weiteren Leistungsstufen völlig frei ist. Nicht entschieden hat der BGH Konstellationen von Stufenverträgen, in denen der Architekt bzw. der Ingenieur einen Anspruch auf Beauftragung weiterer Leistungsstufen durch den Auftraggeber hat oder in denen die Beauftra gung von weiteren Leistungsstufen durch den Auftraggeber unter einer aufschiebenden Bedingung steht. Für diese Ausgestaltungsformen von Stufenverträgen bleibt die Frage, welche HOAI-Fassung Anwendung findet, höchstrichterlich weiterhin ungeklärt. 19 Bedeutung der Entscheidung für die Praxis Die praktische Bedeutung dieser Entscheidung des BGH ist nicht zu unterschätzen. Auf ein und denselben Architekten bzw. Ingenieurvertrag können danach mehrere Fassungen der HOAI anwendbar sein. Die HOAI wurde in der jüngeren Vergangenheit mehrfach novelliert. Mit Wirkung zum 18.8.2009 hat die HOAI 2009 die HOAI 1996 abgelöst. Mit Wirkung zum 17.7.2013 hat die HOAI 2013 die HOAI 2009 abgelöst. Das Urteil des BGH bezieht sich zwar auf den Über gang von der HOAI 1996 auf die HOAI 2009, wird aber uneingeschränkt auch auf den Übergang von der HOAI 2009 auf die HOAI 2013 übertragbar sein, da die maßgeblichen Übergangsvorschriften, § 55 HOAI 2009 einerseits und § 57 HOAI 2013 andererseits, nahezu wortgleich sind. Die erhebliche wirtschaftliche Bedeutung der Entschei dung des BGH liegt in dem Mindestpreischarakter der HOAI. Werden bei Stufenverträgen mit Architekten oder Ingenieuren Leistungsstufen nach dem Inkrafttreten einer neuen HOAI-Fassung abgerufen, muss sich die im Stufen vertrag getroffene Honorarvereinbarung am Preisrecht der „neuen“ HOAI messen lassen. Zwischen den Vertragspar teien getroffene Honorarvereinbarungen sind u.a. nur dann wirksam, wenn sich das vereinbarte Honorar, z. B. ein Pau schalhonorar, innerhalb der von der HOAI vorgegebenen Mindest- und Höchstsätze hält. Ob dies der Fall ist, ist nach der Rechtsprechung des BGH durch eine Vergleichsberechnung anhand der für die betreffenden Leistungen maßgeblichen Honorarermittlungsparameter zu ermitteln. Ergibt diese Vergleichsberechnung, dass das vereinbarte Honorar unterhalb der Mindestsätze liegt, gilt automatisch das Min destsatzhonorar als vereinbart. Bei der Einführung der HOAI 2009 hat der Verordnungsgeber die Tafelwerte für die preisrechtlich verbindlich geregelten Leistungen gegen über der HOAI 1996 durchgehend um 10 % erhöht. Mit der Einführung der HOAI 2013 hat der Verordnungsgeber die 20 Tafelwerte für die preisrechtlich verbindlich geregelten Leistungen gegenüber der HOAI 2009 durchschnittlich um 17 % angehoben. Da die Leistungsbilder der HOAI 1996 und der HOAI 2009 im Wesentlichen unverändert geblieben sind, ist es für diese Übergangsfälle relativ einfach, durch eine Vergleichsberechnung etwaige Mindestsatzunterschrei tungen festzustellen. Für den Übergang von der HOAI 2009 auf die HOAI 2013 stellt sich dies allerdings deutlich schwieriger dar. Dies liegt daran, dass mit der HOAI 2013 die Leistungsbilder inhaltlich erheblich geändert wurden. So sind Grundleistungen neu hinzugekommen und bisheri ge Grundleistungen entfallen, umformuliert oder in andere Leistungsphasen verschoben worden. Da der Architekt bzw. der Ingenieur in der Regel aus dem Stufenvertrag noch das „alte“ Leistungsbild schuldet, das mit der HOAI 2013 in haltlich erheblich geändert wurde, kann das „neue“ Preis kontrollrecht, d. h. können die Honorartabellen der HOAI 2013, nicht ohne Weiteres für die vorzunehmende Vergleichs berechnung herangezogen werden. Vielmehr müssen die Tafelwerte zuvor um die Honorarauswirkungen der Änderungen der Leistungsbilder bereinigt werden, in dem die verein barten Grundleistungen des „alten“ Leistungsbildes der HOAI 1996 bzw. der HOAI 2009 nach den Mindest- und Höchstsätzen der HOAI 2013 bewertet und die getroffene Honorarvereinbarung der abgerufenen Leistungsstufe an diesen Sätzen gemessen wird. Zukünftige Vertragsgestaltung Für den zukünftigen Abschluss von Stufenverträgen emp fiehlt es sich für die Parteien, eine Anpassungsregelung für den Fall des Inkrafttretens einer neuen Fassung der HOAI in den Vertrag aufzunehmen, um späteren Streitigkeiten vorzubeugen und die erforderlichen Anpassungen des Ver trages einvernehmlich zu vereinbaren. Dr. Marco Krenzer VERJÄHRUNG VON GEWÄHRLEISTUNGSANSPRÜCHEN BEI MÄNGELN AN DACH-PHOTOVOLTAIKANLAGEN Insbesondere in den letzten Jahren wurden im Zuge der Energiewende zahlreiche Photovoltaikanlagen auf Dächern errichtet. Daher bleibt die Frage nach der Verjährung von Gewährleistungsansprüchen für Mängel an diesen Anlagen immer noch relevant, auch wenn die staatliche Förderung in diesem Bereich deutlich gekürzt wurde. Anwendung von Kaufrecht oder Werkvertragsrecht? Die Frage, ob bei Dach-Photovoltaikanlagen Kauf- oder Werkvertragsrecht anwendbar ist, ist zwar nicht für die Länge der Verjährungsfrist von Mängelgewährleistungsan sprüchen maßgebend, sie ist aber für den Beginn dieser Frist entscheidend. Denn bei Anwendbarkeit von Kaufrecht beginnt die jeweilige Verjährungsfrist mit Ablieferung der Sache beim Käufer und bei Anwendung von Werkvertragsrecht mit der Abnahme der Werkleistung. Nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (BGH) ist im Regelfall bei einer Photovoltaikanlage, die auf dem Dach errichtet wird, Kaufvertragsrecht anwendbar. Es handele sich um einen Kaufvertrag mit Montageverpflichtung, da der Schwerpunkt bei einer solchen Anlage wertmäßig auf der Lieferung hochpreisiger technischer Geräte, wie z. B. der Module, liege, wohingegen die Monta geleistung verhältnismäßig gering sei. Die Annahme von Werkvertragsrecht kommt dagegen nur dann in Frage, wenn es sich bei der Anlage um eine Maßanfertigung nach den individuellen Wünschen des Bestellers handelt und die Anlage nach der Montage nur noch schwer anderweitig einsetzbar ist. Bei einer handelsüblichen Photovoltaikanlage mit standardisierten Modulen, die geringfügig auf die gebäudeimmanenten Gegebenheiten angepasst werden, handelt es sich nicht um eine Maßanfertigung, so dass die Module ohne größeren Aufwand demontiert und ander weitig verwertbar sind. Daher ist in der Regel von der Anwen dung des Kaufrechts auszugehen, so dass die Verjährung mit Ablieferung der Sache beginnt. Gewährleistungsfrist 2 oder 5 Jahre? Die Rechtsunsicherheit hinsichtlich der Gewährleistungsfrist für Mängel an Aufdach-Photovoltaikanlagen hat der BGH mit Urteil vom 09.10.2013 (Az. VIII ZR 318/12) beendet. Nach dieser Rechtsprechung beträgt die Verjährungsfrist für Mängelansprüche bei Photovoltaikanlagen, die auf Dächern, wie in dem vom BGH entschiedenen Fall, dem Dach einer Scheune, montiert sind, zwei Jahre. Denn die fünfjährige Verjährungsfrist ist nur bei Bauwerken und Sa chen, die üblicherweise für ein Bauwerk verwendet werden, anwendbar. Ein Bauwerk ist eine unbewegliche, durch Ver bindung mit dem Erdboden hergestellte Sache. Von dieser fünfjährigen Gewährleistungsfrist umfasst sind nicht nur neu hergestellte Sachen, sondern auch Erneuerungs- und Umbauarbeiten an einem Gebäude, wenn sie für Konstruk tion, Bestand, Erhaltung oder Benutzbarkeit des Gebäudes von wesentlicher Bedeutung und die eingebauten Sachen mit dem Gebäude fest verbunden sind. Nach Auffassung des BGH ist eine auf einem Dach montierte Photovoltaikanlage mangels Verbindung mit dem Erdboden weder selbst ein Bauwerk, noch wird sie für ein Bauwerk verwendet. Allein das Gebäude sei ein Bauwerk, auf dessen Dach die Anlage montiert wird. Für das Gebäude seien die Solarmodule nicht verwendet worden. Auch seien sie weder Gegenstand von Erneuerungs- oder Umbauarbeiten an dem Gebäude, noch seien sie für dessen Konstruktion, Bestand, Erhaltung oder Benutzbarkeit von (wesentlicher) Bedeu tung. Soweit die Anlage allein oder überwiegend dem Zweck der Erzielung der Einspeisevergütung für den er zeugten Strom dient, habe – so der BGH – die Anlage auch keinerlei Funktion für das Gebäude und sei daher nicht für ein Bauwerk verwendet worden. Selbst wenn ein Teil des erzeugten Stroms der Energieversorgung des Gebäudes dienen sollte, liege nur dann eine Verwendung für ein Bau werk vor, wenn dies der Hauptzweck der Anlage wäre und nicht die Erzielung der Einspeisevergütung. Der der Rechtsprechung des BGH widersprechenden Auf fassung des 9. Senats des Oberlandesgericht (OLG) München in einem Urteil vom 10.12.2013 ist nicht zu folgen. Das OLG urteilte, dass es bei einer auf einem Dach errichteten Photo voltaikanlage um ein Bauwerk handele und daher die fünf jährige Verjährungsfrist für Mängelansprüche anwendbar sei. Die feste Verbindung der Anlage mit einem Bauwerk, die Innenraumnutzung wesentlicher Teile der Anlage und die bauliche Bedeutung der Anlagen für den Gebäudebe stand und seine Nutzung als Tennishalle machten diese Anlage zu einem Bauwerk. Dieser Auffassung ist jedoch in 21 Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des BGH zu widersprechen. Denn mangels Verbindung der Dach-Photovoltaikanlage mit dem Erdboden handelt es sich gerade nicht um ein Bauwerk. wasseraufbereitung für das Gebäude dient, als Bauwerk einzuordnen wäre und daher der fünfjährigen Verjährungs frist unterliegen würde, wurde bislang nicht entschieden. Dafür ließen sich aber vertretbare Argumente finden. Fazit Ausgehend von der eindeutigen Rechtsprechung des BGH sollte von einer zweijährigen Gewährleistungsfrist für Mängel an einer Photovoltaikanlage, die auf einem Dach eines Gebäudes montiert ist, ausgegangen werden, wenn der Zweck der Anlage überwiegend die Erzielung der Einspeisevergütung für den erzeugten Strom und nicht die Verwendung des erzeugten Stromes für die Energieversorgung des Gebäudes ist. Um das Risiko des Eintritts der Verjährung von Gewährleis tungsansprüchen zu umgehen und um Rechtsverluste zu vermeiden, sollte zur Vorsicht bei Photovoltaikanlagen, die auf den Dächern montiert werden, generell von der kurzen, zweijährigen Gewährleistungsfrist ausgegangen werden. Die Frage, ob eine Photovoltaikanlage auf einem Dach, die ausschließlich oder überwiegend der Energieversorgung des Gebäudes mit dem erzeugten Strom oder der Warm 22 Bei Neuverträgen ist es für den Käufer bzw. den Besteller einer Photovoltaikanlage empfehlenswert, mit dem Vertrags partner von Anfang an abweichend von der gesetzlichen Regelung eine verlängerte Verjährungsfrist zu vereinbaren. Anna-Christina Schönlau VERSORGUNG UND INFRASTRUKTUR „IM WALD, DA SIND DIE RÄUBER“? – DIE INANSPRUCHNAHME VON FORSTGRUNDSTÜCKEN FÜR DIE VERLEGUNG VON TELEKOMMUNIKATIONSLINIEN Die Inanspruchnahme von Forstgrundstücken bereitet Tele kommunikationsunternehmen („TK-Unternehmen“) in vielen Bundesländern immer wieder Probleme. Häufig verweigern die Forstverwaltungen die Inanspruchnahme der Grund stücke, bis ein ihnen genehmer Gestattungsvertrag unter schrieben wird und der das TK-Unternehmen zu einer Entgeltzahlung verpflichtet, die weit über dem üblichen einmaligen Ausgleich gemäß § 76 Abs. 2 Satz 2 Telekom munikationsgesetz (TKG) liegt. Stärkung des Duldungsanspruches von TK-Unternehmen durch den Gesetzgeber Rechtlich gibt es allerdings grundsätzlich keine Handhabe der Forstverwaltungen, eine Inanspruchnahme der Forst grundstücke zu verweigern. Dies war schon vor der Novelle des TKG im Jahr 2012 so, allerdings hat der Gesetzgeber die Rechtsposition der TK-Unternehmen mit der Modifikation des § 76 Abs. 1 Nr. 2 TKG weiter gestärkt. Bis zur TKGNovelle 2012 war ein Duldungsanspruch der TK-Unter nehmen außerhalb von (bereits bestehenden) rechtlich ge sicherten Leitungstrassen gemäß § 76 Abs. 1 Nr. 2 TKG gegeben, wenn das in Anspruch zu nehmende Grundstück durch die Nutzung zu TK-Zwecken nicht oder nur unwe sentlich beeinträchtigt wurde. Hierzu hatte sich früh eine Rechtsprechung entwickelt, die diese Voraussetzung jeden falls im Falle einer unterirdischen Verlegung von TK-Linien (Begriffsbestimmung: § 3 Nr. 26 TKG) als erfüllt ansah (siehe z.B. Landgericht (LG) Magdeburg, Archiv-PT 1997, S. 336). Ebenso hatte das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) im Falle einer bloßen Kreuzung des Luftraums durch eine TK-Linie entschieden (NJW 2000, S. 798ff.). Mit der TKG-Novelle 2012 wurde die Duldungspflicht der Grundstückseigentümer dahingehend ausgeweitet, dass statt einer allenfalls unwesentlichen Grundstücksbeeinträchtigung nun sogar jegliche Nutzung unterhalb der Schwelle der Unzumutbarkeit zu dulden ist. Auch zu der Neufassung des § 76 Abs. 1 Nr. 2 TKG liegen erste Gerichtsentscheidungen vor (LG Aachen, Urteil vom 31.01.2013 (Az: 12 O 415/12); Oberlandesgericht (OLG) Köln, Beschluss vom 22.07.2013 (Az.: 16 U 41/13); Amtsgericht Minden, Urteil vom 31.01.2014 (Az.: 21 C 160/12)). Urteil des LG Ravensburg zum Duldungs- und Ausgleichsanspruch des TK-Unternehmens In einem jüngst ergangenen Urteil hat das LG Ravensburg nun klargestellt, dass auch Forstgrundstücke im Kontext des § 76 Abs. 1 TKG keine Sonderposition einnehmen und diese bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 76 Abs. 1 Nr. 2 TKG uneingeschränkt der Duldungspflicht unterliegen (Teil-Urteil vom 31.10.2014 (Az.: 3 O 165/14)). Eine Unzu mutbarkeit der Beeinträchtigung insbesondere von Wald wegen hat das LG Ravensburg in aller Deutlichkeit ver neint: Weder die kurzzeitige Verlegemaßnahme selbst (im konkreten Fall: mittels eines kleinen sog. Kabelpflugs) noch das Vorhandensein der TK-Linie mit einer Erdüberdeckung von 1 m nach erfolgter Verlegung bringe eine nennenswerte Beeinträchtigung mit sich. Zum Ausgleichsanspruch aus § 76 Abs. 2 Satz 2 TKG ver tritt das LG Ravensburg in seinem Schluss-Urteil vom 19.12.2014 die Auffassung, dass im Falle einer Inanspruch nahme eines Grundstücks gemäß § 76 Abs. 1 Nr. 2 TKG kein solcher Anspruch bestehe: § 76 Abs. 2 Satz 2 TKG be gründe einen Ausgleichsanspruch nur dann, wenn eine Ausweitung der Nutzung einer bereits vorhandenen recht lich gesicherten Leitungstrasse vorliege (also nur im Fall des § 76 Abs. 1 Nr. 1 TKG), nicht aber bei einer ohnehin die 23 Zumutbarkeitsschwelle nicht überschreitenden erstmaligen Einbringung einer TK-Linie in das Erdreich. Dies ergebe sich unmissverständlich aus dem Wortlaut des § 76 Abs. 2 Satz 2 TKG, der einen einmaligen Ausgleich nur bei einer „erweiterten“ Nutzung (zu Telekommunikationszwecken) statuiere. Die Berufungsverfahren gegen beide Urteile des LG Ravens burg (Teil-Urteil und Schluss-Urteil) sind anhängig. Über den Ausgang der beiden beim OLG Stuttgart geführten Be rufungsverfahren werden wir zu gegebener Zeit berichten. Dr. Christian Stenneken WIRKSAM ODER UNWIRKSAM, DAS IST HIER DIE FRAGE – STROM- UND GASKONZESSIONSVERTRÄGE AUF DEM PRÜFSTAND Die richtige Ausgestaltung des wettbewerblichen Auswahlver fahrens und Konzessionsvertrages ist für die Konzessions vergabe im Strom- und Gasbereich von erheblicher Relevanz. Denn etwaige Verfahrensfehler und Inhaltsmängel können dazu führen, dass der Konzessionsvertrag ganz oder teil weise nichtig und das Auswahlverfahren im schlimmsten Fall von der Gemeinde zu wiederholen ist. Mangels klarer Vorgaben in Gesetz und Rechtsprechung tun sich Gemeinden und Energieversorgungsunternehmen 24 schwer, die Grenzen des Zulässigen zu bestimmen. Insbe sondere die Frage, ob und in welchem Umfang im Konzes sionsvertrag neben der Konzessionsabgabe noch weitere Nebenleistungen vereinbart werden können und welche Konsequenzen (Gesamtnichtigkeit oder Teilnichtigkeit) sich aus der Vereinbarung einer etwaigen unzulässigen Ne benleistung für den Konzessionsvertrag ergeben, hat zu Kontroversen geführt. Unklar war bislang auch, in welcher Form die öffentliche Bekanntgabe der vorzeitigen Beendigung eines Konzessionsvertrages und des Vertragsendes im Falle einer beabsichtigten vorzeitigen Verlängerung des Konzessionsvertrages zu erfolgen hat und welche Folgen eine etwaige fehlerhafte Bekanntgabe nach sich zieht. Gemeinde gewesen ist. Eine Vielzahl von Konzessionsver trägen dürfte damit trotz einer etwaigen unzulässigen Ne benleistung gleichwohl wirksam sein. In zwei Ende 2014 ergangenen Entscheidungen hat der Bundesgerichteshof (BGH) die vorstehenden Fragen nun in weiten Teilen einer Klärung zugeführt. BGH-Urteil vom 18.11.2014 zur vorzeitigen Verlängerung eines Konzessionsvertrages Gegenstand der BGH-Entscheidung vom 18.11.2014 (Az.: EnZR 33/13) war die Frage, in welcher Form die vorzeitige Beendigung eines Konzessionsvertrages und das Vertragsende im Fall einer beabsichtigten vorzeitigen Verlängerung eines Konzessionsvertrages öffentlich bekannt zu geben ist. Im streitgegenständlichen Fall hatte die Gemeinde die vorzeitige Beendigung des Konzessionsvertrages und das Vertragsende im Deutschen Ausschreibungsblatt bekannt gemacht. Der BGH hat dies beanstandet und festgestellt, dass auch die vorzeitige Beendigung eines Konzessionsver trages und das Vertragsende nach § 46 Abs. 3 Satz 3 Energie wirtschaftsgesetz (EnWG) im Bundesanzeiger (und – je nach Zahl der angeschlossenen Kunden – gegebenenfalls auch zusätzlich im Amtsblatt der Europäischen Union) bekannt zu geben ist. Zwar schreibe § 46 Abs. 3 Satz 3 EnWG für die öffentliche Bekanntgabe kein konkretes Medium vor. Die Systematik des § 46 EnWG spreche aber dafür, dass auch bei der beabsichtigten vorzeitigen Verlängerung eines Konzessionsvertrages – wie bei der Grundkonstellation des Ablaufs eines Konzessionsvertrages – die in § 46 Abs. 3 Satz 1 und Satz 2 EnWG normierten Vorgaben für die Form der Bekanntgabe einzuhalten seien. Anderenfalls könne der Zweck des § 46 EnWG nicht erreicht werden. Denn nur wenn bekannt sei, dass ein Wegenutzungsvertrag zum Neu abschluss anstehe, könne auch ein Wettbewerb um Netze entstehen. Aus diesem Grund sei ein Konzessionsvertrag, der unter Verstoß gegen die in § 46 Abs. 3 Satz 3 i.V.m. Satz 1 EnWG vorgesehene Form der Bekanntgabe zustande ge kommen ist, gemäß § 134 BGB insgesamt nichtig. BGH-Urteil vom 07.10.2014 zum Nebenleistungsverbot In seinem Urteil vom 07.10.2014 (Az.: EnZR 86/13) hatte der BGH u.a. darüber zu befinden, ob eine Klausel in einem Konzessionsvertrag, die das Energieversorgungsunterneh men zur Unterstützung der Gemeinde bei der Erstellung von kommunalen Energiekonzepten verpflichtet, eine unzulässige Nebenleistung i.S.d. § 3 Abs. 2 Nr. 1 Konzessi onsabgabenverordnung (KAV) darstellt, die zur Gesamtnichtigkeit des Konzessionsvertrages führt. Der BGH hat es dabei als fraglich angesehen, ob derartige Unterstüt zungsleistungen einen Verstoß gegen § 3 KAV darstellen und hat die Frage aufgeworfen, ob die in § 3 Abs. 2 Nr. 1 KAV enthaltene Regelung mit Blick auf die Entflechtung von Energieversorgung und Netzbetrieb nicht überholt sei. Im Ergebnis hat der BGH es allerdings dahinstehen lassen, ob Unterstützungsleistungen des Energieversorgungsun ternehmens bei der Erstellung von Energiekonzepten eine unzulässige Nebenleistung darstellen. Denn selbst bei ei nem unterstellten Verstoß gegen § 3 KAV wäre lediglich die konkrete Nebenleistungsklausel und nicht der gesamte Konzessionsvertrag nichtig. Der BGH hat dies damit be gründet, dass es sich bei der Regelung in § 3 Abs. 2 Nr. 1 KAV um eine Bestimmung des Preisrechts handele und ein Verstoß gegen Preisvorschriften in Anwendung der in § 134 2. Halbsatz Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) normierten Ausnahmeregelung grundsätzlich nur zur Teilnichtigkeit der Preisabrede führe. Zwar könne zum Schutz der Mitbe werber etwas anderes dann gelten, wenn die unzulässige Nebenleistung Kriterium für die Auswahl des Konzessionärs war oder sich in anderer Weise auf die Auswahlentscheidung der Gemeinde ausgewirkt hat. Im konkreten Fall sah der BGH hierfür allerdings keine Anhaltspunkte. Die vorgenannte Entscheidung hat zu deutlich mehr Rechtssicherheit geführt. Zwar hat der BGH die Rechtsfol ge der Gesamtnichtigkeit des Konzessionsvertrages nicht generell ausgeschlossen. Er hat die Gesamtnichtigkeit aller dings auf die Fälle beschränkt, in denen die unzulässige Nebenleistung kausal für die Auswahlentscheidung der Mit seiner Entscheidung hat der BGH die bereits vorherrschende Meinung, wonach sowohl bei Ablauf eines Konzes sionsvertrages als auch bei der beabsichtigten vorzeitigen Ver längerung eines Konzessionsvertrages eine Veröffentlichung im Bundesanzeiger und gegebenenfalls auch im Amtsblatt der Europäischen Union zu erfolgen hat, bestätigt. Nichts destotrotz trägt auch diese Entscheidung zu mehr Rechtssicherheit im Bereich der gesetzlich nur unzureichend ge regelten Konzessionsvergabe im Strom- und Gasbereich bei. Stephanie Feurstein 25 VERANSTALTUNGEN (SEMINARE ETC.) UNTER BETEILIGUNG VON REFERENTEN VON AULINGER RECHTSANWÄLTE | NOTARE Am 20. und 21. April 2015 veranstaltet die EUROFORUM GmbH den Deutschen Kartellrechtstag. Im Rahmen dieser, in Köln stattfindenden, Veranstaltung referiert Rechtsanwalt Dr. Andreas Lotze zum Thema „Aktuelles zur Organhaftung bei gegen Unternehmen verhängten Geldbußen“. Anschließend nimmt Rechtsanwalt Dr. Volker Weinreich neben weiteren namhaften Praktikern an einer Expertendiskussionsrunde zum Thema „Kartellrechtsverfolgung durch Bundeskartellamt und Staatsanwaltschaft“ teil. Eine ausführliche Veranstaltungsbroschüre mit einer Vorstellung der weiteren Referate und Praxisberichte und allen für die Anmeldung erforderlichen Informationen können Sie bei Frau Urmann ([email protected]) anfordern oder erhalten Sie zum Download über die EUROFORUM GmbH (www.euroforum.de). Auch in diesem Jahr finden wieder die beliebten Arbeitsfrühstücke des Fachbereichs Arbeitsrecht statt. Am 23. April 2015 werden Rechtsanwalt Dr. Bastian-Peter Stenslik und Rechtsanwalt Florian Zahn in unserem Bochumer Büro „Aktuelle Entwicklungen im Arbeitsrecht“ vortragen. Die genauen Daten folgen in Kürze auf unserer Internetseite. Über Ihr Interesse an dieser Veranstaltung würden wir uns sehr freuen. Anmeldungen per E-Mail nehmen wir unter [email protected] bereits jetzt gerne entgegen. Rechtsanwalt Dr. Ralf Heine wird am 23. April 2015 bei der Niederrheinischen IHK in Duisburg einen Vortrag halten. Das Thema lautet „Datenschutzrecht in der Praxis: Einsatz von IT und Kontrolle von Beschäftigten“. Nähere Einzelheiten zu der Veranstaltung und die Möglichkeit zur Anmeldung erhalten Sie in Kürze auf der Internetseite der Niederrheinischen IHK ([email protected]) Gemeinsam mit Referenten des Ministeriums für Wirtschaft, Energie, Industrie, Mittelstand und Handwerk des Landes NRW, des Vergabe- und Kartellsenats beim OLG Düsseldorf und der Kommunalaufsicht und Zentralen Vergabestelle beim Kreis Siegen-Wittgenstein hält Rechtsanwalt Dr. Stefan Mager am 28. April 2015 den diesjäh rigen NRW-Vergaberechtstag ab. Veranstalter ist wiederum das FORUM Institut für Management. Im Fokus des in Düsseldorf stattfindenden Vergabe-Praktiker-Treffs stehen das landesspezifische Vergaberecht, das TVgG NRW und die seit dem 01.05.2013 geltende neue Durchführungsverordnung zum TVgG. Bitte entnehmen Sie alle weiteren Informationen zu dieser ganztägigen Veranstaltung unserer Webseite, auf der Sie auch einen Link auf www.foruminstitut.de finden, wo Sie den Veranstaltungsprospekt downloaden können. Am 29. April 2015 trägt Rechtsanwalt Dr. Christian Stenneken auf einer Veranstaltung des Bundesverbandes für Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) zum Thema „Mögliche „Fallstricke“ beim Abschluss von Wasserkonzessionsverträgen“ vor. Nähere Informationen und die Möglichkeit zur Anmeldung stellt der BDEW über die Homepage www.ew-online.de zur Verfügung. Rechtsanwalt Dr. Andreas Lotze wird am 7. Mai 2015 im Rahmen der 45. Fachtagung für Führungskräfte der Wasserwirtschaft in Bad Wiessee zum Thema „Die deutsche Wasserwirtschaft unter zunehmenden ökonomischen Zwängen und rechtlichen Vorgaben, Aktuelles zu Leitungsrechten“ vortragen. Nähere Informationen zu der vom 5. bis 8. Mai 2015 stattfindenden Tagung, die von der Bayerischen Gemeindetag Kommunal-GmbH veranstaltet wird, sind auf der dortigen Internetseite www.baygt-kommunal-gmbh.de abrufbar. Am 21. Mai 2015 referiert Rechtsanwalt Dr. Andreas Lotze im Rahmen des von dem Bundesverband der Energieund Wasserwirtschaft veranstalteten Informationstags Wasser zum Thema „Löschwasser und Kartellrecht“. Näheres über die in Hildesheim stattfindende Veranstaltung sowie die Möglichkeit zur Anmeldung finden Sie auf der Internetseite des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft (www.ew-online.de). Bekannt und bewährt sind unsere Arbeitsfrühstücke zu immobilienrechtlichen Themen. Am 21. Mai 2015 lädt unsere Fachgruppe Immobilienrecht zum diesjährigen Arbeitsfrühstück in unser Bochumer Büro ein. Genauere Informationen zum Ablauf, zu den Themen und zur Anmeldung veröffentlichen wir in Kürze auf unserer Homepage. „Ausschreibung von Gebäudemanagementleistungen“ lautet der Titel eines Seminars am 11. Juni 2015 in Frank furt, bei dem Rechtsanwalt Dr. Stefan Mager als Referent auftritt. Das vom FORUM Institut für Management veranstaltete Seminar zielt darauf ab, den Teilnehmern zu vermitteln, wie sie die Risiken bei der Ausschreibung von Gebäudemanagementleistungen sicher beherrschen. Anmeldungen nimmt das FORUM Institut für Management gerne über die Homepage www.forum-institut.de entgegen. Selbstverständlich können auch wir Ihnen nähere Erläuterungen zum Ablauf der Veranstaltung und Anmeldeinformationen geben. Wenden Sie sich hierzu bitte an Frau Yvonne Kruppa ([email protected]). Am 17. Juni 2015 werden Rechtsanwältin Dr. Melanie Verstege, Rechtsanwalt Dr. Volker Weinreich und Rechtsanwalt Markus Winnacker in unserem Bochumer Büro eine Vortragsveranstaltung mit dem Thema „Arzthaftung aus zivil- und strafrechtlicher Sicht“ durchführen. Nähere Informationen zum Ablauf und zu den Themen sowie zur Anmeldung veröffentlichen wir demnächst auf unserer Homepage. Für den 25. Juni 2015 ist von unserer Fachgruppe Arbeitsrecht ein weiteres Arbeitsfrühstück geplant. Die Ver anstaltung wird unter der Überschrift „Datenschutz“ stehen und in unserem Bochumer Büro stattfinden. Nähere Informationen und die Möglichkeit zur Anmeldung erhalten Sie demnächst über unsere Homepage. AKTUELLE VERÖFFENTLICHUNGEN Dr. Bastian-Peter Stenslik „Anmerkung zum Urteil des LAG Köln vom 28.08.2014 – 6 Sa 423/14“; Deutsches Steuerrecht 2015, Seiten 487 und 488 In den einzelnen Beiträgen können die angesprochenen Themen nur schlagwortartig und in gedrängter Kürze dargestellt werden. Die Lektüre ersetzt also in keinem Fall eine gründliche Rechtsberatung! Sollten Sie feststellen, dass Sie im Einzelfall Beratungs- oder Handlungsbedarf haben, so bitten wir Sie, Ihren vertrauten Anwalt bei AULINGER Rechtsanwälte | Notare anzusprechen oder sich an eines unserer Büros in Bochum oder Essen zu wenden. Für Fragen, Anregungen und Kritik zu diesem Mandantenrundschreiben stehen wir alle Ihnen gern zur Verfügung. Redaktion: Dr. Markus Haggeney / Dr. Marco Krenzer AULINGER RECHTSANWÄLTE | NOTARE BÜRO BOCHUM BÜRO ESSEN Partnerschaftsgesellschaft m. b. B. Josef-Neuberger-Straße 4, 44787 Bochum Telefon +49 (0)234 68779-0 Telefax +49 (0)234 680642 [email protected] Frankenstraße 348, 45133 Essen Telefon +49 (0)201 95986-0 Telefax +49 (0)201 95986-99 [email protected] www.aulinger.eu
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