2. Fall - Institut für Recht der Wirtschaft, Ordinariat für Privat

INSTITUT FÜR RECHT DER W IRTSCHAFT
ORDINARIAT FÜR PRIVAT- UND W IRTSCHAFTSRECHT
O. UNIV.-PROF. DDR. ARTHUR WEILINGER
UNIV.-ASS. MAG. PATRICK STUMMER
2. EINHEIT
PFLICHTÜBUNG AUS UNTERNEHMENSRECHT
SS 2015 – DO 26.03.2015
2. Fall
Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft – OG – KG - Warenkauf
Ludwig Louboutin, Franz Ferragamo und Christian Choo betreiben seit mehreren
Jahren als einzige Gesellschafter mit 2 Mitarbeitern die Shoe 4 You OG im 1. Bezirk (Abschluss des Gesellschaftsvertrages 1.1.2010; Eintragung ins Firmenbuch 1.2.2010). Alle
Gesellschafter haben ihre im Gesellschaftsvertrag vereinbarte Einlage im Ausmaß von
€ 20.000,- bereits zur Gänze geleistet. Um auf etwaige Todesfälle vorbereitet zu sein,
wird am 1.3.2010 mit Zustimmung aller drei Gesellschafter der Gesellschaftsvertrag geändert und der Passus aufgenommen, dass „im Falle des Todes eines Gesellschafters die
Gesellschaft mit dem ältesten noch lebenden männlichen oder weiblichen Erben fortgesetzt wird. Das Wahlrecht des § 139 Abs 1 UGB wird ausgeschlossen“.
Ende Oktober 2010 verstirbt Franz Ferragamo, sein ältester Erbe Emilio tritt das Erbe
an und wird am 1.11.2010 auch Gesellschafter der Shoe 4 You OG. Er macht seinen
Verbleib in der Gesellschaft aber bereits am 3.11.2010 davon abhängig, dass ihm unter
Belassung des bisherigen Gewinnanteils die Stellung eines Kommanditisten eingeräumt
wird.
a)
Welche gesetzliche Folge ist mit dem Tod des Gesellschafters Franz Ferragamo
grundsätzlich für die OG verbunden? Kann diese Folge im konkreten Fall abgewendet
werden?
b)
Ludwig Louboutin und Christian Choo verweigern Emilio die Kommanditistenstellung und verweisen auf den Gesellschaftsvertrag. Zu Recht? Begründen Sie!
Auf Grund der bereits anfänglichen Schwierigkeiten erklärt Emilio am 12.11.2010 sein
Ausscheiden aus der Gesellschaft
Kurze Zeit später kauft Ludwig Louboutin im Namen der Shoe 4 You OG für die Gesellschaft ein neues einzigartiges Designerschuhregal, das es weltweit nur einmal gibt
(Wert: € 10.000,-) ohne Christian Choo davon zu informieren, da er weiß, dass sich
dieser dagegen ausgesprochen hätte. Als die OG bei Fälligkeit zur Zahlung aufgefordert
wird, verweigert Christian Choo die Zahlung, da er vom Kauf nicht informiert war und
sohin seiner Ansicht nach kein gültiger Kaufvertrag zustande gekommen sei.
c)
Beurteilen Sie die Zulässigkeit und die Wirksamkeit des Kaufvertrages? Muss die OG
bezahlen? Begründen Sie Ihre Antwort ausführlich!
Im Dezember 2011 gewinnen die Gesellschafter unter Vorlage gefälschter Unterlagen
Balthasar Blahnik als Kommanditisten, um das Eigenkapital der Gesellschaft zu stärken. Im Gesellschaftsvertrag verpflichtet sich Balthasar Blahnik zur Leistung einer
Pflichteinlage von € 40.000,-. Die Haftsumme soll € 50.000,- betragen. Sein Eintritt in
die Gesellschaft sowie die Höhe der Haftsumme und die Änderung des RechtsformzusatA 1090 Wien, Oskar-Morgenstern-Platz 1  Tel (+43) (1) 4277-38990  Fax 4277-38999
eMail: [email protected]  homepage: www.univie.ac.at/Privatrecht
zes von OG in KG wird am 29.12.2011 in das Firmenbuch eingetragen und bekannt gemacht. Die Pflichteinlage wird sofort zur Gänze einbezahlt.
Im Geschäftsjahr 2012 wird schlussendlich ein Gewinn iHv € 100.000,- erwirtschaftet.
Auf Grund dringender Renovierungen im Geschäftslokal müsste für die Auszahlung des
Gewinnes jedoch seitens der Gesellschaft ein Kredit mit einem Zinssatz von 2% aufgenommen werden.
d)
Verteilen Sie den Gewinn des Jahres 2012. Dürfen die Gesellschafter den auf sie entfallenden Gewinnanteil jeweils entnehmen? Begründen Sie!
Mitte Februar 2013 ficht Balthasar Blahnik seine Beitrittserklärung mit der zutreffenden
Begründung an, dass er von Ludwig Louboutin und Christian Choo über die finanzielle
Lage der Gesellschaft getäuscht worden sei.
e)
Welche Auswirkungen können grundsätzlich mit dieser Anfechtung für die Gesellschaft und die Gesellschafter verbunden sein? Begründen Sie!
Nach seinem einvernehmlichen Ausscheiden aus der Shoe 4 You KG widmet sich
Balthasar Blahnik seiner großen Leidenschaft, dem Handel mit gebrauchten Luxusautos. Er gründet noch Ende Februar 2013 als einziger Gesellschafter die Blahnik Luxury
Cars GmbH und bestellt sich selbst zum Geschäftsführer. Die Blahnik Luxury Cars
GmbH verkauft ausschließlich gebrauchte Sportwagen mit Baujahr bis 1990. Um das
Sortiment aufzustocken, schließt Balthasar Blahnik am 1.3.2013 im Namen der GmbH
mit den Vorstandsmitgliedern der Sportwagen Huber AG einen Kaufvertrag über einen
gebrauchten Lamborghini Countach. Am 3.3.2013 wird ein Kaufvertrag über einen gebrauchten Ferrari Testarossa geschlossen. Beide Autos werden von der Sportwagen
Huber AG am 8.3.2013 durch einen Mitarbeiter per Transport-LKW in die Lagerhalle der
Blahnik Luxury Cars GmbH geliefert. Der Ferrari wird von Balthasar Blahnik nur kurz
rückwärts vom Transporter gefahren und sogleich in der Lagerhalle geparkt. Zudem
macht er einen Rundgang und überprüft diesen auf Kratzer und äußere Beschädigungen.
Er befindet das Auto für gut und weist den Mitarbeiter an, den sich noch unter einer Plane auf dem Transporter befindlichen Lamborghini neben dem Ferrari zu parken. Auf eine
Prüfung des Autos werde er verzichten, da bereits mit dem Ferrari alles in Ordnung gewesen sei.
Vier Wochen nach Ablieferung der Autos möchte ein Interessent eine Probefahrt mit dem
Ferrari machen. Mit Entsetzen muss Balthasar Blahnik feststellen, dass auf Grund eines
Produktionsfehlers nur der Rückwärtsgang funktioniert. Ebenso stellt er fest, dass nicht
ein gebrauchter Lamborghini Countach sondern ein gebrauchter Lamborghini Diablo geliefert wurde, den er nicht verkaufen kann, da die Blahnik Luxury Cars GmbH zum
einen nur mit Gebrauchtwagen mit einem Baujahr bis 1990 handelt, zum anderen gebrauchte Lamborghini Diablos im Gegensatz zu Lamborghini Countachs nur schwer verkäuflich sind und ihr Marktwert weit geringer ist. Balthasar Blahnik ist außer sich und
kontaktiert per Telefon sofort die Sportwagen Huber AG, beschwert sich, dass die Autos „Mist“ sind, erläutert die Probleme und fordert Reparatur des Ferraris und Lieferung
des Lamborghini Countach. Die Sportwagen Huber AG verlangt ihrerseits die Bezahlung des bereits fälligen Kaufpreises und weigert sich dem Ansinnen nachzukommen.
f)
Muss die Blahnik Luxury Cars GmbH bezahlen? Begründen Sie ausführlich!
Basisliteratur:
Krejci, Unternehmensrecht5: 389 - 413
Torggler, Gesellschaftsrecht AT und Personengesellschaften: 255 – 271
Rieder/Huemer, Gesellschaftsrecht³: 62 – 63; 122 – 143; 157 – 160; 183 - 185
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