Allen & Overy M&A Insights Deutschland Q1 2015

M&A – DEUTSCHLAND (1. QUARTAL 2015)
Der deutsche M&A-Markt startet stark ins neue Jahr
Ein guter Start
Nach einem fulminanten Jahr 2014 ist im
deutschen M&A-Markt auch im ersten Quartal
2015 kein wesentliches Abflauen erkennbar. Zwar
ging die Zahl der Milliarden-Transaktionen mit
deutscher Beteiligung erwartungsgemäß etwas
zurück. Das zunehmend belastbare Vertrauen der
Markt-Teilnehmer sorgt aber trotz Anhaltens
geopolitischer Unsicherheit und der Zuspitzung der
Griechenland-Krise weiterhin für zahlreiche
Transaktionen auch im mittleren und im unteren
Marktsegment, der Basis eines nachhaltig starken
M&A-Markts.
Entwicklungslinien werden erkennbar
Unter den Transaktionen im ersten Quartal 2015
sind die folgenden drei besonders hervorzuheben,
da durch sie mögliche Entwicklungen erkennbar
werden:
Nachdem die Deutsche Telekom und Orange über
längere Zeit nach strategischen Optionen für ihr
britisches Mobilfunk Joint Venture EE suchten,
vereinbarten sie jetzt den Verkauf des marktführenden Gemeinschaftsunternehmens an die
British Telecom. Für einen Transaktionswert von
rund GBP 12,5 Mrd. steigt die British Telecom
wieder in den Mobilfunk-Markt ein. Neben einem
Kaufpreis erhält die Deutsche Telekom eine
Beteiligung in Höhe von 12 % an der Erwerberin
sowie einen Sitz in deren Board und wird so zum
Anker-Aktionär der Gesellschaft. Orange erhält
neben dem Kaufpreis eine 4 %-Beteiligung. Damit
hat sich eine stark strategisch getriebene
Transaktion gegenüber dem Verkauf an einen
Finanzinvestor oder einem Börsengang
durchgesetzt. Beide Alternativen wurden im
Vorfeld erwogen. Stattdessen kann die British
Telecom ihren Kunden neben dem Festnetz, dem
Breitband und dem Bezahlfernsehen nunmehr auch
Mobilfunk anbieten. Am wirtschaftlichen Erfolg
dieses „Quad Play“-Angebots partizipiert die
Deutsche Telekom durch ihre Beteiligung indirekt.
Zudem wird über weitere Formen der
Zusammenarbeit gesprochen. Markt-Teilnehmer
schreiben dieser Transaktion wegweisenden
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Charakter für die Entwicklung im europäischen
TMT-Markt zu.
Im letzten Jahr gab RWE bekannt, das bei
RWE Dea gebündelte Öl- und Gasfördergeschäft
für rund EUR 5,1 Mrd. an eine Investorengruppe
um den russischen Geschäftsmann Michail
Fridman abgeben zu wollen. Kurz darauf wurden
erste Sanktionsmaßnahmen im Zusammenhang mit
der Ukraine-Krise verhängt. Die Durchführung der
Transaktion in einem für das politische Verhältnis
zu Russland wesentlichen Wirtschaftsbereich
wurde zunehmend in Frage gestellt. Zwar war die
Bundesregierung mit dem Deal und der damit
notwendig verbundenen Abgabe bedeutender
Förderlizenzen schließlich einverstanden. Die
britische Regierung agiert jedoch deutlich
zurückhaltender. Dennoch konnte die Transaktion
nach einer Änderung ihrer Struktur im ersten
Quartal 2015 durchgeführt werden. Das britische
Dea-Geschäft wird zunächst unabhängig von den
restlichen Aktivitäten geführt und könnte für einen
bereits festgelegten Preis an RWE zurückgegeben
werden, sollte die gesamtpolitische Situation dies
erfordern. Damit zeigt diese Akquisition, dass mit
kreativen Lösungen auch in Zeiten geopolitischer
Unsicherheit wesentliche Transaktionen selbst in
sensiblen Branchen durchgeführt werden können.
Dies ist umso bedeutender, als staatliche Interessen
insbesondere in Zeiten der Unsicherheit
deutlicheren Einfluss auf das Transaktionsgeschäft
nehmen und die aktuellen Rahmenbedingungen
nicht mehr nur als vorübergehend angesehen
werden.
Unter großer Aufmerksamkeit der internationalen
Presse vereinbarte Berkshire Hathaway im ersten
Quartal 2015 die Übernahme der Detlev Louis
Motorrad-Vertriebsgesellschaft, einem führenden
Händler von Motorrad-Zubehör, von der Witwe des
Firmengründers für rund EUR 400 Mio. Überschwänglich beschrieb der mit Presseauftritten ansonsten zurückhaltende Warren Buffet die Transaktion in mehreren Interviews als Türöffner, mit
dem der „German Code“ nach mehreren Versuchen
nunmehr „geknackt“ sei. Mit der ersten Transaktion dieser Art bietet Berkshire Hathaway sich ausdrücklich als langfristig orientierten Investor für
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den deutschen Mittelstand und insbesondere für
Familienunternehmen in Nachfolge-Situationen an.
Weitere Akquisitionen sollen folgen. Private Equity
Investoren hatten das Nachsehen. Mittlerweile hat
Blackstone angekündigt, zukünftig auch stärker
langfristige Investmentstrategien verfolgen zu
wollen, und in diesem Zusammenhang Berkshire
Hathaway ausdrücklich erwähnt.
Weitere Transaktionen
Santo Holding, die KfW sowie die Max-PlanckGesellschaft gehören. Nachdem Recruit Holdings
erst vor kurzem in einem ersten Schritt ca. 7 % an
der im Jahr 2012 gegründeten GastroBuchungsplattform Quandoo erworben hatte,
erwarb das japanische Unternehmen nunmehr die
restliche Beteiligung für rund EUR 200 Mio. von
den Gründern und Venture Capital Investoren,
darunter die Familie Sixt und Holtzbrinck
Ventures. In einem hoch kompetitiven
Auktionsverfahren konnte sich der Oetker-Konzern
gegen Nestlé sowie Private Equity Investoren
durchsetzen und sich den Hersteller von TiefkühlBackwaren Coppenrath & Wiese sichern. Mit der
Übernahme einer 55 %-Beteiligung am Immobilien
Portal Immowelt durch Axel Springer für rund
EUR 130 Mio. soll dessen Zusammenführung mit
der Immobilien Plattform von Axel Springer
Digital Classifieds Immonet vorbereitet werden.
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Handelsplattform wird das Unternehmen in
Daneben kam es im ersten Quartal 2015 in den
verschiedenen Marktsegmenten zu einer Vielzahl
weiterer Transaktionen. Die bereits mit ca. 25 %
am Maschinenbauer Gildemeister beteiligte DMG
Mori Seiki unterbreitete den Aktionären der Gesellschaft ein freiwilliges Übernahmeangebot, das auf
Grundlage des erhöhten Angebotspreises ein
Transaktionsvolumen in Höhe von insgesamt rund
EUR 1,8 Mrd. aufweist. Im Rahmen der Nachbesserung wurde die Mindestannahme-Quote jedoch
auf 40 % gesenkt. Für rund USD 727 Mio. erwarb
der Automobilzulieferer Mahle vom Konkurrenten
Delphi den Geschäftsbereich Thermomanagement.
Das Raumfahrtunternehmen AAR konnte für rund
USD 725 Mio. den bayerischen Luftfahrt-Zulieferer Telair an die US-amerikanische Transdigm
abgeben. Baxter übernahm für rund EUR 200 Mio.
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Ausblick
Nachdem der deutsche M&A-Markt trotz
geopolitischer Unsicherheit und GriechenlandKrise auch im ersten Quartal 2015 keine Schwäche
zeigt und insbesondere das mittlere und das untere
Marktsegment noch an Stärke gewinnen, gibt es
derzeit keine Anzeichen für ein Abflauen der
Transaktions-Tätigkeit. Vielmehr hat das erste
Quartal die Basis für ein gutes M&A-Jahr 2015
geschaffen. Auf dieser Grundlage ist, insbesondere
vor dem Hintergrund der bereits bekannten DealPipeline, ein Fortdauern der derzeitigen MarktSituation zu erwarten.
Interessant wird dabei unter anderem sein, ob der
gegenüber dem Euro deutlich erstarkte US-Dollar
dafür sorgt, dass der deutsch-amerikanische M&AMarkt erkennbar von Outbound- auf InboundTransaktionen dreht. Einige Marktteilnehmer
erwarten, dass diese Entwicklung durch den
derzeitigen Wechselkurs unterstützt werden dürfte.
Es bleibt jedoch zu beachten, dass Umsatz und
Erträge deutscher Zielgesellschaften häufig primär
in Euro anfallen, so dass der Wechselkurs nur
eingeschränkte Auswirkungen auf die
Unternehmensbewertung haben dürfte.
Kontakt
Dr. Michael J. Ulmer
Tel: +49 69 2648 5444
[email protected]
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