M&A – DEUTSCHLAND (4. QUARTAL 2015) Ein starkes M&A-Jahr geht zu Ende Internationales M&A-Rekordjahr 2015 Das Jahr 2015 war international das bislang stärkste M&A-Jahr aller Zeiten. Damit schiebt es sich nicht nur vor die „Dotcom“ M&A-Hochphase zu Beginn des Jahrtausends, sondern löst mit dem Jahr 2007 auch den bisherigen Spitzenreiter ab. Die fortschreitende Globalisierung führt dazu, dass mittlerweile ein Drittel aller Transaktionen grenzüberschreitenden Charakter haben. Zudem steigt die Zahl der Mega-Deals mit einem Transaktionsvolumen von über USD 5 Mrd. Davon fanden allein im Jahr 2015 weltweit über 100 Transaktionen statt. Mit dem Zusammenschluss von Pfizer und dem Botox-Produzenten Allergan mit einem Volumen von rund USD 160 Mrd., dem USD 130 Mrd.-Zusammenschluss von Dow Chemical und DuPont zum weltgrößten ChemieKonglomerat und der Übernahme des Konkurrenten SABMiller durch das weltgrößten Brauereiunternehmen Anheuser-Bush InBev für rund USD 106 Mrd. schaffen es gleich drei Transaktionen aus dem vierten Quartal 2015 in die Top Ten der weltweit größten M&A-Transaktionen aller Zeiten. Die Gründe für diesen M&A-Boom sind vielfältig. Nach der Lehman-Krise haben viele Unternehmen große Positionen liquider Mittel aufgebaut. Auf Drängen der Investoren müssen diese jetzt für Aktienrückkäufe und Dividendenausschüttungen verwendet oder aber investiert werden. Daneben stellt der Markt Finanzmittel zu weiterhin ausgesprochen günstigen Bedingungen zur Verfügung. Dies trifft auf ein Umfeld, in dem in vielen Branchen Umsatzwachstum mittlerweile fast ausschließlich durch Akquisitionen erzielt werden kann. Trotz des Tätigwerdens insbesondere des US-amerikanischen Gesetzgebers bietet auch das Steuerrecht noch immer Anreize zum Erwerb von Zielgesellschaften mit einem aus steuerlicher Sicht attraktiven Sitzstaat, in welchen der US-amerikanische Erwerber seinen Sitz im Zuge der Transaktion verlegt. Schließlich tragen auch die bereits durchgeführten Transaktionen selbst zur Intensivierung der M&A-Tätigkeit bei. © Allen & Overy LLP 2015 Diese waren im Jahr 2015 häufig strategisch motiviert und transformieren Unternehmen wie auch ganze Märkte. Selten kam es zu Konsolidierungsprozessen wie sie der Life Sciences Sektor gerade erlebt. So ist der Zusammenschluss von Pfizer und Allergan nicht nur die größte M&ATransaktion des Jahres 2015, er ist nach Volumen auch die größte Transaktion im Pharmamarkt aller Zeiten. Trends im deutschen M&A-Markt An diesen Entwicklungen nimmt auch der deutsche M&A-Markt teil. Auf ein bereits sehr starkes M&A-Jahr 2014 folgt mit 2015 erneut ein erfolgreiches Jahr für den deutschen M&A-Markt. Dabei verdienen verschiedene Trends besondere Erwähnung: Hostile M&A Feindliche Übernahmen, im deutschen M&AMarkt eher unüblich, bestimmen 2015 das Bild. Besonders intensiv wird im Immobiliensektor gerungen. Zunächst gab Deutsche Wohnen bekannt, den Wettbewerber LEG übernehmen zu wollen, um mit dann 250.000 Wohnungen zum klaren Verfolger des Markführers Vonovia aufzusteigen. Darauf reagierte Vonovia im vierten Quartal 2015 mit einem Übernahmeangebot für die Aktien der Deutsche Wohnen. Dieses setzt jedoch voraus, dass Deutsche Wohnen die LEG-Übernahme nicht durchführt. Im weiteren Verlauf nahm Deutsche Wohnen zwar von der LEG-Übernahme Abstand, erwarb jedoch von Patrizia für rund EUR 1,2 Mrd. ein Portfolio von 13.600 Wohnungen, um die eigene Übernahme so zu verhindern. Nachdem die Aktionäre von Vonovia der Übernahme trotz dieser Transaktion zugestimmt haben und auch das Bundeskartellamt den Zusammenschluss bereits freigegeben hat, spricht nun einiges dafür, dass die feindliche Übernahme der Deutsche Wohnen durch Vonovia mit einem Transaktionsvolumen von rund EUR 14 Mrd. trotz des anhaltenden Widerstands von Vorstand und Aufsichtsrat der Deutsche Wohnen erfolgreich verlaufen wird. Weniger er- www.allenovery.com 2 folgreich war der Versuch der Düngemittel-Gruppe Potash, K+S für rund EUR 8 Mrd. zu übernehmen. Über den Sommer hatte das Management von K+S mehrere Offerten der kanadischen Potash abgelehnt. Zu den ausgeklügelten Verteidigungsstrategien gehörten unter anderem die Befragung von Großaktionären, die Vereinbarung wesentlicher Lieferbeziehungen mit US-amerikanischen Konkurrenten von Potash sowie die Bekanntgabe eigener Expansionspläne. Nachdem sich Potash daraufhin gegen ein Übernahmeangebot für die Aktien von K+S entschieden hat, wird im Markt bereits über einen erneuten Anlauf spekuliert. Dieses zunehmende, im deutschen M&A-Markt ungewöhnliche, feindliche Vorgehen deuten einige Marktteilnehmer bereits als Zeichen für eine Überhitzung des Marktes. Mittleres Marktsegment Nachdem das M&A-Jahr 2014 noch von MegaDeals unter deutscher Beteiligung bestimmt war, gewann im Jahr 2015 insbesondere das mittlere Marktsegment wieder zunehmend an Bedeutung und zeigt sich als besondere Stütze des deutschen M&A-Marktes. In diesem Zusammenhang treten auch Investoren mit spezifischen Beteiligungsstrategien auf. So hat der Erwerb des europaweit führenden Händlers von Motorradzubehör Detlev Louis durch Berkshire Hathaway für rund EUR 400 Mio. für Aufmerksamkeit gesorgt. Der sonst eher zurückhaltende Warren Buffet bezeichnete die Transaktion als Türoffner, mit dem der „German Code“ „geknackt“ sei. Er bietet Berkshire Hathaway nachdrücklich als langfristig orientierten Investor mit Interesse am deutschen Mittelstand an, © Allen & Overy LLP 2015 nicht allein in Nachfolge-Situationen. Der Finanzinvestor Blackstone hat unter ausdrücklicher Bezugnahme auf Berkshire Hathaway angekündigt, zukünftig ähnliche Investmentstrategien verfolgen zu wollen. Die Deal-Pipeline im mittleren Marktsegment bleibt auch zum Jahresende gefüllt. Kapitalmarkt Der Kapitalmarkt trug im Jahr 2015 einen wesentlichen Teil zum Erfolg des deutschen M&AMarktes bei. Ungeachtet der geopolitischen Entwicklungen bot er den Marktteilnehmern beste Rahmenbedingungen. Die Belastbarkeit des Kapitalmarktes erlaubte nicht nur die Refinanzierung von M&A-Transaktionen. Aktien werden vielmehr wieder zur Akquisitions-Währung. So war etwa die www.allenovery.com 3 versuchte LEG-Übernahme durch Deutsche Wohnen als Tauschangebot strukturiert und auch das Übernahmeangebot von Vonovia an die Aktionäre der Deutsche Wohnen hat eine Aktien-Komponente. Die durch großvolumige Börsengänge bewiesene Aufnahmefähigkeit der Märkte erlaubt zudem, Veräußerungsprozesse in Form von Dual Track Verfahren zu gestalten, bei denen ein IPO wieder als glaubhafte Alternative neben einen Verkauf tritt und so den Wettbewerbsdruck erhöht. Daneben bieten Börsengänge wie im Fall von Scout24 insbesondere Finanzinvestoren einen Exit aus Beteili- gungsunternehmen. Zwar musste das Volumen bedeutender IPOs wie etwa bei Covestro oder Schaeffler reduziert werden. Insbesondere der nach mehreren Anläufen im vierten Quartal 2015 durchgeführte Börsengang von Hapag-Lloyd zeigt jedoch, dass auch die aus der Unruhe um Volkswagen und den Entwicklungen im Nahen und Mittleren Osten folgende Unsicherheit noch keinen entscheidenden Einfluss auf die Rahmenbedingungen für M&A-Transaktionen genommen hat. Jahresende und Ausblick Mit dem vierten Quartal endet das deutsche M&AJahr 2015 in bewährter Manier. Auf den Paukenschlag des EUR 14 Mrd.-Übernahmeangebots von Vonovia für Deutsche Wohnen folgten weitere strategisch getriebene, großvolumige Transaktionen. Hervorzuheben ist etwa der bevorstehende Spartentausch zwischen Boehringer Ingelheim und Sanofi mit einem Gesamtvolumen von rund EUR 22,8 Mrd., das Übernahmeangebot von Diebold für die Aktien des Herstellers von Geldautomaten und Kassensystemen Wincor Nixdorf mit einem Volumen von rund EUR 1,7 Mrd. oder der Zusammenschluss der DZ Bank mit der WGZ © Allen & Overy LLP 2015 Bank zu einem Bankhaus mit einer Bilanzsumme von rund EUR 500 Mrd. Im mittleren Marktsegment trennte sich die Schweizer Industrie-Holding OC Oerlikon von der Leybold-Gruppe. Der Hersteller von Vakuum-pumpen ging für rund EUR 486 Mio. an den schwedischen Maschinenbauer Atlas Copco. Den Dresdner Halbleiterhersteller ZMD konnte sich für rund EUR 300 Mio. die kalifornische IDT sichern. Das überraschende Interesse der italienischen Stevanato-Gruppe an der Übernahme der Balda AG macht deutlich, dass auch bei M&A-Transaktionen im Mittelstand zunehmend feindlich agiert wird. Nachdem das www.allenovery.com 4 Familienunternehmen Heitkamp & Thumann den Finanzinvestor Paragon aus dem Rennen schlagen konnte, obwohl dieser bereits einen Kaufvertrag unterschrieben hatte, sieht Heitkamp & Thumann sich jetzt selbst der unerwünschten Konkurrenz von Stevanato im Wettstreit um Balda ausgesetzt. Der Erwerb des Dämmstoffproduzenten Armacell durch Blackstone zusammen mit der dänischen Familien-Holding Kirkbi von Charterhouse schließlich zeigt nicht nur, dass Finanzinvestoren im Jahr 2015 wieder häufiger als Erwerber in Erscheinung traten. Der Erwerb setzt auch den Börsenplänen des bisherigen Gesellschafters ein Ende und unterstreicht so erneut die Rolle des Kapitalmarktes bei der Strukturierung von Veräußerungsprozessen. Wie schon zum Ende des Jahres 2014 ist festzustellen, dass sich die Rahmenbedingungen für den M&A-Markt zum Jahreswechsel unverändert gut präsentieren. Trotz der insbesondere von Griechenland grundsätzlich weiterhin ausgehenden Unsicherheiten für die Märkte, der Unruhe um Volkswagen und der Entwicklungen im Nahen und Mittleren Osten ist das Vertrauen der Marktteilnehmer ungebrochen; die Deal-Pipelines sind gefüllt. Die günstige Finanzierung von Transaktionen ist weiterhin gesichert und das Niveau der vereinbarten Kaufpreise bleibt so hoch, dass einige Marktteilnehmer bereits eine Überhitzung erkennen wollen. Vor diesem Hintergrund spricht derzeit nichts dagegen, dass der M&A-Markt in Deutschland auch im Jahr 2016 das Niveau der Vorjahre erreichen könnte. Zeit für ein Durchatmen scheint den Marktteilnehmern zunächst jedenfalls nicht vergönnt. Kontakt Dr. Michael J. Ulmer Tel: +49 69 2648 5444 [email protected] © Allen & Overy LLP 2015 www.allenovery.com
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