Besser als der Rest…

Fahrbericht
Pronar P5 5340:
Besser als der Rest…
Pronar will mit dem
P5 5340, der die
Abgasstufe IIIB
erfüllt, den deutschen
Markt erobern.
Fotos: Brüse
...so das Statement von Sergiusz Martyniuk, dem geschäftsführenden Gesellschafter von Pronar,
zum neuesten Schlepper aus dem Werk in Narew. Wir haben den Vierzylinder
mit 74,5 kW/101 PS bei einem Besuch in Polen gefahren.
Christian Brüse
P
ronar kennen viele als Hersteller
von Anhängern. Dass Pronar im
polnischen Narew („Pro“ für Produktion und „Nar“ für Narew)
jedoch auch Schlepper fertigt, wissen nur
wenige. Ein erster Versuch im Jahr 2006 mit
der Serie 5100 (profi 12/2006) brachte
(noch) nicht den gewünschten Erfolg. Mit
dem neuen Modell P5 5340 (Maximalleistung 78 kW/106 PS) erfüllen die Polen jetzt
die Abgasstufe IIIB und wollen damit jetzt
auch in Deutschland Fuß fassen.
Neben dem P5 stehen noch drei weitere
Schleppermodelle mit 140, 185 und sogar
256 PS in der Preisliste von Pronar.
Vertrauensvorschuss auf den Zielmärkten.
Die geforderte Abgas stufe IIIB erfüllt der
agile Pole mit einem Diesel-OxidationsKatalysator und einer gekühlten Abgasrückführung. AdBlue ist also nicht notwendig.
Den Dieselvorrat gibt Pronar mit 125 l an,
was sicherlich nicht allzu üppig ist. Apropos
Dieseltank: Den Tank fertigt Pronar selbst,
genau wie die Kabine und die Kunststoffteile in der Kabine sowie viele andere Komponenten — die Fertigungstiefe ist beeindruckend.
Herzstück des P5 ist ein Deutz-Motor
mit vier Zylindern und 3,6 l Hubraum.
bietet 16 Vorwärts- und Rückwärtsgänge
(zwei Gruppen, vier Gänge, zwei Lastschaltstufen). Die elektrisch angesteuerte Lastschaltung schaltet jedoch erst „hoch“, wenn
Auf den Motor legen die Polen Wert, denn
sie versprechen sich davon einen gewissen
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Ebenfalls deutsche Technik kommt
beim Getriebe zum Einsatz. Der
Triebsatz von ZF ist synchronisiert und
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Das Heck ist aufgeräumt, drei dw-Steuergeräte stehen serienmäßig zur Verfügung.
www.profi.de
Fahrbericht
Die einteilige
Motorhaube könnte
weiter hochklappen,
alle Wartungspunkte sind aber
noch ordentlich
zugänglich.
Drei mechanische
Steuergeräte
stehen serienmäßig
zur Verfügung, die
Ganghebel könnten
länger bzw. ergonomischer gekröpft
sein.
nisch gefederte Sitz von Grammer, der auch
auf dem gefahrenen Schlepper thronte.
Noch komfortabler ist allerdings der optionale (460 Euro) luftgefederte Sitz, ebenfalls
von Grammer.
Gut finden wir, dass das Lenkrad sowohl in
der Höhe als auch in der Neigung verstellbar ist. Die Armaturen sind schlicht gehalten. Analog gibt es Informationen über die
Motordrehzahl, den Spritvorrat sowie die
Motortemperatur. Auf einem Display verrät
der Schlepper alle übrigen zentralen Informationen, drei Taster erlauben das Umschalten zwischen den Anzeigen.
Die übrigen Bedienelemente sind selbsterklärend. Die Taster für Allrad, Differenzialsperre und Beleuchtung haben eine Unterleuchtung. Darüber hinaus gibt es noch zwei
Lampen, die für die Beleuchtung der Kabine
sorgen.
Drei mechanische Steuergeräte sieht
Pronar für den P5 vor, allesamt mit
Schwimmstellung und eins sogar mit Mengenregulierung. Leider fehlen den Steuergeräten außen die entsprechenden Zuord-
Datenkompass
Pronar P5 5340
Motor
Die Vorderachse stammt vom türkischen
Hersteller Hema.
eine bestimmte Mindestdrehzahl erreicht
ist. Die Wendeschaltung ist synchronisiert,
allerdings muss der Richtungswechsel
mechanisch erfolgen. Aber damit kann man
bei einem solchen Schlepper leben. Schön
wäre, wenn Pronar die Ganghebel etwas
verlängern bzw. abkröpfen würde. Denn so
muss man sich für das Einlegen des ersten
bzw. dritten Ganges schon fast nach vorne
beugen.
Das Getriebe bietet darüber hinaus eine
Wegzapfwelle und mit den 540, 540E und
1 000 stehen die wichtigsten Drehzahlen in
dieser Schlepperklasse am sechskeiligen
profi 4/2015
Stummel bereit. Die Drehzahlen lassen sich
mechanisch vorwählen, wohingegen das
Einschalten elektrohydraulisch erfolgt. Dass
der externe Schalter auf dem rechten Kotflügel besser links platziert wäre, hat auch
Pronar schon überlegt.
Die Hinterachse stammt ebenfalls von ZF,
während die Vorderachse vom türkischen
Hersteller Hema bezogen wird. An dem von
uns gefahrenen Schlepper waren hinten
460/85 R 34- und vorne 380/85 R 24-Räder
montiert, andere Größen — insbesondere
auch ein Straßen- und ein Forstprofil — liefert Pronar auf Wunsch.
Eine Vorderachsfederung sucht man
vergeblich. Für den Komfort ist die Fahrerkabine lediglich in Silentblöcken gelagert.
Für etwas frische Luft sorgen aufstellbare
Seitenscheiben, eine Dachluke und Aufsteller für die beiden Türen. Wer möchte,
kann auch eine Klimaanlage gegen Aufpreis
(1 430 Euro, alle Preise ohne Mehrwertsteuer) bestellen. Die Türen öffnen weit und
der Aufstieg über drei Stufen ist bequem.
Bequem ist auch der serienmäßig mecha-
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74,5 kW/101 PS Nennleistung; 78 kW/
106 PS Maximalleistung, Deutz 4-Zylinder,
3,6 l, CommonRail, Abgasstufe IIIB (DOC
und EGR), 125 l Dieseltank
Getriebe
16/16 Übersetzungen, 2 Gruppen, 4 Gänge,
2 Lastschaltstufen, ZF, Geschwindigkeitsbereich von 2,2 bis 35,8 km/h, Zapfwelle
elektro-hydraulisch geschaltet mit Wegzapfwelle und drei Drehzahlen (540, 540E,
1 000)
Hubwerk/Hydraulik
4,2 t Hubkraft, Bosch EHR, Zahnradpumpe
mit 58 l/min bei 175 bar, 3 x dw-Steuergeräte und freier Rücklauf, separater
Ölhaushalt, 35 l entnehmbar
Abmessungen/Gewichte
2,37 m Radstand, 9,60 m Wendekreis,
4,48 m lang, 2,38 m breit, 2,79 m hoch,
5 015 kg Leergewicht, 7 800 kg zulässiges
Gesamtgewicht
Bereifung (Serie)
hinten 460/85 R 34, vorne 380/85 R 24
Listenpreis
37 900 € ohne Mehrwertsteuer
Herstellerangaben
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Auf der linken Seite
gibt es einigen Ablagen. Einen vollwertigen Beifahrersitz
sucht man vergeblich; den gibt es nur
auf Wunsch.
eine gefederte Vorderachse verfügt. Dafür
sind Motoren- und Getriebegeräusche einigermaßen gedämmt. Auch die Übersicht ist
zu allen Seiten wirklich gut, allenfalls die
Motorhaube ist etwas breit. Der Wendekreis
ist mit 9,60 m auch in Ordnung.
Details in Kurzfassung:
■ Fronthubwerk (1 270 Euro) und Frontzapfwelle (1 930 Euro) gibt es auf Wunsch.
■ Optional sind ebenfalls zwölf Koffergewichte à 45 kg (730 Euro).
Das Armaturenbrett
ist aufgeräumt und
bietet wichtige
Informationen auf
einen Blick.
nungen und auch Leckölbehälter gibt es nur
optional. Serienmäßig ist dafür ein freier
Rücklauf.
Das war es auch schon fast in der Kabine,
wenn man von der mechanischen Feststellbremse links vom Sitz absieht. Einen vollwertigen Beifahrersitz gibt es nicht, dafür
jedoch einige vernünftige Ablagen. Der Platz
für den Beifahrer steht bei Pronar mit
170 Euro in der Aufpreisliste.
Die einteilige Motorhaube fertigt
Pronar ebenfalls selbst. Sie lässt sich
ausreichend weit aufstellen, um die wichtigsten Wartungspunkte zu erreichen. Der
Luftfilter befindet sich ganz vorne. Der
Ölpeilstab ist gut zugänglich platziert, allerdings auf der rechten Fahrzeugseite. Die
neun Liter Motoröl haben ein kurzes Wechselintervall, alle 250 Stunden sollte nach
Vorstellungen von Pronar gewechselt werden.
Apropos Öl: Getriebe- und Hydraulik haben
je einen eigenen Ölhaushalt. Die entnehmbare Ölmenge gibt Pronar mit 35 l an — das
ist okay. Die Fördermenge der Pumpe ist mit
58 l/min dagegen auch in der 100-PS-Klasse
unterste Kante. Der Batteriekasten befindet
sich unter dem rechten, ebenfalls vollwertigen Aufstieg. Vergeblich gesucht haben wir
allerdings einen Werkzeugkasten.
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Das Hubwerk stemmt laut Pronar
4,2 t und hat eine EHR von Bosch. Die
Stabilisatoren und die Hubstreben liefert
CBM zu, die Unterlenker kommen von einem
finnischen Hersteller, alles entspricht der
Kategorie II. Das Hubwerk kann auf beiden
Seiten extern bedient werden.
Die Mengeneinstellung des ersten Steuergeräts befindet sich direkt neben den Muffen.
In räumlicher Nähe gibt es auch einen Steckplatz für den dreipoligen Stromstecker —
schön, dass man diesen auch außerhalb der
Kabine verbinden kann. Für andere Kabel
sieht Pronar eine entsprechend abgedichtete Durchführung an der Heckscheibe vor.
Wie fährt sich der polnische Schlepper mit deutschem Herz? Wir konnten
den P5 5340 mit einem Drehschemelanhänger einsetzen. Der Schlepper lässt sich gut
schalten, bequemer wären eben nur längere
Hebel. Die Pedale sind dagegen vernünftig
angeordnet, insbesondere das Gaspedal hat
eine ergonomische Position. Das Bremspedal lässt sich für enge Wendemanöver teilen. Leider warf die eingelegte Bodenmatte
bereits im Neuzustand Wellen, das sollte
Pronar abstellen.
Der Motor macht einen agilen Eindruck. Der
Fahrkomfort ist natürlich nicht mit dem
eines Schleppers zu vergleichen, der über
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Der Aufstieg bietet ausreichend Platz auch für
große Fahrer.
■ Die vier Halogen-Scheinwerfer (zwei
vorne, zwei hinten) der Arbeitsbeleuchtung
stammen von Hella.
■ Die Frontscheibe des P5 lässt sich nicht
aufstellen.
■ Dem Handgas fehlt leider ein Anschlag
bzw. eine Skala.
Fazit: Pronar will mit dem P5 5340 in der
100-PS-Klasse auf dem deutschen Markt
Fuß fassen. Die Gene dafür bringt der P5 auf
jeden Fall mit, das dürfte manchem potenziellen Kunden tatsächlich einen gewissen
Vertrauensvorschuss geben.
Der Schlepper selbst macht einen ordentlichen und durchdachten Eindruck. Ob der
5430 wirklich besser ist als der Rest, das
wird der Markt in Deutschland in der kommenden Zeit zeigen. Natürlich wird auch der
Preis eine Rolle spielen, und der ist attraktiv: In der Grundausstattung sind für den
P5 5430 von Pronar 37 900 Euro netto aufgerufen.
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