Interview mit dem Erbschaftssteuer-Experten Stefan Bach vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin Welche Folgen hatte die Erbschaftssteuerreform von 2009? Seit der Neuregelung der Erbschaftssteuer im Jahre 2009 sind etwa 100 Milliarden Euro an Unternehmensvermögen übertragen worden. Steuerfrei. Hätte man die voll versteuert, hätte der Fiskus in diesem Zeitraum 30 Milliarden Euro Steuermehreinnahmen erzielt. Wie entwickeln sich die Erbschaften bei uns? Auf Deutschland läuft eine Erbschaftswelle zu. Da geht es schätzungsweise um 200 Milliarden Euro im Jahr. Diese Erbschaften sind aber sehr stark auf die wohlhabenden Kreise der Bevölkerung konzentriert, genau wie das Vermögen sehr stark auf wenige Reiche konzentriert ist. Ein Grundsatz unseres Steuerrechts ist, dass die Steuersätze mit der Höhe des zu versteuernden Betrags steigen. Wie ist die bei der Erbschaftssteuer? Das Problem bei den Firmenprivilegien ist natürlich, dass das in der Höhe unbegrenzt ist. Sie können jetzt auch Milliarden-Vermögen praktisch steuerfrei vererben. Die Kriterien für das Privileg sind nicht so hart, die kann man schon erreichen. Und das ist natürlich gemessen an der Zielsetzung der Erbschaftssteuer, dass sie eigentlich hohe Erbschaften und hohe Schenkungen progressiv besteuern will, das kehrt das natürlich in ihr Gegenteil um. Und das ist eben ein großes Problem. Und das hat das Bundesverfassungsgericht ja auch zu Recht moniert. Wer zahlt am meisten Erbschaftssteuer? In den letzten Jahren konnten auch sehr hohe Unternehmensvermögen steuerfrei vererbt werden. Da geht es in Größenordnungen von dreistelligen Millionenbeträgen bis in den Milliardenbereich. Die wurden steuerfrei übertragen. Hingegen der Normalbürger, insbesondere wenn er von einem etwas entfernteren Verwandten etwas erbt, dann muss er schon sehr schnell 30 Prozent Erbschaftssteuersatz bezahlen. Und das ist natürlich ein Problem für die Erbschaftssteuer, dass gerade die großen Vermögen dann steuerfrei vererbt werden können, während im gehobenen Mittelstand die Erbschaftssteuer anfällt. Also die Erbschaftssteuer ist zu einer Mittelschichtsteuer geworden. Was tun, wenn ein Firmenerbe die Erbschaftssteuer nicht bezahlen kann? Erbschaftsteuer von 30 Prozent auf den echten Marktwert des Unternehmens, das können die Unternehmen nicht unmittelbar tragen. Da muss man denen auf jeden Fall helfen. Man muss zumindest dann die Steuerbelastung strecken über die Zeit; man kann sie ja stunden oder auch über lange Jahre abzahlen lassen aus dem Gewinn.
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