Fragen & Antworten - Schweizerischer Baumeisterverband

April 2015
Q&A
Erbschaftsteuer
Q&A
Fragen und Antworten zur nationalen Erbschaftsteuer
Termin:
14. Juni 2015
SBV:
ABLEHNUNG
Wer steht hinter der Initiative?
Die Initiative wird von christlichen und links-grünen Organisationen getragen. Neben den Parteien EVP, CSP, SP und Grünen zählen auch der SGB und ChristNet zu den Trägerorganisationen.
Was fordern die Initianten?
Der Bund soll künftig eine Erbschafts- und Schenkungssteuer mit einem Steuersatz von 20 Prozent auf Erbschaften und Schenkungen über 2 Millionen Franken erheben. Ausgenommen von
der Steuer sind jene Teile des Nachlasses und der Schenkungen an Ehepartner bzw. registrierte
Partner sowie an von der Steuer befreite juristische Personen.
Was soll mit den Steuereinnahmen finanziert werden?
Zwei Drittel der Steuereinnahmen sollen in den Ausgleichsfonds der Alters- und Hinterlassenenversicherung fliessen, der Rest geht an die Kantone.
Sieht die Initiative weitere Sonderregelungen vor?
Um keine Arbeitsplätze zu gefährden sieht die Initiative besondere Ermässigungen vor, wenn
Unternehmen oder Landwirtschaftsbetriebe zu einer Erbschaft oder einer Schenkung gehören
und die Erben oder Beschenkten den Betrieb mindestens zehn Jahre weiterführen.
Ab wann soll die Erbschaftsteuer eingeführt werden?
Eine der umstrittensten Forderungen der Initiative ist ihre Rückwirkung auf den 1. Januar 2012
um eine Umgehung der Steuer zu verhindern. Dies bedeutet, dass, unabhängig davon, wann
das Gesetz in Kraft tritt, alle Erbschaften und Schenkungen nach dem 1. Januar 2012 besteuert
werden sollen.
Schweizerischer Baumeisterverband
Michael Rupp
Wissenschaftlicher Mitarbeiter Politik
Tel. 044 258 82 56
[email protected]
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April 2015
Q&A
Wer stellt sich gegen die Initiative
Neben den bürgerlichen Parteien BDP, CVP, GLP, FDP und SVP setzen sich die Wirtschaftsverbände economiesuisse, Gewerbeverband, SuccéSuisse, HEV, Swissmem und der SBV gegen die Erbschaftsteuer ein.
Was sagt der Bundesrat zur Initiative?
Der Bundesrat empfiehlt die Volksinitiative zur Ablehnung. Die Kompetenz zur Erhebung einer
Erbschafts- und Schenkungssteuer liegt nach geltendem Recht bei den Kantonen. Daran will der
Bundesrat nicht rütteln, zumal die Kantone mit Mindereinnahmen zu rechnen hätten. Zudem beurteilt der Bundesrat die geplante Rückwirkung als kritisch.
Welche Position vertritt das Parlament?
National- und Ständerat sprechen sich klar gegen die Initiative aus. Der Ständerat hat sogar vertieft überprüfen lassen, ob die Forderungen der Vorlage gegen das Gebot der Einheit der Materie verstossen. Beide Räte fürchten finanzielle Schäden für die Kantone und die Wirtschaft.
Welche Bedeutung haben heute kantonale Erbschafssteuern?
Heute werden mit Ausnahme von Schwyz in allen Kantonen Erbschafts- und Schenkungssteuern
in unterschiedlicher Höhe erhoben. Der Nachlass und Schenkungen an Ehepartner und Kinder
sind aber meist steuerbefreit. Die Kantone kennen eine grosse Bandbreite unterschiedlicher
Steuersätze und Praktiken und haben die Schenkungs- und Erbschaftssteuern auf ihre Bedürfnisse abgestimmt. 2010 betrug das Gesamtaufkommen aus Erbschafts- und Schenkungssteuer
974 Mio. SFr., wovon 886 Mio. SFr. auf die Kantone und 88 Mio. SFr. auf die Gemeinden entfielen. Dies waren 1,53% des gesamten Steueraufkommens der Kantone und Gemeinden.
Welche Probleme entstehen für die Kantone mit der nationalen Erbschaftssteuer?
Die bestehenden Erbschaftssteuern sind auf die Bedürfnisse und Verhältnisse in den Kantonen
abgestimmt. Eine Bundessteuer würde an die Stelle der nationalen Steuern treten. Für viele
Kantone dürfte dies zu namhaften Steuerausfällen führen. Durch die Rückwirkung der Initiative
müssten die Kantone zudem entscheiden, wie sie mit den erhobenen Erbschaftssteuern umgehen sollen, da sie seit 2012 gar nicht mehr die Kompetenz gehabt hätten, Steuern zu erheben.
Was bedeutet die Rückwirkungsklausel?
Um zu verhindern, dass Erbschaften und Schenkungen vor Annahme der Initiative am Fiskus
vorbeugeschleust werden, haben die Initianten beschlossen, die Erbschaftssteuer rückwirkend
auf den 1. Januar 2012 zu erheben. Damit wird ein hohes Mass an Rechtsunsicherheit geschaffen: Bisher befand sich jeder Bürger auf der sicheren Seite, wenn er die zu einem bestimmten
Zeitpunkt geltenden Gesetze befolgt hat. Mit der Rückwirkung wird ein Rechtszustand geschaffen, nach dem der Steuerzahler in der Vergangenheit nicht genug Steuern bezahlt hat, obwohl er
den Betrag der Steuerrechnung überwiesen hat. Es besteht nun die Gefahr, dass ein solches
Vorgehen auch auf andere Rechtsbereiche als das Steuerrecht ausgedehnt wird.
Schweizerischer Baumeisterverband
Michael Rupp
Wissenschaftlicher Mitarbeiter Politik
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April 2015
Q&A
Welchen Einfluss hat die Steuer auf die Familien?
Die meisten kantonalen Erbschaftssteuern haben direkte Nachkommen von der Steuerpflicht
befreit. Mit der Einführung der nationalen Erbschaftssteuer müssten sie wie entfernte Verwandte
und Fremde behandelt werden. Dies widerspricht dem Verfassungsziel der Familienförderung.
Handelt es sich bei einer Erbschaftssteuer nicht um eine Mehrfachbesteuerung?
Tatsächlich wurde das vererbte Geld zu Lebzeiten bereits als Einkommen und zudem jedes Jahr
als Vermögen besteuert. Wie und ob eine dritte Besteuerung zu rechtfertigen ist, bleibt fraglich.
Welche Wirkung hat die Steuer auf die Wirtschaft?
Heute sind fast 90 Prozent der 500‘000 Schweizer Unternehmen in Familienbesitz. Jedes fünfte
dieser Unternehmen bereitet den Generationenwechsel innerhalb der nächsten fünf Jahre vor.
Dies ist schon jetzt eine sehr anspruchsvolle Aufgabe. Mit Annahme der Initiative müsste der
nötige Steuerbetrag bei der Geschäftsübergabe bereit liegen, damit das Unternehmen in Familienbesitz bleiben kann. Insgesamt bevorzugt die Erbschaftssteuer also NichtFamilienunternehmen durch steuerliche Fehlanreize.
Sieht die Initiative nicht Sondersätze für diesen Fall vor?
Tatsächlich wollen die Initianten verhindern, dass ein Familienunternehmen bei der Geschäftsübergabe Konkurs geht und haben deshalb einen noch näher zu definierenden Sondersatz vorgesehen. Dieser kommt aber nur zur Anwendung, wenn die Erben den Betrieb 10 Jahre lang
weiterführen. Das heisst, dass die Erben 10 Jahre lang für die gesamte Steuer haften. Geht das
Unternehmen in diesen 10 Jahren Konkurs oder der Erbe stirbt, müssen die Steuern nachbezahlt werden.
Für welche Unternehmen ist die Situation besonders schwierig?
Die Erbschaftsteuer bedroht vor allem Unternehmen, in denen grosse Teile des Vermögens in
illiquiden Anlagen wie Gebäuden und Maschinen gebunden sind. Dazu gehören v.a. auch Unternehmen des Bauhauptgewerbes: Baumaschinen machen den Grossteil des Geschäftsvermögens aus. Im Erbfall müssten die Baubetriebe zusätzliches Fremdkapital aufnehmen, um die
Erbschaftssteuer begleichen zu können, da sie ihre Maschinen nicht verkaufen können..
Wie stark trifft dies die KMU?
Um die Erbschaftsteuer bei der Geschäftsübergabe bereitzustellen, muss ein Unternehmen während zehn Jahren 30 bis 40 Prozent mehr Gewinn erzielen. Dies kann nur ein Teil der KMU erreichen. Die Konsequenz ist, dass viele traditionelle Familienbetriebe an grössere Betriebe verkauft werden müssen. Damit gehen auch viele Arbeitsplätze verloren.
Schweizerischer Baumeisterverband
Michael Rupp
Wissenschaftlicher Mitarbeiter Politik
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April 2015
Q&A
Sind noch weitere Effekte zu erwarten?
Die Einführung einer neuen Steuer auf Bundesebene verursacht zusätzliche Steuerbürokratie.
Im Falle der Erbschaftssteuerinitiative fällt diese bürokratische Mehrbelastung besonders drastisch aus, weil die fragwürdige Rückwirkungsklausel dazu führt, dass bereits geleistete Steuerzahlungen erneut überprüft werden müssen. Aber auch eine Buchführungspflicht bei Schenkungen für Privatpersonen und die Pflicht für Unternehmenserben, Betriebe 10 Jahre weiterführen
zu müssen, schaffen neue bürokratische Hürden.
Schweizerischer Baumeisterverband
Michael Rupp
Wissenschaftlicher Mitarbeiter Politik
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