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24. April 2015
DEUTSCHLAND AUF ROBUSTEM WACHSTUMSKURS: IFO GESCHÄFTSKLIMA STEIGT DAS SECHSTE MAL IN FOLGE
von Cornelia Koller, Berenberg Volkswirtin
Ifo Geschäftsklimaindex steigt im April das sechste Mal in Folge
Das Ifo Geschäftsklima ist im April weiter gestiegen und befindet sich damit seit einem halben Jahr in einem kontinuierlichen Aufwärtstrend. Mit 108,6 Punkten (März: 107,9 Punkte) liegt unser aussagekräftigster konjunktureller Frühindikator nun auf dem höchsten
Stand seit Juni 2014. Die Unternehmen beurteilten die aktuelle Lage erneut deutlich besser als im Vormonat (113,9 Punkte nach 112,1
Punkten im März). Die Aussichten für den künftigen Geschäftsverlauf wurden zwar etwas weniger optimistisch als im Vormonat eingeschätzt, mit 103,5 Punkten (März: 103,9 Punkte) liegen sie dennoch über dem bereits sehr hohen Stand vom Jahresanfang: Angesichts der Unsicherheit hinsichtlich der weiteren Entwicklung in Griechenland und der noch immer schwelenden Ukraine-Krise ein
deutliches Zeichen für die robuste Konjunktur in Deutschland!
Auch im verarbeitenden Gewerbe ist der Klimaindikator das sechste Mal in Folge gestiegen. Die sehr gute Bewertung der aktuellen
Geschäftslage wurde von den Unternehmen nochmals deutlich besser beurteilt. Dagegen fielen die ohnehin schon sehr positiven Erwartungen für die kommenden Monate – vermutlich vor dem Hintergrund der zuletzt rückläufigen Auftragseingänge und enttäuschender Konjunkturdaten aus den USA – etwas verhaltener aus als im Vormonat. Auch im Bauhauptgewerbe verbesserte sich das Geschäftsklima nach Rückgängen in den Vormonaten: Die Baufirmen waren merklich zufriedener mit ihrer aktuellen Lage, auch der Ausblick auf die kommenden Monate hellte sich leicht auf. Lediglich im Einzelhandel hat der Geschäftsklimaindex nachgegeben: Die Einzelhändler bewerteten sowohl ihre aktuelle Lage als auch den Ausblick auf die kommenden Monate etwas weniger zuversichtlich als im
Vormonat, der allerdings durch die frühen Ostertage begünstigt war.
Die Ergebnisse des Ifo Konjunkturtests relativieren die gestern vom Markit Institut veröffentlichte leichte Eintrübung der Einkaufsmanagerindizes, zumal die Werte aus der Industrie und dem Dienstleistungsbereich trotz des erneuten Rückgangs im April mit 51,9
Punkten (März: 52,8 Punkte) bzw. 54,4 Punkten (März: 55,4 Punkte) nun bereits seit etwa zwei Jahren unverändert über der Wachstumsschwelle von 50 Punkten liegen.
„Harte“ Wirtschaftsdaten zeichnen gemischtes Bild
Wie die „weichen“ Sentimentindikatoren haben auch die zuletzt veröffentlichten „harten“ Wirtschaftsdaten ein etwas gemischtes Bild
gezeichnet. Vor allem die Auftragseingänge in der Industrie enttäuschten seit Jahresbeginn: sie gingen im Februar um 0,9 % zurück,
nachdem sie im Januar schon kräftig um 2,6 % gefallen waren (jeweils im Vergleich zum Vormonat). Die Industrieproduktion ist im
Februar zwar wieder gestiegen (+0,2 % gegenüber dem Vormonat), konnte damit den Rückgang vom Januar (-0,4 %) aber nicht ausgleichen. Auf der Habenseite bewegt sich seit Jahresanfang dagegen die Entwicklung der Einzelhandelsumsätze. So setzte der Einzelhandel in den ersten beiden Monaten des Jahres 2015 real 4,3 % mehr um als im vergleichbaren Vorjahreszeitraum. Mit mit einem Plus
von real 3,6 % wurden die höchsten realen Umsätze in einem Februar seit dem Jahr 2000 erzielt. Gespiegelt wird dies durch das GfKKonsumklima, das inzwischen auf den höchsten Stand seit über 13 Jahren gestiegen ist. Die Einkommenserwartung kletterte im April
angesichts der soliden Beschäftigungsentwicklung und realer Einkommenszuwächse auf den höchsten Stand seit der Wiedervereinigung. Auch die Exporte entwickelten sich zuletzt erfreulich und legten im Februar um 1,5 % gegenüber dem Vormonat bzw. 5,1 %
gegenüber dem Vorjahr zu.
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24. April 2015 ∙ Seite 2
Ausblick: Dreifacher Rückenwind für die deutsche Konjunktur
Vor allem durch die heutigen Ifo-Daten sehen wir unsere zuversichtliche Konjunkturprognose für Deutschland mehr als bestätigt. Wir
erwarten, dass sich die Wachstumsdynamik im ersten Quartal 2015 in ähnlicher Größenordnung wie im Schlussquartal 2014 – das
Bruttoinlandsprodukt nahm um 0,7 % gegenüber dem Vorquartal zu – fortsetzt und auch im weiteren Jahresverlauf robust bleiben
wird. Denn die Konjunktur erhält derzeit gleich von drei Seiten kräftigen Rückenwind: durch den stark gefallenen Ölpreis, den günstigen Wechselkurs und vor allem durch die vertrauensbildenden Maßnahmen der Europäischen Zentralbank (EZB) mit ihrer extrem
expansiven Geldpolitik. So hat die EZB ihre Zinsen auf 0,05 % gesenkt und zusätzlich umfangreiche unkonventionelle geldpolitische
Maßnahmen zur Ankurbelung der Kreditvergabe durch die Banken beschlossen. Mindestens bis September 2016 will sie pro Monat
Anleihen im Umfang von 60 Mrd. Euro ankaufen, darunter seit Anfang März nun auch Staatsanleihen.
Wachstumspfeiler wird auch 2015 der Konsum sein, der durch die weiter zunehmende Beschäftigung (Februar: +386.000 Erwerbstätige bzw. 0,9 % mehr als vor einem Jahr), steigende Löhne (Reallöhne viertes Quartal 2014: +2,2 % gegenüber dem Vorjahr; so stark wie
noch nie seit Beginn der Berechnungen im Jahr 2008) und die geringe Inflation (März: 0,3 %) sowie das niedrige Zinsniveau gestützt
wird. Darüber hinaus sollte sich der Investitionsstau weiter auflösen, da die Unternehmen von den gesunkenen Kosten durch niedrigere Öl- und Energiepreise stark profitieren. Zudem wird die Baukonjunktur weiter vom niedrigen Zinsniveau angeschoben, wobei der
Wohnungsbau tragende Säule der Bauinvestitionen bleiben wird. Des Weiteren sollten die Exporte von der moderaten Konjunkturbelebung des Euroraums, dem robusten Wachstum in den USA und in Großbritannien sowie durch China und andere Schwellenländer
weiteren Rückenwind erhalten. Zusätzliche Hilfestellung leistet dabei der schwache Euro.
Fazit: Deutschland auf robustem Wachstumskurs
Für die deutsche Wirtschaft wirkt das Zusammenspiel von Ölpreisrückgang, schwachem Euro und niedrigen Zinsen derzeit wie ein
großes Konjunkturprogramm für Unternehmen und Konsumenten. Wir erwarten daher ein Wachstum des Bruttoinlandsprodukts von
1,9 % in diesem Jahr nach 1,6 % im vergangenen Jahr. 2016 kann sich das Wachstum dann auf 2,3 % beschleunigen.
Risiko für unseren Konjunkturausblick bleibt das russische Vorgehen gegen die Ukraine, allerdings hat die hieraus resultierende Unsicherheit inzwischen deutlich abgenommen. Auch Griechenland bleibt ein Risiko. So hat sich aus unserer Sicht die Wahrscheinlichkeit
für einen Austritt Griechenlands aus der Eurozone zuletzt wieder leicht von zuvor 25 % auf 30 % erhöht.
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