Tierhaltung Milchvieh Wasser für die Kühe Das wichtigste Futtermittel für Milchkühe ist nicht etwa Gras, Getreide oder Mais, sondern Wasser. Es ist Grundlage für Milchleistung und Tiergesundheit und sollte stets in guter Qualität verfügbar sein. Bioland-Berater Martin Weiß zeigt, worauf es ankommt. E in Organismus kann längere Zeit ohne Futter überleben – nicht jedoch ohne Wasser. Wasser ist das zentrale Lösungs-, Transport- und Kühlmittel im Körper, es dient der Wärmeregulation und ist zuständig für den Zelldruck. Nehmen Rinder zu wenig Wasser auf, geht die Futteraufnahme und damit auch die Milch- oder Mastleistung zurück. Bei extremem Wassermangel kann es sogar zu Vergiftungserscheinungen kommen, weil der Organismus nicht genügend Harn ausscheidet. Auch Harnsaufen kann am Wassermangel liegen. Dennoch wird der Wasserversorgung der Kühe in der Praxis vielerorts nicht die Beachtung geschenkt, die angemessen wäre. Klar und sauber Trinkwasser muss hygienisch einwandfrei und von guter Qualität sein – das gilt auch im Stall. Die Tränke muss regelmäßig überprüft werden. Dabei ist zunächst der gesunde Menschenverstand gefragt: Das Wasser sollte klar sein, keine Trübungen aufweisen und neutral riechen. Wassertrübungen erkennt man am besten, indem man ein Glas abfüllt und gegen das Licht hält. Wenn bei dieser Kontrolle Zweifel an der Wasserqualität aufkommen, sollte man das Wasser untersuchen lassen, um die Keimbelastung zu identifizieren. In einem Milliliter Wasser sollte die aerobe Gesamtkeimzahl (KBE) bei 20 Grad Celsius unter 10.000 liegen. Escherichia Coli, Salmonellen und Campylobacter-Erreger sollten nicht nachweisbar sein. Bei Problemen mit der Tiergesundheit und entsprechenden Verdachtsmomenten kann es sinnvoll sein, weitere Parameter wie den pH-Wert, den Salz- oder Eisengehalt in Augenschein zu nehmen. Die regelmäßige und gründliche Reinigung der Tränke ist elementar und obligatorisch. Im Sommer sollten die Tränkeein- richtungen mindestens alle zwei Tage gesäubert werden, in der kalten Jahreszeit reicht einmal wöchentlich. Mehrere Tränken, gut erreichbar Jeder Milchviehhalter sollte prüfen, ob seine Kühe genügend Wasser aufnehmen, dabei hilft eine Wasseruhr an der richtigen Stelle. Die Einrichtung der Tränkestellen sollte sich immer am Maximalbedarf orientieren. Kühe saufen nicht kontinuierlich über den Tag verteilt, sondern nehmen in den ersten zwei Stunden nach dem Melken über 30 Prozent ihres Tagesbedarfs auf. Grundsätzlich gilt: Mehrere kleine Tränkestellen, sinnvoll und gut zugänglich im Stall verteilt, sind besser als wenige große Tränken. Selten sieht man zwei Kühe an einem Trog gleichzeitig trinken. Mehr Tränkestellen bedeuten mehr Ausweichmöglichkeiten und damit weniger Stress und kürzere Wege. Bei individuellen Tränkestellen im Verhältnis von mindestens einer Tränke je zehn Kühe sind die gängigen Empfehlungen mit sechs bis zehn Zentimetern Troglänge je Kuh daher kein anwendbarer Parameter. Grundsätzlich sollten pro Gruppe immer mindestens Wasserbedarf von Milchkühen Täglicher Wasserbedarf in Liter Lufttemperatur Milchleistung /Tag 5 °C 15 °C 28 °C trocken 22–37 37–46 57–62 9 kg 45–46 60–55 80–68 27 kg 72–84 88–99 108–104 36 kg 8–103 102–121 122–147 45 kg 101–122 117–143 138–174 (Quelle: Spiekers 2004; Beede 1992) Wasser viel und klar, so brauchen es die Kühe. zwei Tränken vorhanden sein, damit die Tiere ausweichen können. Je 20 Kühe ist mindestens eine Tränkeeinrichtung notwendig, auch bei längeren Trogtränken. Eine Kuh trinkt in der Minute fünf bis 25 Liter Wasser. Je nach Tränkevolumen sind dafür zehn bis 20 Liter Nachlauf nötig. Geht man davon aus, dass an einer langen Trogtränke auch mal zwei Tiere gleichzeitig trinken, muss der Nachlauf entsprechend höher sein. Tränken mit großem Vorratsvolumen sind in der Praxis weniger vorteilhaft als zunächst gedacht, weil das Wasser weniger wechselt, sie schwieriger zu reinigen sind und ein höheres Keim- und Verschmutzungsrisiko bioland 05/2015 30 imago gerichtet werden, um Auseinanderset zungen zu vermeiden. Die Tränken sollten nah an den Fressplätzen und am Melk stand platziert werden, in Boxenlaufstäl len am sinnvollsten an breiten Übergän gen. In Zweiraumlaufställen sind Tränken am Übergang zum Liegebereich gut an gebracht, jedoch sollten sie nur vom Laufgang aus genutzt werden können. Laufhöfe sollten ebenfalls mit Tränken ausgestattet sein. Verkotete Tränken weisen meist auf zu wenig Platz hin. In Laufgängen mit über vier Metern Breite kann eine Kuh stress frei an der Tränke stehen und saufen, auch wenn andere Kühe vorbeigehen. Ein Abweisbügel am Trog kann das Verkoten ebenfalls vermindern. Er sollte jedoch nicht zu groß sein, um das Trinken nicht zu behindern. Eine andere Variante ist ein zehn bis zwölf Zentimeter hoher Sockel, der 30 Zentimeter über den Trogrand hi nausragt, damit die Tiere nicht so nah an den Trog herantreten können. Im Rahmen des Arbeitskreises Tierge sundheit der Andechser Molkerei haben BiolandBerater Dieter Sixt und seine Kol legen die Wasserversorgung von Milch kühen in der Praxis untersucht. Auf ver schiedenen Betrieben wurde erhoben, wie beschwerde und stressfrei das Trinken erfolgt. Dabei erwies sich als augenfälligs ter Parameter der Umfang der Pfütze unter der Tränke: Je größer die Pfütze, umso we niger gefällt den Tieren die Tränke. haben. Ideal ist eine Wassertiefe im Trog zwischen zehn und 25 Zentimetern. Klas sische Tränkebecken wie die Zungenträn ke sind für die Milchviehhaltung nicht ge eignet – sie haben keinen Wasservorrat und oft zu wenig Nachlauf. Nah an Fressplätzen und Melkstand Bei den herkömmlichen Milchrassen soll te der Trog in 60 bis 80 Zentimetern Höhe angebracht sein. Die Tränken sollten im Stall so verteilt sein, dass sie jederzeit gut zugänglich sind – dunkle Ecken und Eng pässe sind tabu. In Altställen mit engen Gängen sollten mehr Tränkestellen ein Warmes Wasser nachteilig Die ideale Trinkwassertemperatur für die Kuh liegt zwischen fünf und 15 Grad Cel sius. Wärmeres Wasser wird zwar bevor zugt aufgenommen, Versuche ergaben jedoch in der Summe keine höhere Was seraufnahme. Auch aufgrund der höheren Keimbelastung ist warmes Wasser nicht sinnvoll. Im Sommer braucht die Kuh küh les Wasser für eine gut funktionierende Wärmeregulation. Dies gilt besonders auf der Weide: In Tränkefässern kann sich das Wasser bei hoher Sonneneinstrahlung zu sehr erwärmen. Darunter leiden die Schmackhaftigkeit und die Wasserquali tät sowie die Wärmeregulation des Tieres. Die Fassgröße sollte daher auf den Ta gesbedarf abgestimmt sein – damit einer seits genügend Wasserwechselintervalle stattfinden und andererseits alle Tiere den ganzen Tag über genügend Wasser auf nehmen können. Bei Weidezeiten über vier Stunden ohne Stallzugang reicht eine Tränkestelle je 20 bis 25 Kühe, die binnen 100 bis 200 Metern erreichbar ist. Im Hochsommer brauchen Kühe täglich fri sches Wasser. Das Fass selbst muss sauber und das Wasser möglichst we nig keimbelastet sein, denn bei steigen den Temperaturen vermehren sich Keime exponentiell. Es hilft, ein Thermometer zu bemühen und eventuell auch mal eine Wasserprobe aus einem fast leergetrun kenen Tränkefass zu nehmen und auf Kei me untersuchen zu lassen. Martin Weiß, Bioland Beratung Anzeige
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