Positionen der Forstkammer zur Novelle Naturschutzgesetz Baden

Bewertung NatSchG BW – Novelle, Entwurf vom 12.05.2015
Zu § 2 Verpflichtung der öffentlichen Hand zum Schutz der Natur:
Die Regelung führt die im Vergleich zum Bundesrecht höhere Verpflichtung öffentlicher
Grundeigentümer fort und erweitert diese noch.
Weiterhin wichtig ist aus Sicht der Forstkammer, auch im Sinne eines effektiven
Naturschutzes, dass freiwillige Aufwertungsmaßnahmen (Ökokonto) nicht eingeschränkt
werden.
In Abs. 1 wird für juristische Personen des öffentlichen Rechts, also auch für die kommunalen
Waldeigentümer, die ursprünglich in § 8 Abs. 1 definierte Pflicht zum Erhalt und zur
Weiterentwicklung naturschutzfachlich wertvollen Flächen aufgegriffen.
Gestrichen wurde die Einschränkung der Verpflichtung, dass dies der Erfüllung bestimmter
öffentlicher Zweckbestimmungen von Grundflächen nicht entgegen steht.
Die Vorschrift geht über § 2 Absatz 4 BNatSchG hinaus.
Wichtig ist, dass aufgrund gesetzlicher Verpflichtungen die Möglichkeiten freiwilliger
Aufwertungsmaßnahmen (z.B. Aufwertungsmaßnahmen geschützter Waldbiotope nach ÖKVO) für
kommunale Waldeigentümer nicht eingeschränkt werden. In der Begründung zum vorliegenden
Entwurf wird die Thematik richtiger Weise aufgegriffen. Freiwillige, aktive Aufwertungsmaßnahmen
haben eine große Bedeutung für den effektiven Schutz der Natur. Einschränkungen von
Ökokontomaßnahmen o.ä. müssen daher verhindert werden.
Zu § 7 Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft:
Die Notwendigkeit des in Abs. 4 vorgesehenen und über § 5 Absatz 2 BNatSchG
hinausgehenden Verbots der Anlage neuer sowie der wesentlichen Änderung bestehender
Entwässerungseinrichtungen bei Moorstandorten und Feuchtwiesen erschließt sich nicht.
Moore sind als Biotope gesetzlich geschützt, so dass hier wesentliche Beeinträchtigungen bereits
ausgeschlossen sind.
Feuchtwiesen als solche werden hier als zusätzliche, faktisch geschützte Biotope eingeführt.
Teilweise sind Feuchtwiesen bereits in der Liste der besonders geschützten Lebensräume der
FFH-Richtlinie aufgeführt.
Zu § 22 Biotopverbund:
Die im Vergleich zum Anhörungsentwurf deutlich verschlankte Regelung zum
Biotopverbund wird begrüßt.
Bei der weiteren Umsetzung des landesweiten Biotopverbunds wird weiterhin darauf zu achten
sein, dass die Forstwirtschaft und die sonstige Nutzung von Waldeigentum weitgehend
uneingeschränkt möglich bleiben.
Zu § 28 Naturschutzgebiete:
Die Ausweitung der verschuldensunabhängigen Beseitigungspflicht für Schäden in NSGs
auf die Grundeigentümer wird abgelehnt, weil diese aufgrund des freien Betretungsrechts
nicht die Möglichkeit haben, Schädigungen durch Dritte zu verhindern
1
Abs. 2 der Vorschrift erweitert die Beseitigungspflicht für Schäden in Naturschutzgebieten
verschuldensunabhängig auf die Grundeigentümer. In der bisherigen Regelung war diese
Verpflichtung auf den Verursacher und den Inhaber der tatsächlichen Gewalt beschränkt.1
Aufgrund des gesetzlich geregelten freien Betretungsrechts im Wald kann der Eigentümer
Schädigungen durch Dritte weder verhindern, noch diese in Regress nehmen.
Eine Haftung ohne jegliches Verschulden widerspricht den Haftungsgrundsätzen des BGB.
Zu § 36 Errichtung von NATURA 2000 – Gebieten:
Die Verpflichtung gegenüber der EU, FFH-Gebiete rechtsformal als Schutzgebiete
auszuweisen muss durch Erfüllung der Mindestanforderung durch Sammelverordnung
umgesetzt werden.
Insbesondere dürfen die Verordnungen aus Sicht der Forstkammer keine
Erhaltungsmaßnahmen und konkrete Handlungsverbote enthalten.
Aufgrund des Vertragsverletzungsverfahrens der EU gegen Deutschland sollen entgegen
bisheriger politischer Zusage in allen Bundesländern FFH-Gebiete als Schutzgebiete rechtsformal
ausgewiesen werden.
Die entsprechenden Verordnungen müssen lt. EU2 folgende Informationen beinhalten:
-
Name des Gebiets
-
Lage des Gebiets
-
Abgrenzung des Gebiets
-
zu schützende Arten und Lebensraumtypen
-
Erhaltungsziele
-
Prioriäten
Die Vorschrift in Abs. 2 des Gesetzesentwurfs ist insofern akzeptabel.
Nicht in der Rechtsverordnung festzulegen sind die Erhaltungsmaßnahmen. Lt. Abs. 6 sollen diese
wie bisher in Managementplänen definiert werden. Dem ist zuzustimmen.
Im Sinne der Klarheit und Einheitlichkeit der Umsetzung in allen vier Regierungsbezirken sollte im
Gesetzestext klar gestellt werden, dass es sich um „Sammelverordnungen“ nach Vorbild der
Vogelschutzverordnung handelt.
Zu § 49 Anerkennung und Mitwirkungsrechte anerkannter Naturschutzvereinigungen:
Aus Sicht der Forstkammer dürfen auch in Baden-Württemberg die Mitwirkungsrechte nicht
über die Vorschriften des § 63 BNatSchG hinausgehen.
Die in Abs. 2 beschriebenen Mitwirkungsrechte von Naturschutzvereinigungen gehen aus Sicht
der Forstkammer deutlich über das vertretbare und sinnvolle Maß hinaus. Das Vorhaben, dass
Naturschutzvereinigungen z.B. schon bei der Verträglichkeitsprüfung oder bei der Befreiung bei
gesetzlich geschützten Biotopen beteiligt werden sollen, würde zu erheblichem Mehraufwand
sowohl bei den Maßnahmenträgern als auch bei der Verwaltung führen. Die
Genehmigungsverfahren würden sich deutlich verlängern und verteuern. Das Land dürfte wohl
nicht bereit sein, diese Mehrkosten zu übernehmen.
Die systematische Etablierung privater, nicht demokratisch legitimierter Vereinigungen zu einer
vierten Gewalt neben Legislative, Judikative und Exekutive ist auch verfassungsrechtlich
bedenklich. Zudem stellt sich die Frage nach der Notwendigkeit einer solchen Erweiterung. Bislang
1
„Aus der Begründung zum Gesetzesentwurf: „Nach Satz 2 hat die Naturschutzbehörde die Möglichkeit, bei bereits
entstandenen Schäden Beseitigungsanordnungen zu erlassen, wobei nunmehr auch die Heranziehung des Eigentümers,
der nicht Inhaber der tatsächlichen Gewalt ist, ermöglicht wird.“
2
Aufforderungsschreiben der Kommission zum Vertragsverletzungsverfahren Nr. 2014/2262
2
ist nicht der Eindruck entstanden, dass den Belangen des Naturschutzes von den zuständigen
Behörden zu wenig Bedeutung beigemessen wird.
Analog zu § 63 BNatSchG sollte im Übrigen in Abs. 2 klar gestellt werden, dass es sich bei den
Mitwirkungsrechten um die Gelegenheit zur Stellungnahme und zur Einsicht in die einschlägigen
Sachverständigengutachten handelt.
Zu § 53 Vorkaufsrecht:
Einer zunehmenden Verstaatlichung von Grundeigentum mit dem Instrument der
Naturschutzgesetzgebung steht die Forstkammer ablehnend gegenüber.
Die im Bundesrecht und bisherigen Landesrecht enthaltene explizite Beschränkung des
Vorkaufsrechts auf entsprechend erforderliche Fälle, muss auch in die neue Regelung
aufgenommen werden.
Sowohl § 56 Absatz 2 des bestehenden Naturschutzgesetzes BW als auch das
Bundesnaturschutzgesetz beschränken das naturschutzfachliche Vorkaufsrecht explizit auf Fälle,
in denen dies „aus Gründen des Naturschutzes und der Landschaftspflege einschließlich der
Erholungsvorsorge erforderlich ist.“ [BNatSchG § 66 Abs. 2]. Die entsprechende Einschränkung
fehlt im Gesetzesentwurf und muss unbedingt wieder aufgenommen werden.
Begrüßt wird von Seiten der Forstkammer, dass nach Abs. 2 Grundstücke, die mit einem land-,
forst- oder fischereiwirtschaftlichen Betrieb eine Einheit bilden von einem naturschutzfachlichen
Vorkaufsrecht ausgenommen sind.
Abgelehnt wird hingegen das Vorkaufsrecht zu Gunsten von Naturschutzvereinigung in Abs. 4.
Nicht sachgerecht ist nach Ansicht der Forstkammer die Übertragung des Vorkaufsrechts (und
damit das dauerhafte Grundeigentum) an juristische Personen den privaten Rechts, die nach § 63
des Gesetzes explizit widerruflich mit der Betreuung der Flächen beauftragt wurden.
Zu § 56 Nutzungsbeschränkungen in der Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft,
Erschwernisausgleich:
Beim Erschwernisausgleich müssen aus Sicht der Forstkammer die weitergehenden
Bundesregelungen übernommen werden. Die pauschale Ausgrenzung kommunaler
Flächeneigentümer wird ebenso abgelehnt wie die Begrenzung des Anspruchs auf die
verfügbaren Haushaltsmittel.
§ 68 BNatSchG betont die Rechte des Eigentums sehr viel deutlicher, indem in Abs. 1 die
Feststellung getroffen wird, dass eine angemessene Entschädigung zu leisten ist, und in Abs. 2
definiert wird, dass diese in Geld und ggf. auch wiederkehrend zu zahlen ist. Diese Vorschriften
müssen auch in die baden-württembergische Regelung übernommen werden.
Der pauschale Ausschluss kommunaler Flächeneigentümer erscheint in keiner Weise
gerechtfertigt. Auch ein Verweis auf § 2 Abs. 4 BNatSchG in der Begründung trägt nicht. Hier heißt
es lediglich, dass öffentliche Grundeigentümer die Ziele des Naturschutzes und der
Landschaftspflege in besonderer Weise, nicht aber in praktisch unbeschränktem Maße zu
berücksichtigen haben. In Baden-Württemberg tragen die kommunalen Waldeigentümer einen
Großteil der FFH-Gebietskulisse. Ihnen darf ein angemessener Ausgleich nicht weiter verwehrt
werden.
Die Einschränkung des Erschwernisausgleichs in Abs. 1 auf die „verfügbaren Haushaltsmittel“ ist
weiterhin abzulehnen. Wenn Einschränkungen erheblich über die gesetzlichen Regelungen hinaus
gehen, ist aus Sicht der Forstkammer grundsätzlich ein Erschwernisausgleich zu leisten.
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