Ein 2. Platz kann so schön sein

Montag, 8. Juni 2015 / Nr. 129
Sport
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Ulrich und sein
stetes Problem
Ein 2. Platz kann so schön sein
GOLF T. B. Zeitig aufstehen musste
gestern Damian Ulrich, denn nach
drei Runden lag der 31-jährige Zuger
an drittletzter Position, was ihm für
den letzten Durchgang bei der Swiss
Challenge in Hildisrieden eine Abschlagzeit knapp vor 7 Uhr einbrachte. «Ich bin zwar eher ein Frühaufsteher, aber ich hätte mir schon etwas
anderes gewünscht.»
Der Zuger, der sich einen Top-TenPlatz zum Ziel gesetzt hatte, begann
auch die finale Runde alles anders
als optimal und musste sich bei den
ersten drei Löchern jeweils ein Bogey
(eins über Par) schreiben lassen. Er
griff bewusst an, «denn ich hatte
nichts mehr zu verlieren». Tatsächlich
gestalteten sich die ersten neun Löcher mit zwei weiteren Bogeys nicht
zum Vorteil für den Zuger. Die zweite Hälfte spielte er konstanter und
freute sich an den zwei Birdies (eins
unter Par) zum Abschluss. «Ein versöhnliches Ende dieses Turniers»,
sagte er. Ulrich, der im Gesamtklassement Platz 64 belegt, hatte schon wie
so oft auf diesem Kurs Probleme mit
den Greens. «Mit denen stehe ich auf
Kriegsfuss, obwohl sie in einem guten
Zustand waren.» Viel Zeit, den verpassten Chancen nachzutrauern,
bleibt nicht, denn bereits Mitte dieser
Woche bestreitet Ulrich ein weiteres
Turnier in Belgien.
te Tag und speziell die beiden physisch
wie psychisch sehr intensiven Kämpfe
im Viertel- und Halbfinal sowie die dort
erlittene Handverletzung zehrten allerdings zu sehr an der Substanz.
Da halfen auch die Schmerzmittel,
die er zwischen Halbfinal und Final
einnahm, oder das Tape, mit dem er
die lädierte Hand vor dem letzten Gefecht noch schnell einband, nichts mehr.
Heinzer zeigte zwar im Kampf um Gold
gegen Gauthier Grumier (Fr) einmal
mehr eine starke Leistung. Doch letztlich
fehlte ihm das letzte Quäntchen, um
einen mehrfachen Weltcupsieger und
aktuellen Weltranglisten-Ersten, der zudem zwischen Halbfinal und Final 20
Minuten mehr Erholungszeit hatte, in
einem EM-Final bezwingen zu können.
Die Folge: 12:15 – Vize-Europameister.
Am Mittwoch Teamwettkampf
«Ich habe das letzte bisschen Energie
aus mir herausgeholt, aber ich konnte
im Final nicht alles fechten, was ich
normalerweise kann. Schade, dass das
mit der Hand passiert ist», sagte Heinzer, «das soll jetzt aber keine Ausrede
sein. Gauthier war heute am Ende einfach einen Tick besser.»
Und so überwogen am Ende des
Tages, der ihm nach drei dritten Plätzen
an den letzten vier Europameisterschaften nun seine erste EM-Silbermedaille
bescherte, bei Heinzer die positiven
Emotionen. «Natürlich habe ich davon
geträumt, an der Heim-EM Gold zu
gewinnen», sagte der 27-Jährige, «aber
ich bin auch mit der Silbermedaille sehr
glücklich. Ich kann mich jetzt VizeEuropameister nennen – das macht
mich sehr stolz und gibt mir sehr, sehr
viel Selbstvertrauen für den Mittwoch.»
Denn da steht für das Schweizer Degenteam mit Heinzer und den gestern
allesamt in der Runde der letzten 32
ausgeschiedenen Kauter, Steffen und
Borsky der Teamwettkampf an.
Hoffnungsträger überzeugen
Beste Schweizer sind die beiden
Neoprofis Benjamin Rusch (25) aus
Weinfelden und Joel Girrbach (22)
aus Ermatingen im geteilten 24. Rang.
Beide gehören zu den grossen Hoffnungen im Schweizer Lager und vermochten zu überzeugen. Noch nie
schnitt ein Schweizer an der Swiss
Challenge in seinem ersten Profijahr
so gut ab. Der Sieger musste im Stechen ermittelt werden. Dabei setzte
sich der 30-jährige Amerikaner Daniel
Im ersten Versuch am Loch 18 gegen
den Engländer Gary Boyd durch.
Daniel Im ist der erste Sieger aus
Übersee an diesem Turnier.
Die Swiss Challenge, in den letzten
Jahren im Juli ausgetragen, wurde
wegen einer Terminkollision mit dem
European Masters in Crans-Montana
vorverschoben. «Wir werden am jetzigen Datum festhalten», sagte Turnierdirektor Daniel Weber. Allerdings
hätte der Feiertag am Donnerstag
(Fronleichnam) nicht mehr Zuschauer angelockt als in den Jahren vorher.
«Aber alles in allem sind wir etwa
bei den budgetierten 10 000 Besuchern», so Weber.
Hildisrieden/Golf Sempachersee. Swiss
Challenge/europäische Challenge-Tour
(170 000 Euro/Par 71). Schlussklassement:
1. Im (USA) 273 (74/66/68/65), Sieger am 1.
Loch des Stechens. 2. Boyd (Eng) 273
(66/70/69/68). 3. Foos (De) 274. 4. Sebastian
Garcia Rodriguez (Sp), Tiley (Eng), Stark (Sd) und
Heath (Eng) je 275. 8. Ahokas (Fi) und Rhys
Enoch (Wales) je 276. – Ferner: 24. Rusch (Sz)
280 (75/68/69/68) und Girrbach (Sz) 280
(69/69/73/69). 48. de Sousa (Sz) 284
(68/75/70/71). 62. Benz (Sz) 289 (70/71/74/74).
64. Ulrich (Sz) 291 (73/70/74/74).
Youngster Bracy
gewinnt Sprint
LEICHTATHLETIK Si. Der US-Jungstar Marvin Bracy gewann beim Diamond-League-Meeting in Birmingham (Gb) den 100-Meter-Sprint. Der
21-Jährige siegte in persönlicher Bestzeit von 9,93 Sekunden. Bei idealen
Bedingungen blieben in der Königsdisziplin auch der Brite Adam Gemili (9,97) und Bracys Landsmann Michael Rodgers (9,97) unter zehn Sekunden. Der Jahresschnellste Justin
Gatlin (USA), der in dieser Saison
schon 9,74 Sekunden vorgelegt hat,
fehlte im Alexander Stadium ebenso
wie Weltrekordler Usain Bolt (Jam).
Birmingham. Diamond League. Männer. 100
m (RW 2,0 m/s): 1. Bracy (USA) 9,93. 2. Gemili (Gb) 9,97. 3. Rodgers (USA) 9,97.
5000 m: 1. Pkemei Longosiwa (Ken) 13:07,26.
2. Kiplangat Koech (Ken) 13:11,22. 3. Mokoka
(SA) 13:20,22. – Weit: 1. Rutherford (Gb) 8,35.
2. Hartfield (USA) 8,23. 3. Bramble (Gb) 8,17.
Frauen. 200 m (RW 1,7 m/s): 1. Tarmoh (USA)
22,29. 2. Felix (USA) 22,29. 3. Asher-Smith (Gb)
22,30. – 400 m: 1. McPherson (Jam) 52,14. 2.
Aparecida Coutinho (Br) 52,59. 3. Onuora (Gb)
52,75. – 100 m Hürden (RW 1,5 m/s): 1. HarperNelson (USA) 12,58. – Hoch: 1. Licwinko (Pol)
1,97.
29
Da hatte er noch
Energie fürs Jubeln
und noch keine
Blessur an der
Hand: Max
Heinzer freut sich
über seinen Sieg
im Achtelfinal.
FECHT-EM IN MONTREUX
Keystone/Valentin Flauraud
FECHTEN Max Heinzer wird
an der Heim-EM in Montreux
Vize-Europameister. Und das
in einem Wettkampf, der
dem Schwyzer körperlich und
emotional alles abverlangte.
STEFAN KLINGER, MONTREUX
[email protected]
Am Ende eines langen, kräfteraubenden und schmerzhaften Weges in den
EM-Final war Max Heinzer platt. So platt,
dass sich der 27-Jährige aus Immensee,
der sonst nach jedem erfolgreichen Gefecht seine ganze Freude herausbrüllt
und mit geballten Fäusten über die
Planche rennt, in diesem Moment nicht
einmal mehr richtig über den Finaleinzug freuen konnte. Dass er einfach nur
zu Boden sank und es ohne grosse
Gesten genoss, erstmals an den kontinentalen Titelkämpfen in den Final
eingezogen zu sein. «Ich kann mich gar
nicht mehr an den letzten Treffer im
Halbfinal erinnern», sagte er später, «ich
weiss nur noch, dass ich mir gedacht
habe: Wenn das Gefecht noch lange
geht, kippe ich um. Ich muss jetzt angreifen und den Punkt erzielen.»
Gedacht – getan! Heinzer gelang dieser alles entscheidende Treffer zum
15:14-Halbfinalsieg gegen Gabor Boczko.
Ein Duell, das an Dramatik kaum zu
überbieten war. Immerhin hatte Heinzer
gegen den dreifachen Europameister aus
Ungarn bereits 10:7 geführt, bevor er
bei einem Angriff mit dem Fuss hängen
blieb, auf die Hand, in der er den Degen
hält, fiel und sich dabei eine Prellung
des Handgelenks zuzog. Eine Aktion,
die ihm Schmerzen und Unsicherheit
brachte – und jede Menge Kraft raubte.
Zweimal Sieg nach Verlängerung
Dank seiner Nervenstärke setzte sich
der Schwyzer, der schon im Viertelfinal
beim 14:12-Sieg gegen den Ukrainer
Maksim Chworost in die Verlängerung
gemusst hatte, zwar durch. Der gesam-
Männer. Degen-Einzel. Schlussrangliste: 1. Grumier (Fr). 2. Heinzer (Sz). 3. Suchow (Russ) und
Boczko (Un). 5. Chworost (Ukr). 6. Blaszyck (Fr). –
Ferner: 21. Steffen. 26. Kauter. 31. Borsky. – Final:
Grumier s. Heinzer 15:12. – Halbfinals: Grumier s.
Suchow 15:14. Heinzer s. Boczko 15:14 n. V. – Viertelfinals: (u. a.) Heinzer s. Chworost 14:12.
Weitere Schweizer Resultate ab 1. Hauptrunde
(letzte 64): Heinzer s. Anochin (Russ) 15:4, s. Somfai (Un) 15:11, s. Verwijlen (Ho) 15:7. – Kauter s.
Piasecki (No) 15:11, u. Chworost (Ukr) 8:15. – Steffen s. Rod (Por) 15:9, u. Jefremenko (Lett) 6:15.
– Borsky s. Herey (Ukr) 15:12, u. Pizzo (It) 6:15.
Vorrunden-Bilanzen: Heinzer 5 Siege/1 Niederlage;
Steffen 5/1; Fabian Kauter 4/2; Borsky 3/3.
Frauen. Säbel-Einzel: 1. Welikaya (Russ). 2. Lembach (Fr). 3. Gregorio (It) und Woronina (Ukr). –
Final: Welikaya s. Lembach 15:14. – Halbfinals:
Lembach s. Greogorio 15:14. Welikaya s. Woronina
15:9. – Ferner: 39. Lebel (Sz). – 1. Hauptrunde
(letzte 64): Lebel u. Klemm (De) 9:15. – VorrundenBilanz von Lebel 2/4.
www...
Bildergalerie: Mehr Impressionen mit Heinzer und
Medaille auf www.luzernerzeitung.ch/bilder
Schweizer Doppelsieg gibt Mumm für die EM
REITEN Schweizer Tag am
Grossen Preis in St. Gallen: Romain Duguet siegt vor Steve
Guerdat. In den Top Ten sind
noch drei weitere Schweizer.
hatte schon am Freitag mit einem Doppelnuller im Nationenpreis überzeugt.
Zudem klassierte er sich mit Otello du
Soleil als Zweiter des Grossen Jagdspringens vom Samstag, weshalb er
verdient als bester Turnierreiter des
CSIO St. Gallen ausgezeichnet wurde.
Erkenntnisse für die EM-Selektion
Si. «Ich hatte eine unglaubliche Tur-
nierwoche. Davon habe ich nicht einmal
zu träumen gewagt, obwohl ich um die
Qualität unseres Pferdes Quorida de
Treho weiss, mit der Stute immer besser
harmoniere und dadurch sicherer reite»,
bekannte Romain Duguet (34) strahlend.
Dazu hatte der vor drei Jahren eingebürgerte Franzose auch allen Grund.
Er gewann vor 12 000 Zuschauern den
mit 200 000 Euro dotierten Grossen Preis
der Schweiz mit 77 Hundertsteln vor
Olympiasieger Steve Guerdat mit Nino
des Buissonnets und 2,27 Sekunden vor
dem Iren Darragh Kenny auf Sans Soucis. Der in Muri bei Bern lebende Gatte von Pferdebesitzerin Christina Duguet
Insgesamt scheffelte Duguet in der
Ostschweiz in vier Tagen ein Preisgeld
von 91 600 Franken, davon 50 000 Franken für den GP-Sieg. Mit den in St. Gallen gezeigten Leistungen hat er sich
eindrücklich für die Schweizer EMEquipe in Aachen empfohlen. Der CSIO
Schweiz gab den Teamverantwortlichen
auch weitere Erkenntnisse für eine EMSelektion. Nebst den wohl gesetzten
Steve Guerdat und Pius Schwizer, dem
im GP mit Living the Dream ein ärgerlicher Fehler am Schlusssprung der
ersten Runde unterlief, haben sich auch
Martin Fuchs mit Clooney und Janika
Sprunger mit Bonne Chance aufgedrängt. Und es gilt auch, Jane Richard
Philips im Auge zu behalten, die mit
Pablo schon beachtliche Resultate in
dieser Saison lieferte, wegen Übelkeit
aber auf die Hauptprüfungen im Gründenmoos verzichten musste.
Der 12. Schweizer Sieg
Im Frühjahr verzeichnete Duguet mit
der vom Bündner Pferdehändler vermittelten Franzosen-Stute Quorida de
Treho seinen ersten grossen Triumph.
Er siegte im Grand Prix Hermès in
Paris und strich ein Sieggeld von
132 000 Euro ein. «In St. Gallen habe ich
endgültig die Gewissheit gewonnen,
dass unsere tägliche Arbeit fruchtet»,
meinte Duguet. Er reitet sein sensibles
und vorsichtiges Pferd seit vier Jahren
und hat die einstigen Kombinationsschwächen ausgemerzt.
Trotz des verpassten Sieges zeigte sich
Steve Guerdat zufrieden: «Nino war
frisch und in toller Form. Ich ärgere
mich immer noch über meine missratene Ritte im Nationenpreis, nicht über
den verpassten GP-Sieg.» Duguets Erfolg
war der 12. Schweizer GP-Triumph am
CSIO im eigenen Land und der zweite
Doppelsieg seit 2007, als Markus Fuchs
auf Nimette vor Christina Liebherr auf
No Mercy gewann. Stolz zeigte sich der
Chef der Schweizer Equipe, Andy Kisler: «Unser Fahrplan scheint zu stimmen. Ich bin für die EM optimistisch.»
CSIO ST. GALLEN
Grosser Preis der Schweiz (1 Umgang und Finalrunde, Dotation: 200 000 Euro): 1. Duguet (Sz),
Quorida de Treho, 0/46,48. 2. Guerdat (Sz), Nino
des Buissonnets, 0/47,25. 3. Kenny (Irl), Sans Soucis,
0/48,75. 4. Mendoza (Gb), Spirit, 0/48,76.
5. Sprunger (Sz), Bonne Chance, 0/48,94. 6. Smolders (Ho), Emerald, 0/49,78. 7. Steiner (Sz), Celeste,
0/53,67. 8. Angot (Fr), 5 (1+4)/51,81. 9. Liebherr
(Sz), Eagle Eye, 5 (1+4)/52,80. 10. Whitaker (Gb),
Catwalk, 5 (1+4)/57,59.
Ebenfalls im Preisgeld: 11. Smits (Sz), Copain du
Perchet CH, 8 (0+8), 49,93. 13. Gisler (Sz), Cordel,
8 (0+8)/51,86, alle in der Finalrunde. – Ferner: 19.
Schwizer (Sz), Living the Dream, 4/71,56. 27. Estermann (Sz), Castlefield Eclipse, 8/70,10. 29. Rutschi
(Sz), Windsor, 8/71,81, alle in erster Runde.
Punktespringen: 1. Gillott (Gb), Hot Stuff, 69 Punkte/47,55. 2. Schwizer (Sz), PSG Junior, 69/48,68. 3.
Whitaker (Gb), USA Today, 69/48,80. – Ferner im
Preisgeld: 6. Estermann (Sz), Lord Pepsi, 69/51,91.
8. Crotta (Sz), Cadalora, 69/53,24.