Neuö Zürcör Zäitung Dienstag, 9. Juni 2015 ^ Nr. 130 SPORT 39 Ferrari mit mehr Power Vettel im GP von Kanada mit spektakulärer Aufholjagd Am Sonntag beisst sich Max Heinzer bis zur Silbermedaille durch, am Tag danach sagt er: «Im Kopf ist diese völlige Leere.» Gut für ihn und seine Teamkollegen, dass der Höhepunkt der EM erst am Mittwoch folgt. VALENTIN FLAURAUD / KEYSTONE Die Leere nach dem Kampf Max Heinzer und das Team haben an den Fecht-EM nun Zeit zur Regeneration Peter Jegen, Montreux ^ Still sitzen die vier Männer am Frühstückstisch, gedankenverloren schauen sie auf den Genfersee, und als sich einer ans Buffet bewegt, ist der Gang langsam, schlurfend, humpelnd. Findet im Hotel ein Geriatrie-Kongress statt, oder ist das schlaff wirkende Quartett in ausschweifender Nacht böse unter die Räder gekommen? Keines von beidem; bei den vier Männern handelt es sich um die Degenfechter der Schweizer Nationalmannschaft, die am Sonntag an den Europameisterschaften in Montreux bis zum Umfallen im Einsatz standen (NZZ 8. 6. 15). «Ich bin völlig ausgepowert», sagt denn auch Max Heinzer, der sich bis zu Silber durchgebissen hatte. Die Spuren seiner harten Gefechte und seines sehr körperbetonten Stils sind sichtbar. Schürfungen an Knie und Oberschenkel, blaue Flecken am Oberarm, ein schwarzes Tape über dem rechten Handgelenk. Von Verletzung will der bald 28-jährige Schwyzer indes nicht sprechen, er nimmt stattdessen die Worte «völlige Leere» in den Mund. Denn die tiefste Spur, die der EM-Exploit hinterlässt, ist von aussen nicht zu sehen. «Ich habe in der Nacht kaum ein Auge zugetan, und im Kopf ist diese völlige Leere.» Dank autogenem Training schläft Heinzer vor jedem Wettkampf wie ein Murmeltier, das Rezept aber, um nach physisch wie psychisch fordernden Gefechten schnell zur Ruhe zu kommen, hat er noch nicht gefunden. Am Montag wurde mit aktiver Regeneration dem Körper und dessen Kreislauf Gutes getan. Auf ein lockeres Bewegungsprogramm folgten abwech- selnd warme und kalte Behandlungen der Beine und Arme, Massagen, ein eiskaltes Bad. Für Heinzer eine gängige Prozedur. Im Unterschied zum Weltcup-Alltag beträgt die Erholungszeit zum nächsten Wettkampf zwei Tage, am Mittwoch steht für die Schweizer mit dem Mannschafts-Wettbewerb der EMHöhepunkt an. Vom Weltcup unterschied sich das Einzel-Programm, in dem am Sonntag die 16 Besten nicht gesetzt waren. An den EM müssen alle durch die Poules, in denen der direkte Einzug in das 64er Tableau ohne Umweg über die Vorqualifikation zu erreichen ist. Im Rückblick hält Heinzer fest, dass er bewusst schon in den Poules einen starken Eindruck hat hinterlassen wollen. Er fragt sich allerdings, ob er nach vier gewonnenen Gefechten in den zwei weiteren etwas «Dampf» hätte herausnehmen sollen. Es war absehbar, dass der Weg in der Direktausscheidung schwierig wird, sich kein «einfacher» Gegner in den Weg stellt. «Vielleicht hätte die Kraft dann im Final noch gereicht», sagt Heinzer und analysiert sein Rendement über den mentalen und taktischen Bereich, nicht einzig über die physischen Ressourcen. Wie erwähnt fühlt sich der Fechter ja vor allem leer im Kopf, nicht körperlich angeschlagen. Das war schon anders. Von den WM kehrte Heinzer im letzten Juli mit der Befürchtung heim, sein rechtes Knie habe bei einem Zusammenprall argen Schaden genommen. Die erste Prognose erwies sich aber als falsch, neben einer Prellung der Knochen war «nur» das Innenband gerissen. Das machte keine Operation notwendig wie im Herbst 2011 und im November 2013, als es im rechten Fuss einen Nerv von zu viel Druck zu befreien galt. Auch angesichts seiner Krankengeschichte fühlt sich Heinzer wegen ein paar Prellungen jetzt nicht verletzt, bloss leer und ausgepowert. Und spricht man ihn auf den Team-Wettkampf an, kehrt bereits ein erwartungsfrohes Lächeln auf sein Gesicht zurück. Die inneren Batterien beginnen sich schon wieder aufzuladen. ......................................................................................................................................................................... Elmar Brümmer, Montreal ^ Eine Sekunde Abstand, was ist das schon? Nichts zwischen zwei Formel-1-Rennwagen – und trotzdem unheimlich viel. Mehrmals war Nico Rosberg im Grossen Preis von Kanada in dieser Schlagdistanz zu Spitzenreiter Lewis Hamilton, doch immer dann, wenn der Deutsche zum Angriff übergehen wollte, pfiff ihn der Mercedes-Renningenieur zurück: «Kühle auf den nächsten zehn Runden die Bremsen, dann kannst du es noch einmal probieren.» Hamilton wiederum wurde, wenn er dem silbernen Rivalen davonziehen wollte, beschieden: «Achte auf den Spritverbrauch!» Bremsen und Gasgeben, das war der berüchtigte Stepptanz auf den Rennwagen-Pedalen beim GP-Gastspiel in Montreal. Eine unglaubliche Anstrengung für Mensch und Material, von der man auf den ersten Blick nichts mitbekommt, wenn zwei Autos so souverän vorneweg fahren wie die von Hamilton und Rosberg. Die beiden bescherten Mercedes den vierten Doppelerfolg im siebenten Saisonrennen. Für den Briten war der Sieg nach der Enttäuschung von Monte Carlo eine besondere Genugtuung. Doch der Liebling des kanadischen Fernsehregisseurs war der fünftplacierte Sebastian Vettel. Dessen Aufholjagd mit dem Ferrari war die Story – und die Show – des Tages. Von Rang 18 aus musste der Ferrari-Fahrer ins Rennen gehen, ein Elektronikdefekt im Qualifying und ein illegales Überholen im Sonderfall Schweiz Negative Begleiterscheinungen des emotionalen Cup-Finals bir. ^ Das Vorspiel der Berner CupFinals 2013 und 2014 war von Ausschreitungen zwischen Fangruppen geprägt. Als eine Konsequenz fand die Ausgabe 2015 in Basel statt. Man war zunächst froh, dass Basel nicht wie 2014 auf den FC Zürich, sondern auf den FC Sion traf. Rund um den St.-Jakob-Park blieb es ruhig, aber das Verhalten einiger Walliser im Innern führte zu zwei Spielunterbrüchen (Knallkörper, Wurfgegenstände). Nach dem Spiel gelang es den Sicherheitskräften zudem nicht, das Publikum vom Spielfeld fernzuhalten. Die Fangruppen blieben getrennt, aber man sah im Walliser Jubel Räuber-und-PolizistSzenen. Solche Bilder müssen dem Verband zu denken geben – wie der PolizeiCordon, der sich über den teilweise von Personen gefluteten Platz zog. Solche Bilder sind in Deutschland oder in England undenkbar. Dort rennt nach dem Ende des Finals kein Zuschauer auf ein Terrain, in dessen Mitte Polizeigrenadiere stehen. Der SFV-Generalsekretär Alex Miescher entgegnet, dass man bei einer solchen Emotionalität «etwas in Kauf nehmen» müsse. Es sei zu diskutieren, ob und wie das Betreten des Terrains hätte verhindert werden können; man müsse im Dilemma abwägen: «Gefährliches Gedränge auf den Tribünen versus Betreten des Rasens.» Unter Abwägung aller Aspekte sei gut, dass es nicht schlimmer gekommen sei. Für Ereignisse während der Partie waren vier Stufen vorgesehen: Durchsagen, Besammlung im Mittelkreis, Gang in die Kabine, Spielabbruch. Man erreichte Stufe 3. TENNIS LEICHTATHLETIK Vögele in erster Runde ausgeschieden Gatlin gegen Gay und Powell Die nächste Generation jeg. ^ Während sich bei den Schweizer Degenfechtern für die Zeit nach den Spielen 2016 ein Generationenwechsel abzeichnet, ist dieser bei den Degenfechterinnen schon im Gang. Um Tiffany Geroudet ´ (Jahrgang 1986) ist mit Pauline Brunner (1994), Laura Stähli (1991) und Amandine Ischer (1994) eine neue Equipe im Aufbau. Heute Dienstag kann sie sich an den EM vor eigenem Publikum beweisen, wobei noch nicht allzu viel zu erwarten ist. An den EM 2014 belegten die Schweizerinnen unter 14 Equipen den siebenten Rang. Die Zielsetzungen sind längerfristig formuliert (Olympia 2020 in Tokio), und womöglich wächst bis dahin schon die übernächste Generation heran: Es sind die Kinder früherer Spitzenfechter, die man jetzt in Montreux unter den EM-Zuschauern sieht. s’Hertogenbosch (Ho). ATP-Turnier (537 050 Euro/ Rasen). Einzel. Qualifikation. 3. Runde: Chiudinelli (Sz) s. Herbert (Fr) 1:6, 6:4, 6:1. Nottingham. WTA-Turnier (250 000 Dollar/Rasen). 1. Runde: Lucic-Baroni (Kro) s. Vögele (Sz) 6:0, 4:6, 6:3. FUSSBALL Schweizer Gegner verliert Testspiel Genfer Unternehmer wollen Servette retten (si) ^ Der Challenge-League-Zwangsabsteiger Servette kann den finanziellen Kollaps abwenden. Gemäss einem Communique´ des Klubs wird eine Gruppe von Genfer Unternehmern fünf Millionen Franken einschiessen. Die Spieler, Trainer und Mitarbeiter würden im Verlauf der Woche ihre fälligen Lohnzahlungen erhalten, heisst es. Der bisherige Geldgeber und Präsident Hugh Quennec, der sein Amt niederlegen wird, sprach von einer «dauerhaften und seriösen Lösung». Quennec, der zusammen mit Chris McSorley den gleichnamigen Eishockeyklub erfolgreich führt, hatte 2012 den Fussball-Traditionsverein vor dem Ruin bewahrt. Sofern der Konkurs nun tatsächlich abgewendet wird, spielt der Klub 2015/16 in der Promotion League. Samstagstraining hatten Vettel nach hinten bugsiert – ausgerechnet in dem Rennen, in dem die Scuderia den Motor um 30 PS verbessert und die Aerodynamik des SF 15 T runderneuert hatte. Wie diese Upgrades im Direktvergleich mit Branchenführer Mercedes zu werten sind, konnte in Montreal noch nicht beurteilt werden, da Vettels Teamkollege Kimi Räikkönen den dritten Rang durch einen Ausrutscher an den finnischen Landsmann Valtteri Bottas verloren hatte. Der Ferrari-Teamchef Maurizio Arrivabene ordnete die Leistung wie folgt ein: «Wenn man sich Sebastians Tempo ansieht, waren wir dabei. Aber bin ich damit zufrieden? Sicher nicht. Ohne Podest kann ich das nicht sein.» Arrivabene weiss auch: «Die Lücke gegenüber Mercedes in jedem Rennen zu schliessen, ist schwer.» Desolat war die Vorstellung des Sauber-Teams. Marcus Ericsson erreichte Rang 14 und blieb auf der Auslaufrunde mit einem Kraftstoffproblem stecken, sein Teamkollege Felipe Nasr hatte im Rennen mit einem Verlust der Motorleistung und überhitzten Bremsen zu kämpfen und wurde Sechzehnter. Dadurch konnte Sauber nicht annähernd mit den direkten Gegnern Force India oder Lotus mithalten. Nasr klagte, das Auto sei schwierig zu fahren. Über die technischen Gründe für das Abschneiden des C34-Ferrari gab es keine Auskunft. Der leitende Renningenieur Giampaolo Dall’Ara gestand nur so viel: «Es wartet viel Arbeit auf uns.» Anlauf für Litauen Fussball-Nationalteam am Mittwoch im Test gegen Liechtenstein ram. Spiez ^ Kristalllüster, Intarsien, roter Samt – der Salon Rouge im Hotel Belved ´ ere ` atmet nicht nur Architekturgeschichte, sondern auch Sporthistorie. 1954 gastierte die deutsche Nationalelf hier, als sie mit dem «Geist von Spiez» in Bern Weltmeister wurde. Nun wohnt die Schweizer Nationalmannschaft in der sagenumwobenen Herberge. Der Anlass dafür besitzt indes nicht ganz die historischen Dimensionen von 1954. Am Mittwoch testet die SFV-Auswahl in Thun gegen Liechtenstein. Grund für die Wahl des Spielortes ist der Kunstrasen in der Stockhorn-Arena, denn am Sonntag folgt das EMQualifikationsspiel in Vilnius gegen Litauen – ebenfalls auf Kunstrasen. Das verlangt nach Angewöhnung, die meis- ten Spieler kennen die Plastic-Unterlage nur aus dem Training und aus der Juniorenzeit, nicht aber aus dem Wettkampf. «Wir haben wenig Erfahrung mit Kunstrasen», sagt der Nationalcoach Vladimir Petkovic. «Aber wer Fussball spielen kann, kann das auf jeder Unterlage.» Gegen Liechtenstein wird statt Yann Sommer Marwin Hitz im Tor stehen. Die Basler Fabian Schär und Fabian Frei pausieren nach dem Cup-Final, Stephan Lichtsteiner aber steht nach dem Champions-League-Final mit Juventus schon wieder bereit für einen Teileinsatz. «Ich werde mir gut überlegen müssen, welche fünf Spieler 90 Minuten absolvieren», sagt Petkovic. Mehr wollte er nicht preisgeben. In Ta’Qali: Malta - Litauen 2:0 (0:0). – Tore: 62. Fenech 1:0. 80. Effiong 2:0. – Litauen, am Sonntag nächster Schweizer Gegner in der EM-Qualifikation hat dem Nationalteam Maltas ein seltenes Erfolgserlebnis beschert: Letztmals hatte Malta, die Nummer 145 der Weltrangliste, 2013 gegen die Färöer (3:2) gewonnen. Vierter goldener Schuh für Ronaldo (si) ^ Cristiano Ronaldo hat erneut den «Goldenen Schuh», die Auszeichnung für den besten Torjäger Europas, gewonnen. Der Portugiese errang die Trophäe zum bereits vierten Mal nach 2008, 2011 und 2014. Damit ist er alleiniger Rekordhalter seit der Einführung der Koeffizienten-Berechnung 1997. Ronaldo traf für Real Madrid in der abgelaufenen Saison der Primera Division 48 Mal. Montella in Florenz entlassen (si) ^ Nach drei Saisons mit drei vierten Plätzen ist Vincenzo Montella als Trainer des Serie-A-Klubs Fiorentina entlassen worden. Der ehemalige italienische Internationale hätte noch einen Vertrag für die kommende Saison gehabt, wollte diesen aber nicht vorzeitig verlängern. WM-START DER SCHWEIZERINNEN Wie die Schweizer Fussballerinnen in der Nacht auf Dienstag an der WM gegen Japan gespielt haben, auf: www.nzz.ch (si) ^ Der 100-m-Lauf an der Lausanner Athletissima am Donnerstag, 9. Juli, vereinigt die drei Hauptrivalen von Usain Bolt. Justin Gatlin (USA), ungeschlagen seit Saisonbeginn, trifft auf seinen Landsmann Tyson Gay und auf den Jamaicaner Asafa Powell. BASKETBALL Cleveland gleicht aus National Basketball Association (NBA). Play-offFinal (Best of 7). 2. Spiel: Golden State Warriors (1. Western Conference) - Cleveland Cavaliers (2. Eastern Conference) 93:95 n. V.; Stand 1:1. – Spiel 3 in der Nacht auf Mittwoch in Cleveland. FECHTEN Winiger ohne EM-Erfolgserlebnis (si) ^ Der Schweizer Säbelfechter Lothar Winiger ist an den EM in Montreux ohne Erfolgserlebnis geblieben. Die Nummer 217 der Weltrangliste schied nach fünf Niederlagen in der Vorrunde direkt aus, verpasste die Direktausscheidung und wurde 52. Den Titel gewann der Olympiasieger Aron Szilagyi (Ungarn). GEWINNZAHLEN Totogoal-Zahlen 2 X 1 / X 2 1 / 1 X X / 2 2 1 / 2, Resultat: 1:3 ALLE ANGABEN OHNE GEWÄHR SPORT AM FERNSEHEN SRF 2 21.40 Frauen-WM. Kolumbien - Mexiko. ........................................................................... Eurosport 15.00 Tennis. ATP-Turnier in Stuttgart.
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