Der friedliche Kampf für den Schweizerpsalm

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Schweiz/Ausland
Zentralschweiz am Sonntag Sonntag, 19. April 2015 / Nr. 16
Schweiz/Ausland
Sonntag, 19. April 2015 / Nr. 16 Zentralschweiz am Sonntag
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Der Krieg
der anderen
S
eit Beginn der Luftangriffe der
Saudis auf die Stellungen der
Huthi-Rebellen im Jemen ist ein
neuer internationaler Konflikt auf
eine brutale Art und Weise sichtbar
geworden. Die Rede ist von Hunderten zivilen Opfern und Tausenden Verletzten. Die Tendenz ist
steigend, ein Ende nicht in Sicht.
Letztlich geht es Saudi-Arabien
nicht um den Jemen, das ärmste
arabische Land. Eine Doktrin des
aussenpolitischen Handelns von
Saudi-Arabien im 21. Jahrhundert
scheint die «Schiiten-Phobie» zu
sein. Deshalb unterstützen die
Saudis im Jemen Präsident Abed
Rabbo Mnsur Hadi in seinem Kampf
gegen die schiitischen Rebellen.
Und damit zielen die Saudis indirekt
auf den Iran ab, die schiitische
Regionalmacht. Denn nichts fürch-
Der friedliche Kampf
für den Schweizerpsalm
NEUE HYMNE Seit einem Jahrzehnt wirft sich Hubert Spörri
für die Schweizer Nationalhymne in die Bresche. Nun, da es
den grössten Angriff abzuwehren gilt, kann er sich zurücklehnen und die Früchte seiner Arbeit ernten.
Aktham Suliman
über den Krieg
im Jemen
ANSICHTEN
EVA NOVAK
[email protected]
Die Website heisst www.schweizerpsalm.ch und ist eine Fundgrube. Die
Selbstdeklaration als «Schweizerisches
Kompetenzzentrum zu Fragen rund um
den Schweizerpsalm» ist nicht übertrieben. Keine Frage zur Landeshymne
bleibt unbeantwortet. Das Problem ist
nur, sich in der Fülle an Informationen
zurechtzufinden. Betreiber Hubert Spörri bietet gerne eine Orientierungshilfe:
«Für dieses Thema stehe ich Tag und
Nacht zur Verfügung», lässt er die Journalistin wissen.
Für Rütliverwalterin ein rotes Tuch
Das muss der pensionierte Primarlehrer aus dem aargauischen Wettingen
in jüngster Zeit immer mal wieder tun,
seit die Schweizerische Gemeinnützige
Gesellschaft (SGG) sich nicht mehr aufs
Verwalten der Rütliwiese beschränkt,
sondern ihren Auftrag zur Stiftung nationaler Identität dahingehend interpretiert, dass sie der Schweiz eine neue
Landeshymne verpassen will. Der «langjährige Landeshymnenbeobachter», wie
er sich selber nennt, weiss von einer
ganzen Reihe ähnlicher Versuche zu
berichten. So erfährt man auf seiner
Homepage, dass 1935 die «Schweizer
Illustrierte» ein Preisausschreiben lanciert und weit über 2000 Vorschläge
erhalten, jedoch keine der 581 Kompositionen und keiner der 1891 Texte der
Jury gefallen hat. «2400 Vorschläge bei
3 Millionen Einwohnern, das ergäbe
hochgerechnet auf heute mehr als
6000», rechnet Spörri vor. Bei der SGG
aber seien jetzt «nur mickrige 208 eingegangen». Die Wortwahl verrät, wie
sehr ihn das freut.
Man bleibt sich gegenseitig nichts
schuldig. Für die Rütliverwalterin ist der
Aargauer ein rotes Tuch. SGG-Geschäftsleiter Lukas Niederberger enthält
sich auf Anfrage der «Zentralschweiz
am Sonntag» zwar der direkten Kritik
am Kritiker, wirft aber die Vermutung
auf, dass dieser wohl an der Melodie
des Schweizerpsalms hänge, da er der
«Gönnervereinigung Widmer Zwyssig»
angehöre.
An die Grenzen gestossen
Nun ist die Verbindung von Spörri
zur Vereinigung, welche die Namen der
beiden Schweizerpsalm-Schöpfer – des
Zürcher Hobbydichters Leonhard
Widmer sowie des Urner Mönchs Alberik Zwyssig – trägt, nicht von der
Hand zu weisen. Er verkörpert sozusagen die Organisation, die als Fels in der
gegen die «Kommst im Morgenrot daher» wogende Brandung steht, seit er
sie vor über zehn Jahren gegründet hat.
Was Spörri aber schockiert von sich
weist, ist der Vorwurf, dass er finanziell
am Erbe der beiden profitiere: «Ich
verdiene überhaupt nichts.» Im Gegenteil. Im Jubiläumsjahr liess sich der
Mann den Kampf für die Hymne nicht
nur viel Zeit, sondern auch ein paar
tausend Franken kosten: 2011 feiert der
Schweizerpsalm einen runden Geburtstag. 50 Jahre zuvor hat der Bundesrat
das 1841 entstandene Werk provisorisch
zur Landeshymne erklärt, womit er
«Rufst du mein Vaterland» ablöste.
Dieses Lied hatte bis dahin inoffiziell
als Landeshymne der Schweiz gedient,
allerdings mit dem bei Fussball-Länderspielen offenkundigen Makel, dass es
die gleiche Melodie wie die britische
Hymne hatte. Spörri nimmt das Jubiläum zum Anlass, um in den grossen
Städten der Deutschschweiz JubiläumsGottesdienste und -Konzerte zu organisieren.
Der Aufwand bringt den Rentner an
seine Grenzen. Für den Anlass im Berner Münster bemüht sich die «Gönnervereinigung Widmer Zwyssig» um zahlreiche Rednerinnen und Redner, kassiert aber Absage um Absage – unter
anderem von den Bundesrätinnen Micheline Calmy-Rey, Simonetta Sommaruga und Doris Leuthard, bis der damalige SVP-Ständerat Adrian Amstutz
in die Bresche springt. Am Ende wird
die Mühe mit einem Festgottesdienst
in der Jesuitenkirche Luzern belohnt.
Festredner beim krönenden Abschluss
ist Franz Steinegger, und es wird die
«Messe mit dem Schweizerpsalm» gesungen und gespielt, die einst Spörris
tet die saudische Führung mehr als
die Rehabilitierung des Irans durch
ein Atomabkommen. Viele Milliarden Dollar zahlte das Königreich
am Golf über die Jahrzehnte, um
Teheran seit der islamischen Revolution von 1979 in Schach zu halten.
Ein Leben für die Hymne: Hubert Spörri besucht das Denkmal für Alberik Zwyssig, den Komponisten des Schweizerpsalms,
im urnerischen Bauen.
Bild Fabinne Bühler/Schweizer Illustrierte
Vater in Auftrag gegeben und der Sohn
fertig komponiert hatte.
Schwärmen für andere Hymnen
Da mag es etwas irritieren, wenn der
Mann, der für all das verantwortlich
zeichnet, heute sagt: «Ich sehe mich
nicht als Winkelried, der sich für den
Schweizerpsalm ins Feuer wirft.» Weltweit gebe es keine Nationalhymne,
welche perfekt sei: «Ich habe noch
keine gefunden, welche die politische
und gesellschaftliche Realität und kulturelle Vielfalt ihres Landes repräsentieren würde», sagt der Sänger und
Cellist, der auch komponiert und malt.
Und gerät ins Schwärmen. Die brasilianische Hymne gefalle ihm gut, die
uruguayische auch – «sie passen aber
nicht zu unserem Temperament». Aufgewachsen ist er mit «Rufst du mein
Vaterland», an dessen Melodie sich der
72-Jährige bis heute erfreut. Es folgt ein
weiteres Geständnis: Zeitweise habe
auch er gewünscht, der Text des Schweizerpsalms möge geändert werden.
«Weltweit eine der schönsten»
Warum also das Engagement für dessen Weiterbestand? Spörri erklärt es mit
der Entstehungsgeschichte der Schweizer Hymne: «Erst als ich mich damit
beschäftigt habe, habe ich gemerkt, wie
einmalig diese ist.» Der Schweizerpsalm
stehe für die Versöhnung zwischen
Katholiken und Reformierten, Liberalen
«Buchhalter von Auschwitz» wird der Prozess gemacht
PROZESS Beihilfe zum
Mord in 300 000 Fällen – am
Dienstag kommt es zu einem
der wohl letzten AuschwitzProzesse überhaupt.
gegen ein ehemaliges Mitglied der SS
führen wird. Der Vorwurf wiegt schwer:
Oskar Gröning, einst Rottenführer der
SS, wird Beteiligung am Massenmord
an den Juden in mindestens 300 000
Fällen im Vernichtungslager AuschwitzBirkenau zur Last gelegt.
Geänderte Rechtsprechung
Was er gefühlt habe, als er zuschaute,
wie die Juden in Auschwitz-Birkenau
direkt von der Rampe zur Tötung in die
Gaskammern geführt worden sind, wurde Oskar Gröning 2005 vom «Spiegel»
gefragt. «Nichts, muss ich sagen», antwortete der Mann, der von 1942 bis 1944
im Vernichtungslager Dienst tat. «Wenn
man weiss, dass getötet wird, weiss man
auch, dass gestorben wird. Das Schreckliche kam erst mit den Schreien.» Und
etwas später fügte er hinzu: «Wenn Sie
davon überzeugt sind, dass die Vernichtung des Judentums nötig ist, dann
spielt es keine Rolle mehr, ob das Töten
so oder so passiert.»
Am Dienstag steht Oskar Gröning,
heute 93 Jahre alt, in Lüneburg vor Gericht. Es wird einer der vermutlich
letzten Prozesse sein, die Deutschland
Dass Männer wie Gröning erst jetzt
vor Gericht gestellt werden, hat mit
einem Urteil aus dem Jahre 2011 zu tun.
Damals wurde der inzwischen verstorbene ehemalige Wachmann des Vernichtungslagers Sobibor Iwan «John»
Demjanjuk in München wegen Beihilfe
zum Mord in mindestens 29 000 Fällen
zu fünf Jahren Haft verurteilt. Erstmals
erkannte damit ein deutsches Gericht
formal an, dass ein Holocaust-Beteiligter
auch ohne konkret nachgewiesene Einzeltat bestraft werden kann. Wegen dieser neuen Grundlage hat die Zentrale
Stelle zur Aufklärung nationalsozialistischer Verbrechen in Ludwigsburg Ermittlungen gegen 30 frühere Wachmänner wieder aufgerollt.
Gröning hat sein Mitwissen über die
Gräuel in Auschwitz-Birkenau nie geleugnet. Freimütig hat er Interviews
gegeben und berichtet, wie er als damals
21-jähriger SS-Angehöriger «für einen
Sonderauftrag von hoher Bedeutung für
das deutsche Volk», wie ihm ein Vorgesetzter 1941 sagte, ins Vernichtungslager ins polnische Auschwitz versetzt
worden ist. Gröning fühlte sich frei, über
diese Zeit zu sprechen, 1985 waren Ermittlungen gegen ihn eingestellt worden.
Nach damaliger Rechtsprechung verlangten deutsche Gerichte den Nachweis
konkreter Einzeltaten. Bei Gröning fanden sich keine Zeugen. Doch dann kam
die neue Rechtsprechung.
Unfassbare Gräuel
Oktober 1941. Gröning wird in die
Sonderabteilung «Häftlingsverwaltung»
abkommandiert, er steht an der Rampe,
wenn die todgeweihten Neuankömmlinge mit den Zügen in Auschwitz einfahren. Er muss den Juden Geld und
Wertgegenstände abnehmen, bevor diese gleich in den Gaskammern oder Wochen später im Zuge der «Vernichtung
durch Arbeit» einen grausamen Tod
sterben. Die gesammelten Fundstücke
steckt er in eine Holzkiste und versendet
das Gut in die Reichshauptstadt Berlin.
«Buchhalter von Auschwitz», so nennt
man ihn heute. Gröning glaubt damals
an Adolf Hitler und den Rassenwahn, er
glaubt an die deutsche Pflicht, das Weltjudentum zu vernichten. Er wird Zeuge
grausamer Verbrechen. «Ich sah, wie ein
SS-Mann ein Baby an den Beinen packte. Das Geschrei hatte ihn gestört. Er
schleuderte das Baby mit dem Kopf gegen
die Eisenstangen eines LKW, bis es ruhig
war», erzählte er dem «Spiegel» 2005.
Ein «Rädchen im Getriebe»
Nach dem Krieg gerät er in britische
Gefangenschaft, doch erst viele Jahre
später reflektiert Gröning die Zeit im
Vernichtungslager. Er erkennt das Unrecht, versucht, sich irgendwie reinzuwaschen. Gröning wird Zeuge in Auschwitz-Prozessen, er ergreift das Wort gegen
Holocaust-Leugner. Er fühlt sich schuldig,
aber nicht im juristischen Sinne. «Schuld
hängt eigentlich immer mit Taten zusammen, und da ich meine, ein nicht
tätiger Schuldiger geworden zu sein,
meine ich auch, nicht schuldig zu sein»,
sagte er dem «Spiegel». Er sei vielleicht
ein «Rädchen im Getriebe» gewesen,
schuldig fühle er sich dem Volk der Juden
gegenüber, weil er Teil einer so verbrecherischen Truppe gewesen sei. «Wenn
Sie das als Schuld bezeichnen wollen,
dann bin ich ein ungewollt Schuldiger.»
Er verweist heute auf Dokumente, die
beweisen, dass er seine Vorgesetzten um
Versetzung an die Front gebeten hatte,
was 1944 stattgegeben wurde, weil er das
Morden im Vernichtungslager nicht ausgehalten habe. Die Exzesse an einzelnen
Juden seien Barbarei gewesen, sagt er.
Die Massenvernichtung in den Gaskammern hingegen, das räumte er später ein,
diese habe er damals als legitim, als
notwendig erachtet.
Es ist kaum davon auszugehen, dass
Gröning zu einer jahrelangen Zuchthausstrafe verurteilt wird. Das sei auch
nicht das Zentrale, sagte AuschwitzÜberlebende Esther Bejarano anlässlich
des Jahrestages zur Auschwitz-Befreiung
Ende Januar gegenüber unserer Zeitung.
«Aber ich bin dafür, dass diese Menschen, die damals den Holocaust unterstützt haben, verurteilt werden, auch
wenn sie heute 90 oder 95 Jahre alt sind.
Ich will diese Leute nicht im Gefängnis
sehen, aber ich möchte, dass sie für ihre
Taten zur Rechenschaft gezogen werden.
Das ist man den Opfern schuldig.»
CHRISTOPH REICHMUTH, BERLIN
[email protected]
und Konservativen, zwischen Stadt und
Land. Er verzichte auf martialische Töne
von blutgetränkten Äckern, Säbeln und
sich kreuzenden Klingen. Sei eine Meditation, ein Gebet, eine Ermahnung
auf das Wesentliche. Kurz: «Die beste
Nationalhymne für die Schweiz und
eine der weltweit schönsten obendrein.»
Mit einem wenn auch nicht zeitgemässen, so doch zeitlosen Text.
100 000 Franken von Blocher
Als politisches Statement möchte
Spörri seinen Einsatz nicht verstanden
wissen: «Ich bin kein politischer
Mensch.» Obwohl die meisten Sympathiekundgebungen auf seiner Seite aus
dem SVP-Umfeld stammen und obwohl
die grösste Spende fürs Jubiläumsjahr
von Christoph Blocher kam, fühlt er
sich zu Unrecht in die rechte Ecke gestellt. Die 100 000 Franken vom SVPVordenker hat er dankend entgegengenommen. Und dabei den Spender als
grossartigen Unterhalter kennen gelernt: «Nach den Konzerten sind wir
jeweils im ‹Sternen› essen gegangen und
haben uns blendend amüsiert – ohne
eine einzige politische Anspielung.»
Geringe Resonanz freut ihn
Weniger amüsiert hat Spörri, dass die
Schweizerische Gemeinnützige Gesellschaft kurz darauf den Wettstreit um
eine neue Hymne entfacht hat. «Ich
habe von Anfang an gewusst, das
kommt nie durch», sagt er zwar. Gewurmt hat es ihn dennoch – zumal er
die lang verschmähte Hymne nach
dem Jubiläumsjahr endlich im Trockenen glaubte.
Doch jetzt, angesichts der geringen
Resonanz auf die wenigen Beiträge,
glaubt er sich definitiv am Ziel. Die
Hinweise geben ihm Recht: 90 Prozent
der Zuschauer von Tele Züri wollten
nicht am heutigen Hymnenzustand
rütteln. Die Leserbriefspalten sind unmissverständlich. Und an der vor Ostern
lancierten Online-Abstimmung der
Schweizerischen Gemeinnützigen Gesellschaft über die sechs Alternativ-Varianten haben sich laut Niederberger
erst 19 000 Personen beteiligt. «Mehr
nicht?», fragt Spörri. Und wieder ist ihm
die klammheimliche Freude anzuhören.
Projekt für die Schulen
Momentan läuft der grösste Angriff
auf den Schweizerpsalm seit Jahrzehnten, doch dessen grösster Fan bleibt
gelassen: «Wir führen das friedlich zu
Ende», sagt er. Und bereitet sich schon
auf die Zeit vor, «wenn der Spuk vorbei
ist». Wieder arbeitet er bis in die Nacht
hinein an seinem nächsten Projekt.
Diesmal sind es Arbeitsblätter für Schulen. Damit die Schweizer Jugend endlich
merkt, was hinter der Nationalhymne
ihres Landes mit dem seltsam altmodisch anmutenden Text eigentlich
steckt.
CVP: «Opas» lassen Väter im Regen stehen
ELTERNZEIT Der Vaterschaftsurlaub hat im
Ständerat einen schweren
Stand. Den CVP-Vertretern
ist etwas anderes wichtiger.
Gross war die Freude bei Martin Caninas, als die Sozialpolitische Kommission des Nationalrats diese Woche seinen Vorschlag für die Einführung eines
Vaterschaftsurlaubs guthiess. Der Bündner CVP-Nationalrat, selbst Vater von
drei kleinen Kindern, fordert, dass Vätern nach der Geburt eines eigenen
Kindes ein zehntägiger bezahlter Urlaub
gewährt wird, den sie im ersten Halbjahr
nach der Geburt beziehen können. Finanziert werden sollen die Papa-Ferien
analog zum Mutterschaftsurlaub über
die Erwerbsersatzordnung (EO), die
Überschüsse erzielt.
Nur vier Stimmen auf sicher
Trotz des Erfolges – andere Vorstösse
zum Vaterschaftsurlaub schafften diese
noch nicht festlegen,
Hürde nicht – muss
allerdings kann sich
Candinas weiter zittern. Denn das Ja
keiner der drei für den
der nationalrätliVorschlag begeistern.
chen Sozialpolitiker
Vielleicht, weil sie mit
ist nur ein kleiner
57, 58 und 62 Jahren
eher im Grossvater- als
Etappensieg.
Bevor wirklich ein
im Vater-Alter sind.
Gesetzentwurf aus«Wir werden den Vorgearbeitet
wird,
stoss genau und sicher
«Aufgrund der
muss auch die stänkritischer prüfen als
Finanzaussichten ist
derätliche Schwesunsere Kollegen im
das Parlament
terkommission zuNationalrat»,
sagt
stimmen. Diese hat
Schwaller. Er macht
gehalten,
Candinas, der sich be13 Mitglieder, Cansparsam zu sein.»
reits auf mehr Widerdinas braucht also
U R S S C H WA L L E R
stand eingestellt hat,
sieben Stimmen für
C V P-STÄ N D E R AT,
wenig Hoffnungen:
eine Mehrheit.
FREIBURG
Dies müsste ein
«Aufgrund der FinanzLeichtes sein: Die
aussichten des Bundes
vier Stimmen der
und nötiger Reformen
SP-Vertreter hat er wohl auf sicher, und wie der Altersvorsorge und der Unterdie drei fehlenden könnten aus der nehmensbesteuerung ist das Parlament
eigenen Partei stammen – mit dem gehalten, sparsam zu sein und LeistunFreiburger Urs Schwaller, dem Luzerner gen nur zurückhaltend auszubauen»,
Konrad Graber und dem Appenzeller sagt er.
Allzu viel kosten dürfte der VaterIvo Bischofberger sitzen drei Christdemokraten in der Kommission. Doch hier schaftsurlaub à la Candinas allerdings
sieht es düster aus. Zwar mögen sie sich nicht: Der Bund rechnet mit 190 Mil-
lionen Franken pro Jahr. Bereits letztes
Jahr machte die EO aufgrund der sinkenden Diensttage in Militär, Zivildienst
und Zivilschutz 170 Millionen Gewinn,
2035 sollen es gar 560 Millionen sein.
Würde man den derzeit geltenden Beitragssatz von 0,5 Prozent beibehalten,
wären die Papa-Ferien also finanziert.
Renten statt Familien
Doch für die Ständeräte haben derzeit
nicht die jungen Familien, sondern die
Alten Priorität: Die ständerätliche Kommission beugt sich aktuell über die
Altersreform 2020, die an den verschiedensten Schrauben dreht, um die Renten der ersten und der zweiten Säule
zu sichern. Das könnte sich auch auf
den Vaterschaftsurlaub auswirken, wenn
man Konrad Graber glauben darf. Für
ihn ist klar, «dass man weitere Leistungen der Sozialversicherungen wie der
EO auch im Rahmen der Altersreform
2020 sehen muss». Schlechte Karten für
Candinas. Der junge Vater muss bei den
CVP-«Grossvätern» also noch viel Überzeugungsarbeit leisten.
SERMÎN FAKI
[email protected]
Für die USA ist der saudische
Schritt eine Art hinnehmbare Trotzreaktion auf die Iran-Politik Washingtons. Denn auch nach einem
Atomabkommen mit dem Iran darf
letzterem keine Übermachtstellung
gelingen. In Zeiten amerikanischer
Scheu gegenüber direkter und kostspieliger militärischer Einmischung
im Nahen Osten sind begrenzte
Militäraktionen befreundeter Staaten eine günstige Alternative. Noch
günstiger als die im September 2014
erfundene «Mischform» gemeinsamer amerikanischer und arabischer
Luftangriffe auf Ziele der Terrormiliz IS (Islamischer Staat) in Syrien
und im Irak. Die Golfstaaten werden
zwar neue amerikanische Waffen
bestellen, doch im Falle eines Scheiterns des Unternehmens tragen die
USA keine direkte Verantwortung.
Mit den saudischen Angriffen
wird verhindert, dass die wichtige
Meerstrasse zwischen dem südlichen Roten Meer und dem Indischen Ozean, die Bab Al-Mandab,
an der der Jemen liegt, von Iranfreundlichen Rebellen kontrolliert
wird.
Das Geschehen an einer geostrategisch bedeutenden Lage ruft Russland auf den Plan. Moskau befürchtet, der Angriff auf den Jemen ohne
UNO-Mandat könnte auch woanders
Schule machen, und fühlt sich bei
einer Frage von Krieg und Frieden
an einem für die Weltsicherheit sensiblen Ort hintergangen. Während
Moskau bei dem Atomabkommen
mit dem Iran mitreden konnte, werden an der südlichsten Spitze der
Arabischen Halbinsel Tatsachen geschaffen – ohne Rücksicht auf die
Sicht des Kremls. Da ist der Versuch
Russlands nur konsequent, zunächst
einmal im Alleingang über den UNOSicherheitsrat eine Feuerpause im
Jemen zu erreichen. Fortsetzung
folgt: spätestens, wenn das Scheitern
des gefährlichen Spiels der Golfstaaten in der Region sichtbarer wird.
Denn nicht nur im Jemen lassen sich
innenpolitische Auseinandersetzungen nicht mit Militärintervention von
aussen regeln – auch nicht durch
eine Intervention der Reichsten
gegen die Ärmsten.
HINWEIS
Aktham Suliman (45) ist syrischer Journalist.
Er war während zehn Jahren DeutschlandKorrespondent des arabischen Fernsehsenders Al Jazeera.