Motivation Es sollte Skandinavien sein. Wie es in Schweden - bvmd

Famulatur in Turku, Finnland
am Universitätskrankenhaus TYKS
http://www.tyks.fi/en/
1.8.-31.8.2004
Markus Stiehm (10.Sem.), Uni Heidelberg
Motivation
Es sollte Skandinavien sein. Wie es in Schweden im Krankenhaus zugeht, wusste ich bereits
und aus Finnland kommt nun mal meine Mutter. Außerdem hatte ich ursprünglich eh vor, den
Sommer dort oben zu verbringen. Nur leider reichte dafür das Geld nicht aus. Also warum
keine bezuschusste Famulatur? Der Hauptgrund, nach Turku zu gehen, war für mich, dass ich
darüber nur Gutes in den entsprechenden Famulaturberichten gelesen habe. Andere von mir
angeschriebene Krankenhäuser hatten überdies nicht geantwortet. Und: Ich spreche ein wenig
Schwedisch, was an der finnischen Westküste etwas häufiger gesprochen wird als anderswo
im Lande.
Vorbereitung der Famulatur (nützliche Lit., Veranstaltungen usw.)
Ich habe mich nicht speziell auf meine Famulatur vorbereitet, weil ich bereits zuvor mehrmals
in anderen Ecken Finnlands war und auch ein paar Brocken Finnisch verstehe.
Allerdings kann ich jedem nur empfehlen, vor seiner Famulatur etwas Finnisch zu pauken,
sonst geht einem doch auf Station so manches durch die Lappen.
Kleiner Tipp am Rande: Wer kein Salz- Lakritz mag, hat es dort doppelt schwer. Also zum
warm- up „Haribo-Piratos“ bereits in Deutschland probieren!
Fachliche Eindrücke, Tätigkeit vor Ort
Ich habe in der Klinik für Innere Medizin famuliert, genauer gesagt in der Abteilung für
Infektionskrankheiten. Eine wirkliche „Tätigkeit“ hatte ich dort nicht. Es lief eher nach dem
„follow-the-doctor“-Prinzip ab. Es wurde erwartet, dass ich zu den täglichen Visiten mit
Stations- und Oberarzt von 8.30 Uhr bis etwa 11.00 Uhr da war. Danach hatten die Ärzte und
der ebenso anwesende finnische Famulant, der übrigens gut bezahlt wurde, ihren Papierkram
zu erledigen. Das war für mich nur mäßig spannend. Es blieb mir daher selber überlassen, wie
ich die nächsten Stunden gestalten würde. Ich bin deshalb nach der Visite ein paar Mal in die
Notaufnahme oder auch in die infektiologische Sprechstunde gegangen, um dort einen Arzt
bei seinen Aufgaben zu begleiten. Ich war aber nie länger als bis 14.30 Uhr im Krankenhaus.
Die Visiten an sich waren interessant, zumal ich zuvor noch keine Patienten mit AIDS, einer
Hantavirusinfektion, Malaria oder Tuberkulose gesehen hatte. Am besten waren diese
„rounds“ in den ersten zwei Wochen, als auch der finnische Famulant noch mit von der Partie
war und als Übersetzer einspringen konnte, wenn die Ärzte mal wieder zu faul waren,
Englisch zu sprechen. Prinzipiell nahmen sich die Oberärzte aber Zeit, wenn ich mal einen
Patienten ausgiebiger diskutieren wollte. In der infektiologischen Ambulanz und auf der
Notaufnahme war eher weniger Zeit, da musste ich zusehen, dass ich überhaupt verstand, was
der Patient für ein Problem hatte. Selber Patienten aufnehmen oder untersuchen war nicht drin
– nur ab und zu mit dem Stethoskop auf einen Pneumonie-Patienten horchen, das ging.
Sprachprobleme mit Ärzten und Patienten
Die Verständigung auf Englisch war im Prinzip kein Problem, da Finnen im Vergleich zu
Deutschen besser Englisch sprechen. Einige Stationsärzte oder Schwestern waren naturgemäß
etwas kürzer angebunden in der Fremdsprache als in ihrer eigenen.
Beziehung zu den Gastgebern und zu der Bevölkerung
Dadurch, dass wir IFMSA-Famulanten von unseren finnischen Tutoren betreut wurden, haben
wir auch mitgekriegt, was die so beschäftigt. Außerdem haben ja im Krankenhaus oft auch
noch andere finnische Medizinstudenten gearbeitet, die immer sehr hilfsbereit waren – egal ob
es ums Fahrradausleihen oder um Tipps zum Nachtleben ging.
Mitte August beginnen in ganz Finnland traditionell die Erstsemester ihr Studium, die
wiederum von studentischen Tutoren aus höheren Semestern gut betreut werden. Die
begleitenden Einführungsparties und Initiationsriten – Trinkspiele, Nacktbaden, Grillen –
haben wir Austausch-Studis selbstredend begeistert mitgemacht. Die Völkerverständigung hat
funktioniert.
Gesundheitsversorgung, med. Ausbildung, „primary health care“
Prinzipiell gibt es in Finnland eine ähnliche gesetzliche Krankenversicherung mit
Zuzahlungspflichten wie in Deutschland. Die Standards in der Krankenversorgung und in der
medizinischen Ausbildung sind hoch, Ärzte sind knapp, die Statio nen voll. Weshalb es eben
sein kann, dass Patienten bei Besuchen in Ambulanzen oder bei elektiven Eingriffen auch mal
etwas länger als bei uns warten müssen. Nicht zuletzt deshalb wird dort vielmehr im
ambulanten oder hausärztlichen Bereich behandelt als hierzulande.
In Finnland gibt es fünf Fakultäten für Medizin. Die Hürden, einen Studienplatz zu
bekommen sind hoch, die Zulassungstests schwer. Die jenigen jedoch, die anfangen dürfen zu
studieren – in Turku jedes Jahr 150 (!) – werden in der Regel ihr Studium auch nach 12
Semestern abschließen. Staatsexamina gibt es nicht, nur universitätsinterne Prüfungen. Das
Studium ist insgesamt straffer und praxisorientierter, z.B. können Studenten ab dem 5.
Studienjahr in den Ferien quasi als Ärzte in Krankenhäusern arbeiten (mit dem
entsprechenden Gehalt) und auch die Famulaturen sind bezahlt (1300 Euro/Monat).
Steckbrief Famulatur Turku, Finnland:
Art und Kosten der Unterkunft:
Zimmer in 3er-Apartment, groß, in Studentendorf, etwas außerhalb, keine Miete. Sehr gut.
Lebenshaltungskosten:
Lebensmittel sind in Finnland durchschnittlich etwas teurer als hier. Absolute Spitzenreiter
sind aber sicher Alkohol, Obst und Gemüse.
Verkehrsanbindung
Das Krankenhaus liegt mitten in der Stadt. Von meiner Bleibe im etwas weiter draußen
gelegenen Studi- Dorf brauchte ich 15 Minuten – mit dem Rad.
Devisen
Kein Thema, da Euroland. Geld gibt’s am Automaten mit allen gängigen Kredit- und ECKarten.
Rückblick: Erwartungen erfüllt?
Hat Spaß gemacht, war gut organisiert, Turku ist ein nettes kleines Städtchen, aber Innere
Medizin dort war eher ein Fehltritt. Meine Empfehlung: In Turku würde ich nur auf einer
chirurgischen oder gynäkologischen Station famulieren. Ausländische Studenten, die dort
famuliert haben, waren begeistert.
Gern beantworte ich noch offene Fragen zu meiner Famulatur unter [email protected]