Erfahrungsbericht Gynäkologie in Guadalajara, Mexiko Organisation, Wohnungssuche, Anreise Die Organisation der Famulatur lief reibungslos über das Büro der internationalen Beziehungen in Innsbruck. Nach der Bewerbung mit ausgefülltem Bewerbungsformular, Motivationsschreiben in Spanisch, Famulaturbestätigungen, Studienerfolgsnachweis (Ausdruck i‐med.inside), einem Lebenslauf in Spanisch und einem Nachweis der Sprachkenntnisse bekam ich relativ schnell eine Zusage der Universidad de Guadalajara. Die Kontaktperson dort für alle ankommenden Studenten ist Juan José Maldonado Rivera. Mit ihm fixierte ich schließlich den genauen Zeitraum für die Famulatur, er wies mich darauf hin, dass Krankenhausbekleidung selbst mitgebracht werden muss und er gab mir einige Adressen für potentielle Unterkünfte während meines Aufenthalts. Ich entschied mich für Guadalalupe Lopez als Vermieterin, welche ein sehr schönes, kleines Haus an Studenten vermietet. Ich lebte dort mit einem mexikanischen Medizinstudenten und einer und einem peruanischen Assistenzärztin/‐arzt, sowie zwei liebenswerten Hunden, einer Katze und Señora Lopez zusammen – alle zusammen buena gente. Die Miete für einen Monat dort beträgt 2200 Pesos, inkludiert sind dabei die Kosten für Wasser, Strom, Gas, Internet, Trinkwasser und ab und zu ein paar Snacks der Vermieterin. Die Stimmung dort war immer super und die Señora versucht auch den Austauschstudenten die mexikanische Kultur durch Stadtführungen und allerlei Geschichten und Anekdoten näher zu bringen. Der Hauptgrund jedoch, weshalb ich mich aber für diese Wohnung entschied war die bestechende Nähe zum Krankenhaus, welches sich nur 10 Minuten Fußweg entfernt befindet. An meinem Ankunftstag holte mich ihr Nachbar gegen einen Preis von 300 Pesos vom Flughafen ab – die Taxis kosten genauso viel, aber so hatte ich gleich jemanden, der mich ohne Umwege direkt vor die Haustür brachte. Öffentliche Verkehrsmittel vom Flughafen, sind meiner Meinung nach nicht zu empfehlen, da sie oft sehr überfüllt sind und mit großem Gepäck ungemütlich werden können, sowie Diebe geradezu herausgefordert werden zuzuschlagen. (Ich muss allerdings sagen, dass ich bei meinem 7‐wöchigen Aufenthalt in Mexiko nie bestohlen wurde.) Krankenhaus und Ablauf der Famulatur Meine Famulatur absolvierte ich im Hospital Civil de Guadalajara viejo, also im alten Gebäudekomplex des bürgerlichen Krankenhauses. Dass es sich um ein altes Gebäude handelt (200 Jahre) merkt man, sobald man den ersten Schritt hineinsetzt. Am ersten Tag nahm mich gleich Juan José Maldonado Rivera in Empfang und gab mir eine Führung durch die verschiedenen Gebäude und Abteilungen, erzählte einiges über die Geschichte und Aufgabe des Krankenhauses (da es ein ziviles Krankenhaus ist, behandeln sie dort auch Menschen ohne Krankenversicherung, sowie Gefängnisinsassen, sodass es dort einerseits sehr überlaufen ist und andererseits Wachkräfte mit scharfen Maschinengewehren herumstehen), bestellte mit mir meinen Krankenhaus‐ /Studentenausweis (man braucht ein Passbild, und man kann damit kostenlos in alle Museen und Ausgrabungsstätten Mexikos) und stellte mich dem Leiter der Gynäkologie vor. Dieser stellte mich dann zwar bloß in einer Abteilung ab und ich musste mich selbst bei allen vorstellen, aber er sicherte mir auch vollständige Bewegungsfreiheit zu. Ich durchlief also allerlei Stationen, wie die Kolposkopie, die Brustklinik, die OPs und schließlich entschied ich mich dafür meine Famulatur auf die Geburtshilfe auszuweiten. Jede der Stationen wird mehr oder weniger von Studenten des vierten oder fünften Jahres geführt (Internos), welche bei Unsicherheiten Assistenzärzte (Residentes) hinzurufen können. Da es sich um einen sehr jungen Angestelltenstab handelt und die Studenten sowie Assistenzärzte bereits einen enormen Grad an praktischer Erfahrung besitzen, ist es sehr einfach sich in das Team einzugliedern und auch selbst Verantwortung zu übernehmen. Jeder lehrt jedem in diesem beeindruckenden System, allerdings steht Eigeninitiative und fließendes Spanisch zu sprechen an oberster Stelle. Beispielsweise besteht die Möglichkeit mit den anderen Studenten guardias – sprich Nachtdienste – zu übernehmen, in denen man einerseits noch besseren Kontakt knüpfen kann und andererseits sehr viel an praktischer Erfahrung gewinnt. Dienstbeginn war normalerweise um 8:00 Uhr, aber so genau hat das niemand genommen, und Dienstschluss um 13:00/14:00 Uhr. Mit seiner Mitarbeiterkarte kann man um 8.30 Uhr in der Kantine frühstücken, um 14:00 Uhr mittagessen und um Mitternacht abendessen. Ich bin mir nicht sicher, ob es auch eine Mahlzeit zwischen 14:00 und 24:00 gab, denn einige behaupteten schon, andere wiederum nicht. Allerdings haben wir in Nachtschichten immer Tacos von einem der vielen Straßenstände geholt und gemeinsam gegessen. Die hygienischen Bedingungen im Krankenhaus gleichen nicht den europäischen Standards, Desinfektionsspender sucht man vergeblich und die Ärzte tragen ihren weißen Kittel bereits während der Anreise zum Krankenhaus, welcher auch mal durch die halbe Stadt gehen kann. Wegwerfmaterialien, wie Mundschutz oder Überschuh sollte man lieber nie wieder aus der Hand geben, wenn man mal einen ergattern konnte. Sonst entspricht die Versorgung der Patienten aber der in Österreich gängigen Praxis. Und die Ärzte und Studenten sind durch lange Arbeitszeiten extrem gut ausgebildet. Freizeitangebot in und um Guadalajara Guadalajara ist das größte Dorf Mexikos! Mit seinen vier Millionen Einwohnern ist Guadalajara zwar die zweitgrößte Stadt Mexikos, aber sie fühlt sich keineswegs so an. Man findet fast keine Hochhäuser, ein Metronetz sucht man vergeblich und auch die großstädtische Geschäftigkeit, wie zum Beispiel in Mexiko City fehlt vollkommen. Jemandem dem Innsbruck gefällt, wird sicher auch in Guadalajara glücklich werden. Neben einigen Sehenswürdigkeiten im Altstadtkern, gibt es noch wunderschöne Außenbezirke in Guadalajara, wie zum Beispiel Tlaquepaque, welches auf jeden Fall einen Besuch wert ist. Jeden Dienstag findet im Teatro Degollado ein kostenloses Konzert klassischer Musik statt. Einlass ist ab 20:00 Uhr, die Schlange davor bildet sich allerdings schon um 18:00 Uhr. Ein Besuch des prachtvollen Theaters steht auf dem Pflichtprogramm jedes Besuchers der Stadt. Außerdem finden dienstags die berüchtigten Wreslingkämpfe (lucha libre) statt, welche ein besonderes Spektakel sind. Nachts treibt es die meisten Jugendlichen oder Junggebliebenen auf die Avenida Chapultepec, welche mit einem reichen Angebot an Bars und Diskotheken aufwartet. Tagesausflüge kann man zum Beispiel nach Tequila, der Geburtsstadt des gleichnamigen Getränkes oder Guachimontones, den einzigen runden Pyramiden Mexikos unternehmen. Wochenendausflüge führen meistens an die Strände von Puerto Vallarta oder Sayulita, welche sich hervorragend zum Surfen eignen. Ich schloss an meine Famulatur noch eine 4‐wöchige Reise quer durch Mexiko an, was ich jedem nur wärmstens ans Herz legen kann. Mexiko ist ein wunderschönes, vielseitiges und kulturell wahnsinnig interessantes Land, in dem wirklich für jeden Geschmack etwas dabei ist. Und auch die Gastfreundlichkeit und Warmherzigkeit der Mexikaner wird jedem, der dort eine gewisse Zeit verbringt sogleich zuteilwerden. Fazit Mich hat es umgehauen. Ich würde die Famulatur in Mexiko auf alle Fälle wieder machen und kann es auch jedem, der Spanisch spricht, empfehlen! Ich habe dort viele tolle Menschen kennengelernt, welche nun meine Freunde sind, in medizinischer Sicht sehr viel praktische Erfahrung gesammelt und ein wahnsinnig interessantes Land bereist. Für weitere Fragen stehe ich natürlich zur Verfügung Matthias ([email protected])
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