Stich wort des Mo nats Wie bleibe ich als Arzt liquide? - Frauenarzt

Stichwort des Monats
Wie bleibe ich als Arzt
liquide?
Durch gezielte Maßnahmen Liquiditätsengpässen vorbeugen
Daniel Klostermann, Rainer Riedel
In den letzten Jahren ist ein stetiger Anstieg der Insolvenzen
in Deutschland zu beobachten. Diese Tendenz zeigt sich leider
auch bei Arztpraxen, obwohl zumeist nachhaltige und ausreichende Praxisgewinne erwirtschaftet werden. Der Hauptgrund
ist, dass der Praxisliquidität nicht genügend Aufmerksamkeit
geschenkt wird. Dieser Beitrag erläutert Ursachen für Liquiditätsengpässe und zeigt, wie sich Praxen davor schützen können.
Unter dem Begriff „Liquidität“ versteht man vereinfacht die Zahlungsfähigkeit. Für die Arztpraxis bedeutet Liquidität die Fähigkeit, bestehende und fällige Verbindlichkeiten
fristgerecht zu erfüllen, ohne dass
der Praxisbetrieb beeinträchtigt wird.
Voraussetzung für die Liquidität ist
das Gleichgewicht zwischen dem Zahlungsmittelbedarf und der Zahlungsmitteldecke, d.h. die verfügbaren finanziellen Mittel müssen mindestens
der Summe der offenen Verbindlichkeiten entsprechen.
Wie kommt es zu
Liquiditätsproblemen?
Wird eine Arztpraxis illiquide, gibt es
hierfür im Wesentlichen folgende
Gründe:
– Die auf den Praxiskonten vorhandenen Gelder werden ausgegeben,
ohne an die Bildung notwendiger
Rücklagen zu denken (z.B. für Steuervoraus- oder -nachzahlungen).
– Der Praxisinhaber bzw. ein Praxisgesellschafter lässt sich nach einer
Ehe in Zugewinngemeinschaft und
ohne Ehevertrag scheiden. Dann
können 50% seines Praxisanteils
vom ehemaligen Ehegatten eingefordert werden.
– Bei der Beteiligung an Abschreibungsmodellen wurden entweder
die steuerlichen Effekte falsch berechnet oder es wurde bei deren
Berechnung von falschen Rahmenbedingungen ausgegangen.
Wie lässt sich Liquiditätsproblemen vorbeugen?
Zunächst einmal sollte man natürlich
das Praxisvermögen bestmöglich vor
dem Zugriff Dritter schützen (z.B.
auch durch einen Ehevertrag mit vereinbarter Gütertrennung bzw. einem
modifizierten Zugewinnausgleich).
Unabhängig davon empfiehlt es sich,
betriebswirtschaftliche Steuerungsund Kontrollinstrumente einzusetzen.
n Controlling und
Finanzplanung etablieren
Lohnend sind die Einführung eines
Praxiscontrollings und die Erarbeitung finanzwirtschaftlicher Planungssätze, deren Einhaltung man
kontinuierlich überwacht. Zum Einrichten eines Controllingsystems gehört die Erstellung eines Finanzplans,
der im Wesentlichen die Kosten und
Erträge der Praxis enthält. Basierend
auf diesen Zahlen wird der Finanzbedarf für einen bestimmten Referenzzeitraum (vorzugsweise quartalsbezogen) ermittelt und mit ihm die benötigten liquiden Mittel. Eine solche
Daniel Klostermann
Rechtsanwalt
Axer Partnerschaft
Rechtsanwälte, Wirtschaftsprüfer,
Steuerberater
Dürener Straße 295
Prof. Dr. med. Dipl.-Kfm.(FH)
Rainer Riedel
Präsident
Rheinische Fachhochschule Köln
gGmbH
University of Applied Sciences
Schaevenstr. 1a/b
50676 Köln
E-Mail: [email protected]
Finanzplanung empfiehlt sich besonders im Hinblick auf anstehende Investitionen. Denn bereits im Vorfeld
sollte kalkuliert werden, inwieweit
eine Investition mit Eigenmitteln finanziert werden kann oder ein Kredit
erforderlich ist.
PRAXIS + ÖKONOMIE
Autoren
n Entnahmen- und
Rücklagenhöhe festlegen
Der Finanzplan muss natürlich auch
die (Privat-)Entnahmen und Rücklagen enthalten. In der Regel entscheiden die Praxisinhaber, welcher
Gewinnanteil entnommen bzw. ausgeschüttet wird, um noch in der Lage
zu sein, für zukünftige Investitionen
Rücklagen in bestimmter Höhe zu
bilden. Leider sind entsprechende
Festlegungen nicht in allen Arztpraxen üblich, und der Gewinn wird oft
vollständig entnommen und ausgegeben, ohne Finanzreserven zu bilden. Bei unerwarteten Gewinnrückgängen kann sich ein solches Vorgehen fatal auf die Praxisliquidität auswirken.
n Liquidität regelmäßig berechnen
Steuerlicher Gewinn ist nicht gleich
Liquidität! Er ist lediglich die Basis
einer langen Rechnung, mit der die
Liquidität ermittelt werden kann.
Diese Rechnung muss vor allem folgende Faktoren berücksichtigen:
– Abschreibungen auf Anlagevermögen (AfA): Sie mindern zwar den
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PRAXIS + ÖKONOMIE
Schema zur Liquiditätsberechnung
steuerlicher Gewinn
Abschreibungen
erwirtschaftete Liquidität (Cashflow)
Anlagenabgänge
Anlagenzugänge
Praxisdarlehensaufnahme
Praxisdarlehenstilgung und Zinszahlungen
verfügbare Liquidität
Steuererstattungen
Steuernachzahlungen (ESt, KiSt, SoliZ)
private Einlagen (z.B. Zins- und Grundstückserträge, Aufnahme privater
Darlehen etc.)
- private Entnahmen (z.B. Lebenshaltungskosten, Vorsorgeaufwendungen,
Versicherungen, Zins-und Grundstücksaufwendungen, Tilgung privater
Darlehen etc).
= freie Liquidität
+
=
+
+
=
+
+
Auf der sicheren Seite sind Arztpraxen, solange die freie Liquidität (s. Endergebnis obiger
Rechnung) positiv ist.
steuerlichen Gewinn, stellen aber
keinen Liquiditätsabfluss dar.
– Anlagevermögenszugänge und Tilgungsleistungen für Praxisdarlehen: Diese bleiben bei der Gewinnermittlung unberücksichtigt, stellen aber einen Liquiditätsabfluss
dar.
– Anlagevermögensabgänge und Praxisdarlehensaufnahme: Diese bleiben bei der Gewinnermittlung unberücksichtigt, stellen aber einen
Liquiditätszufluss dar.
– Zinsen für Praxisdarlehen beim
Kauf von Anlagevermögen: Diese
mindern den steuerlichen Gewinn
und stellen zugleich einen Liquiditätsabfluss dar.
– Privatentnahmen: Sie bleiben bei
der Gewinnermittlung unberücksichtigt, stellen aber einen Liquiditätsabfluss dar.
grund der sich häufig ändernden
ärztlichen Vergütungssituation.
Fazit
Wie auch immer die Praxisplanung
aussieht: Die Überwachung der Praxisliquidität ist von existenzieller Bedeutung und sollte unter Anleitung
betriebswirtschaftlich versierter Berater erfolgen. Am besten sprechen
Sie Ihre Steuerberaterin bzw. Ihren
n
Steuerberater darauf an.
Um in Zeiten sinkender Umsätze und
steigender Kosten finanziell handlungsfähig zu bleiben, genügt es
nicht, Praxisumsätze und Praxiskosten zu kennen. Eine sorgfältige Liquiditätsplanung und ein engmaschiges Controlling sind mindestens
ebenso wichtig, nicht zuletzt auf-
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Die Banken, die inzwischen bei der
Kreditgewährung bzw. Kreditverlängerung relativ restriktiv geworden
sind, legen jedenfalls großen Wert
auf Praxiszahlen, die Liquiditätsaspekte berücksichtigen. Und auch
im Rahmen einer Praxisbewertung,
beispielsweise zum Zweck der vollständigen oder anteiligen Veräußerung, sind seitens des Kaufinteressenten Liquiditätsberechnungen gefordert. Deshalb ist bei Praxisbewertungen auf ein Bewertungsverfahren
zu achten, das die Praxisliquidität in
ausreichendem Maß berücksichtigt,
wie z.B. die modifizierte Ertragswertmethode, nicht aber die so genannte Bundesärztekammer-Methode!
Hinweise für Autoren