TITEL Liquiditätsmanagement N Liquiditäts-Check im Ackerbau So bleiben Sie flüssig ! Liquidität geht vor Rentabilität, das lernen angehende Betriebswirte im ersten Semester. Bevor es finanziell eng wird, warnt ein PC-gestützter „Liquiditätsmanager“. Wir zeigen Schritt für Schritt an einem Praxisbeispiel, wie das neue Computer-Tool funktioniert. 16 agrarmanager Dezember 2015 sierenden Liquiditätsplan setzen, den wir Schritt für Schritt vorstellen, und den Sie — angepasst an den eigenen Betrieb — nutzen können, um sich vor finanziellen Engpässen zu schützen. MENGEN & PREISE Bereits die Schätzung der Erntemengen gibt erste Hinweise für die Vermarktung. Auf Basis der geschätzten Mengen kann Ackerbauer Müller je nach Sicherheitsbedürfnis und Risikobereitschaft Teilmengen vor dem Drusch preislich fixieren. Vorverkäufe auf Termin sichern seine Liquidität, sollte der Preis unverhofft fallen. Neben der Ertragsschätzung muss Müller grobe Richtpreise für die einzelnen Kulturen annehmen, um die Einnahmen für das Wirtschaftsjahr zu schätzen. Die in der Tabelle unten angegeben Erzeugerpreise beruhen auf Erfahrungswerten der Vergangenheit, sind angesichts volatiler preise aber mit einer erheblichen Unsicherheit verbunden. Die Aussagekraft der Richtpreise steigt aller- dings mit fortschreitendem Wirtschaftsjahr und tatsächlichen Verkäufen kontinuierlich an, da immer größere Teile des Richtpreises durch reale Preise ersetzt werden. LIQUIDITÄTSPLAN Nachdem die Einnahmen grob umrissen sind, muss sich Ackerbauer Müller im nächsten Schritt mit den im Wirtschaftsjahr notwendigen Ausgaben für zum Beispiel Pachtzins, Betriebsmittel oder Kapitaldienst beschäftigen, nachzulesen in der Tabelle auf der rechten Seite. Hierbei orientiert er sich zunächst an den Werten der Vergangenheit, berücksichtigt dabei allerdings erwartete Preisänderungen bei Dünger, Pflanzenschutzmitteln oder anderen Betriebsmitteln. Bekannte Zahlungsverpflichtungen für Zins und Tilgung sowie Investitionen sorgen für weitere Klarheit. Jetzt fehlen nur noch die Privatentnahmen und Steuerzahlungen inklusive erwarteter Nachzahlungen und Ackerbauer Müller sieht, wie sich die Liquidität seines Betriebes Blick auf den Anbauplan von Ackerbauer Müller Fläche Ø-Ertrag* Menge 1 Richtpreis 1 75 ha Gerste 80 dt/ha 600 to 14,50 €/dt 200 ha Weizen 85 dt/ha 1.700 to 16,50 €/dt Auf Basis der selbst geschätzten Richtpreise rechnet Ackerbauer Müller aus 35,00 €/dt der Ernte 2015 mit Umatzerlösen von 2,40 €/dt 723.063 €. 125 ha Raps 42 dt/ha 50 ha Silomais 450 dt/ha 50 ha Zuckerrübe 725 dt/ha 500 ha 525 to 2.250 to 3.625 to 3,30 €/dt 8.700 to 723.063 € zunächst geschätzt 1 FOTO: FOTOLIA, DMITRY KOKSHAROV A lle Jahre wieder: Ausgerechnet wenn im September die Pachten fällig werden, haben die Erzeugerpreise auch 2015 ihr saisonales Tief markiert. Vor allem spezialisierte Ackerbaubetriebe mit hohem Pachtanteil mussten trotz mieser Preise Teile der diesjährigen Ernte verkaufen, um flüssig zu bleiben. Auch bei Magnus Müller hat der Anfang September fällige Pachtzins ein großes Loch in die Kasse gerissen. Er baut in Südniedersachsen auf 500 ha Marktfrüchte (200 ha Weizen, 75 ha Gerste, 125 Raps, 50 ha Silomais, 50 ha Zuckerrüben) an - bei Pachtpreisen von durchschnittlich 375 €/ha und 70 % Pachtanteil. Der Ackerbauer ist Anfang Juli mit einem Kontostand von 100.000 € ins Wirtschaftsjahr 2015/16 gestartet. Müller kann einen Großteil seiner Ernte selbst lagern Während der kurzen Preishausse im Juli verkauft er eine erste Teilmenge Weizen. Im September sind dann die gesamten Pachtzahlungen zu leisten, ebenso wie der vierteljährliche Kapitaldienst. Das führt neben allen weiteren Ausgaben zu Gesamtausgaben von 239.030 € im September, was deutlich über und den Einnahmen und vorhandenen Guthaben liegt. Das Konto rutscht ins Minus (-10.657 €) . Um künftig einen besseren Überblick zu haben, wann Ausgaben fällig werden und deshalb auch Einnahmen kommen müssen, will der Ackerbauer auf einen auf dem Tabellenkalkulationsprogramm Excel ba- 1 Liquiditätsplan Nachdem die Planzahlen eingetragen sind, kann Ackerbauer Müller in der Tabelle ablesen, wie sich seine Liquidität entwickelt und kann aus dem Verlauf und frühzeitig einen möglichen Handlungsbedarf ableiten. Der Liquiditätsplan ist die Basis für die gezielte Vermarktung. Die Planzahlen müssen im Verlauf des Wirtschaftsjahres durch reale Daten ersetzt. Falls Müller ins Minus rutscht, heißt es: Kosten senken, Investitionen verschieben und/oder rechtzeitig das Gespräch mit der Bank bezüglich einer Umschuldung suchen. Dezember 2015 agrarmanager 17 N TITEL Liquiditätsmanagement N Liquiditäts-Check im Ackerbau 2 Vermarktungsplan Bei der Vermarktung haben Sie die Liquidität jederzeit im Blick. Die unverkauften Mengen werden am Ende des Wirtschaftsjahres (Juni 2016) summiert. Durch Variation der Preise können Sie verschiedene Szenarien überprüfen und erkennen die Auswirkungen auf die Liquidität Ihres Betriebs. . vom 1. Juli bis zum 30. Juni voraussichtlich entwickeln wird. Außerdem erkennt er die Monate mit dem größten Geldbedarf und den Zeitpunkt, an dem die Liquidität möglicherweise ins Minus rutscht. VERMARKTUNGPLAN Mit dem nun folgenden Schritt sorgt Müller mit der gezielten Vermarktung seiner Erzeugnisse für den mindestens notwendigen Geldzufluss. Sollte das Konto zum Ende des Geschäftsjahres immer noch deutlich im Minus sein, könnte er rechtzeitig reagieren, zum Beispiel indem er die Kosten drückt oder Investitionen verschiebt. Jetzt schaut sich Müller den Vermarktungsplan der zweiten Geschäftsjahreshälfte (1. 1. bis 30. 6.) genauer an. Besonders praktisch an dem excelbasierten Liquiditätsplaner ist, dass Müller die Liquidität zum jeweiligen Monatsende immer automatisch im Blick hat (roter Pfeil in der Grafik oben). Durch die Verkäufe bis Jahresende hat der Ackerbauer ein dickes Liquiditätspolster von über 185.000 € geschaffen. Müller hätte durch den finanziellen Puffer die Möglich- 18 agrarmanager Dezember 2015 keit, zunächst auf steigende Preise zu spekulieren. Bis Ende des Wirtschaftsjahres sinkt die Liquidität auf Basis der Planzahlen allerdings auf nur noch 25.223 €. Die unverkauften Mengen sieht Müller übrigens immer automatisch in der Spalte „Juni 2016“. ANALYSEN_ Der Liquiditätsplaner bietet weitere Analysemöglichkeiten: Zum Beispiel kann Müller simulieren, welche Auswirkungen eine Variation der Preise auf die Liquidität hat. Der Ackerbauer vergleicht die Ist-Situation mit einer Liquidität von 25.223,- € Ende Juni mit zwei Szenarien, nämlich: SERVICE Eine kostenlose Testversion vom Liquiditäts-Manager können Sie anfordern per E-Mail bei: R.Moeller@Moeller-Agrarmarketing. de. Eine Kurzanleitung als Video finden Sie hier: https://www.youtube.com/ watch?v=Nxojt8CZFFk NNPreissenkung um 10 %, wodurch die Liquidität zu Ende Juni auf -9.850 € sinkt. NNPreissteigerung um 1o %, wodurch die Liquidität auf 60.290 € steigt. Die Was-wäre-wenn-Analyse zeigt: Sollten die Erlöse sinken, kann es für Müller zum Ende des Wirtschaftskjahres finanziell richtig eng werden. Zusätzlich erkennt der Ackerbauer, dass er ohne weitere Einnahmen bereits Ende März einen negativen Geldbestand von -30.000 € und Ende April von -97.000 € hätte. Er plant daher mehrere Verkäufe ab Januar, um den Geldbedarf zu decken und das Preisrisiko zu reduzieren. Die tatsächlichen und geplanten Verkäufe trägt er in den Vermarktungsplan ein und erkennt dass eine ausreichende Liquidität bis Ende Juni gegeben ist. Ackerbauer Müller ist zufrieden, der Liquiditätsplaner ist für ihn zu einem unverzichtbaren Managementinstrument geworden. (us) Rainer Möller entwickelt Analyse- und Planungstools für die Landwirtschaft. www.moeller-agrarmarketing.de
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