Doppelt so teuer wie im Ausland - GCSP

Mittwoch, 13. Februar 2013 / Nr. 36 Neue Luzerner Zeitung Neue Urner Zeitung Neue Schwyzer Zeitung Neue Obwaldner Zeitung Neue Nidwaldner Zeitung Neue Zuger Zeitung
Nachrichten
SVP Jura für
Minder-Initiative
Delsberg sda. Die SVP des Kantons Jura empfiehlt die Abzockerinitiative und die Revision des
Raumplanungsgesetzes in der
Abstimmung vom 3. März zur
Annahme. Damit weicht sie von
den Parolen der SVP Schweiz ab.
Bei den Managerlöhnen bevorzuge
man «das Original von Thomas
Minder gegenüber der bleichen
Kopie des Gegenvorschlags», heisst
es auf der Internetseite der SVP
Jura.
Keine Kosten bei
Komplikationen
Bern sda. Frauen, bei welchen es
während der Schwangerschaft zu
Komplikationen kommt, sollen von
einer Kostenbeteiligung befreit
werden. Die ständerätliche Gesundheitskommission (SGK) hat
einen entsprechenden Gesetzesentwurf einstimmig verabschiedet,
wie die Parlamentsdienste gestern
mitteilten. Gemäss geltendem
Recht werden nur besondere Leistungen bei Schwangerschaften
vollständig gedeckt, aber nicht
allgemeine Kosten, die bei Komplikationen auftreten.
Notfall: Raser darf
Ausweis behalten
Bundesgericht sda. Ein Vater
muss seinen Führerausweis nicht
abgeben, nachdem er doppelt so
schnell wie erlaubt ins Spital gefahren
ist, um über die Notfallbehandlung
für sein krankes Baby zu entscheiden.
Das Thurgauer Strassenverkehrsamt
zog den Fall bis vor Bundesgericht
weiter und blitzte nun ab.
Der Mann war im August 2011
morgens um 5 Uhr mit 61 anstatt der
erlaubten 30 Stundenkilometer auf der
Zilstrasse in St. Gallen unterwegs gewesen. Er befand sich dabei auf dem
Weg in die Klinik Stephanshorn.
Verkehrsamt verneinte Notstand
Die St. Galler Staatsanwaltschaft
billigte dem Mann in der Folge zu,
sich bei der Tempoüberschreitung in
einem Notstand befunden zu haben.
Sie nahm deshalb die Strafverfolgung
wegen grober Verletzung der Verkehrsregeln gar nicht erst an die
Hand. Das Strassenverkehrsamt seines Wohnkantons Thurgau verneinte
jedoch einen Notstand und entzog
dem Vater den Ausweis für ein Jahr.
Das Thurgauer Verwaltungsgericht
hingegen hob den Entscheid des
Strassenverkehrsamts auf, worauf dieses das Urteil nach Lausanne weiterzog. Das Bundesgericht hat die Beschwerde des Strassenverkehrsamts
nun abgewiesen. Die Richter erinnern
daran, dass die Verwaltungsbehörden
grundsätzlich an die Einschätzung
der Strafbehörden gebunden sind,
sofern sie nicht selber zusätzliche
Beweise erhoben haben, die eine
abweichende Beurteilung erlauben.
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Schweiz
6
Doppelt so teuer wie im Ausland
Preise In der Schweiz greifen
Patienten für Nachahmerpräparate zwar viel tiefer in die
Tasche als im Ausland. Dennoch setzt Santésuisse auf den
Einsatz von mehr Generika.
eveline rutz
[email protected]
Wer sparen will, greift wann immer
möglich zu Generika. Doch selbst diese
Billigmedikamente sind in der Schweiz
deutlich teurer als im Ausland. Ab Fabrik kosten sie 49 Prozent mehr, wie der
gestern publizierte Auslandvergleich
2012 der Krankenversicherer und der
Pharmaindustrie zeigt. Die Preisdifferenz ist damit gestiegen: 2011 wurden
Schweizer Patienten noch um 43 Prozent
stärker zur Kasse gebeten. Hinzu kommt
die Marge, von der Ärzte und Apotheker
profitieren. Bei den patentgeschützten
Medikamenten beträgt der Preisunterschied 12 Prozent; 2011 lag er noch bei
17 Prozent. Originalpräparate, deren
Patente abgelaufen sind, kosten hingegen 2 Prozent weniger.
«Nur die halbe Wahrheit»
«Wer nur Preise vergleicht und die
Leistung nicht, sieht nur die halbe Wahrheit», sagte Peter Huber, Geschäftsführer
von Intergenerika, gestern vor den Medien. Generika-Hersteller seien hier­
zulande verpflichtet, verschiedene Darreichungsformen, Serviceleistungen und
umfassende Patienteninformationen
anzubieten. In der Schweiz seien die
Lebenshaltungskosten zudem um 44,2
Prozent höher als in den Referenz­
ländern Deutschland, Dänemark, Österreich, Holland, Frankreich und Grossbritannien. «140 000 Menschen beziehen
ihren Lohn direkt oder indirekt von der
Pharmaindustrie», rechnete Thomas
Cueni, Generalsekretär von Interpharma, vor. Sie würden in Franken bezahlt;
der Wechselkurs habe die Standortkosten um rund 20 Prozent verteuert.
Die Preisunterschiede liessen sich
nicht mit höheren Lebenshaltungskosten erklären, widerspricht Preisüberwacher Stefan Meierhans. «Sie sind die
Folge eines geschickten Lobbyings der
Pharmabranche und einer höheren
Wirtschaftskraft.»
Stiefmütterliches Dasein
Nachahmerpräparate spielen in der
Schweiz noch eine kleine Rolle. Sie
haben gemäss Schätzungen einen
Marktanteil von 15 Prozent. In Deutschland (58 Prozent), Grossbritannien (60
Eine Maschine im Pharmaunternehmen Acino in Aesch,
einem Generika-Hersteller, verteilt Kapseln in Packungen.
Keystone/Gaetan Bally
Prozent) und Holland (55 Prozent) werden sie wesentlich häufiger eingesetzt.
«In der Schweiz werden noch zu wenig
Generika verkauft», findet Santésuisse-
«Man könnte etwa
170 Millionen
Franken pro Jahr
sparen, wenn
Originale konsequent
ersetzt würden.»
S c h wei z e r isc h e r
Ko ns u mentensc h u t z
Direktor Christoph Meier. Um dies zu
ändern, gelte es, neue Wege zu finden.
So müsse beispielsweise die Vorgabe,
alle Darreichungsformen auf den Markt
zu bringen, überdacht werden. Autoproduzenten werde auch nicht vorgeschrieben, vom Kleinwagen bis zum
Lastwagen alle Modelle anbieten.
Generika verschreibe, müsse dafür belohnt werden. Mindestens eine gleich
hohe Marge wie bei teuren Medikamenten wäre seiner Meinung nach angebracht.
Gleich hohe Marge gefordert
Deutsches Modell als Vorbild
Auch der Schweizerische Konsumentenschutz (SKS) sieht Handlungsbedarf.
Er kritisiert zwar die Preisdifferenz zum
Ausland, verspricht sich vom vermehrten Einsatz von Generika aber weitere
Einsparungen. Huber von Intergenerika
beurteilt das Potenzial als beträchtlich:
«Man könnte etwa 170 Millionen Franken pro Jahr sparen, wenn Originale,
deren Patent abgelaufen ist, konsequent
ersetzt würden.» Zurzeit fahren Apotheker und Ärzte am besten, wenn sie
möglichst teure Medikamente verkaufen. Huber plädiert daher für ein neues
System. Wer günstige Präparate wie
Preisüberwacher Meierhans schlägt
ein Modell vor, wie es Deutschland
bereits anwendet. Produzenten können
demnach die Preise bei Medikamenten
und zugehörigen Generika, deren Patente abgelaufen sind, frei festlegen.
Die Krankenkassen kommen pro
Wirkstoff oder Wirkstoffgruppe aber nur
für den Preis eines günstigen Präparats
auf. Das heisst, es gibt wirkstoffbezogene Vergütungsobergrenzen. Für die Patienten lohnt es sich daher, auf ein
günstiges Medikament zu setzen. «Die
Preisspirale dreht sich folglich nach
unten.»
«Lieber Cyber-Abwehr als neue Kampfjets»
Armee Die Sicherheitspolitiker nächst ändern. Das noch hängige Gripen-Fondsgesetz sieht vor, dass künftig
sind verärgert über Bundesrat
diese Kreditreste für den Kauf der neuen Kampfflugzeuge auf die hohe Kante
Ueli Maurer. Strittiger Punkt
gelegt werden können. Der Ständerat
sind nicht ausgegebene VBSsoll als erster der beiden Räte in der
Frühlingssession darüber befinden.
Gelder. Sorgen bereiten auch
Nur vier Spezialisten
mögliche Internetangriffe.
Obwohl Verteidigungsminister Ueli
Maurer (SVP) seit Jahren klagt, seine
Truppen hätten zu wenig Geld, gibt er
jährlich Millionen nicht aus. Ein Widerspruch, findet Chantal Galladé (SP),
Präsidentin der Sicherheitspolitischen
Kommission (Sik) des Nationalrates.
Tatsächlich beliefen sich die Kreditreste
in den Jahren 2004 bis 2009 zwischen
87 und 199 Millionen Franken jährlich.
Vergangenes Jahr waren es 300 Millionen, welche die Armee nicht ausschöpfte, dies bei einem Armeebudget von
rund 4,5 Milliarden Franken. Maurer
wollte vor der Sik die Vorwürfe nicht
auf sich sitzen lassen.
Das VBS habe dargelegt, dass vor
allem die Verzögerungen in grossen
Rüstungsvorhaben Grund für die Kreditreste seien, erklärte Galladé. «Das VBS
hat es verpasst, in Varianten zu denken»,
kritisiert sie. Seit 2010 verhindert die
Schuldenbremse, dass die Kreditreste
ins Budget des Folgejahres eingestellt
werden können. Somit sind die Gelder
für Maurer verloren. Das soll sich dem-
Auf der Traktandenliste der Sik stand
gestern zudem ein Bedrohungsszenario
der modernen Art: Die Kommission
«Solche Angriffe
können auch
Menschenleben
kosten.»
S P- N ati o na l r ätin
C h anta l G a l lad é
ü be r Cy be r -ang r i f f e
befasste sich mit der «Nationalen Strategie zum Schutz der Schweiz vor CyberRisiken», also vor Attacken im Internet.
Galladé ist sich sicher, dass diese Risiken
zu den grössten Bedrohungen für die
Schweiz gehören. «Solche Angriffe können auch Menschenleben kosten», sagt
sie. Deswegen hätten die Sicherheitspolitiker in den vergangenen zwei Tagen
internationale Experten angehört. «Ginge es nach mir, würden wir uns besser
gegen diese Bedrohung rüsten, statt
neue Kampfflugzeuge zu kaufen», sagte
die SP-Nationalrätin. Heute würden sich
nur gerade vier Spezialisten um die Abwehr solcher Attacken kümmern – zu
wenige, findet sie. «Die Stellen sollen in
Zukunft auf sechs ausgebaut werden.»
Chantal Galladé erhält Schützenhilfe
von der Sicherheitsexpertin Christina
Schori Liang vom Genfer Zentrum für
Sicherheitspolitik. «Die Schweiz ist, was
Cyber-Attacken angeht, sehr gefährdet»,
konstatiert sie. Besonders die Banken
und die Elektrizitätswerke seien verwundbar. «Fatal wären Attacken auf
das Schweizer Transportnetz, wenn die
Steuerung von Zügen zum Beispiel
plötzlich in fremder Hand läge.»
«Die Schweiz hat heute nicht die
Mittel, die drohenden Attacken abzuwenden», so Schori Liang. Vonnöten
seien insbesondere Spezialisten, die sich
mit den verschiedenen Formen der
Cyber-Angriffe auskennen. «Die einen
kommen von jungen, teilweise jugendlichen Hackern, die sich einen Spass
draus machen, Firmen oder Behörden
zu knacken», erklärt Schori Liang. Weit­
aus gefährlicher seien aber Kriminelle,
die versuchen würden, an Geld oder
Daten zu gelangen. Schliesslich gehe
aber die Bedrohung auch von Ländern
aus, die andere Nationen gezielt angreifen. Die Schweiz sei aber auf einem
guten Weg, so das Zeugnis der Sicherheitsexpertin. Eine Strategie, wie jene,
die der Sik aktuell vorliegt, sei ein Schritt
in die richtige Richtung.
Meldezwang bei Angriffen?
Die immer komplexeren Technologien
machen Behörden und Unternehmen
zunehmend verwundbar. Studien gehen
davon aus, dass Cyber-Kriminalität weltweit Schaden über 388 Milliarden USDollar jährlich anrichtet. Doch kaum
eine Firma gibt heute offen zu, Opfer
eines Angriffs zu sein – zu gross wäre
der Imageschaden.
Und genau diese Verschlossenheit ist
ein Problem in der Bekämpfung von
Cyber-Kriminalität. Um diesem Phänomen einen Riegel zu schieben, ist in der
EU und in Deutschland eine Kontro­verse
über rigorose Schritte entbrannt: Sobald
Kriminelle aktiv geworden sind, sollen
betroffene Firmen den Vorgang staatlichen Stellen melden müssen, damit die
Sache zentral erfasst und weiterverfolgt
werden kann. «Wir haben in der Kommission über einen solchen Schritt auch
gesprochen», sagt Chantal Galladé. Beschlossen sei noch nichts. «Aber das
kommt bestimmt wieder aufs Tapet.»
Léa Wertheimer
[email protected]