FVW 200425_04-S.032-0-034.ps 20.10.2004 15:30 Uhr Seite 34 kongress zukunft ƒ kommentar Nur die Leistung zählt Das Ergebnis: „49 Prozent der Agenturen wollen nun stärker solche Airlines verkaufen, die Provision zahlen“, sagt Laepple – und blickt kurz auf, als sei er selbst davon nicht hundertprozentig überzeugt: „Das ist eine Willenserklärung. Häufig gibt es zu Lufthansa gar keine Alternative.“ Und: „Steuerung braucht Zeit.“ Ähnlich vorsichtig bleibt der DRV-Präsident in einem anderen Punkt: Zwar will – laut Umfrage – jedes zweite Iata-Büro seine Flugscheine künftig vorbei an den Airlines über Ticketgroßhändler buchen. Doch, schränkt Laepple ein: „Eine Umwälzung des Marktes haben wir hier nicht erlebt – vielleicht noch nicht.“ Empfehlungen, was die Höhe der Service-Pauschale angeht, will Laepple nicht geben: „Sonst steht morgen das Bundeskartellamt bei mir vor der Tür.“ Dann allerdings wird er deutlich, spricht zu den Agenturchefs, als komme es auf jedes Wort an: „Um den Schaden so gering wie möglich zu halten, gibt es nur eines: eiserne Disziplin bei der Berechnung und Durchsetzung der Entgelte.“ Positiv für ihn: Anzeichen für einen ruinösen Preiswettbewerb unter den Reisebüros gibt es bislang nicht. „95 Prozent aller Agenturen haben ihre Service-Pauschale seit dem 1. September unverändert gelassen“, sagt Laepple. Und während er spricht, sind auf der riesigen Leinwand hinter ihm drei Wörter zu lesen: „Vermittlungsentgelte stabil? – Ja!“ „Die Reisebüros und die OnlinePortale sind sehr diszipliniert bei ihren Entgelten“, lobt Laepple und legt einen weiteren Chart auf. „Unter 40 Euro geht nichts“, steht drauf – nicht als Forderung des DRV-Chefs, sondern als Zitat aus der FVW. Und als realistischer Durchschnittswert. Nur zwei Extreme legte der Verband offen: Der eine verlangt zehn, der andere 83 Euro für eine Buchung. „Zehn Euro – das garantiert die Insolvenz!“ Laepple: Kein Entgelt für Provisionszahler Aus seiner Ablehnung der Nettopreise macht Laepple keinen Hehl. Doch er weiß: Sie sind Fakt. Also spricht er lieber von „Optimierungen“, etwa davon, das Entgelt nicht auf Provisionsflieger zu berechnen. Und seine Höhe statt vom Reiseziel von der Zahl der Coupons abhängig zu machen. Ob’s hilft? Wendet die Zukunft alles zum Guten? Zu Beginn seiner Rede begrüßte Laepple die imaginäre Hellseherin Madame Irma – mit ironischem Unterton. Antinori hatte sich zuvor mehrfach auf sie berufen, um jeder Frage nach der Zukunft aus dem Weg zu gehen. Nein, eine Glaskugel wie Madame Irma hatte keiner der beiden – aber den Willen zum Dialog. ƒ So leben Reisebüros mit der Nullprovision Die wichtigsten Ergebnisse der DRV-Umfrage • 51 Prozent der Iata-Agenturen erheben auf alle Airlines ein Service-Entgelt – egal, ob sie noch Provision zahlen oder nicht. • 98 Prozent der Agenturen machen – genau wie die Airlines – die Höhe ihrer Service-Pauschale an den Verkehrsgebieten fest. • 49 Prozent der Mittler steuern gezielt auf Fluggesellschaften um, die noch Provisionen ans Reisebüro zahlen. • Bei 95 Prozent der Agenturen blieb das Vermittlungsentgelt seit dem 1. September stabil. • 46 Prozent wollen ihre Flugtickets verstärkt über Consolidators, also Ticketgroßhändler, buchen. 54 Prozent lehnen dies ab. 34 FVW 25 22.10.04 • 56 Prozent richten die Höhe der Fee nach den eigenen Prozesskosten aus. 49 Prozent lassen sich vom Carrier, sieben Prozent vom Mitbewerber beeinflussen. Seite 7 Wie die Agenturen ihre Einnahmen sichern Kostenrechner Heller: Reisebüros können überleben – dank Service-Qualität, flexibler MittlerEntgelte und guter Vertriebssteuerung. M arkus Heller macht seinen Zuhörern nichts vor: „Die Zahl der Reisebüros wird drastisch sinken“, sagt der Unternehmensberater von Dr. Fried & Partner. Und doch gehört das, was Heller auf dem FVW Kongress Zukunft verkündet, eher in die Kategorie Mut und Hoffnung denn Depression. „Die verbleibenden Reisebüros werden gestärkt aus der Krise hervorgehen“, betont der Münchner. „Sie werden sich mit Service-Qualität behaupten, sinkende Provisionen durch betriebswirtschaftliche Intelligenz kompensieren und ihre Kosten kundenindividuell variieren.“ Klingt kompliziert. Und lässt sich doch auf einen einfachen Nenner bringen, und der lautet: Geld verdienen mit Service-Entgelten, mit Markus Heller alternativen Einnahmequellen, mit Eigenveranstaltungen, mit einem geschickten Mix der Vertriebskanäle und mit einer radikalen Vertriebssteuerung. Beispiel 1: „Wer bereits im Juni oder Juli gezielt auf solche Veranstalter steuert, von denen er einen hohen Umsatz erwartet, der kann seine Erträge um bis zu fünf Prozent steigern“, rechnet Heller vor. Sein Mittel ist die Mathematik – Hochrechnungen und Optimierungslogik. „So lassen sich Szenarien unterschied- licher Umsatzverteilungen genau berechnen.“ Beispiel 2: „Service-Entgelte dürfen nicht mehr pauschal erhoben werden, sondern abgestimmt auf die Einzelleistung, die Strecke, die Ticketart und das Service-Level“, erklärt Heller. Dadurch werden die Preise nicht nur für die Kunden transparenter – auch das Büro optimiert seine Buchungsprozesse. „Das schafft Mehrwert“, sagt Heller. Beispiel 3: „Zusatzprodukte wie Mietwagen oder Versicherungen müssen im Kerngeschäft verkauft werden – statt wie bislang oft im Nachhinein, als Zusatz“, sagt Heller. Das Cross Selling bildet seiner Ansicht nach eine wichtige Einnahmequelle. Ebenso entscheidend ist: „Das Reisebüro muss seinen Aufwand verringern, zum Beispiel durch den Einsatz von Online-Buchungsmaschinen.“ Wer diese Ratschläge beachtet, der braucht sich dem Unternehmensberater zufolge keine Sorgen um seine Zukunft zu machen. Von 1,9 Mrd. Euro 2003 könnte sich laut Heller der Ertrag im Jahre 2008 auf 1,95 Mrd. Euro erhöhen – wobei die Gewinne ausgerechnet im Flugticketverkauf wachsen. Und dies so deutlich, dass sie selbst die prognostizierten Rückgänge in der Touristik und bei der Bahn vollauf kompensieren. OG „Entgelte nur nach Leistung erheben!“ FVW25_04-035.ps 20.10.2004 13:17 Uhr Seite 35 Im Flug geht’s steil nach oben Umsatz- und Ertragsszenario für den Reisebüro-Vertrieb Ertrag 2003 1,90 Mrd. Ausgerechnet für den Flugbereich prognostiziert Heller trotz Nullprovision und Umsatzrückgang steigende Erträge. Leichte Verluste müssen Touristik und Bahn (mehr Umsatz, weniger Gewinn) hinnehmen. Bei Mietwagen und Versicherungen geht’s aufwärts. Quelle: Dr. Fried & Partner Berater Markus Heller macht den Reisebüros Mut: Trotz sinkender Provisionen und fallender Umsätze können sie ihre Erträge steigern. Touristik 10,8% von 10,7 Mrd. Umsatz +/- % Ertrag +/- % -7% -13% Prognose Ertrag 2008 1,95 Mrd. 10% von 10 Mrd. 13% von 5 Mrd. Flüge 6,5% von 7,2 Mrd. -31% +39% Bahn 10,5% von 0,9 Mrd. +11% -21% 7,5% von 1 Mrd. Sonstiges 15% von 1,2 Mrd. +25% -25% 15% von 2,5 Mrd.
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