UNTERNEHMERGESELLSCHAFT (UG) Wie erfolgreich ist die neue Rechtsform? Einfacher und günstiger sollte das Gründen werden. Dazu entstand in Deutschland eine neue Rechtsform: die „Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt)“ als Einstiegsvariante für die GmbH. Über ein Jahr ist sie auf dem Markt – und der „Deutsche Industrie- und Handelskammertag“ (DIHK) hat nachgefragt, wie erfolgreich die UG in der Praxis ist. Unternehmergesellschaft (UG): eindrucksvolle Zahlen Der „Deutsche Industrie- und Handelskammertag“ (DIHK) hat 80 „Industrie- und Handelskammern“ (IHK) gefragt, wie die neue Unternehmergesellschaft (UG) in der Praxis funktioniert. Die Bilanz nach einem Jahr: Die IHKs haben „durchweg gute Erfahrungen“ gemacht. Die UG gibt es seit dem 1. November 2008 – als Einstieg in die Rechtsform der GmbH. Zur Gründung reicht ein Stammkapital von einem Euro, wobei die Gründer ihre Gewinne nicht voll ausschütten dürfen. Ein Teil muss in eine Rücklage fließen, um das nötige Stammkapital einer echten GmbH anzusparen. Der Beratungsbedarf war groß: Rund 23.000 Anfragen zur UG haben die IHKs beantwortet. Im Jahr führen ihre Mitarbeiter rund 320.000 Gespräche, die sich um Existenzgründung drehen – davon ging es bei sieben Prozent um die Vor- und Nachteile einer UG. Und Wissenschaftler der Uni Jena haben das elektronische Handelsregister ausgewertet: Bis Februar 2010 wurden in Deutschland 26.644 UGs gegründet. Weniger attraktiv als UG: die Limited (Ltd) Die UG als starke Konkurrenz: Viel weniger Gründer wählen die britische Limited (Ltd) als Rechtsform. In fast allen Bezirken der IHKs ist die Zahl dieser Gründungen rückläufig, oft um 50 Prozent. Das liegt zwar auch an der Wirtschaftskrise, aber die UG ist eine attraktive Alternative: „Es hat sich bewahrheitet, was vom Gesetzgeber bezweckt und von vielen Experten erwartet wurde“, sagt Dr. Thomas Griebel, ein Wirtschaftsanwalt aus München, der auf Handels- und Gesellschaftsrecht spezialisiert ist. „Die UG hat im Vergleich zur Limited eine gute Wirkung am Markt“, so Griebel. Die UG richte sich nach deutschem Recht: „Als Gründer laufe ich nicht mehr Gefahr, irgendwann einen britischen Rechtsanwalt beauftragen zu müssen“, sagt der Wirtschaftsanwalt. Und der DIHK stellt fest: Gründer können so „kostenaufwändige Beratungen zum Limited-Recht“ vermeiden. Eine Limited ist wie die GmbH eine Kapitalgesellschaft mit beschränkter Haftung, sie wird aber in Großbritannien gegründet, es gilt das britische Recht. Dafür ist als Mindestkapital nur ein britisches Pfund nötig, etwa 1,40 Euro. UG: Weg zur richtigen GmbH Die Umfrage des DIHK zeigt: Wenige Gründer haben bisher ihre UG in eine richtige GmbH umgewandelt. Das ist bei einem Zeitraum von einem Jahr auch nicht erstaunlich, zumal viele UGs keine hohen Gewinne haben werden. Der Grund: „Überschüsse fließen zum Beispiel als Gehälter für die Geschäftsführer ab, da wird am Jahresende kein Gewinn ausgewiesen“, weiß Wirtschaftsanwalt Griebel, „dann greift auch die Thesaurierungspflicht nicht.“ Das Gesetz schreibt vor, dass ein Viertel des Jahresgewinns in eine Rücklage fließen muss, um das Stammkapital einer GmbH zu bilden. Griebel denkt dabei auch an eine andere Möglichkeit: „Durch eine Kapitalerhöhung lässt sich eine UG ebenfalls in eine GmbH umwandeln.“ Stammkapital: bis zu 5.000 Euro Ein Euro – mit diesem Stammkapital gründen sich nur rund 12 Prozent aller UGs. Ein großer Teil sind so genannte „Vorratsgesellschaften“: Sie werden als „leere Hülle“ ins Leben gerufen, damit sie später ein Dritter kaufen kann. Die Umfrage des DIHK ergab: Die Mehrzahl der UGs war mit einem Stammkapital von 1.000 Euro ausgestattet, in Einzelfällen waren es bis zu 5.000 Euro. „Die Befürchtung, dass UGs bei geringer Kapitalausstattung allein wegen der Gründungskosten scheitern, hat sich damit bislang nicht bewahrheitet“, stellt der DIHK fest. „Das entspricht meiner Erfahrung“, sagt Griebel, „wir empfehlen immer ein Stammkapital von mindestens 1.000 Euro, damit alle Gründungs- und Anlaufkosten gedeckt sind.“ Das niedrige Stammkapital hat am Anfang auch Banken skeptisch gemacht: In Einzelfällen war es für UGs schwierig, ein Geschäftskonto zu eröffnen, wie der DIHK festgestellt hat. UG: besonders für Dienstleister interessant Ein weiteres Ergebnis der DIHK-Umfrage zu Existenzgründungen: 63 Prozent der Interessenten entscheiden sich für den Dienstleistungsbereich. Nur fünf Prozent hatten vor, einen Betrieb im verarbeitenden Gewerbe zu gründen. Das gilt für alle Gesellschaftsformen. „Die UG wird oft bei Dienstleistungen aber auch im Handel und bei Bauleistungen genutzt“, so der DIHK. Keine Überraschung für Griebel: „Der Kapitalbedarf im Dienstleistungsbereich ist in der Regel wesentlich geringer als bei produzierenden Unternehmen.“ Zum Start reicht oft ein PC, etwa um eine Tätigkeit als Berater aufzunehmen. Bei allen UG-Gründungen lag ein Schwerpunkt auf Großstädten und deren Einzugsgebieten. Kein voller Erfolg: das Musterprotokoll Weniger Bürokratie und Kosten – das wollte der Gesetzgeber mit dem Musterprotokoll erreichen, das drei wesentliche Dokumente zusammenfasst: Gesellschaftsvertrag, Bestellung des Geschäftsführers und Gesellschafterliste. Der DIHK fand heraus: Vor allem bei „Ein-Gesellschafter-Gründungen“ kam das Musterprotokoll gut an. Und Wirtschaftsanwalt Griebel sagt: „„Für die Einpersonengesellschaft ist das Musterprotokoll ein denkbarer Weg und bringt Kostenvorteile.“ Kritisch sieht er dieses rechtliche Instrument, wenn es um eine Gründung mit mehreren Gesellschaftern geht: „Aus anwaltlicher Sicht kann ich da nur abraten, dieses Musterprotokoll zu verwenden“. Der Grund: Das Protokoll sieht keine „Vinkulierungspflicht“ für die Gesellschafter vor, das heißt Geschäftsanteile lassen sich an Dritte übertragen, ohne dass die übrigen Gesellschafter zustimmen müssen. Ein weiterer Knackpunkt: Das Musterprotokoll kennt nur einen Geschäftsführer – eine Vorgabe, die an der Realität vieler Start-ups vorbeigeht. In diesen jungen Unternehmen arbeiten häufig alle Gesellschafter auch als Geschäftsführer. Ingo Leipner www.manager-magazin.de, April 2010
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