Wir brauchen mehr Unternehmensgründungen mit Potenzial! Dr

Wir brauchen mehr Unternehmensgründungen mit Potenzial!
Dr. Marc Evers, DIHK
Quelle: DIHK
Der Bundeswirtschaftsminister besucht mit jungen Startups das Silicon Valley. Die
Bundesregierung richtet einen Beirat „Junge Digitale Wirtschaft“ ein. Die
Bundeskanzlerin macht Berliner Web-Unternehmern ihre Aufwartung. Gründen liegt
im Wahljahr voll im Trend. Innovative IT-Startups schießen wie Pilze aus dem Boden –
könnte man angesichts solcher Schlagzeilen meinen. Doch die Realität sieht anders
aus.
Gerade einmal drei Prozent aller Unternehmensgründungen zwischen 2008 und 2011
tätigten Existenzgründer im Bereich Information und Kommunikation. Führend sind mit 35
Prozent die Dienstleistungsbranchen. Hierzu gehören wirtschaftsnahe Dienstleister wie
Wirtschaftsprüfer, Unternehmensberater, Werbung und Marktforschung, aber auch
personennahe Services wie Saunen, Solarien, Haushaltshilfen. Es folgen der Handel mit 23
und der Bau mit 16 Prozent, wobei zumeist vorbereitende Baustellenarbeiten, Bauinstallation
und Ausbaugewerbe im Fokus von Unternehmensgründern liegen. Im Gastgewerbe wurden
knapp elf Prozent aller Unternehmen gegründet, in der Industrie gerade einmal knapp vier
Prozent, wie auch im Verkehrsgewerbe. Auf die verbleibenden Branchen entfallen vier
Prozent (Land-, Fortwirtschaft, Fischerei, Bergbau, Energie- und Wasserversorgung, Kunst,
Unterhaltung, Erholung).
Regional gibt es durchaus Unterschiede. In einigen Ballungszentren gibt es mittlerweile eine
recht vitale Startup-Szene. Die Gründer profitieren von Netzwerken aus Geschäftspartnern
und Investoren sowie an manchen Orten von einer dichten Hochschul- und
Forschungslandschaft. Doch insgesamt gilt: Die überwiegende Mehrzahl der
Gründungsprojekte ist sehr überschaubar – so die IHK-Erfahrungen.
Fast 80 Prozent aller Existenzgründungen erfolgen in Form des Einzelunternehmens – SoloSelbstständige bestimmen das Bild. Die meisten Gründer sind auf lokalen Märkten aktiv. Wer
etwa ein Nagelstudio eröffnet, der hat einen Kundenkreis, der zumeist nicht über die
Stadtgrenzen hinaus reicht.
Innovationen lassen sich auch mit wenig Geld anschieben
Viele ehemals Arbeitslose gründen in Deutschland Unternehmen. Startkapital ist hier zumeist
knapp, daher sind Unternehmensgründungen in Dienstleistungsbranchen üblich. Auch
manche innovative Service-Projekte lassen sich mit kleinem Geldbeutel anschieben. Wer
etwa eine Unternehmensberatung gründet, benötigt oft nicht viel mehr als passende
Büroräumlichkeiten, einen PC, Internetzugang, Fax-Anschluss und einen PKW. Für eine
Gründung im verarbeitenden Gewerbe ist da schon ein dickeres Startpolster erforderlich.
Maschinen oder Labore wollen gut finanziert sein.
Eine Drittel ohne klare Geschäftsidee
Die IHKs beobachten, dass die Qualifikation jedoch oft zu wünschen übrig lässt. Fast die
Hälfte aller Gründer macht sich zu wenig Gedanken über den Kundennutzen ihrer
Geschäftsidee. Fast 40 Prozent aller Gründer äußern diffuse Vorstellungen von ihrer
Kundenzielgruppe. Ein Drittel hat sogar keine klare Geschäftsidee – schlechte
Voraussetzungen, um Geschäfte zu machen.
Weniger Bürokratie, bessere Finanzierung, mehr Bildung
Dabei wäre es gerade für das rohstoffarme Deutschland so wichtig, dass Pioniere mit
Unternehmergeist die Wirtschaft viel stärker prägen. Nach fünf Jahren schaffen HightechStartups mehr als doppelt so viele Arbeitsplätze wie andere Gründungen. Was also muss
geschehen, damit Hightech-Startups keine Seltenheit mehr sind?
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Finanzierungsbedingungen insbesondere für Hightech-Startups verbessern:
Für innovative Gründungen muss mehr privates Beteiligungskapital aktiviert werden,
etwa durch bessere Möglichkeiten zur steuerlichen Verlustverrechnung und einen
rechtssicheren gesetzlichen Rahmen für Investoren.
Bürokratie für Gründer und junge Unternehmen abbauen: Der Staat sollte
Startups mehr Freiräume lassen. Hierfür macht die IHK-Organisation der Politik
konkrete Vorschläge. So sollten Kleinunternehmer ihren Überschuss statt mit dem
komplizierten Steuer-Pflichtformular „Einnahmen-Überschussrechnung" wieder
formlos ermitteln dürfen. Gründern sollte, wie andern Unternehmen auch, eine
vierteljährliche – statt monatliche – Umsatzsteuervoranmeldung erlaubt werden.
Zudem sind Genehmigungsverfahren zu straffen und – wo geeignet – durch
schnellere Anzeigeverfahren zu ersetzen, auch online. Gerade international
orientierten IT-Startups hilft es, wenn sie in den Amtsstuben ein Angebot in
englischer Sprache finden. Die IHKs sollten in allen Bundesländern
Gewerbeanzeigen rechtsgültig annehmen dürfen. Mit Service aus einer Hand – von
Erstauskunft über Businessplan-Check bis zur Gewerbeanzeige – wollen IHKs als
One-Stop-Shops Gründern den Start erleichtern.
Mit Bildung das Fundament für ein nachhaltiges Gründerklima schaffen: Alle
gesellschaftlichen Akteure müssen zu einem positiven Unternehmerbild beitragen.
Dies gilt insbesondere für Schulen, Hochschulen und auch Unternehmer als
Vorbilder. “Selbstständigkeit" und „Wirtschaft“ gehören bundesweit in die Lehrpläne.
Know-how und Interesse am Unternehmertum erhöhen Gründungschancen, sichern
Fachkräftenachwuchs und sind die Basis für Gründungen mit hohem
Innovationspotenzial.