Grundlage des Worksops „Bedingungsloses Grundeinkommen“ auf dem 3. Sozialforum Hessen am 24.11.2007 in Wiesbaden, verfasst von Jakob Schäfer. 1. Was soll das BGE leisten? Die Befürworter des BGE haben unterschiedliche Konzepte, unterschiedliche Zielsetzungen und unterschiedliche Strategien (und Bündnispartner) In folgendem sind sie sich allerdings einig: Mit dem BGE soll verbunden sein: • Ein allgemeinen Rechtsanspruch (staatlich garantiert) • Mindestens Existenz sichernde Höhe • Keine Bedürftigkeitsprüfung • Ohne Verpflichtung zur Arbeit Die Konzepte: • Bürgergeld, Existenzgeld • BGE Die Konzepte von bürgerlicher Seite: • Zs.fassung aller direkten Sozialtransfers (heute ca. 735 Mrd. € entsprächen 800 € BGE) • Auszuzahlen über Grundbetrag (“bedingungslos”) oder an Bedürftige (FDP) oder über eine negative Einkommenssteuer Ziele: • Bürokratie abbauen • Keine Sozialbehörden, keine Überprüfung (nur durch Finanzamt) • Keine Anerkennung von Bedürftigkeit in besonderen Lebenslagen • Senkung der Unternehmenssteuern • Senkung der Lohnkosten (Lohnnebenkosten) • Tarifrecht und Kündigungsschutz werden überflüssig (Götz Werner) Modell der CDU: Für wen: Deutsche Staatsbürger. Bedingungen: 200 Euro "Gesundheitsprämie" muss jeder selbst zahlen Betrag pro Monat: Entweder 800 Euro bei 50 % Einkommenssteuer oder 400 Euro bei 25 % Einkommenssteuer. Kinder bis vollendetes 14. Lebensjahr: 500 Euro. Sozialleistungen: Gehen alle im Bürgergeld auf. Zuschläge für Bedürftige sowie Zusatzrente Finanzierung: Alle Sozialleistungen gestrichen. 50 % oder 25 % Einkommenssteuer, die mit dem Bürgereld verrechnet wird. Zusätzlich eine Lohnsummensteuer Kosten pro Jahr: 600 Milliarden Euro Familie mit einem Kind. Vater arbeitet und verdient 2.000 Euro. Er wählt einen Steuersatz von 25 %, hat also eine Steuerschuld von 500 Euro. Diese wird mit 400 Euro Bürgergeld verrechnet, bleibt eine Steuerschuld von 100 Euro. Die Gesundheitsprämie kostet 200 Euro. Es bleibt ein Einkommen von 1.700 Euro. Frau und Kind erhalten – nach Abzug der 2 Gesundheitspauschale – 600 und 300 Euro. Gesamteinkommen: 2.600 Euro. ******************** Götz Werner: Für wen: Deutsche Staatsbürger. Bedingungen: Keine Betrag pro Monat: 650 Euro. Schrittweise Erhöhung auf 1.500 Euro Sozialleistungen: Gehen alle im Grundeinkommen auf. Keine Angabe zu Krankenkassen. Zulagen für Langzeitarbeitslose, Rentner und Behinderte Finanzierung: Alle Sozialleistungen gestrichen, ca. 50 % Mehrwertsteuer ("Konsumsteuer"), alle anderen Steuern abgeschafft Kosten pro Jahr: 643 Milliarden bis 1.483 Milliarden Euro Beispiel: Familie mit einem Kind. Vater arbeitet und verdient 2.000 Euro. Mutter arbeitet nicht. Für jedes Familienmitglied gibt es 650 Euro. Familieneinkommen: 1.950 Euro plus 2.000 Euro = 3.950 Euro. Bei 1.500 Euro Grundeinkommen: 6.500 Euro. Keinerlei Abzüge, allerdings deutlich höhere Konsumkosten als heute. Grüne Für wen: Deutsche Staatsbürger Bedingungen: Keine, Zulagen je nach Bedürftigkeit Betrag pro Monat: Kinder 400 Euro, Erwachsene 500 Euro, Rentner bis 700 Euro Sozialleistungen: Zulagen für Arbeitslose, Rentner, Behinderte. Krankenversicherung aus Steuermitteln Finanzierung: Viele Sozialleistungen gestrichen, 25 % Einkommenssteuer und 25 % Grundsicherungsabgabe auf zusätzliches Einkommen, höhere Steuern für Konsum, Vermögen, Umwelt usw Kosten pro Jahr: 893,4 Milliarden Euro Beispiel: Familie mit einem Kind. Vater arbeitet und verdient 2.000 Euro. Für die Erwachsenen gibt es insgesamt 1.000 Euro Grundsicherung, 400 Euro für das Kind. Zusammen: 1.400 Euro. Vom Einkommen werden 50 % (Einkommenssteuer plus Grundsicherungsabgabe) abgezogen, bleiben 1.000 Euro. Gesamteinkommen: 2400 Euro ********************** FDP Bedingungen: Prüfung durch Finanzamt. Betrag pro Monat: Noch keine konkreten Zahlen. Die Höhe des Bürgergeldes setzt sich aus Pauschalen zusammen, zum Beispiel für 3 Lebensunterhalt, Unterkunft, Krankenkasse. Grundlage der Berechnung sind alle Erwachsenen und Kinder in der "Bedarfsgemeinschaft". Sozialleistungen: Alle Sozialhilfen gehen im Bürgergeld auf Finanzierung: Verzicht auf steuerfinanzierte Sozialhilfen. Steuern und Bürgergeld werden verrechnet (negative Einkommenssteuer). Bei einem Einkommen bis 600 Euro brutto darf die Bedarfsgemeinschaft 40 % des Bürgergeldes behalten. Bei bis zu 1.200 Euro sind es 20 %. Bei höherem Einkommen bleibt ein Freibetrag von 10 %. Keine herkömmliche Einkommenssteuer. Kosten pro Jahr: Nicht genannt Wikipedia: Das bedingungslose Grundeinkommen (BGE) ist ein aktuelles sozialökonomisches Modell, in dem jeder Mensch eines Staates, unabhängig von seinem Einkommen, dem Lebensalter und dem Tätigkeitseinsatz, einen gesetzlichen Anspruch auf eine finanzielle Grundabsicherung durch den Staat hat. Die Finanzierung erfolgt über eine starke Vereinfachung und Neuordnung des Steuersystems und durch Abbau von Bürokratie in der Sozialverwaltung, da viele bisherige Sozialleistungen durch das BGE ersetzt werden. Je nach Modell des Grundeinkommens wird eine Zahlung in Höhe des Sozialhilfesatzes bzw. des Arbeitslosengeldes II bis hin zu 1.500 € vorgeschlagen. Einige Modelle sehen einen schrittweisen Ersatz der (versicherungsbasierten und steuerfinanzierten) Sozialleistungen durch das BGE vor. Das Grundeinkommen unterscheidet sich damit von einer Grundsicherung, die nur gezahlt wird, wenn kein anderes ausreichendes Einkommen vorhanden ist und die mit einer Bedürftigkeitsprüfung und in der Regel mit Arbeitsverpflichtung bzw. dem Nachweis der Arbeitsbereitschaft verbunden ist. Die Kategorie „arbeitslos“ gibt es dann nicht mehr und somit auch keine staatliche Verantwortung oder ein Handlungsdruck ************************************************************ Das Bürgergeld ist ein theoretisches Konzept für eine Zahlungsverpflichtung des Staates an seine Bürger. Die Idee des Bürgergeldes geht auf Milton Friedman zurück, der in den 1960er Jahren eine negative Einkommensteuer vorschlug. Danach würde das Finanzamt jedem Steuerpflichtigen, dessen Einkommenssteuerschuld unter einem festzulegenden Minimum liegt, die Differenz ohne weitere Prüfungen überweisen. Auf dieser Idee basieren grundsätzlich alle Vorschläge in unterschiedlicher Ausprägung. Bürgergeld nach Mitschke Der deutsche Ökonom Joachim Mitschke stellte in seinem Buch Steuer- und Transferordnung aus einem Guss das Bürgergeld als Zusammenfassung aller direkten Sozialtransfers vor. Das Bürgergeld sollte daher nur an Bedürftige nach entsprechender Prüfung ausgezahlt werden. Das zuständige Finanzamt sollte diese Prüfung und auch die Auszahlungen des Bürgergelds vornehmen. Die FDP übernahm diesen Ansatz 1994 in ihr Programm. Ulmer Modell Das Ulmer Modell ist ein mögliches Steuermodell zur Realisierung eines bedingungslosen Grundeinkommens. Das Bürgergeld nach dem Ulmer Modell wird grundsätzlich allen 4 Bürgern in Höhe des vom Gesetzgeber festzulegenden Existenzminimums ausgezahlt. Finanziert wird das Bürgergeld aufkommensneutral aus einer Bürgergeldabgabe. Diese Abgabe ist ein fester Prozentsatz des Bruttoeinkommens, welche dann in einem Umlageverfahren verteilt wird. Bürgergeld nach Althaus Der thüringische Ministerpräsident Dieter Althaus fordert ein bedingungsloses, solidarisches Bürgergeld von 800 Euro für jeden deutschen Staatsbürger bzw. 500 Euro für Kinder. Alle weiteren Sozialtransfers entfallen. Aus den genannten Beträgen ist eine Gesundheitsprämie von 200 Euro an die Gesetzliche Krankenversicherung (GKV) zu zahlen; Beitragsrückerstattungen sind möglich. Die Bürger sollen zwischen zwei Alternativen wählen dürfen: 800 Euro bei 50 Prozent Steuerlast auf jeden hinzuverdienten Euro oder 400 Euro bei 25 Prozent Steuern. Die Anwartschaften auf höhere Renten sollen durch eine Lohnsummensteuer in Höhe von 12 Prozent finanziert werden. Diese Kosten sollen die Unternehmen tragen. Die Grundsatzkommission der CDU hat sich am 23. Oktober 2006 positiv zu diesem Konzept positioniert. Unternimm die Zukunft ist eine von Götz Werner im November 2005 gegründete politische Initiative, die die Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommens (auch Bürgergeld genannt) in Deutschland fordert. Das bedingungslose Grundeinkommen, dessen Höhe zu bestimmen ist muss auf jeden Fall Kulturteilhabe sichern. Zeitgleich sollen alle Steuern aus Einkommen abgeschafft werden. Die Finanzierung erfolgt durch die Erhöhung der Mehrwertsteuer auf 48%. Theorie Götz Werner geht davon aus, dass sich durch die Rationalisierung und Automatisierung, die er durchaus begrüßt, in den Produktionsprozessen nie wieder Vollbeschäftigung erreichen ließe. Neben realer Arbeitslosigkeit hat sich wegen des Arbeitszwanges über rationalisierungsphobistische Reaktionen außerdem längst massenweise virtuelle Arbeit im wirtschaftlichen und staatlichen Verwaltungs-Bereich eingenistet. Die im Zeitalter der Gigahertz-Rechner bereits großteils fehlentwickelte IT-Branche – schon die sinnvolle Integration der Megahertz-Technologie hätte einen Umbau unseres Gesellschaftssystems unabdingbar gemacht – zieht letztlich nur eine weitere „Bürokratieebene“ ein. Das paradoxe Ergebnis sei die Vergrößerung der Armut durch Arbeitslosigkeit bei gleichzeitig immer größer werdender Produktivität und einer ungleichen Verteilung des insgesamt steigenden Reichtums. Das eigentliche ökonomische Problem sei also keine Wirtschafts-, sondern eine „Verteilungskrise“. Als Lösung wird die Einführung eines Grundeinkommens, zunächst in Höhe von 200 bis 400 EUR, vorgeschlagen, das jeder Bürger mit deutscher Staatsangehörigkeit bedingungslos erhalten soll. Später (in einem Verlauf von 15–20 Jahren) soll das Einkommen auf 1300 bis 1500 gesteigert werden. Es soll über eine ca. 48%ige Mehrwertsteuer (bzw. von Werner „Konsumsteuer“ genannt) finanziert werden bei Abschaffung aller anderen Steuern aus Einkommen (Lohnsteuer, Einkommensteuer, Kapitalertragsteuer, evtl. Vermögensteuer). Der Vorteil sei ein umfangreicher Abbau staatlicher Bürokratie sowie nur noch eine transparente wettbewerbsneutrale und wertschöpfungsneutrale Steuer. Nicht Leistung, sondern Konsum würde so besteuert – und Importe wären durch die einheitliche 5 Konsumsteuer ebenso belastet wie die inländischen Produkte. Gleichzeitig wäre der Export entlastet von Steuern sowie teilweise von Lohnkosten gerade im unteren Lohnbereich. Entfallen würden weiter Rentenversicherung, Arbeitslosenversicherung, Erwerbsunfähigkeitsversicherung, Sozialhilfe. Tarifrecht und Kündigungsschutz wird überflüssig. Allerdings müsste der Bürger seine Krankenversicherung dann selbst aufbringen. Unternehmer könnten bereits für 200 bis 300 Euro pro Monat Arbeitnehmer einstellen. Der Arbeitnehmer würde erhalten: 1500 + 200 Euro. Ausländische Unternehmer würden wegen der hohen Produktivität mehr in Deutschland produzieren. Die Menschen würden nicht mehr arbeiten, um das Einkommen zu sichern, sondern nur noch, weil die Menschen Freude an der Arbeit haben. Es wird effektiver und stressfreier gearbeitet. Die Angst der Menschen, Einkommen sichern zu müssen, entfällt. Statt einem Recht auf Arbeit, gibt es ein Recht auf Einkommen. Beispiel aus der Sendung 'Menschen bei Maischberger' vom 2. Mai 2006: Bei einer Zahnbürste, die heute 1,20 Euro kostet, sind heute bereits 60 Cent Steuer (Lohnnebenkosten usw.). Bei Entfallen der Lohnnebenkosten und Einführung einer 50-prozentigen Mehrwertsteuer, würde die Zahnbürste den Verbraucher wieder 1,20 Euro kosten.[5]. Jedoch sind die Zahlenwerte fehlerhaft. Denn bei einem Nettopreis von 60 Cent und einer Mehrwertsteuer von 50 % ergibt sich ein Bruttopreis von nur 90 Cent. Ausgehend von 800 € monatlich für 80 Mio. Bürger/innen ergeben sich Kosten von 64 Mrd. € pro Monat. Davon würden durch Mehrwertsteuern vielleicht 8-10 Mrd. direkt zurück an den Staat gehen. Eine stufenweise Einführung könnte mit 1 Euro pro Person und Tag (bzw 30 pro Monat) beginnen, die Kosten beliefen sich auf 30 Mrd. Euro jährlich. Nach obiger Abschätzung blieben davon noch 22,5 Mrd. Euro übrig, ein finanzierbarer Betrag, der es zumindest zuließe, die Effekte auf die Wirtschaft, die Steuereinkommen etc. real zu überprüfen. Nach dem Modell von Thüringens Ministerpräsident Dieter Althaus (CDU) entstünden dem Staat jährlich Kosten in Höhe von 583 Milliarden Euro. Das heutige System kostet den Staat dagegen 735 Milliarden Euro pro Jahr. Damit wäre ein bedingungsloses Grundeinkommen nach Althaus günstiger als das heutige System. Jedoch ist zu beachten, dass die angesprochenen 800 € Grundeinkommen auf dem Niveau von Hartz IV liegen, denn davon abzuziehen sind 200 € Gesundheitsprämie; somit verbleiben letztlich 600 €, die bei Hartz IV in Form von Miete und Grundbedarf auch gezahlt werden. Die Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) hat das Konzept von Althaus nachgeprüft und kommt zur Feststellung: „Das Konzept (von Althaus) ist finanzierbar“, sagte KAS-Vorstand Bernhard Vogel. [4] [5] 6 Die verschiedenen BGE Grund-Modelle Es gibt heute sehr viele verschiedenen Modelle für ein BGE. Sie lassen sich in 3 Grundmodelle einteilen: a. Das Modell von Götz Werner, das in sich unschlüssig ist und auf unbewiesenen Annahmen (fragwürdigen Modellrechnungen) beruht. Ziel ist hier die Verbilligung der Waren und die darüber herzustellende bessere Konkurrenzsituation für deutsche Unternehmen. b. Das Modell von Althaus (CDU), das auf eine Verringerung der Transferzahlungen zielt (also auf eine Verbilligung und Verringerung der Staatsquote) Sein Modell koste 583 Mrd. € (gegen heute 735 Mrd. € beim gegenwärtigen Sozialversicherungssystem) c. Das BGE der BAG-SHI, das den Kombilohn fördert, denn da BGE soll ein auskömmliches Einkommen bewirken (soziokulturelles Existenzminimum). Kritik Zu a.) • Konsumverlagerung ins Ausland • Die Kluft zwischen arm und reich würde noch viel größer, weil der inländische Konsumanteil der Reichen gut begrenzt werden kann. • Die wegfallenden Besteuerungen der Reichen (Vermögenssteuer etc.) fehlen dem Saat • Zwei-Klassen-Gesellschaft bei den Bürgerrechten, weil Ausländer kein BGE bekommen • Ökosteuern, Tabaksteuer oder andere Steuern zum „Steuern“ fehlen • Finanzierung der Grundlagenforschung erschwert • Schmuggeln (und das dadurch bewirkte vermehrte Verkehr) hätten Hochkonjunktur • Rechnung: 1% MWST bringt 8,125 Mrd. €. Geteilt durch 80 Mio. Bürger ergeben ca. 100 € pro Jahr und Bürger (das sind weniger als 10 € im Monat). Für 1000 € Grundeinkommen müsste die MWST auf über 100% erhöht werden. Allein für die 430 Mrd. € bundesdeutschen Steueraufkommens bräuchte man 56% MWST. • Wird heute ein Produkt exportiert, finanziert der ausländische Abnehmer den deutschen Sozialstaat mit, da Lohnnebenkosten im Produktpreis enthalten sind Zu b.) • Hilfe in besonderen Lebenslagen gibt es dann wie auch schon bei Hartz IV nicht. • Das Niveau liegt faktisch unter dem Niveau von Hartz IV (weil Miete selbst bestritten werden muss und selbst zu zahlende Kopfpauschale für die Krankenkasse anfällt). • Der Kombiloheffekt wäre quasi garantiert. Zu c.) 7 Das Grundeinkommen nach BAG-SHI: Jeder Mensch soll einen Anspruch auf 60% des so genannten Nettoäquivalenzeinkommens erhalten (heute, 2003, also 60% von 1445 € = 974 €). Nach anderen Berechnungen liegt die soziokulturelle Armutsrisikogrenze heute bei 950 €, für Kinder bei 475€. Das BGE ist bedingungslos in den Punkten Bedürftigkeit, Arbeitsbereitschaft und Anwartschaftszeiten als Leistungsvoraussetzung. Harald Rein (in: Gerntke/Rätz/Schäfer u.a.: Einkommen zum Auskommen) S. 50: Die Arbeitslosengruppen „unabhängige Erwerbslosen- und Jobberinitiativen“…“erkannten zu diesem Zeitpunkt bereits, dass die herrschende ökonomische Produktivitätsentwicklung einer möglichen eistenzsichernden Vollbeschäftigung objektive Grenzen setzt. Und sie diskutierten einen Arbeitsbegriff, der sich vom Korsett der Lohnarbeit befreien sollte.“ „Dagegen geht das Grundeinkommen von einem Rechtsanspruch auf eine bedarfsunabhängigen ausreichende materielle Absicherung aus…“ (S. 53). „Unsere Utopie zielt darüber hinaus ab auf die endgültige Entkoppelung von Arbeit und Einkommen.“ (S. 55) 800 € (inklusive 100 € für Krankenversicherung) + 250 € für Miete. Finanziert werden soll es über den Wegfall anderer Sozialsysteme (Arbeitslosen- und Kindergeld, Bafög.) + Take-halfRegelung = zweckgebundene Existenzgeld-Abgabe auf Nettoeinkommen jeglicher Höhe. (anderes Modell: eine 35%ige Abgabe auf alle Einkünfte = 542 Mrd. €) sowie Besteuerung von Börsengeschäften, Vermögen und Luxusgütern. Alg I und Wohngeld sollen bleiben. Kosten wird es insgesamt ca. 855 Mrd. €. Werner Rätz: (a.a.O. S. 93) „Eine neue Gesellschaft kann nur von den Rändern her gedacht werden. Diese Ränder finden sich nicht im fordistischen Normalarbeitsverhältnis. Es ist auch längst nicht mehr die „Norm“. Die Norm ist inzwischen vielmehr Prekarität, die Unsicherheit aller Lebnsverhältnisse, die Unsicherheit des Einkommens, die Unsicherheit, ob du überhaupt gebraucht wirst in der Gesellschaft.“ Die Frage, die sich stellt: 1.) Was ist ein auskömmliches Einkommen? Und: Wenn das Einkommen auskömmlich ist, warum sollen dann Menschen überhaupt arbeiten? 2.) Geht es um die Umverteilung gesellschaftlichen Reichtums oder um die Entkoppelung des Einkommens von der Arbeit? Ausreichendes Einkommen ohne gesellschaftlich wirksame Arbeit ist nicht vorstellbar. Kritik des BGE (nach BAG-SHI) 1. Es setzt voraus, dass zu Beginn (ahistorisch) Tabula rasa wäre. Real sind die Einkommen und Vermögen aber schon da. Wer nimmt (wie!!) denjenigen mit hohen Einkommen die Hälfte weg? Soll das friedlich geschehen? Über bessere Einsicht? 2. Bevor die Bedürftigkeit abgeschafft wird, müsste zuerst die Reichtumsprüfung durchgesetzt werden. Aus dem Status quo heraus führt kein erkennbarer politischer Prozess zu dieser Reichtumsprüfung, es sei denn, der Klassenkampf würde dies herbeiführen, aber von Klassenkampf ist in dem BGE-Konzept 8 keine Rede. Die verabsolutierte Bedinungslosigkeit ist gleichzeitig eine (eo ipso) sozialhistorische Voraussetzungslosigkeit. 3. Wenn man nicht Miethaie staatlich subventionieren will, muss mensch die Angemessenheit der Wohnung und der Miete prüfen. 4. Die mögliche Kombination von Sozialtransfer mit Erwerbsarbeit wirkt als faktische Lohnsubventionierung und damit als flächendeckende Ausweitung des Niedriglohnsektors. Es ist nämlich egal, ob der Sozialtransfer zum Billiglohn addiert wird oder als Billiglohn zum Sozialtransfer. Mathematisch und sozialpolitisch läuft das auf dasselbe hinaus. Es sei denn, das BGE ist so hoch, dass kaum noch jemand arbeiten braucht/will. Dann aber wird nicht ausreichend gesellschaftlicher Reichtum geschaffen. Armutslöhne liegen heute bei gleich/kleiner 1442 € (der Durchschnitt aller Einkommen liegt bei 2884 €) 25% der Vollzeitbeschäftigten erhalten prekäre Löhne (=50 – 75% des Durchschnitts) 11% der Vollzeitbeschäftigten erhalten Armutslöhne. 80% der Niedriglöhner sind Frauen. Nach Ansicht des Arbeitsgerichts Bremen muss Arbeit geeignet sein, ein menschwürdiges Leben zu finanzieren und eine Lebensstandard zu ermöglichen, der wenigstens für eine Person deutlich oberhalb des durch die Sozialfürsorge und den Pfändungsschutz gesicherten Existenzminimums liegt (ArbG Bremen v. 30.8.2000, AuR. 2001 S. 231 f) Unter der Berücksichtigung der Existenz sichernden Elemente der Sozialhilfe würde ein Monatsentgelt (2003) von 1300 € erforderlich sein, um – allerdings auf unterstem Niveau – Unabhängigkeit von staatlichen Transferleistungen zu gewährleisten. Die Pfänungsfreigrenze lag 2002 bei 940 €. Angesichts des Lohnabstandsgebots der Sozialhilfe müsste ein höherer Betrag angesetzt werden. 2002 betrug der unterhaltsrechtliche Mindestselbstbehalt für Erwerbstätige nach der Düsseldorfer Tabelle 940 € netto. Die NGG fordert deswegen seit längerem einen Mindestlohn von 1500 € Nach der Europäischen Sozialcharta (Art. 4, Abs. 1 ESC) gibt es ein Recht der Arbeitnehmer auf eine Arbeitsentgelt, welches ausreicht, um ihnen und ihren Familien einen angemessenen Lebensstandard zu sichern. Der Sachverständigenausschuss des Europarats hält 68% des Durchschnittsentgeltes für angemessen. Engagierte GewerkschafterInnen wollen eine bedarfsorientierte Grundsicherung, die die soziokulturelle Existenz sichert. Wilhelm Adamy und Jochen Steffen: Negativsteuer, Bürgergeld und Kombilohn sind „Modelle forcierter Ausgrenzung“. Damit kann der Niedriglohnsektor massiv ausgedehnt und für das Kapital billiger gemacht werden. Es ebnet auch den Weg für eine generelle Einführung der Kopfpauschale. Die Grundsicherung muss auf die Schaffung von gesellschaftlichen Teilhabemöglichkeiten gereichtet sein. Sie muss zu einem Instrument der Integration werden und nicht den Charakter einer Prämie für soziale Exklusion tragen.
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