WAS WIRTSCHAFT TREIBT _CISCO - Brand Eins

WAS WIRTSCHAFT TREIBT _CISCO
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WAS WIRTSCHAFT TREIBT
SCHWARZBROT AUS
SAN JOSE
Cisco Systems war mal der Tornado der Datennetze.
Heute ist der Konzern die bleierne Wetterfahne der Hightech-Industrie.
Ideen zum besseren Netzwerkmanagement werden woanders ausgeheckt.
Aber bevor die Konkurrenz an einem vorbeizieht,
kann man Innovation und Ingenieure immer noch kaufen.
Text: Steffan Heuer Foto: Sascha Pfläging
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- - - - - San Jose, Kalifornien, Campus der
Cisco Systems. In Gebäude 14 spielt sich
angeblich die Zukunft ab. Das „Labor für
drahtlose integrierte Netzwerk-Lösungen“
soll Kunden des Hightech-Riesen zeigen,
wie Datenverkehr mit und vor allem ohne
Kabel künftig aussehen wird. In einer Ecke
ist ein Krankenhaus aufgebaut, in dem
Ärzte und Schwestern mit BluetoothModulen Blutdruck und Puls messen und
mit Tablett-PC Patientendaten aufrufen.
Daneben stehen schnurlose Telefone für
700 Dollar das Stück, deren Gespräche
über dasselbe Netz laufen wie eMails, also
der letzte Schrei der so genannten IP-Telefonie. Im Korridor schließlich ein großer
Hartschalenkoffer mit Messgeräten.
Die Bezeichnung Labor ist dabei etwas
hoch gegriffen, denn es besteht aus billigen
Rigipswänden und wackeligen Exponaten,
die Stück für Stück aufgebaut werden.
„Seit der Eröffnung im April 2002 sind
mindestens 3000 Leute hier durchgegangen“, gibt sich Christine Falsetti trotz des
provisorischen Eindrucks des Besucherzentrums euphorisch. Sie ist bei Cisco
Systems für das Marketing von Wireless
Technologies zuständig. Das hastig umgebaute Erdgeschoss demonstriert die Entschlossenheit Ciscos, auch 20 Jahre nach
seiner Gründung ein Wachstumskandidat
zu bleiben und sich nicht die Führungsrolle als Baumeister und Verkehrspolizist
aller Daten-Netze streitig machen zu lassen.
Wer schon Ende der achtziger, Anfang
der neunziger Jahre das sensible Innenleben von Hightech-Konzernen studierte,
den beschleicht hier ein seltsames Gefühl:
Geschichte wiederholt sich doch. So wie
bei Cisco heute fühlte es sich an, wenn
man damals im Inneren der IBM, des
größten Ozeanriesen der Computerisierung, herumwanderte. Lecks allenthalben.
Verhaltene Verzweiflung. Ideenlosigkeit.
Doch die schiere Tonnage hielt den Koloss
noch einige Zeit lang in scheinbar ruhiger
Fahrt. Bis Anfang der Neunziger das Heck
brach. Die Masten einstürzten. Die Hälfte
der Besatzung ertrank. Und das alles, weil
vom Deck des Schiffes niemand mehr
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wahrnehmen konnte, was sich da unten
im Wasser tummelte.
Gewiss: Cisco fährt ruhig. Im Ende
Juni abgelaufenen Geschäftsjahr setzte
das kalifornische Unternehmen 18,9 Milliarden Dollar um. Mehr als zwei Drittel
davon stammen aus dem Verkauf von
Routern und Switches – jene Geräte, die
den Datenfluss in den meisten großen
Unternehmen, Universitäten und Ämtern
steuern. So wie Microsoft Office der Standard bei Büroprogrammen ist, gehören
Rob Redford, bei Cisco zuständig
für Produkt- und Technologie-Marketing
Ciscos Kästen im Drahtverschlag eines
Rechenzentrums zum Muss. Es mag bessere und modernere Produkte geben –
aber wer auf Nummer sicher gehen will,
der kauft Schwarzbrot aus San Jose.
Mit diesem Rezept ist der kalifornische
Koloss bisher gut gefahren. Schlank gemanagt, mit voller Kriegskasse und immer
auf der Jagd nach Innovationen, verleibte
sich Cisco seit Anfang der neunziger Jahre
bald 80 Unternehmen ein, die seine Produktpalette breit und tief hielten.
Seit die Dotcom-Blase geplatzt ist, sieht
die Welt anders aus. Aktien sind kein Spielgeld mehr für Übernahmen, Investitionen
in neue Technologie sind drastisch gesunken. Das hat auch bei Cisco zu Milliarden
an Abschreibungen, Entlassungen und Ein-
sparungen geführt. Und das große Grübeln ausgelöst: Womit lässt sich auch
künftig jenes Wachstum garantieren, das
Anleger von einem Technologie-Leitwert
erwarten? Wie die Produktpalette ausweiten, wenn der Markt für herkömmliche,
am Kabel hängende Weichen und Schalter
für Internet-Datenpakete austrocknet?
Diese Herausforderung ist mit der
eines Schienenverkehr-Monopolisten des
19. Jahrhunderts zu vergleichen, der plötzlich in den Flugzeugbau einsteigen will,
weil der Luftverkehr zum entscheidenden
Markt zu werden droht. Wirtschaftswissenschaftler wie Harvards Clayton Christensen nennen das eine Reaktion auf
„Störenfried-Technologien“, die unerwartet aufkommen und Industrie-Riesen in
Bedrängnis bringen können, weil sie ihr
Kerngeschäft unterhöhlen. Der PC war so
eine Störenfried-Technologie, der die satte
und harmonische Welt der Großcomputer
störte. IBM hat nach der Fast-Havarie wieder Fahrt aufgenommen. Und Cisco?
Mehr Umsatz sollen neue Technologien garantieren, die die Daten- und Sprachnetze des 21. Jahrhunderts definieren könnten und so Investitionsentscheidungen von
Firmen und Haushalten beeinflussen. Dabei steht viel auf dem Spiel, sagt Christine
Falsetti: „Wireless ist eine Schlacht, die wir
gewinnen müssen. Wir bieten diese Technik an, um die Netzwerk-Infrastruktur zu
verkaufen, die hinter den Kulissen läuft.“
Cisco muss Tempo machen, solange Standards noch fehlen und die Unternehmen
unsicher sind, wie sie Mitarbeiter und Kunden am besten mobil anbinden.
Denn die Anzeichen mehren sich, dass
drahtloser Netzzugang der nächste Goldrausch ist. Privatleute sind auf den WirelessZug bereits enthusiastisch aufgesprungen.
Bis 2007 werden drahtlose Zugangspunkte mehr als drei Milliarden Dollar Umsatz
abwerfen, schätzen die Marktforscher der
Dell’ Oro Group. Intel gibt allein 300 Millionen Dollar für die Vermarktung seiner
neuen Centrino-Chips aus und hat rund
1000 Ingenieure auf mobile Lösungen
angesetzt. Kommendes Jahr werden drei
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Viertel aller verkauften Computer tragbare Geräte sein, und davon wiederum
werden drei Viertel Funk-Antennen ab
Werk besitzen. Daten, Sprache, Video –
alles wird bald in digitalen Paketen durch
den Äther schwirren. Bei diesem drahtlosen Verkehr muss zwischen berechtigten
Teilnehmern und Piraten und Trittbrettfahrern unterschieden werden, der Datenstrom muss Nutzern von einer Zelle zur
anderen folgen wie beim Handy.
Wenn Cisco-CEO John Chambers und
sein Chef-Entwickler Mario Mazzola die
Zukunft beschreiben, klingt es nach einem
geordneten Wechsel von einer Erfolgsspur
zur nächsten. „Unsere Strategie lautet,
Aufkäufe zu tätigen und in neue Märkte
vorzustoßen“, sagt der Chef in einer seiner Reden. Gerade in Krisenzeiten, doziert
Chambers, könne man sich von der
Masse absetzen und seine Position ausbauen: „Unser Marktanteil ist in den vergangenen zweieinhalb Jahren mehr gewachsen als je zuvor.“ Die entscheidenden
Impulse für Technologie-Investitionen
erwartet der Cisco-Chef vor allem von
kleinen und mittleren Unternehmen
(KMU). Endverbraucher und große Konzerne bleiben nach Einschätzung von
Chambers vorerst sparsam.
Dan Simone, Cisco-Herausforderer und
Mitgründer von Trapeze
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Laut Chambers und Mazzola wollen
Kunden ein intelligentes Netz aus einem
Guss. Wie ein Verkehrssystem, bei dem
alle Gleise, Signalanlagen, Umsteigebahnhöfe und Tarife zusammengehören, will
Cisco Lieferant und Architekt dieses „intelligenten Informationsnetzwerkes“ sein.
Da das Geschäft mit traditionellen Routern und Switches in den kommenden
Jahren nur noch ein bis vier Prozent zum
Firmenwachstum beitragen wird, wie Analystin Christin Armacost von SG Cowen
vorrechnet, muss Cisco massiv diversifizieren. Eine Handvoll neuer Technologien
mit je mindestens einer Milliarde Umsatzpotenzial hat Mazzola bereits identifiziert:
Sprach- und Videoübermittlung per IPStandard, drahtlosen Zugang sowie Datensicherheit und vernetzte Speicherung.
Je mehr drahtlose Netze, desto
mehr alte Router und Server
Mazzola, ein behäbiger grauhaariger Italiener im dunklen Anzug, der nach langen
Jahren in Amerika immer noch mit starkem Akzent spricht, nennt diese vier
Angriffspunkte „fortgeschrittene Technologien“. Das Geschäft soll sich in einer
Schnittmenge aus Unternehmen und Verbrauchern verbergen, die allgegenwärtigen
Zugang zu Daten erwarten, außerdem in
Netzbetreibern wie Kabel- und Telefongesellschaften, die beiden Kundenkreisen
schnelle, sichere Anbindung und weitere
Dienstleistungen verkaufen.
Gut drei Milliarden Dollar oder beinahe ein Sechstel seines Umsatzes hat Cisco
im Geschäftsjahr 2003 in Forschung und
Entwicklung gesteckt. Rund 40 Prozent
dieser Summe entfielen auf die neuen Anwendungen. „An diesem Trend wird sich
auch in Zukunft nichts ändern.“ Gut die
Hälfte der F & E-Ausgaben steckte Cisco
dabei in Angebote, die Netzbetreibern von
Time Warner über Comcast bis zu British
Telecom zugute kommen. Dahinter steckt
ein ähnlicher Multiplikationsgedanke wie
bei Microsofts Windows: Wer dafür sorgt,
dass Netze wachsen und stärker ausgelas-
tet werden, verkauft mehr Gerätschaften,
um den Verkehr zu bewältigen.
Bei seinem Vorstoß auf neue Märkte
muss Cisco allerdings mit den bestehenden
Interessen und der Trägheit einer Organisation mit 34 500 Angestellten kämpfen.
Das Kerngeschäft basiert auf verkabelten
Routern und Switches, die alle von einem
hausgemachten Betriebssystem namens
IOS gesteuert werden, das inzwischen 15
Jahre auf dem Buckel hat. Neue Ideen
haben sich diesem Erbe unterzuordnen.
Auch drahtlose Netze. Die ersten Zugänge zu dieser Welt kaufte sich Cisco, als
es 1999 Aironet schluckte. Deren kleine
Kästen sind intelligente Sende- und Empfangsstationen, die allerdings aufwändig
gewartet werden müssen. Denn ein kompletter PC im Firmennetz macht mehr
Arbeit als ein „dummes Terminal“, dessen
Hirn in der Zentrale lagert. Experten nennen diese Grundsatzdebatte den Streit um
„dicke“ und „schlanke“ Zugangspunkte.
Eine schlanke Lösung für fortschrittlichere Drahtlos-Netze bieten eine Handvoll Start-ups an, die Sicherheit und
Zugangskontrolle im Inneren des Netzes
belassen und „dumme“ Radios bei ihren
Kunden verteilen.
Einer dieser Wireless-Pioniere ist Trapeze Networks in Pleasanton, eine halbe
Fahrtstunde von Cisco entfernt. „Drahtloser Zugang ist ein Riesenmarkt, ohne
Frage“, schnarrt dessen Mitbegründer und
CEO Jim Flach im Ostküsten-Slang. „Ob
Firmen es wollen oder nicht, sie müssen
sich dieser Herausforderung stellen – entweder als ungewolltes Chaos, das über
sie hereinbricht, oder nach ihrer Planung.“
Der Networking-Veteran, der früher bei
Intel und Xerox arbeitete, ist nach ein paar
Jahren als Venture Capitalist noch einmal
zum Unternehmer geworden, um vor dem
trägen Tanker Cisco zu kreuzen. „Es macht
Spaß, Cisco bei seinem eigenen Spiel zu
schlagen. Wir können Dinge bauen, über
die sie erst einmal ein Jahr diskutieren.“
Trapeze benötigte ein gutes Jahr von der
Gründung bis zur Auslieferung seiner
ersten Geräte im Juli.
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Vom Schneckentempo in San Jose
kann Bill Miskovetz ein Lied singen. Der
Ingenieur arbeitete sechseinhalb Jahre bei
Cisco und war zuletzt verantwortlich für
das hausgemachte Betriebssystem IOS,
bis ihn der Frust über mangelnde Innovationskraft zu Trapeze trieb. „Wenn man so
schnell so groß wird, bewegt sich alles nur
noch in kleinen Schritten. Wenn ich als
Ingenieur bei Cisco eine neue Idee vorantreiben möchte, pralle ich auf die Bürokratie und muss mich mit allen möglichen
Leuten und Interessen im Software- wie
im Hardware-Bereich auseinander setzen.
Das führt zu konservativem Verhalten.
Man konzentriert sich auf bestehende
Produkte und reagiert nur, wenn etwas
Neues plötzlich gefragt und die Marktführung in Gefahr ist.“
Alle 18 Monate die Richtung
wechseln – auf der gleichen Spur
Behäbigkeit ist der Preis des Erfolges. Ein
Stanford-Ehepaar gründete das nach den
letzten Silben der Stadt San Francisco
benannte Garagen-Unternehmen 1984
gemeinsam mit drei Universitätskollegen.
Ihren ersten Netz-Router verkauften sie
1986 und dehnten ihr Geschäft 1988 von
akademischen Abnehmern auf große
Unternehmenskunden aus. Ciscos Umsatz
schnellte von 1,5 Millionen Dollar 1987
auf 28 Millionen zwei Jahre später. CiscoChef Chambers sieht Cisco als agiles
Schwergewicht: „Wir bieten an, was
unsere Kunden verlangen. Dieses Unternehmen ändert alle 18 Monate seine
Richtung.“
Das stimmt, solange alles Neue das
Cisco-Betriebssystem IOS unterstützt.
Bevor Miskovetz Cisco verließ, arbeitete
seine Gruppe an der nächsten Generation
der Software. „Daraus ist bis heute kein
marktreifes Produkt geworden. Mit einem
15 Jahre alten System zu arbeiten ist ein
Albtraum“, sagt der Entwickler. Wozu
auch am Status quo rütteln, wenn die
Marke Cisco ein Selbstläufer ist und ein
Heer von Verkäufern hinter sich hat?
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Im jüngst ausgewerteten vergangenen
Quartal beziffert Marktforscher Dell’ Oro
Ciscos Marktanteil für drahtlose Infrastruktur auf 57 Prozent, die Konkurrenz
folgt weit abgeschlagen bei neun beziehungsweise sieben Prozent. Im boomenden Privatkundensegment hat Cisco mit
dem Aufkauf des Marktführers Linksys
im März auf einen Schlag den ersten oder
zweiten Platz – je nach Statistik – erobert.
Und das ist nur der Anfang. Linksys verkauft bislang 90 Prozent seiner preiswerten Heimrouter in den USA, dem größten
Markt.
Experten schließen bereits Wetten darauf ab, wann Cisco auf den Zug der
Zukunft aufspringt. „Der Markt steckt
momentan noch in den Kinderschuhen.
Es tummeln sich mehr als 150 verschiedene Anbieter“, sagt Craig Mathias vom
Beratungsunternehmen Farpoint Group in
Neu-England. „Funktional sind die angebotenen Lösungen gleichwertig, aber die
Konsolidierung wird kommen. Früher
oder später wird Cisco die neue Architektur akzeptieren.“
Doch wenn heute zwischen 69 und
83 Prozent aller Router und Switches aus
dem Hause Cisco stammen, ist der Antrieb, sich bei Konkurrenten umzusehen,
vorerst relativ gering. „Cisco ist in der gleichen Situation wie IBM in seiner Blütezeit
in den siebziger und achtziger Jahren“,
stichelt Trapeze-CEO Flach. „Man muss
nur den Spruch von damals etwas ändern:
Es ist noch nie jemand dafür gefeuert
worden, dass er Cisco kaufte.“
Wer einmal Komponenten des Marktführers installiert hat, wird es sich wahrscheinlich dreimal überlegen, mit anderen
Produkten Risiken in seinem IT-Fuhrpark
einzugehen. Trapeze-Chef-Technologe und
ehemaliger Cisco-Entwickler Bill Miskovetz ergänzt: „John Chambers hat oft
genug klar gemacht, wenn sie in einen
Markt eintreten, wollen sie Nummer eins
oder zwei sein, und dafür werden sie alle
Hebel in Bewegung setzen. Und wenn sich
der Markt schnell dreht, dann kaufen sie
eben ein junges Unternehmen.“
Das kann fix so weit sein. In der ersten
Jahreshälfte 2004 wird drahtlose Computerei unter Firmenkunden zum Renner,
erwartet IDC-Analyst Abner Germanow.
„Dann weigern sich plötzlich alle, wieder
ans Kabel zu gehen.“ Wenn Unternehmen
intelligente Netzideen wie die von Trapeze
verlangen, gerät Cisco in Zugzwang.
Die Gerüchte über die Kauflust von
Cisco bringen dessen Manager Rob Redford, der für Produkt- und TechnologieMarketing zuständig ist, in Rage. „Es ist
ein beliebter Irrtum, dass wir Innovationen
einfach einkaufen. Unsere Mitbewerber
streuen diese Vorstellung. Wir kaufen strategisch zu, um noch schneller zu wachsen.
Wir kaufen höchstens intelligente Leute
Drahtlos-Antenne, idyllisch
ein.“ Deren Wissen wird dann in Produkte
integriert, so Redford. Er schätzt, dass 80
Prozent aller Forschungs- und Entwicklungsarbeit bei Cisco hausgemacht seien.
Eine schwer nachzuprüfende Rechnung,
denn jede geschluckte Firma wird spätestens mit der zweiten Produktgeneration als
Cisco-Produkt ausgewiesen. „Kein Konkurrent, der bei Trost ist, wird eine Komponente anbieten, die nicht mit uns kompatibel ist. Da ähneln wir in gewisser Weise
IBM“, gibt Redford zu. „Uns geht es vor
allem um die Integrationsfähigkeit. Wer
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von Cisco kauft, kann sich darauf verlassen, dass die Teile zusammenpassen und
funktionieren.“ Damit sich das auch beim
Kunden bewahrheitet, probiert die Firma
neue Technologien intern aus.
Geht es wirklich um die Zukunft
oder ums alte Kerngeschäft?
Das trifft auch für ein zweites, heiß umkämpftes Wachstumsgebiet wie IP-Telefonie zu. Alle Cisco-Mitarbeiter haben ein
Netz-Telefon auf dem Schreibtisch, bis zum
Frühling 2004 sollen sie für Videokonferenzen nachgerüstet sein. Während herkömmliche Telefonanlagen eine Verbindung zwischen zwei Anrufern aufbauen
und halten, indem sie eine Leitung (oder
einen Schaltkreis) permanent belegen,
funktioniert IP-Telefonie genauso wie der
Datenverkehr. Gespräche werden in kleine
Pakete zerlegt und häppchenweise über die
jeweils schnellsten Routen transportiert,
bevor sie beim Empfänger wieder zusammengesetzt werden.
Ferngespräche werden damit endgültig billig, und, noch wichtiger: Anschlüsse
und Mailboxen lassen sich so einfach
umlegen wie ein Laptop umstöpseln. Da
Sprachpakete über die gleichen Netze
laufen wie eMail und Videodateien, lassen
sich Anrufbeantworter mit anderen PCAnwendungen kombinieren – die oft
zitierte Konvergenz. „Das ist das nächste
große Ding“, ist Ciscos Chef-Entwickler
Mazzola sicher.
Der IDC-Analyst Paul Strauss bezweifelt allerdings, dass Cisco tatsächlich an der
neuen Technik gelegen ist – schließlich
entwickelte IBM einst Personal Computer
auch nur, um damit den Absatz großer
Rechner zu stützen. „Ciscos Motivation
liegt in der Marktsättigung bei Routern
und Switches.“ Je mehr Gespräche und
Videobilder per IP reisen, desto höher
steigt die Netzlast und desto mehr „Weichen“ aus dem Hause Cisco sind nötig.
Und Strauss kritisiert, dass die bisherigen
Bemühungen bei IP-Telefonen nichts weiter gewesen seien, als „das Rad neu zu
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erfinden“. Noch muss hart daran gearbeitet werden, dass Sprachqualität und Zuverlässigkeit der Netz-Telefone an die
konventioneller Geräte heranreicht. Noch
gibt es nichts Neues, nichts Besseres, mit
dem Umsteiger zu ködern wären. Deshalb
bieten etwa Siemens oder Alcatel gemischte Anlagen an. Sehr zuverlässig sind
reine IP-Systeme nämlich noch nicht, und
große Kunden haben bereits Test-Bestellungen storniert.
Sicher: Langfristig wird Telefonieren
übers Internet kommen. IP-Apparate der
nächsten Generation sollen doppelten
Dienst tun und vom Telefon automatisch
zum Handybetrieb unterwegs umschalten.
Auch hier ergibt der massive Einstieg
Ciscos in den drahtlosen Datenverkehr
viel Sinn. Telekom- und Kabelanbieter sind
dabei wichtige Verbündete. „Der Markt
mag am Boden liegen, aber wenn er
wiederkommt, bewegt er sich auf unsere
Lösung, die Paket-Technik zu“, sagt Sameer
Padhye, bei Cisco für Service-ProviderVermarktung zuständig. Heute stammt
gut ein Viertel des Umsatzes aus dem
Geschäft mit Netzbetreibern, in drei bis
fünf Jahren soll diese Komponente auf 40
bis 50 Prozent steigen. Dabei kann Cisco
aus seiner Position als Netzwerkausrüster
für Firmen einerseits und für Telekom-
Anbieter andererseits Profit schlagen. Letztere wollen dringend neue Einkommensquellen bei Unternehmen und Haushalten
erschließen.
Cisco will ihnen dabei helfen, denn jede
neue IP-Telefonanlage und jedes Kabeloder DSL-Modem, das Filme auf Bestellung empfängt und Ferngespräche abwickelt, bedeutet Aufträge für Linksys und
die Muttermarke Cisco. Fünf Minuten
Video brauchen ebenso viel Bandbreite wie
ein Jahr eMail-Verkehr. „Wir wissen, was
Firmen mit ihren Netzen tun, und das zeigt
uns, wie Service Provider neue Einkommensströme schaffen“, brüstet sich Padhye. Schon heute benutzen mehr als zwei
Millionen US-Haushalte ihren Kabelfernseh-Anschluss zum Telefonieren.
Für kleine Herausforderer wie Trapeze
sind das keine schönen Aussichten. „Wireless wird genauso zum Massenmarkt werden wie vorher PCs“, prophezeit TrapezeMitbegründer und Entwicklungschef Dan
Simone. „Von den ganzen Mitbewerbern
im drahtlosen Bereich werden nicht viele
übrig bleiben. Cisco wird sich den einen
oder anderen einverleiben, um technologisch auf der Höhe zu bleiben. Das wird
noch eine Weile reichen, um die alte Technik zu verkaufen. Eine Flucht zurück.
Noch keine Strategie für morgen.“ - - - - - |
Cisco in Kennzahlen
Umsatz 2003: 18,9 Mrd. Dollar
Operatives Einkommen: 5,2 Mrd. Dollar
Mitarbeiter: 34 500
Sitz: San Jose, Kalifornien
Gegründet: 1984
Umsatzmix in Dollar
Router:
Switches:
Zugang:
Dienstleistungen
Linksys:
Andere:
2003
5,09 Mrd.
7,66 Mrd.
869 Mio.
3,3 Mrd.
k. A.
1,9 Mrd.
2004 (geschätzt)
5,45 Mrd.
7,76 Mrd.
776 Mio.
3,59 Mrd.
527 Mio.
2,43 Mrd.
2005 (geschätzt)
6,11 Mrd.
8,41 Mrd.
892 Mio.
3,97 Mrd.
775 Mio.
3,25 Mrd.
Quelle: SG Cowen und Cisco Systems
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