© aboutpixel TUMOR – WAS NUN? EinLeitfadenfürdenbesorgtenTierbesitzer ohne Anspruch auf Vollständigkeit. D ie meisten Hunde- und Katzenbesitzer sind im Laufe des Lebens ihres Tieres davon betroffen: Ihr Liebling hat einen Tumor. Manchmal wurde er selbst entdeckt, z. B. beim Streicheln, ab und zu vom Tierarzt bei einer Untersuchung. Letztendlich hat jede Körperzelle die Fähigkeit zu wuchern. Wasnun? Zuallererst einmal tief durchatmen: das Wort Tumor aus dem Lateinischen bedeutet erst mal nur „Schwellung“ – oder mittlerweile häufiger benutzt „Gewächs“ – ob das gutartig oder bösartig ist, steht noch gar nicht fest. Auch eine harmlose Warze ist ein Tumor. 26 Leben mit Tieren 6/2010 Bei Bösartigkeit gibt es viele Gesichter: gut abgegrenzte Tumore, die sich eher leicht entfernen lassen, Tumore, die ihre Umgebung mit Zellen unterwandern, die weit über die Grenzen der „Tumorkapsel“ hinausgehen, oder Zellen des Tumors gelangen in den Kreislauf und werden in andere Organe gestreut und wuchern dort wei- ter oder Tumore können Stoffe bilden, die dem Tier schaden. Leidersindbösartige Wucherungeninjedem Altermöglich–auch beijungenTieren. Wichtig ist nun, sich Sicherheit zu verschaffen. Das Gewächs sollte von Ihrem Tierarzt punktiert werden, um Zellen zu gewinnen, die untersucht werden können. Das bedeutet, er sticht mit einer leeren Spritze mit aufgesetzter Nadel in den Tumor und saugt Zellen heraus, die auf einem Glasplättchen ausgestrichen und fi xiert werden. Dafür braucht Ihr Tier keine Narkose – der Stich ist kaum schmerzhafter als eine Impfung. Die Untersuchung führt ein Pathologe durch, der die Zellen auf Hinweise für Bös- artigkeit untersucht. Sollten, was hin und wieder vorkommt, keine Zellen gewonnen werden können (es kann nur Blut angesaugt werden oder in die Nadel wurden einfach keine Tumorzellen eingesaugt), kann der Tumor „stanzbiopsiert“ werden. Dabei kann in leichter Narkose oder örtlicher Betäubung ein kleines Gewebestückchen entnommen und untersucht werden. Erstdann–undwirklich erstdann–kannjenach Ergebnisentschiedenwerden, waszugeschehenhat. Ist der Tumor gutartig, ist meistens keine Operation notwendig. Manchmal können aber auch gutartige Tumore immer weiter wachsen. Bevor sie zu groß werden und das Tier ein- leichtem Durchfall oder Übelkeit. Dies wird dann bei der nächsten Sitzung mit einberechnet und die Dosis entsprechend reduziert. Es gibt eine Vielzahl gut erforschter und oft angewendeter sogenannter „Protokolle“, so dass praktisch für jeden Besitzer und sein Tier ein passendes gefunden werden kann. Auch Bestrahlungen sind mittlerweile möglich geworden und oft sind nur wenige Sitzungen nötig, um einen nicht mehr zu operierenden Tumor noch lange unter Kontrolle zu halten oder Ihrem Tier Schmerzen zu nehmen. KeineChancenverschenken Mittlerweile gibt es auch Medikamente für Tiere auf dem Markt, die bestimmte Tumore fast ohne Nebenwirkungen in Schach halten können. Ohne Chemotherapie. All diese Entscheidungen können jedoch nur getroffen werden, wenn feststeht, um was für einen Tumor es sich handelt. Oft aber entscheidet sich der Besitzer noch zu warten und den Tumor „zu beobachten“. Damit vergibt er häufig die große Chance, einen bösartigen Tumor nicht nur zu erkennen, sondern auch komplett zu entfernen mit vergleichsweise geringem Aufwand und einem kleinen Schnitt. Ein gut verständliches Beispiel kommt direkt aus der Humanmedizin: Wenn eine Frau einen kleinen Knoten in der Brust feststellt – würde sie da warten und ihn beobachten? Auch die Angst, dass bei einer Punktion Tumorzellen in die Blutbahn gelangen und der Tumor somit streut, ist kein Grund, den Tumor ohne vorherige Diagnose herauszuschneiden. Fälle, in denen der Tumor nicht restlos entfernt wurde und mehrfach nachoperiert werden musste oder nicht mehr komplett entfernt werden konnte, kommen fast täglich vor. Fälle, in denen belegt wurde, dass durch eine Punktion eine Streuung provoziert wurde, sind extrem selten. Meist findet die Zellstreuung entlang des Stichkanals der Biopsie statt. Dieser kann bei einer Operation komplett mit entfernt werden. und krank und Sie haben deswegen entschieden, auf keinen Fall mehr eine Operation vornehmen zu lassen, dann müssen Sie natürlich nicht unbedingt wissen, um was für einen Tumor es sich handelt. Sie merken wahrscheinlich früh genug am Wachstumsverhalten und dem Befinden Ihres Tieres, ob der Tumor bösartig ist und es leidet. Dann genießen Sie die Zeit, die Ihnen noch bleibt, und lassen Sie Ihrem Freund die Würde, dann gehen zu dürfen, wenn nur noch Beschwerliches auf ihn zukommt. ZügigeAbklärung Natürlich werden trotz aller Vorsicht immer noch viele Tumore erst spät entdeckt, besonders wenn sie im Bauch – oder Brustraum – wachsen und zu Beginn kaum Beschwerden verursachen. Ein Grund mehr, zumindest die Tumore, die man frühzeitig entdeckt, zügig abzuklären und seine Chancen wahrzunehmen. Zuletzt sei gesagt, dass es natürlich keine Regel ohne Ausnahme gibt: ist Ihr Tier sehr alt Annette Perk Tierklinik am Sandpfad Wiesloch www.tierklinik-sandpfad.de Anzeige © aboutpixel schränken – z. B. beim Laufen oder Liegen, sollten sie doch entfernt werden. Bei bösartigen Tumoren ist die Feinnadelaspiration sehr wichtig, um die Operation zu planen: Gerade die oben erwähnten Tumore, die eine Kapsel zu bilden scheinen, aber in Wirklichkeit die Umgebung außerhalb der Kapsel mit Zellen infiltrieren, können nur restlos entfernt werden, wenn der operierende Tierarzt vorher weiß, dass er beim Schnitt einen viel größeren Sicherheitsabstand einhalten muss als bei anderen Tumoren – besonders auch in die Tiefe. Natürlich gibt es auch bösartige Tumore – wie z. B. der Blutzellen, die nicht operiert werden können – oder Tumore, die gestreut haben. Hier bleibt nur die Chemotherapie, die den ganzen Körper behandelt. Auch hier sollte sich der Besitzer intensiv aufklären lassen, denn Chemotherapie ist entgegen der Befürchtungen vieler Besitzer keine „Tierquälerei“. Das Tierschutzgesetz verbietet uns, allen Tieren ohne Not ein Leid zuzufügen. Daher lautet der Glaubenssatz der Chemotherapie: maximale Lebensverlängerung bei guter Lebensqualität. Die Chemotherapie wird in deutlich niedrigeren Dosierungen als in der Humanmedizin verabreicht und führt nur zu geringen und meist gut behandelbaren Nebenwirkungen wie Leben mit Tieren 6/2010 27
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