Schmerzhafter, vaskularisierter Tumor d er Wade

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Der besondere Fall – Kasuistiken
Schmerzhafter, vaskularisierter
Tumord er Wade
Ihre Diagnose?
F. C. Beikert1; A. Hoos2; K. Sperhake3; N. Devereux1; G. Bruning1
1Abteilung für Venen- und Dermatochirurgie, Krankenhaus Tabea GmbH&Co.KG, Hamburg; 2Hautarztpraxis Rosengarten, Wedel; 3Pathologie Grandweg, Hamburg
Schlüsselwörter
Keywords
Angioleiomyom, Angiomyom, vaskuläres
Leiomyom, schmerzhafte Hauttumoren, ANGLES
Angioleiomyoma, angiomyoma, vascular
leiomyoma, painful tumours of the skin,
ANGLES
Zusammenfassung
Summary
Berichtet wird der Fall einer 39-jährigen Patientin mit schmerzhaftem, subkutan gelegenem, duplexsonographisch gut vaskularisiertem Tumor der Wade. Aufgrund der Schmerzhaftigkeit und der Größenprogredienz des Tumors erfolgte eine Exzision mit Primärverschluss. Histologisch zeigten sich die für ein
Angioleiomyom typischen Charakteristika.
Das Angioleiomyom ist ein vor allem bei
Frauen mittleren Alters vorkommender, benigner, mesenchymaler Tumor, welcher zumeist
an der unteren Extremität lokalisiert ist. Bei
schmerzhaften Hauttumoren sollte dieser Tumor differenzialdiagnostisch in Betracht gezogen werden. Aufgrund der Schmerzhaftigkeit und der geringen Rezidivneigung des Tumors sollte zumeist eine Exzision angestrebt
werden. Die Diagnose wird in den meisten
Fällen histologisch gestellt.
The case of a 39-year old female patient,
presenting a painful, well-vascularized tumour located in the subcutaneous tissue of
the right calf, is reported. Due to the painfulness and tumour size progression an excision
with primary wound closure (by buried sutures) was performed. The tumour showed
histological features characteristic for an angioleiomyoma. Particularly middle-aged
women are affected by an angioleiomyoma
which represents a benign, mesenchymal tumour mostly located on the lower extremities. Differential diagnosis in painful tumours
of the skin should include this entity. Because
of the painfulness of the tumour primary excision is mostly recommended. In the majority of cases the diagnosis is made histologically.
Korrespondenzadresse
Dr. med. Florian C. Beikert
Abteilung für Venen- und Dermatochirurgie
Krankenhaus Tabea GmbH&Co.KG
Kösterbergstraße 32, 22587 Hamburg
Tel. +49–40/86692200
E-Mail: [email protected]
Zitierweise des Beitrages/Cite as:
Painful vascularised tumour of the calf
Your diagnosis?
Phlebologie 2015; 44: 177–179
http://dx.doi.org/10.12687/phleb2271-4-2015
Eingereicht: 22. Mai 2015
Angenommen: 8. Juni 2015
English version available at:
www.phlebologieonline.de
© Schattauer 2015
Anamnese
Eine 39-jährige Patientin stellte sich mit einem seit ca. einem Jahr bestehenden,
druckschmerzhaften, größenprogredienten, subkutan gelegenen Tumor in der
rechten Wade in unserer Klinik vor. Als
Nebendiagnose wurde eine Psoriasis vulgaris angegeben.
Klinischer Befund
An der rechten distalen Wade imponierte
ein ca. 3 x 1 cm durchmessender, solitärer,
dezent bräunlich-livider, subkutan gelegener, druckdolenter, weicher, gut verschieblicher Tumor (▶ Abb. 1). Sonographisch
stellte sich der Tumor inhomogen mit
echoreichen, jedoch auch echoarmen Anteilen dar. Zudem wies der Tumor eine
deutliche Vaskularisation und eine glatte
Außenkontur auf. Die weitere klinische
und duplexsonographische Untersuchung
(u.a. des epi- und subfaszialen Venensystems) ergab keine pathologischen Befunde.
Therapie
In Tumeszenzlokalanästhesie auf Prilocainbasis erfolgte eine komplette, bis in die
Subkutis reichende, spindelförmige Exzision des Tumors. Der entstandene Defekt
wurde primär mittels hoher Koriumsnaht
verschlossen. Anschließend wurde für 24
Stunden ein Druckverband angelegt. In der
ersten postoperativen Woche wurde der
Verband zweimal in der Ambulanz unserer
Klinik gewechselt. Bei sehr gutem Heilungsverlauf konnte danach auf die Verwendung von speziellem Verbandmaterial
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F. C. Beikert et al.: Schmerzhafter, vaskularisierter Tumor der Wade
Abb. 2
Histologisches Bild
(Übersicht): Tief intradermal gelegener,
reich vaskularisierter
Tumor. Es zeigen sich
dickwandige Gefäße
(s. schwarze Pfeile)
und glatte Muskelzellen.
Abb. 1 Klinisches Bild des subkutan gelegenen,
größenprogredienten Tumors.
verzichtet werden; eine entsprechende
Hautpflege (u.a. mit silikonhaltigem Gel)
wurde der Patientin empfohlen. Da resorbierbares Nahtmaterial verwendet wurde,
war eine Entfernung des Nahtmaterials
nicht notwendig.
Histologischer Befund und
histologische Diagnose
Mikroskopisch regelrechte Epidermis und
obere Dermis. Die tiefe Dermis sowie Teile
des subkutanen Fettgewebes werden von
dem scharf umschriebenen, nodulären Tumor ausgefüllt und verdrängt. Der Tumor
besteht aus teils spaltförmigen, teils dilatierten Blutgefäßen ohne Endothelatypien,
von deren Wandmuskulatur ausgedehnte,
breite Stränge glatter Muskelzellen radiär
in die Umgebung abstrahlen (▶ Abb. 2,
▶ Abb. 3).
Histologische Diagnose
Kutanes Angioleiomyom
Phlebologie 4/2015
Abb. 3
Histologisches Bild
(Detail): Glatte Muskelzellen mit zigarrenförmigen Zellkernen
(s. schwarze Pfeile).
Diskussion
Bei einem Angioleiomyom (Synonym: Angiomyom, vaskuläres Leiomyom) handelt
es sich um einen benignen, mesenchymalen Tumor, welcher von der muskelzellhaltigen Lamina media der subkutanen Gefäße ausgeht (1, 2). Nach der aktuellen
WHO-Klassifikation der Weichteiltumore
werden Angioleiomyome zu den perizytischen (perivaskulären) Tumoren gezählt
(3). Zur Prävalenz des kutanen Angioleiomyoms liegen nach unserem Wissen keine
belastbaren, publizierten Daten vor. In einigen Lehrbüchern wird jedoch angegeben, dass Angioleiomyome ca. 4 % aller benignen Weichteiltumoren ausmachen. Insbesondere Frauen zwischen dem 4. und 6.
Lebensjahrzehnt sind von diesem Tumor
betroffen (4, 5). Angioleiomyome sind vor
allem an den proximalen Extremitäten und
hier insbesondere an der unteren Extremität lokalisiert (5). Klinisch zeigt sich meist
ein solitärer, 1 cm bis max. 2 cm durchmessender, fester, hautfarbener bis rötlicher
Knoten in der tiefen Dermis oder Subkutis.
Mehr als 50 % der Patienten beschreiben
den Tumor als schmerzhaft, wobei der
Schmerz typischerweise spontan, auf
Druck, bei Temperaturunterschieden, bei
Schwangerschaft oder während der Menstruation (als sogenanntes Tuberculum dolorosum) auftritt (2).
Eine exakte Diagnosestellung allein anhand des klinischen Bildes und der Duplexsonographie ist schwierig. Meist wird
© Schattauer 2015
F. C. Beikert et al.: Schmerzhafter, vaskularisierter Tumor der Wade
Tab. 1 Differenzialdiagnose schmerzhafter Tumoren der Haut („ANGLES“, nach [6])
Tab. 2 Differenzialdiagnose schmerzhafter Tumoren der Haut („LEND AN EGG“, [7]).
Interessenkonflikt
Die Autoren geben an, das kein Interessenkonflikt besteht.
A
Angioleiomyom
L
Leiomyom
N
Neurom
E
Ekkrines Spiradenom
G
Glomustumor
N
Neurom
L
Leiomyom
D
Dermatofibrom
E
Ekkrines (Spiradenom)
S
Spiradenom
A
Angiolipoma
N
Neurilemmom
Eine Einverständniserklärung der Patienten
liegt vor. Der Fallbericht wurde unter Berücksichtigung der Nationalen Richtlinien und
der aktuellen Helsinki-Deklaration erstellt.
E
Endometriom
Literatur
G
Glomustumor
G
Granularzelltumor
die Diagnose erst nach Tumorexzision als
histologischer Zufallsbefund gestellt. Differenzialdiagnostisch kommen vor allem andere schmerzhafte Tumoren der Haut
(▶ Tab. 1 [6], ▶ Tab. 2 [7]), insbesondere
Gefäßtumoren, in Betracht.
Aufgrund der Benignität ist eine Exzision des Tumors prinzipiell nicht erforderlich. Eine Indikation zur Exzision besteht
jedoch bei ausgeprägter Schmerzhaftigkeit
des Tumors, häufig erfolgt die Exzision
allerdings auch auf ausdrücklichen
Wunsch der Patienten. Die Exzision sollte
radikal, spindelförmig und bis in die Subkutis reichend durchgeführt werden. Insgesamt weisen kutane Angioleiomyome eine
geringe Rezidivneigung auf. Eine maligne
Entartung oder Metastasierung dieser Tumoren ist nicht bekannt.
Schlussfolgerung
Bei schmerzhaften Tumoren der Haut sollte
vor allem bei Frauen mittleren Alters differenzialdiagnostisch ein Angioleiomyom in
Betracht gezogen werden. Liegt eine Spontan- oder Druckschmerzhaftigkeit des Tumors vor, ist die Therapie der Wahl die komplette, bis in die Subkutis reichende Exzision. Die Diagnose wird in den meisten Fällen
histologisch gestellt.
Ethische Richtlinien
1. Fitzpatrick TB, Saunders TS. Cutaneous leiomyoma;
classification and report of solitary angioleiomyoma.
AMA Arch Derm 1956 Oct; 74(4): 389–392.
2. Plewig G, Landthaler M, Burgdorf W, Hertl M, RuzickaT. Braun-Falco’s Dermatologie, Venerologie
und Allergologie. Berlin: Springer Verlag 2011, 6.,
Aufl; 1740.
3. Petersen I. Die neue WHO-Klassifikation und aktuelle Ergebnisse in der Weichteiltumorpathologie.
Pathologe 2013; 34: 436–448.
4. Hachisuga T, Hashimoto H, Enjoji M. Angioleiomyoma – A clinicopathologic reappraisal of 562
cases. Cancer 1984 Jul 1; 54(1): 126–130.
5. Bardach H, Ebner H. The angioleiomyoma of the
skin. Hautarzt 1975 Dec; 26(12): 638–642.
6. Altmeyer P, Paech V. Enzyklopädie Dermatologie,
Allergologie, Umweltmedizin. Berlin: Springer
Verlag 2010, 2. Auflage.
7. Naversen DN, Trask DM, Watson FH, Burket JM.
Painful tumors of the skin: „LEND AN EGG“. J
Am Acad Dermatol 1993 Feb; 28(2 Pt 2): 298–300.
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