Gedächtnistraining - Bayerischer Rundfunk

Gesundheitsgespräch
Jung im Kopf – Wie bleibt man geistig fit?
Sendedatum: 25.02.2017
Expertin:
Nina Strößenreuther, Diplom-Psychologin und Gedächtnistrainerin an der
psychiatrischen Klinik des Klinikums Nürnberg Nord, arbeitet in der
Gedächtnissprechstunde, einer Einrichtung zur Früherkennung von Demenzen
und leitet Gedächtnis-Gruppen mit Demenzpatienten.
Die einen versuchen es mit Kreuzworträtseln. Die anderen kaufen sich
Computerspiele fürs Gehirnjogging. Die Dritten nehmen jeden Tag einen
anderen Weg zum Einkaufen und ändern ständig ihren Tagesablauf. Im Umlauf
sind viele Methoden, die helfen sollen, unser Gehirn fit und flexibel zu erhalten,
denn die Angst vor einer Demenz im Alter ist groß. Aber kann man seine
grauen Zellen damit wirklich schützen? Sind geistig aktive Menschen weniger
vom Abbau des Gedächtnisses und des Denkens bedroht?
Dem Text liegt ein Interview mit der Psychologin Nina Strößenreuther
zugrunde.
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Jede andere Verwendung oder Veröffentlichung ist nur in Absprache mit dem Bayerischen Rundfunk möglich!
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Gehirnjogging - Was ist Gedächtnistraining eigentlich?
Gedächtnistraining ist gut, aber für die Verhinderung einer Demenz zu wenig,
denn die Entwicklung einer Demenz wird durch verschiedenste Faktoren
begünstigt. Besser ist deshalb ein umfassenderes, ein sogenanntes 'kognitives
Training'.
"Kognitives Training bedeutet, dass nicht nur die Gedächtnisleistungen,
sondern verschiedene kognitive (= geistige) Funktionen trainiert werden. Man
kann das mit einem Läufer vergleichen: Obwohl er mit den Beinen läuft, muss
er auch Arme, Nacken und Bauch trainieren. Der ganze Körper muss fit sein,
damit er wirklich gute Leistungen bringen kann. Dementsprechend brauchen wir
für viele Probleme, die wir im Alltag bewältigen, nicht nur das Gedächtnis,
sondern auch andere kognitive Funktionen wie Sprache, Konzentration oder
Urteilsvermögen." Nina Strößenreuther, Psychologin und Gedächtnistrainerin
am Klinikum Nürnberg Nord
Demenz verhindern?
Ein gut trainierter älterer Mensch kann Gedächtnisleistungen wie ein
untrainierter Dreißigjähriger bringen. Aber auch dann lässt sich der Beginn
einer Demenz nicht verhindern. Gedächtnistraining kann also im Idealfall den
Beginn der Demenz hinauszögern und den Verlauf positiv beeinflussen.
Was im Gehirn geschieht
Bei einer Demenz verändert sich das Gehirn in seiner Struktur, Nervenzellen
verlieren den Kontakt zueinander und sterben ab. Durch Training können auch
im höheren Alter neue Verbindungen zwischen den Nervenzellen entstehen
und sogar neue Neuronen in den für das Gedächtnis wichtigen Bereichen
gebildet werden. Trotzdem lässt sich der Abbau der Nervenzellen und damit
das Einsetzen und Fortschreiten einer Demenz nicht vollständig unterdrücken.
Die Auslöser einer Demenz sind – zumindest im Fall der häufigsten
Demenzerkrankung, der Alzheimer-Krankheit – noch nicht geklärt. Man weiß
aber, dass höhere Bildung und ein abwechslungsreicher Beruf das
Erkrankungsrisiko senken. Auch genetische und weitere Faktoren (wie
Ernährung, Bewegung, allgemeiner Gesundheitszustand) haben Einfluss auf
den Zustand des Gehirns im Alter.
"Im günstigsten Fall reicht ein abwechslungsreicher Alltag, um das Gehirn fit zu
halten. Abwechslungsreich heißt, aktiv zu sein, sich für seine Umwelt zu
interessieren, zu versuchen, sich zum Beispiel bei technischen Entwicklungen
auf dem Laufenden zu halten und auch immer wieder etwas Neues zu lernen.
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Man sollte außerdem regelmäßig Sport treiben, sich gesund ernähren und
soziale Kontakte pflegen. Menschen, die all dies befolgen, können natürlich
zusätzlich gezielt trainieren - aber es ist nicht so notwendig wie bei Menschen,
die beispielsweise aufgrund von Krankheit nicht mehr mobil sind, deswegen
weniger unterwegs sein können und weniger Anregungen bekommen." Nina
Strößenreuther, Psychologin und Gedächtnistrainerin am Klinikum Nürnberg
Nord
Tipp: Leben statt trainieren
Bei den meisten Gedächtnistrainingsangeboten wird einmal pro Woche für etwa
eine Stunde trainiert. Tägliches Zeitunglesen und sich regelmäßig mit anderen
über das Gelesene auszutauschen, stellt damit ein häufigeres und vermutlich
intensiveres Training dar. Dieses Beispiel zeigt, dass alltägliches interessiertes
Leben einen großen Effekt erzielen kann. Das heißt: Die
Gedächtnistrainingsstunden sind eine gute Ergänzung und liefern Anregungen
für zu Hause, einen abwechslungsreichen Alltag ersetzen können sie aber
nicht.
Wichtig: Mit allen Sinnen leben und trainieren
Über die Sinnesorgane nimmt man die Umwelt wahr, nur so kommt die
Information ins Gehirn. Deswegen sollte jedes Training auch immer möglichst
viele Sinne anregen. Nina Strößenreuther macht dafür in ihrem
Gedächtnistraining unter anderem folgende Übungen:
•
Verschiedene Apfelsorten bewusst riechen und natürlich schmecken.
•
Verschiedene Instrumente aus einem Musikstück heraushören.
Übungen fürs Gehirn - Wie das mentale Training aussehen sollte
Für ein effektives geistiges Training sind tägliche Übungen wichtig. Wesentlich
ist auch, sich immer neuen geistigen Herausforderungen zu stellen, nicht
lediglich altes, bekanntes Wissen aus dem Gedächtnis hervorzukramen.
"Natürlich kann auch Kreuzworträtsel lösen eine gute Übung sein. Allerdings
vor allem dann, wenn man das nicht schon sein ganzes Leben lang gemacht
hat. Denn in diesem Fall ruft man nur schon Bekanntes aus dem Altgedächtnis
ab, also Dinge, die bereits seit Langem gespeichert sind. Richtiges Training
entsteht erst dann, wenn das Gehirn mit neuen Aufgaben konfrontiert wird.
Dann lieber auf Sudokus oder andere Rätsel umsteigen." Nina Strößenreuther,
Psychologin und Gedächtnistrainerin am Klinikum Nürnberg Nord
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ABC-Spiel
Man nimmt einen Oberbegriff (Beispiel: Blumen, Berufe oder Körperteile) und
sucht dann zu jedem Buchstaben des Alphabets mindestens einen passenden
Begriff (Aster, Begonie, ...). Mit dieser Übung wird vor allem die Wortfindung
trainiert.
Neue Wörter bilden
Aus den Buchstaben eines langen Wortes (Beispiel: Gedächtnistraining) sollen
möglichst viele neue Wörter (Dach, geht, innig...) gebildet werden. Damit kann
man Stunden verbringen und so die Denkflexibilität üben.
Buchstaben suchen
Zum Training des Konzentrationsvermögens nimmt man die Tageszeitung und
umkreist in einem Artikel immer den gleichen Buchstaben, z.B. das "e". Beim
nächsten Artikel nimmt man einen anderen Buchstaben. Um sich zu motivieren,
kann man die Zeit stoppen, die man für eine ganze Zeitungsseite braucht, und
versuchen am nächsten Tag schneller zu sein. So erhält man eine
Rückmeldung über den Trainingseffekt.
Übungen erstellen
Man kann auch anderen, zum Beispiel dem Ehepartner, Aufgaben stellen, die
man sich selbst ausgedacht hat. Neben zu erinnernden Begriffen können das
auch Listen mit verschiedenen Inhalten sein, die einander zugeordnet werden
müssen. Beispiel: Eine Liste enthält Hauptstädte, die andere Länder; die
Aufgabe des Partners ist es dann, die Zusammengehörigen zu finden.
Tipp: Lexika oder Atlanten sind ein gutes Hilfsmittel, um Übungen zu erfinden.
Regel: Monotonie vermeiden
Auch die Gedächtnisspiele sollten sich abwechseln, damit sie nicht zur Routine
werden. Nach circa zwei Monaten gewöhnt sich der Mensch an
Aufgabenstellungen und automatisiert sie, dann sollte man spätestens neue
Spiele oder Rätsel ausprobieren.
Wichtig
Die Übungen sollten Spaß machen! Wer nur widerwillig Buchstaben einkreist,
sollte sich lieber eine andere Übung suchen. Positiv besetzte Inhalte lernt man
leichter.
"Spaß ist der größte Motivationsfaktor. Nur dann bleibt man dabei und trainiert
stetig und häufig weiter. Im besten Falle kommt man in einen sogenannten
Flow, also einen Zustand großer Freude und Zufriedenheit, bei dem man gar
nicht mehr auf die Zeit und Mühe achtet. Man ist einfach in die Aufgabe
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vertieft." Nina Strößenreuther, Psychologin und Gedächtnistrainerin am
Klinikum Nürnberg Nord
Alltagsübungen - Radio hören und mehr fürs Gehirn
Morgens Radio hören und dann am Nachmittag versuchen, sich an so viele
Themen, Namen und Ereignisse wie möglich zu erinnern - so trainiert man sein
Gedächtnis und seine mentalen Fähigkeiten.
Noch mehr Übung steckt darin, wenn man anderen gezielt und detailliert von
dem Gehörten erzählt. Damit lernt man, Inhalte in das Langzeitgedächtnis zu
speichern und sie wieder abzurufen.
Einkaufsliste einmal anders
"Schreiben Sie eine Einkaufsliste, und prägen Sie sich dabei die Sachen ein,
die Sie kaufen wollen. Dann stecken Sie die Liste in die Jackentasche und
schauen im Geschäft erst kurz vor der Kasse wieder darauf." Nina
Strößenreuther, Psychologin und Gedächtnistrainerin am Klinikum Nürnberg
Nord
Damit übt man die Merkfähigkeit und muss doch nicht noch einmal in den
Laden gehen, falls man etwas vergessen hat.
Tagebuch schreiben
Wer jeden Abend aufschreibt, was er am Tag erlebt oder was ihn bewegt hat,
trainiert damit sein Gedächtnis. Und er kann später, wenn die Vergesslichkeit
größer wird, noch einmal nachlesen.
Bewegung
Es ist erwiesen, dass körperliche Aktivierung die kognitive Leistung verbessern
kann. Bewegungsapparat und Gehirn stimulieren sich gegenseitig. Man hat in
Studien sogar nachgewiesen, dass sich bei körperlich aktiven AlzheimerPatienten der Krankheitsverlauf verlangsamt.
"Auch spazieren gehen hat einen Trainingseffekt, wenn die Runde größer wird
oder man schneller läuft. Denn Training heißt eigentlich eine Steigerung der
Leistungsfähigkeit, sonst adaptiert der Körper an die Strecke und wird nicht
herausgefordert. Unabhängig davon sind natürlich die Eindrücke, die man
unterwegs gewinnt, eine Anregung für das Gehirn." Nina Strößenreuther,
Psychologin und Gedächtnistrainerin am Klinikum Nürnberg Nord
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Licht
Licht verbessert die Leistungsfähigkeit, denn es stimuliert Hormone, die für die
Wachheit und die Konzentrationsfähigkeit wichtig sind. Gardinen, die Licht
abschirmen, sind deshalb zu Hause kontraproduktiv. Am besten ist es aber,
mindestens einmal am Tag das Haus oder die Wohnung zu verlassen, denn
selbst an einem bewölkten Tag ist die Lichtintensität draußen deutlich stärker
als drinnen.
Trinken und essen
Flüssigkeit, am besten Wasser, ist der Grundbaustein des Stoffwechsels und
damit auch des Hirnstoffwechsels. Deswegen ist es so wichtig, ausreichend zu
trinken. Viele Vitamine, Mineralstoffe und ungesättigte Fettsäuren sind ebenfalls
essentiell für die Gedächtnisleistung. Man nimmt sie beispielsweise mit der
sogenannten Mittelmeer-Diät automatisch zu sich.
Von und mit anderen lernen
Der Mensch lernt von anderen Menschen, das war schon immer so. Nicht nur,
wenn er gezielt unterrichtet wird, sondern auch indem er andere beobachtet
und sich dessen Erfahrungen aneignet: Man muss nicht alle Aufgaben selbst
bewältigen, sondern lernt auch, wenn man jemand anderen dabei zusieht. Für
dieses "stellvertretende Lernen" verantwortlich sind spezielle Nervenzellen, die
sogenannten Spiegelneuronen. Wenn Menschen andere beim Bewältigen von
Aufgaben beobachten, setzen die Spiegelneuronen im Gehirn die gleichen
Prozesse in Gang, wie wenn die Aufgabe selbst ausgeführt würde.
"Wir Menschen sind soziale Wesen. In Gruppen geht es uns in der Regel
besser, weil unsere Laune steigt. Und wenn es uns gut geht und wir guter
Stimmung sind, steigt auch unsere Leistungsfähigkeit. Bei depressiven
Patienten dagegen treten häufig Gedächtnis- und Konzentrationsstörungen
auf." Nina Strößenreuther, Psychologin und Gedächtnistrainerin am Klinikum
Nürnberg Nord
Tipp: Neue Menschen kennenlernen
Wer neugierig auf neue Bekanntschaften bleibt, bleibt auch flexibel. Auch muss
man sich auf jeden Menschen mit seinen Eigenarten neu einstellen, dabei sind
viele verschiedene kognitive Funktionen gefragt.
Hilfe fürs Gehirn - Wo Gedächtnistraining stattfindet
Wer unter Gedächtnisstörungen leidet, sollte sich Hilfe holen. Neben einer
ärztlichen Untersuchung beim Facharzt für Psychiatrie oder Neurologie kann
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auch der Besuch von speziellen Kursen sinnvoll sein. Im Bundesgebiet gibt es
hierfür zahlreiche Angebote.
"Gedächtnissprechstunden sind in der Regel an psychiatrischen oder
neurologischen Kliniken angesiedelt und bieten eine ausführliche Überprüfung
der kognitiven Funktionen an. Häufig werden dort auch Gruppen angeboten, in
denen Menschen mit kognitiven Beeinträchtigungen trainieren können." Nina
Strößenreuther, Psychologin und Gedächtnistrainerin am Klinikum Nürnberg
Nord
Wie man eine Gedächtnistrainingsstunde in der Nähe findet
Für kognitiv gesunde Menschen werden in vielen Volkshochschulen,
Seniorentreffs oder Kirchengemeinden Gedächtnistrainings angeboten. Über
die Internetseite des Bundesverband Gedächtnistraining e.V. kann Kontakt zu
Ausbildern hergestellt werden, die an Trainer in der Region weitervermitteln.
http://bvgt.de/
Wunderwerk Gedächtnis
Experte: Prof. Hans Förstl, Direktor der Klinik und Poliklinik für Psychiatrie
und Psychotherapie der TU München
Gedächtnis: Wie man sich viel merken kann
Was ist das Gedächtnis? Unter Gedächtnis versteht man die Fähigkeit des
Nervensystems, aus Erfahrungen zu lernen und damit zukünftiges Verhalten zu
verändern. Das Gedächtnis dient der besseren Bewältigung neuer Aufgaben
und damit der Anpassung und Optimierung des eigenen Verhaltens. Sein
Zweck richtet sich auf die Zukunft: Erlebnisse und Erinnerungen allein sind
nutzlos, sinnlos.
Lebenswichtig
Lebewesen steigern ihre Überlebenschancen und auch die Lebensqualität
mithilfe des Gedächtnisses, egal ob Wurm, Maus oder Mensch: Das
Nervensystem wandelt sich ständig, um neue Informationen zu integrieren und
damit umso besser auf gleiche oder neue Situationen vorbereitet zu sein.
Aufbau des Gedächtnisses: Wie Erinnerungen zustande kommen
Nervennetze: Einzelne Erinnerungen sind weder in einer einzelnen Zelle, einer
Nervenzellverbindung (Synapse) noch in einer bestimmten Hirnregion
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gespeichert. Denn bei allen Lern- und Erinnerungsvorgängen ist immer das
ganze Gehirn beteiligt. Es gibt jedoch Knotenpunkte, die bei bestimmten
Aufgaben intakt sein müssen. Wenn sie zerstört sind, dann fehlt z.B. die
Erinnerung, wie Dinge heißen, wie Leute aussehen oder wie man eine Tätigkeit
vollzieht. Prof. Förstl: „Es beteiligen sich auch die Bereiche des Gehirns an
einer Aufgabe, indem sie gerade weniger aktiv sind als andere.“
Synapsen
Erinnerungen werden in Nervenzellnetzen gespeichert. Diese werden verstärkt,
indem die Nervenzellen mit ihren Fortsätzen, den Synapsen, Verbindung zu
anderen aufnehmen. Je intensiver diese Verbindung aufgebaut wird, desto
mehr haftet die Information im Gedächtnis. Die feste strukturelle Verbindung an
den Synapsen wird durch Stoffwechselprozesse vorbereitet. Prof. Förstl: „Je
stärker Synapsen miteinander kommunizieren, je häufiger die Nervenzellen
miteinander räsonieren, desto enger werden die Verbindungen innerhalb dieses
Nervennetzes – desto fester haftet die Erinnerung im Gedächtnis.“
Kurzzeitgedächtnis
Das Kurzzeitgedächtnis jongliert die Gegenwart im Kopf, um sie aktuell zu
bearbeiten. Das Kurzzeitgedächtnis entspricht also dem momentanen
elektrochemischen Oszillationszustand des Nervensystems. Neuropsychologen
testen bestimmte Leistungen des Kurzzeitgedächtnisses (,das sogenannte
„Arbeitsgedächtnis“) mit Aufgaben, die sich im Sekundenbereich abspielen.
Wissenschaftlich betrachtet entspricht dieses Kurzzeitgedächtnis eigentlich
nicht dem, was landläufig mit dem Begriff bezeichnet wird, nämlich einer
Zeitspanne von einigen Stunden, sondern es ist viel kürzer. Ein philosophischer
Begriff für das Kurzzeitgedächtnis wäre „Bewusstsein“. Prof. Förstl: „Das Gehirn
versucht aus den ständigen und vielfältigen Eindrücken, die spannendsten
herauszufiltern und daraus Erinnerungen zu bilden, um aus diesen jetzt
gemachten Erfahrungen zu lernen und sich in Zukunft erfolgreich verhalten zu
können. Dazu wird das Nervensystem in jedem Lebewesen, das eines hat,
fortlaufend neu strukturiert.“ Prof. Förstl
Langzeitgedächtnis
Das Langzeitgedächtnis ist die Architektur des Gehirns, die sich mit jeder
Erfahrung verändert. Es ist also jetzt anders strukturiert als noch vorhin. Die
Erinnerungen aus dem Langzeitgedächtnis, kann man wieder hervorholen, sich
daran erinnern. Die beteiligen Nervenzellen bauen untereinander neue
Verbindungen, die Tage oder ein Leben lang bestehen – abhängig davon, ob
sie immer wieder benutzt werden. Auch Erlernen ist vom Prinzip her ein
Erleben.
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Funktion des Gedächtnisses: Was man sich wie merkt
Klavierspielen, Latein-Vokabeln, der Name vom Nachbarn – das Gedächtnis
kann sich die unterschiedlichsten Informationen speichern – nicht zuletzt
glückliche Erlebnisse. Der Mensch kann sich ganz verschiedene Dinge merken:
abstrakte Informationen genauso wie persönliche Erlebnisse oder praktische
Fähigkeiten. Entsprechend wird das Gedächtnis in verschiedene Teilbereiche
unterteilt.
Das implizite Gedächtnis
Das implizite Gedächtnis ist für das Lernen und Abrufen jener Teile des
Gedächtnisses zuständig, über die sich schwerer reden lässt: Das fängt bei
einfachen Körperfunktionen an und endet bei Klavierkonzerten oder ähnlichen
Kunststücken.
Das explizite Gedächtnis
Die Inhalte des expliziten, „deklarativen“ Gedächtnisses können leicht
verbalisiert werden. Dazu gehören:
• Das semantische Gedächtnis mit Wissen und allgemeinen Fakten, wie
sie ein Schüler oder Student erlernt. Es sind die Erinnerungen, die
Menschen teilen - die Enzyklopädie der Menschen. Beispiele: „Rom ist
die Hauptstadt von Italien.“ „H2O ist die chemische Formel für Wasser.“
• Das episodische Gedächtnis ist persönlich, biographisch. Es setzt sich
aus den Erfahrungen und Erlebnissen zusammen, die eine Person
erlebt. Prof. Förstl: „Ein Logbuch, das ständig weiter geschrieben wird.“
• Bei einer Alzheimer-Demenz ist das episodische Gedächtnis meist
zuerst betroffen. Man weiß nicht mehr, wer den Tee auf den Tisch
gestellt hat oder gar, welche Abläufe dazu gehören, einen Tee
zuzubereiten.
Emotion
Der Großteil des Gehirns arbeitet an Emotionen. Zum Hintergrund: Der
Hippocampus ist mit abstrakten Informationen beschäftigt. Direkt davor liegt der
Nucleus Amygdalae, der mit starken Emotionen zu tun hat. Wenn man etwas
lernt und dabei eine Art Aha-Erlebnis hat, ist er beteiligt. Und fast ohne
Anstrengung ist die Information dann im Gedächtnis. Erlerntes bleibt eher im
Gedächtnis, wenn mehrere Strukturen aktiv sind und die emotionale spielt
dabei eine wichtige Rolle.
Gutes und schlechtes Gedächtnis: Warum sich einige mehr merken
können
Viele Menschen sind mit sich und ihrem Gedächtnis unzufrieden: Sie können
sich z.B. die Namen von Personen oder Gedichte nur schwer einprägen.
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Aber bei diesen Fähigkeiten geht es nur um das deklarative Gedächtnis. Das ist
jedoch nur ein Teil der gesamten Gedächtnisleistung. Die Menschen nehmen
nicht wahr, dass sie womöglich in anderen Gedächtnisleistungen besonders gut
sind, z.B. einen guten Instinkt haben, ein gutes räumliches
Erinnerungsvermögen oder eine besonders ausgeprägte emotionale Intelligenz.
Kann das Gedächtnis voll sein?
Das Gedächtnis kann sehr Vieles speichern und zwar besonders gut, wenn die
neue Information eine neue Bedeutung innehat. Die Gedächtniskünstler geben
dem Lernen von teilweise sinnlosen Informationen eine besondere Bedeutung –
und sei es, dass sie Weltmeister werden wollen – und sie schaffen es auch
deswegen, sich in kürzerer Zeit mehr zu merken als die meisten anderen.
Vergesslichkeit im Alter
Ältere Menschen lernen meist weniger leicht als jüngere. Dafür können
verschiedene Gründe verantwortlich sein:
• Ältere Menschen sind häufiger krank und eine verminderte
Leistungsfähigkeit des Organismus kann prinzipiell auch die Hirnleistung
beeinträchtigen.
• Das Gehirn selbst verändert sich über viele Jahrzehnte schleichend und
im Alter ist oft eine kritische Grenze erreicht, unter der die gewohnten
Leistungen nicht mehr abgerufen werden können. Ursachen können die
Alzheimer-Veränderungen des Gehirns, Durchblutungsstörungen und
anderes sein.
• Ältere Menschen setzen sich oft selbst besonders stark unter Druck,
wenn ihre Gedächtnisleistung schwächer wird – dies kann die Probleme
verstärken.
Wie hält man das Gedächtnis fit?
Es gibt nicht das eine Rezept für ein langanhaltendes gutes Gedächtnis. Wie so
oft spielen alle möglichen - und auch ganz banale körperliche - Faktoren eine
Rolle:
• Gesunde Ernährung mit Vitaminen
• Reichliche Flüssigkeitszufuhr
• Wenig Alkohol und andere Stoffe, die dem Gehirn schaden können.
• Ausreichende Bewegung
• Immer wieder neue Anregungen und stimulierende Aufgaben für das
Gehirn
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Bewegung ist gesund!
Experte:
Prof. Martin Halle, Facharzt für Innere Medizin, Kardiologie und Sportmedizin,
Zentrum für Prävention, Ernährung und Sportmedizin, Klinikum rechts der Isar
der Technischen Universität München
Autoren: Monika Dollinger, Beate Beheim-Schwarzbach
Bewegung ist gut für die Gesundheit – das ist lange bekannt. Krankheiten wie
Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Krebs treten dann weniger oft auf.
Aber warum ist Bewegung eigentlich so gesund? Patienten haben auch
seltener einen zweiten Herzinfarkt, wenn sie Sport treiben.
"Täglich fragen mich Patienten, wie sie gesund bleiben können. Ich vermeide
es, von „Risikofaktoren“ wie Cholesterin und erhöhtem Blutdruck zu sprechen,
sondern ich spreche über das Altern. Das ist griffiger und wird besser
verstanden als ein Risiko von x-Prozent. Zum Beispiel: Wenn ich Sie anschaue,
dann stelle ich fest: Sie sehen älter aus als ihr Geburtsdatum vermuten lässt.
Aber noch wichtiger ist es, wie es im Inneren mit dem Altern aussieht. Das ist
für fast alle Patienten wichtig und sie stimmen einer Untersuchung des
Organalters meist zu, denn wir wollen ja alle wissen, wie alt unsere Organe sind
und ob diese wie die eines Jugendlichen oder jungen Erwachsenen
funktionieren. Vor allem untersuche ich das Gefäßsystem, unser zentrales
Organsystem, welches Nährstoffe und Sauerstoff in jede Zelle transportiert. Ist
dieses System vorgealtert, funktioniert es nur noch eingeschränkt und Zellen
altern schneller. Denn wenn sie den Zusammenhang von Alter und Blutgefäßen
verstehen, ist es einsichtiger, dass Sport treiben jung hält, denn dies hält die
Gefäße elastisch. Jemand der als 60-Jähriger sein Leben lang regelmäßig
Sport getrieben hat, kann seine Gefäße wie die eines 30-Jährigen erhalten."
Prof. Martin Halle
Die wichtige Rolle der Blutgefäße
Die Blutgefäße sind wichtig für die Versorgung des ganzen Körpers mit
Nährstoffen wie Sauerstoff, Vitaminen, Zucker und Fetten. Und wenn die
Gefäße nicht mehr richtig funktionieren, können Herzinfarkt, Schlaganfall,
Beeinträchtigung der Nierenfunktion und weitere Krankheiten auftreten. Wenn
die Gefäße gut funktionieren, altern die Zellen und Organe langsamer,
chronische Erkrankungen treten später und seltener auf.
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Bewegte Gefäße
Durch höheren Puls und höhere Blutfluss zirkuliert das Blut schneller durch den
Körper. Der Effekt: Gefäße werden gedehnt und der Blutstrom reizt die
Gefäßwände. Diese Dehnung löst einen chemischen Reiz in der Gefäßwand
aus, der Alterungsprozessen der Gefäße entgegen wirkt und diese elastischer
hält.
Jung bleiben
Ein 60-Jähriger, der sportlich immer aktiv war, kann seine Gefäße so jung
halten, wie sie mit 30 waren. Das heißt: Die Gefäßelastizität kann man über 30
Jahre hinweg erhalten. Die eigentlich zunehmende Steifigkeit mit dem
Altersgang wird aufgehalten. Damit bleibt auch das Herz jünger, weil es
weniger belastet wird. Denn grundsätzlich gilt: Ein 70-Jähriger, der
natürlicherweise mehr Bindegewebe und einen fortgeschrittenen
Alterungsprozesse der Zellen hat, hat auch ein steiferes Herz als ein Jüngerer.
Und Menschen mit Risikofaktoren wie Übergewicht, erhöhtem Blutdruck oder
Vorstufen des Diabetes, entwickeln frühzeitig sowohl steife Gefäße als auch
einen steifen Herzmuskel. Letzteres kann auch durch ein körperliches
Trainingsprogramm aus Ausdauer- und Krafttraining (etwa dreimal pro Woche
für 30 min) verbessert werden.
Verstopfte Gefäße
Über die Jahre lagert sich Cholesterin an den Gefäßwänden an. Ein zu hoher
Zuckerspiegel im Blut verändert das Cholesterin und macht es aggressiver. Es
greift dadurch die Gefäßwände an und macht diese spröde. Die Blutgefäße
werden so geschädigt und werden durch die Cholesterinauflagerungen über die
Jahre immer enger. Durch regelmäßiges Training kann die Ablagerung in den
Gefäßwänden verringert werden.
Folgen kranker Blutgefäße
Wenn sich die Blutgefäße über die Zeit versteifen und verengen, dann ist der
Sauerstofftransport jenseits der Engstellen reduziert. Dieser ist aber
lebensnotwendig für jede Zelle im Körper, ansonsten sterben die Zellen
innerhalb von wenigen Minuten ab. In fortgeschritten Fällen ist die
Durchblutungsstörung am Herzen erkennbar und macht sich durch
Beschwerden wie Druck auf dem Brustkorb während körperlicher Anstrengung
bemerkbar. Das Problem ist gravierend, wenn die Gefäße komplett verstopft
sind: Dann können die Zellen nicht mehr arbeiten, Organteile fallen aus, so zum
Beispiel am Herz oder im Gehirn. Fallen die kleinen Gefäße aus, betrifft dies
besonders die Nieren.
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Was verloren ist, ist verloren?
Man kann die Gefäße in gewisser Weise revitalisieren: In sechs bis acht
Wochen lässt sich die Steifigkeit der Gefäße, die noch nicht verhärtet sind, fast
wieder bis in den Normalzustand rückführen. Wenn es aber bereits aufgrund
einer deutlichen Cholesterinablagerung zu einer Verkalkung oder Verhärtung
der Blutgefäße gekommen ist, kann dies nicht rückgängig gemacht werden.
Allerdings kann ein körperliches Training die Cholesterinablagerungen praktisch
„versiegeln“, d.h. quasi mit einer Kappe versehen. Dadurch wird das Aufplatzen
dieser Cholesterinablagerungen in das Gefäß hinein verhindert - ein wichtiger
Schutz vor dem Herzinfarkt.
Achtung Gefahr: Wenn man sich nicht bewegt...
...dann fördert man die Entstehung von Herzinfarkt und Schlaganfall. Bei steifen
Gefäßen können sich die Ablagerungen leichter ablösen, oder die
Cholesterinansammlungen können platzen. Dies führt im schlimmsten Fall zum
Verschluss des Gefäßes und zum kompletten Zelluntergang jenseits dieses
Verschlusses. Je größer das Gefäß, desto größer der Schaden.
Und wenn man sich regelmäßig bewegt...
...kann man das Risiko für einen Herzinfarkt um 25 Prozent und das Risiko für
einen Schlaganfall um 20 Prozent senken.
Jung übt sich
Der Prozess der Gefäßalterung beginnt schon ganz früh: Bereits
übergewichtige und inaktive Kinder haben steifere Gefäße. Je mehr
Alterungsfaktoren vorhanden sind, umso schneller läuft er
Gefäßalterungsprozess ab. In westlichen Ländern haben bereits Männer mit
dem 35. Lebensjahr zu 15 Prozent und Frauen zu fünf Prozent merkliche
Cholesterinablagerungen, vor allem wenn sie rauchen. Blutgefäße "merken"
sich dies, auch wieviel sie durch Bewegung aktiviert werden. Das bedeutet,
dass man sich auch schon in jungen Jahren regelmäßig bewegen, möglichst
schlank bleiben und nicht rauchen sollte.
Rauchen
Die Schadstoffe, die man beim Rauchen aufnimmt, sind hochgiftig. Sie gehen
direkt über die Lunge in die Blutgefäße und führen dort zu einer frühzeitigen
Alterung, vor allem, wenn sie sich mit hohen Cholesterinspiegeln verbinden.
Beispiel: Wenn ein Jugendlicher zehn Jahre geraucht hat, sind seine
Blutgefäße schon weit älter. Sie entsprechen denen eines 30- oder 40Jährigen.
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Das Gehirn will bewegt werden
Grundsätzlich gilt: Bewegung unterstützt die kognitive Arbeit des Gehirns. Denn
die Vernetzung der Synapsen im Gehirn wird durch Bewegung begünstigt, was
besonders im frühen Kindesalter besonders wichtig ist. Auch scheint das
Auftreten der Altersdemenz durch regelmäßige Bewegung reduziert zu werden.
Beispiel Parkinson:
Parkinson-Patienten sind in ihrer Motorik eingeschränkt, da sich die Krankheit
auch auf die Muskeln auswirkt. Für sie ist es besonders wichtig, die Motorik zu
erhalten. Deswegen ist für Parkinson-Patienten Bewegung als Training für die
Muskeln und das Gleichgewicht zentral.
"Parkinson-Patienten fällt es oft schwer, eine Bewegung zu beginnen. Wenn sie
erst im Tritt sind, geht es oft leichter. Aber es gibt auch Patienten, die große
Schwierigkeiten mit dem Gehen haben, sich aber auf dem Fahrrad sehr gut
bewegen können – sie rasen fast los. Es ist also wichtig, die richtige
Bewegungsform für den Parkinson-Patienten herauszufinden. Dies wird leider
oft vernachlässigt." Prof. Halle
Die gesunden Sportarten in der Prävention und Therapie von
Erkrankungen
Patienten wollen gerne eine genaue Regel: wie und wie lange sollen sie sich
bewegen. Wichtig ist aber auch, dass sie die körperlichen Zusammenhänge
verstehen:
"Die Muskeln sind nicht nur das Organ, das die Gelenke hin- und her bewegt,
sondern sie spielten an vielen Stellen im Körper eine wichtige Rolle, weil sie
Informationen an andere Organe weitergeben wie Leber und Fettgewebe. Das
Ziel der körperlichen Aktivität sollte es sein, dieses Organ anzusprechen, es ist
eines der wesentlichen zur Gesunderhaltung." Prof. Halle
Ein bisschen Spazierengehen reicht nicht
Für Patienten mit z.B. Depression kann aber Spazierengehen eine sehr
wichtige Rolle spielen und sich deutlich auf den Grad der Erkrankung
auswirken. Aber dennoch gilt: Ein bisschen Spazierengehen oder langsam
Treppen steigen, erzeugt keine Belastung der Muskulatur und damit auch
keinen körperlichen Trainingseffekt.
"Ich bin fest davon überzeugt, dass man eine gewisse Intensität für die
Muskulatur aufbringen muss, damit es eine Auswirkung auf den gesamten
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Körper hat. Damit meine ich: Im Zentrum sollte ein Ausdauertraining stehen, bei
dem die Muskulatur über einen gewissen Zeitraum gefordert wird. Ergänzend
kann auch ein Krafttraining sehr sinnvoll sein, weil dadurch die Muskulatur mit
Gewichten belastet wird, und positive Effekte aussendet." Prof. Halle
Beispiel: Täglich mit dem Rad zur Arbeit
Wenn man einen mindesten 20-minütigen Weg zur Arbeit hat und diesen zügig
mit dem Fahrrad fährt (oder auch geht), hat das durchaus einen Effekt auf die
Gesundheit. Ein Zeichen für das richtige Anstrengungsmaß ist, dass man ganz
leicht ins „Transpirieren“ oder sehr leichtes Schwitzen kommt.
Warum regelmäßiger Sport?
Die zellulären Effekte, die man mit Bewegung im Körper erzielt, sind nach drei
Tagen wieder deutlich vermindert. Wenn man sich dann nicht wieder anstrengt,
verpufft der Effekt. Man fängt nach einer Woche wieder bei null an. Wenn man
den Stoffwechsel und die Muskulatur kontinuierlich ansprechen und
gesundheitlich profitieren will, sollte man deshalb alle zwei bis drei Tage einen
Impuls setzen. Wer täglich trainiert, erzielt deswegen natürlich einen
nachhaltigeren Effekt.
Welcher Sport ist der beste?
Die Regel lautet: Je größere Muskelgruppen bewegt werden und je mehr es zu
einer Herz-Kreislauf-Belastung kommt, umso effektiver ist das Training.
Walking, Joggen und andere
Nordic Walking ist effektiver als Walking, da durch den Stockeinsatz die
Oberarme mittrainiert werden - so steigt auch der Puls mehr an.
• Joggen ist wiederum effektiver als Nordic Walking: Denn dabei hat man
einen größeren Effekt auf Muskulatur und das Herz-Kreislauf-System.
• Ski-Langlauf ist noch anstrengender für den Körper und damit
anhaltender.
• Wer im Fitnessstudio trainieren will, kann den Crosstrainer nutzen: Auch
dabei werden die Oberarme eingesetzt und folglich mehr Muskeln
angesprochen bzw. aktiviert.
• Beim Fahrradfahren steigt der Puls weniger als beim Joggen, aber es ist
auch weniger belastend für die Gelenke.
"Fahrrad fahren ist gut, weil die Gelenke geschont werden, vor allem die Knie-,
Fuß- und Hüftgelenke. Aber die größten Muskelgruppen, nämlich Ober- und
Unterschenkel, werden trotzdem intensiv bewegt. Für Übergewichtige ist es
deswegen eine gute Sportart." Prof. Halle
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Schwimmen als Alternative für Übergewichtige
Die Belastung der Muskeln ist laut dem Prof. für Sportmedizin beim
Schwimmen relativ gering, vergleichbar mit Nordic Walking, allerdings natürlich
abhängig von Intensität und Technik. Wie beim Radfahren wird das Gewicht
des Körpers weggenommen, durch den Auftrieb des Wassers. Es ist auch
gelenkschonend und deswegen für Übergewichtige besonders geeignet.
"Aber untrainierte Schwimmer kommen schnell außer Puste und der Aufwand,
bis man im Schwimmbad ist, ist relativ gesehen groß." Prof. Halle
Grenzen des Sports: Zu viel ist zu viel
Wenn jemand, der übergewichtig ist und bisher inaktiv war, zum Beispiel an
einem Walking-Kurs teilnimmt, kann das auch kontraproduktiv sein: Dreimal die
Woche dreißig oder mehr Minuten in ordentlichem Tempo – das ist für die
meisten dieser Menschen eindeutig zu viel. Das kann frustrieren oder auch eine
Überlastungsstörung mit Abgeschlagenheit und Müdigkeit zur Folge haben. Der
Untrainierte gibt häufig frustriert auf.
"Im Februar ist bei uns in der Ambulanz sehr viel los. Dann kommen meistens
Männer mit leichtem Übergewicht, die sich Sylvester vorgenommen hatten, ihr
Leben umzustellen. Sie stellen fest, dass es ihnen nicht gut geht und der
Hausarzt überweist sie an den Sportmediziner. Meist haben sie unter Belastung
erhöhte Blutdruckwerte. Der Grund dafür: Sie haben mit viel Power ein Training
begonnen, das oberhalb ihrer Belastungsgrenze liegt." Prof. Halle
Wie man richtig beginnt
Als erstes sollte man die Hürden niedrig wählen - zum einen die zeitlichen
Hürden: Es reicht völlig, wenn man mit fünf Minuten am Tag beginnt und dann
jede Woche eine Minute mehr trainiert. Nach 15 Wochen ist man dann bei 20
Minuten am Tag angekommen. Der zweite Punkt ist, Regelmäßigkeit in den
Plan zu bringen. Zu Beginn des Trainings sollte man es täglich machen, nach
dem Motto "Train the brain". Dabei geht es noch nicht um ein Kreislauf-MuskelTraining, sondern erst einmal nur darum, das Gehirn in einen Rhythmus zu
bringen - auch wenn das Training nur zehn Minuten lang ist.
Wichtig: Pausen einlegen
Pausen oder Erholungsphasen sind auch Trainingsphasen. Menschen, die
jeden Tag eine halbe Stunde laufen möchten, weil sie besonders fit werden
wollen, sollten wissen, dass diese Ziele in der Regel zu hoch gesteckt sind. Hier
kann es zu einer Überlastung kommen. Deshalb:
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Empfehlung beim Joggen:
Maximal fünf Mal die Woche, wenn es jeweils mehr als 20 - 30 Minuten sind.
Trainingsplan nach dem Schema: 3 - 1 - 2 - 1. Also drei Tage Training, ein Tag
Pause, zwei Tage Training, ein Tag Pause.
Wenn man diese Pausen nicht einhält, wird man vom Training auch nicht
besser. Im Gegenteil: Jemand, der keine Pausen macht, wird weniger leisten
können, als jemand, der nach dem Training auch Regeneration zulässt.
Ist Faulheit tödlich?
Übergewicht wird oft als sehr ungesund beschrieben. Natürlich ist stärkeres
Übergewicht nicht gesund, aber die Rolle des Gewichtes wird überschätzt. Was
oft vergessen wird, ist, dass sich Übergewichtige auch weniger bewegen und
dieser Bewegungsmangel hat einen viel ungünstigeren Effekt auf die
Gesundheit als das reine Gewicht.
„Die zehn bis 20 Prozent der Übergewichtigen, die regelmäßig Sport treiben,
haben kein erhöhtes Herz-Kreislauf- und Diabetes-Risiko. Damit wird deutlich,
dass sportliche Faulheit größeren Schaden anrichtet als ein paar Kilo zu viel.“
Prof. Halle
Welchen Sport treibt der Sportmediziner?
„Ich fahre täglich mit dem Rad, manchmal bis zu 20 Kilometer von zu Hause zur
Arbeit und wieder zurück. Außerdem gehe ich mindestens zweimal die Woche
in der Früh joggen, manchmal auch dreimal.“ Prof. Halle
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