SWR2 Wissen Januar 2017

SWR2 Wissen – Programmübersicht
Montag bis Sonntag 8.30 bis 9.00 Uhr im Radio
Januar 2017
Sonntag, 1. Januar
Aula: Gib dem Zufall eine Chance
Warum die Welt nicht planbar ist
Von Vince Ebert
„Der Zufall unterliegt keinem Algorithmus“, sagt der Physiker und Wissenschaftskabarettist Vince
Ebert. In diesem Sinne symbolisiert der Zufall das Nicht-Planbare, das Chaos, dem wir auch mit noch
so hochgerüsteter Software nicht beikommen können. Leider gibt es in vielen Bereichen wie der
Wirtschaft immer noch ein Denken, das der Ideologie der Planbarkeit anhängt. Vince Ebert zeigt,
warum das eine Sackgasse ist. (Produktion 2015)
Montag, 2. Januar
Mehr „Science“ als „Fiction“
Der Einfluss wissenschaftlicher Berater auf Science-Fiction-Filme
Von Guido Meyer
Ist es möglich, wie im Film „Jurassic Park“, aus versteinerter DNA Dinosaurier zu züchten? Für solche
wissenschaftlichen Erklärungen greifen die Produzenten von Science-Fiction-Filmen sicherheitshalber
auf Experten zurück, die mehr davon verstehen als Hollywoods Drehbuchautoren. So hat eine
Botanikerin für den Film Avatar die fiktive Pflanzenwelt auf dem Mond Pandora entworfen und ein
Linguist hat eine eigene Sprache für die Avatar-Wesen entwickelt. Für den Film „Interstellar“ hat ein
Astrophysiker die Produzenten in Sachen Schwarzes Loch und Wurmloch beraten. Ob die
Filmemacher aber immer auf die wissenschaftlichen Besserwisser hören, das ist eine andere Frage.
Denn sachliche Fehler, die passieren trotzdem ... (Produktion 2015)
Dienstag, 3. Januar
Die Wiederbelebung schrumpfender Dörfer
Von Dirk Asendorpf
Kein Laden, kein Arzt, keine Kneipe und viel Leerstand – demografischer Wandel und Abwanderung in
die Städte gefährden das Landleben. Doch das Schrumpfen der Bevölkerung muss nicht zwangsläufig
zu Niedergang und Verödung führen. Bundesweit wird nach Rezepten zur Wiederbelebung der Dörfer
gesucht – im dünn besiedelten Osten, aber auch in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz.
Entscheidend ist das Engagement einzelner Bürger. Wo sie den Dorfumbau aktiv in die Hand nehmen,
wird das Landleben wieder attraktiv. Nachbarschaftshilfe, regionale Kooperation und moderne
Informationstechnik können dabei helfen. (Produktion 2015)
Mittwoch, 4. Januar
Trimm Dich krank
Gesundheitliche Schäden durch Freizeitsport
Von Peggy Fuhrmann
Etwa zwei Millionen Menschen in Deutschland verletzen sich jährlich beim Freizeitsport. Und es
werden immer mehr, weil die Risikobereitschaft der Hobbysportler wächst. Besonders viele Unfälle
passieren beim Fußball, Handball, Reiten und Skifahren. Aber auch Fitnesstraining und als sanft
geltende Übungen wie bei Yoga oder Pilates können Verletzungen verursachen. Diese Gefahr steigt,
weil immer mehr Fitness-Freunde nicht mehr mit einem Trainer üben, sondern mit einer App. Doch
wer unter fachkundiger Anleitung lernt, sich konsequent vor dem Sport aufwärmt und persönliche
Belastungsgrenzen berücksichtigt, hat ein deutlich kleineres Verletzungsrisiko. (Produktion 2015)
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Donnerstag, 5. Januar
David Bowie – Chamäleon der Popkultur
Von Manfred Heinfeldner
Selten lagen Triumph und Tod bei einem Künstler so nahe beieinander wie bei David Bowie. Vor
einem Jahr, am 10. Januar 2016, starb der britische Kultmusiker im Alter von 69 Jahren. Wenige Tage
vorher hatten seine Fans noch das neue Album „Black Star“ gefeiert. Bowie war einer der großen Stars
des 20. Jahrhunderts – und ein Chamäleon der Popkultur. Seine Wandelbarkeit ist Legende: Er gilt als
Miterfinder des Glam-Rock, produzierte eingängigen Disco-Pop und experimentierte mit Sounds und
Stilen jenseits aller Schubladen. Zugleich entwickelte der „Mann aus Eis“ die Künstlichkeit zum
Performance-Prinzip; seine Shows waren perfekt choreografierte theatralische Gesamtkunstwerke.
Was fasziniert so an diesem Mann, der sich immer wieder neu erfand?
Freitag, 6. Januar
Aula: Krank, asozial, kreativ
Der Mythos von Genie und Wahnsinn
Von Rainer Holm-Hadulla
Die Geschichte des genialen Mathematikers und Spieltheoretikers John Forbes Nash wurde für das
Kino verfilmt und begeisterte ein Massenpublikum. Nash litt unter Schizophrenie und gewann den
Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften. Er fasziniert bis heute, weil er einen Mythos verkörpert, der
besagt: Kreative geistige Höchstleistungen entspringen eben nicht einem „normalen“ konventionellen
Geist, sondern einem, der Grenzgebiete erkundet und alles andere als alltagstauglich ist. Doch stimmt
das? Was ist dran am Mythos vom wahnsinnigen Genie? Antworten gibt Rainer Holm-Hadulla,
Professor für psychotherapeutische Medizin an der Universität Heidelberg.
Samstag, 7. Januar
Schulfach Programmieren
Von Silvia Plahl
In Polen, Großbritannien und den Niederlanden wird Informatik meist ab Schuleintritt gelehrt – nicht
aber in Deutschland, obwohl das Programmieren als Schlüsseltechnologe des 21. Jahrhunderts gilt.
Nur wer die Technik beherrscht, kann auch die digitale Gesellschaft mitgestalten. Doch an deutschen
Schulen werden die Grundlagen der Maschinensprache offenbar nicht als Teil der Allgemeinbildung
verstanden. Erst Universitäten und junge Start-Up-Unternehmen schließen dann später die Lücke.
Brauchen wir ein Schulfach Informatik? (Produktion 2015)
Sonntag, 8. Januar
Aula: Kaltes Leben
Über die Renaissance des Begriffs „Verdinglichung“
Von Axel Honneth
In den 20er- und 30er-Jahren des letzten Jahrhunderts war „Verdinglichung“ ein Leitmotiv der Sozialund Kulturkritik. Verbunden waren damit zugleich folgende Diagnosen: Menschliche Beziehungen
werden dominiert vom nüchtern-pragmatischen Zweckdenken, die Liebe zu den Dingen macht einer
kalten Verfügbarkeitsideologie Platz, eine Ökonomisierung aller gesellschaftlichen Bereiche lässt
Empathie kaum mehr zu. Und genau dieser Begriff „Verdinglichung“ erfährt heute wieder eine
Aktualisierung. Professor Axel Honneth, Direktor des Frankfurter Instituts für Sozialforschung, erläutert
diesen Zusammenhang. (Produktion 2016)
Montag, 9. Januar
Rechtlos – Frauen unter dem IS
Von Anne Allmeling und Anna Osius
Irakische Streitkräfte und ihre Verbündeten versuchen die Großstadt Mossul vom IS zu befreien.
Geflohene Bewohner berichten von Gräueltaten und Hinrichtungen. Vor allem Frauen haben es
schwer unter den Dschihadisten: Sie dürfen das Haus nur vollverschleiert verlassen, werden
gedemütigt und gefoltert. Mehrere tausend Jesidinnen sind in Mossul immer noch in den Händen der
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Terroristen - sie wurden ve rsklavt und unter IS-Kämpfern verkauft. Gegen solchen Terror greifen
manche Frauen selbst zu den Waffen: Kurdische Peschmerga haben mehrere Einheiten, die nur aus
Frauen bestehen. Sie kämpfen gegen den IS, für das kurdische Volk - aber auch für
Gleichberechtigung und Frauenrechte.
Dienstag, 10. Januar
Verloren im Eis
Shackletons Rossmeer-Gruppe
Von Udo Zindel
Es hätte die großartigste Polarfahrt ihrer Zeit werden sollen: 1915 plante Sir Ernest Shackleton, mit
fünf Gefährten und 100 Schlittenhunden das noch weitgehend unerforschte Innere der Antarktis zu
durchqueren, 3000 Kilometer weit, von Küste zu Küste. Dafür begann ein zweiter Teil der Expedition –
die Rossmeer-Gruppe – auf der anderen Seite der Antarktis lebensrettende Lebensmitteldepots
anzulegen. Doch Shackletons Schiff Endurance wurde auf der Anreise vom Eis zerdrückt. Unter
unsäglichen Mühsalen überlebte die Besatzung die folgenden zehn Monate, in der größten Wildnis der
Erde. Erfolgreich war nur die Rossmeer-Gruppe: Obwohl sie Kontakt zu ihrem Schiff Aurora verlor,
schaffte sie es, alle Depots anzulegen – trotz Skorbut, ständiger Blizzards und miserabler Ausrüstung.
Eine beispiellose Leistung, die drei Männer das Leben kostete – und letztlich sinnlos blieb.
Mittwoch, 11. Januar
Exoplaneten
Die Suche nach einer zweiten Erde
Von Guido Meyer
Unser Planetensystem hat keine Sonderstellung im All inne. Immer wieder entdecken Astronomen
neue „exosolare“ Planeten, mittlerweile sind es fast 4000. Exosolar bedeutet, dass die Planeten um
andere Sterne kreisen als um unsere Sonne. Im August 2016 konnten Forscher mit „Proxima b“ in
unserer kosmischen Nachbarschaft den bislang erdnächsten Exoplaneten nachweisen. Aber ist er
auch erdähnlich? Besitzt er eine Atmosphäre so wie die Erde? Es zeigt sich, dass Exoplaneten in allen
Größen, Formen und in unterschiedlichen Entfernungen zu unserem Sonnensystem existieren.
Donnerstag, 12. Januar
Friedrich Dürrenmatt: „Der Besuch der alten Dame“
Wir sind käuflich – es geht uns gut
Aus der Reihe: Klassiker der Schullektüre (3/3)
Von Eberhard Falcke
Mit dem Theaterstück „Der Besuch der alten Dame“ (1956) ist Friedrich Dürrenmatt eine AllzeitParabel auf die Korrumpierbarkeit gelungen. Die Geschichte über das notleidende Städtchen Güllen
und seine ausgestoßene Tochter, die zur rachsüchtigen Milliardärin wird, ist ein Dauerbrenner auf
deutschen Bühnen. Wie elastisch wird Moral, wenn Geld lockt? Wann kippt die Sorge ums
Gemeinwohl um in Gemeinheit? Wo verkehrt sich die Forderung nach Gerechtigkeit zu Tyrannei?
Dürrenmatt zeigt, wie diese Fragen unablässig in Bewegung bleiben. Denn Güllen ist überall:
Produktionsstandorte werden aufgegeben, Gemeinden stürzen in wirtschaftliche Depressionen, in
kommunalen Kassen herrscht Ebbe. Mancher mag da auf den Besuch einer Milliardärin hoffen, die
einen unerhörten Geldsegen in Aussicht stellt, wenn nur ein paar Bedingungen erfüllt werden.
Freitag, 13. Januar
Archivradiogespräch: Menschenraub im Kalten Krieg
Der Fall von Dr. Walter Linse
Gábor Paál im Gespräch mit Wolfgang Bauernfeind
Bis zum Mauerbau 1961 ließ die Stasi in West-Deutschland Hunderte von Personen entführen:
Regimegegner, abtrünnige SED-Funktionäre, Flüchtlinge, mutmaßliche Agenten. Besonderes
Aufsehen erregte 1952 der Fall des Menschenrechtsaktivisten Walter Linse: Bei hellichtem Tag wurde
er vor der eigenen Haustür zusammen geschlagen, in ein Auto gezerrt und nach Ost-Berlin gebracht.
Dass er ein Jahr später in Moskau zum Tode verurteilt wurde, erfuhr die Öffentlichkeit erst viel später.
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Das SWR2 Archivradio dokumentiert den Fall Linse in zahlreichen historischen Tonaufnahmen –
kommentiert vom Journalisten Wolfgang Bauernfeind, der jene Zeit in einem Buch aufgearbeitet hat.
Buchtipp: Wolfgang Bauernfeind: Menschenraub im Kalten Krieg. Täter, Opfer, Hintergründe.
Mitteldeutscher Verlag, 2016.
Samstag, 14. Januar
Schule als Spiel – Leben als Schule
Die Pädagogik des Johann Amos Comenius
Aus der Reihe: Große Erzieher (1/4)
Von Sabine Stahl
„Erstes und letztes Ziel unserer Didaktik soll es sein, die Unterrichtsweise aufzuspüren und zu
erkunden, bei welcher die Lehrer weniger zu lehren brauchen, die Schüler dennoch mehr lernen; in
den Schulen weniger Lärm, Überdruss und unnütze Mühe herrsche ...“ So schrieb Johann Amos
Comenius 1657 in, so scheint es, zeitlos gültigen Worten. Die Schule sollte eine „liebliche Stätte der
Menschlichkeit“ für Mädchen und Jungen jeden Standes sein, in der sie das Rüstzeug für das spätere
Leben erhalten. Comenius’ Forderungen würden wir heute als Chancengleichheit bezeichnen,
prozessuales Lernen und Anschauungsunterricht – und sie klingen für manchen genauso aktuell wie
seine Idee vom lebenslangen Bildungsprozess oder seine friedenspädagogischen Appelle. Comenius
(1592 – 1670) wird das „erste große geschlossene System der Pädagogik“ zugeschrieben. Doch er
war nicht nur Didaktiker und Philosoph, sondern in erster Linie ein Mann Gottes: „Was ich für die
Jugend schrieb, habe ich als Theologe, nicht als Pädagoge, verfasst.“ (Produktion 2008)
Sonntag, 15. Januar
Aula: Starke Märkte, schwacher Staat (1/2)
Warum der Kapitalismus die Demokratie bedroht
Von Wolfgang Streeck
Die Finanz-, Fiskal- und Wirtschaftskrise ist ein Resultat eines langen Umbaus des Sozialstaates in
eine neoliberale Demokratie, die immer mehr Macht und Verantwortung an die Märkte abgegeben hat,
an das starke Kapital. Aus der neuen Spannung zwischen Kapitalismus und Demokratie, zwischen den
Kapitalinteressen und den Interessen der Bürger, Politiker und Staaten entstehen neue Konflikte und
Krisen, die das demokratische System bedrohen. Professor Wolfgang Streeck, Direktor am MaxPlanck-Institut für Gesellschaftsforschung in Köln, beschreibt in zwei Teilen Ursachen dieser
Entwicklung und zeigt Auswege.
(Teil 2, Sonntag, 22. Januar, 8.30 Uhr)
Montag, 16. Januar
PFC – Gift in Umwelt, Tier und Mensch
Von Alice Thiel-Sonnen
PFC, kurz für per- und polyfluorierte Chemikalien, sind Stoffe, deren Eigenschaften wir uns gerne
zunutze machen: Sie weisen Wasser, Öl und Schmutz ab und sind in Regenjacken, Fassadenfarben,
Pommes-Schälchen und Feuerlöschschaum. PFC tauchen allerdings auch in der Leber von Eisbären
auf, in Meeresproben, in Angelweihern, Trinkwasser oder auf Äckern. Das ist ein Problem, denn viele
von ihnen sind krebserregend und einige stören den Hormonhaushalt. Einmal in die Umwelt gelangt,
bauen sie sich kaum ab. Nach und nach werden immer mehr Fälle von PFC-Verunreinigungen
bekannt, auch im Südwesten.
Dienstag, 17. Januar
Bester Freund der Menschen
Die Deutschen und ihre Hunde
Von Detlef Berentzen
In Deutschland leben 7,9 Millionen Hunde: als Familien-, Schoß-, Dienst- und Assistenzhunde, gern
auch als letzte Gegeneinsamkeit. Hunderassen und Hundemoden unterliegen aktuellen Trends, die
Designs von Hundefutter wechseln ständig und attraktive Vierbeiner träumen längst von einer
Modelkarriere. In der Regel gilt: Das Verhältnis zum Hund ist psychologisch eng ... und es hat eine
hoch interessante Geschichte. Die historische Entwicklung der Beziehungen von Herr, Dame und
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Hund spiegelt facettenreich die Veränderung von Moral, Kultur, Zivilisation und Psychologie der
Deutschen. Der Hund, seine Zucht, seine Dressur, seine Haltung sind ein veritabler Spiegel
gesellschaftlicher Zustände. Detlef Berentzen trifft Menschen und ihre Hunde, erforscht und besichtigt
deren Kulturgeschichte und debattiert mit engagierten Forschern.
Mittwoch, 18. Januar
Therapie mit Überdruck
Behandlungen in der Tieftauchkammer
Von Mirko Smiljanic
Für Taucher ist die Überdruckkammer lebensrettend. Sie werden dort auf die Tiefe gebracht, aus der
sie zu schnell aufgestiegen sind. Dadurch, dass die Patienten reinen Sauerstoff einatmen, kann der zu
viel gelöste Stickstoff aus dem Gewebe heraus transportiert werden. Dramatische
Gesundheitsschäden werden vermieden. Die „hyperbare Sauerstofftherapie“ kann aber noch mehr.
Sie reduziert Ödeme, fördert die Neubildung von Blutgefäßen, verdrängt Giftstoffe wie Kohlenmonoxid,
baut Luftblockaden in Blutgefäßen ab, wird bei Tinnitus eingesetzt und seit einiger Zeit sogar zur
Behandlung von Krebs bei Kindern: Einige sauerstoffgesättigte Tumore lassen sich besonders gut
bestrahlen. Die Überdruckkammer der Uniklinik Düsseldorf ist speziell dafür konstruiert worden.
Donnerstag, 19. Januar
Geheimlabor Obninsk
Erinnerungen an ein sowjetisches Atomprojekt
Von Gisela Erbslöh
Sowjetunion, 1948: Versteckt in einem Wald, rund 100 Kilometer südwestlich von Moskau, wird ein
geheimes Laboratorium für die Atomforschung aufgebaut. Die Regierung hat dafür auch deutsche
Wissenschaftler angeworben. Sie leben hier mit ihren Familien und sind zu strikter Geheimhaltung
verpflichtet. Den Arbeitsalltag teilen sie sich freilich mit russischen Mitarbeitern. Privater Kontakt
zwischen Deutschen und Russen ist jedoch untersagt, und lange wissen viele von ihnen nicht, wofür
sie eigentlich arbeiten. Rund um das Geheimlabor entstand mit der Zeit die Wissenschaftsstadt
Obninsk, in der heute noch einige der ehemaligen russischen Mitarbeiter leben. Über 60 Jahre später
erinnern sie sich an den Beginn des Kalten Krieges und das eigentümliche Zusammenleben mit den
deutschen Forschern im Geheimlabor. (Produktion 2014)
Freitag, 20. Januar
Stille Gegner – Quäker in der NS-Zeit
Von Hans Rubinich
In den 1930er-Jahren spitzte sich in Deutschland die Lage zu für politisch Andersdenkende und für
Menschen jüdischen Glaubens. Spätestens nach den Pogromen im November 1938 mussten Juden
aus Deutschland fliehen, um ihr Leben zu retten. Bei ihrer Flucht half ihnen auch eine Gruppe von
Menschen, die bisher kaum beleuchtet wurde: die Glaubensgemeinschaft der Quäker. Hans Rubinich
hat über diese „Stillen Helfer“ recherchiert und auch mit der Quäkerin Giesela Faust gesprochen. Die
heute 95-Jährige hat hautnah miterlebt, wie es den Quäkern in den 30er- und 40er-Jahren gelang,
Menschen zur Flucht aus Deutschland zu verhelfen. (Produktion 2016)
Samstag, 21. Januar
Supernanny liest Rousseau
Lernen vom Vater des „Émile“
Aus der Reihe: Große Erzieher (2/4)
Von Beate Krol
Man könnte ihn auch einen „pädagogischen Totalversager“ schimpfen: Erst macht Jean-Jacques
Rousseau als Privatlehrer dieselben Fehler, die er bei seinen eigenen Erziehern aufs Schärfste
kritisiert hatte. Dann schiebt er – einer gesellschaftlichen Mode folgend – seine fünf Kinder in
Waisenhäuser ab. Doch so sehr der Philosoph und Schriftsteller in der Praxis auch gescheitert ist, so
grandios und wegweisend ist sein 1762 erschienener Erziehungsroman „Émile“. Rousseau entwirft in
dem tausend Seiten starken Werk nicht nur die erste Pädagogik vom Kind aus. Er benutzt auch
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erstmals das Alter als Ordnungsschema und weist auf den Eigenwert von Kindheit und Jugend hin.
Hinzu kommt ein klarer Blick für die Spannungsmomente einer Erziehung in der Moderne. Ein Blick,
dem man auch die aktuellen pädagogischen Debatten noch unterziehen kann. Was würde der Vater
des „Émile“ zu PISA, Werteerziehung und Supernanny sagen? (Produktion 2008)
Sonntag, 22. Januar
Aula: Starke Märkte, schwacher Staat (2/2)
Warum der Kapitalismus die Demokratie bedroht
Von Wolfgang Streeck
Die Finanz-, Fiskal- und Wirtschaftskrise ist ein Resultat eines langen Umbaus des Sozialstaates in
eine neoliberale Demokratie, die immer mehr Macht und Verantwortung an die Märkte abgegeben hat,
an das starke Kapital. Aus der neuen Spannung zwischen Kapitalismus und Demokratie, zwischen den
Kapitalinteressen und den Interessen der Bürger, Politiker und Staaten entstehen neue Konflikte und
Krisen, die das demokratische System bedrohen. Professor Wolfgang Streeck, Direktor am MaxPlanck-Institut für Gesellschaftsforschung in Köln, beschreibt in zwei Teilen Ursachen dieser
Entwicklung und zeigt Auswege.
Montag, 23. Januar
Macht der Raketen
Der drohende Krieg in Ostasien
Von Michael Hänel
Gegenseitige Rücksichtnahme ist in Ostasien gelebte Alltagskultur. Ganz anders, wenn es um die
nationale Verteidigung geht. Seit 1500 Jahren kämpfen Japan, China und Korea um die regionale
Dominanz. Einst mit Holzschiffen des Feldherren Hideyoshi im 16. Jahrhundert beim Versuch Korea zu
erobern, oder mit den Panzern der Kaiserlichen Armee bei der Unterwerfung der Mandschurei ab
1937. Heute sind es die chinesischen Atom-U-Boote und „Carrier Killer“-Raketen, die auch die
militärische Überlegenheit der USA infrage stellen. Dabei hätte jeder militärische Konflikt weltweite
ökologische und wirtschaftliche Auswirkungen. Heute gilt in Ostasien die Macht der Raketen.
Dienstag, 24. Januar
Absturz in Zeitlupe: Der Krisenstaat Ägypten
Von Jürgen Stryjak
Als Mubarak 2011 entmachtet wurde, wollten die Ägypter einen neuen, freieren Staat schaffen. Jetzt
steht das Land am Abgrund. Wegen des enormen Bevölkerungswachstums müssen jedes Jahr zwei
Millionen Ägypter mehr versorgt werden. Derzeit leben 90 Millionen Menschen auf einer Fläche so
groß wie Bayern, der Rest ist Wüste. Es mangelt an Touristen, Rohstoffen, Wasser – und an Geld.
Ägypten ist pleite und die Sponsoren vom Golf wollen nicht länger zahlen. Und es mangelt an
Aufbruchsstimmung, weil das Regime von Präsident Al-Sisi die Zivilgesellschaft lähmt. Es lässt immer
mehr Gefängnisse bauen, weil es Angst vor Extremisten und demokratisch gesinnten Aktivisten hat.
Angesichts der Repressalien erwartet kaum einer eine neue Revolution, stattdessen befürchten viele
Hungerrevolten.
Mittwoch, 25. Januar
Von BUND bis DUH
Wie Umweltorganisationen Politik machen
Von Anja Schrum und Ernst-Ludwig von Aster
Egal ob groß oder klein, Umweltorganisationen haben Macht. Der Bund für Umwelt- und Naturschutz
Deutschland (BUND) zählt über 500.000 Mitglieder, die Deutsche Umwelthilfe (DUH) nur 300.
Trotzdem gehören beide zu den schlagkräftigsten Umweltorganisationen der Republik. „Die
Umweltszene hat sich in den letzten Jahren stark professionalisiert“, beobachtet der Soziologe und
Protestforscher Prof. Dieter Rucht. BUND und Nabu mobilisieren die Basis, die DUH und Greenpeace
kämpfen vor Gericht, damit Umweltstandards gesetzt oder eingehalten werden. Das Internet bietet bei
Konfliktthemen zudem die Möglichkeit, binnen kürzester Zeit Zehntausende Unterschriften zu
organisieren. Während Vereine und Kirchen über Mitgliederschwund klagen, wächst die Zahl der
Umweltengagierten in den Verbänden.
SWR2 Wissen – Januar 2017
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Donnerstag, 26. Januar
Whistleblower – Helden oder Verräter?
Von Karin Lamsfuß
Wiki-Leaks, Doping-Skandal, Panama-Papers – wer Missstände im großen Stil enthüllt, wird von der
Öffentlichkeit meist als Held gefeiert. Doch es gibt auch weniger spektakuläre Fälle: Immer wieder
weisen einzelne Mitarbeiter auf Vernachlässigung in Pflegeheimen hin, melden Korruption im
Baugewerbe oder Schlamperei bei Umweltauflagen. Dabei riskieren sie nicht selten ihren Arbeitsplatz.
Der Hinweisgeber wird als Nestbeschmutzer und Verräter betrachtet und oftmals kaltgestellt.
Deutschland liegt einer Studie zufolge beim Schutz von Whistleblowern weit unter dem Durchschnitt.
Viele Organisationen fordern deshalb ein Gesetz, das die Informanten schützt. Denn ihr Mut,
Missstände zu benennen, dient dem Wohl der Öffentlichkeit.
Freitag, 27. Januar
Zuflucht auf der Alb
Die Mendelssohns im Nationalsozialismus
Von Eckhard Rahlenbeck
Im Nationalsozialismus verlassen die großbürgerlichen, jüdischen Mendelssohns ihre Villa in Berlin
und ziehen sich auf die Schwäbische Alb zurück. Die einflussreiche Familie, aus der der Philosoph
Moses Mendelssohn und der Komponist Felix Mendelssohn Bartholdy stammen, hatte eine der
größten Privatbanken Europas aufgebaut. In ihrem Zufluchtsort, dem Georgenhof bei Zwiefalten,
umgeben sie edles Mobiliar und bedeutende Kunstwerke; Hauskonzerte werden auf einer Stradivari
gespielt. Andererseits müssen sie eine immer größere Schar ausgebombter Familienangehöriger
durchbringen. Die Frau des Hausherrn wird denunziert und wochenlang im Gestapo-Gefängnis
inhaftiert. Nach Kriegsende überfallen marodierende Banden den Georgenhof, bis französischen
Besatzer wieder für Sicherheit sorgen.
Samstag, 28. Januar
„Hilf mir, es selbst zu tun!“
Maria Montessori und die kindliche Entwicklung
Aus der Reihe: Große Erzieher (3/4)
Von Andrea Edler
Vor 100 Jahren eröffnete Maria Montessori in Rom ihr erstes Kinderhaus. Das 1907 gegründete „Casa
dei Bambini“ gilt als Geburtsstätte der Montessori-Pädagogik. Dabei wollte die damals 37-jährige
Medizinerin zunächst gar keine neue Erziehungsmethode begründen. Sie interessierte sich für die
biologische Entwicklung des Kindes und für die Frage, wie sich Kinder gemäß ihres natürlichen
Potentials und mit so wenig Erziehung wie möglich selbständig entwickeln. „Hilf mir, es selbst zu tun“ –
dieser Ansatz Maria Montessoris durchwirkt längst unser Bildungssystem. Streitbar dagegen bleiben
die Person und ihr Entwurf einer „kosmischen Erziehung“. Doch ihre Vision, mit einer neuen Erziehung
auch eine „bessere“ Menschheit zu erschaffen, ist unter anderem der Schlüssel für ihren Welterfolg.
Auch der heutige Montessori-Boom entspringt dem Bedürfnis vieler Eltern nach einem Lernumfeld, in
dem Bildung mehr bedeutet als Leistung und Zensuren. (Produktion 2008)
Sonntag, 29. Januar
Aula: Leben auf Kosten anderer
Die Struktur der Externalisierungsgesellschaft
Von Stephan Lessenich
Wir lagern die sozialen und ökologischen Kosten unseres Wohlstands systematisch aus. Diesen
Prozess beschreibt der Begriff „Externalisierung“. Es wird dabei vom Zentrum in die Peripherie
ausgelagert – von der entwickelten zur nicht entwickelten Welt. Wir beuten Rohstoffe in Afrika, Asien,
Lateinamerika aus und lassen die Menschen dort mit den oft katastrophalen Folgen allein. Wir
profitieren von Kinderarbeit, weil wir billige T-Shirts und ebenso billige Handys wollen, dabei blenden
wir konsequent die sozialen und ökologischen Wirkungen unseres Handelns aus. Professor Stephan
Lessenich, Soziologe an der LMU München, macht deutlich, warum es so nicht weiter gehen kann.
SWR2 Wissen – Januar 2017
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Montag, 30. Januar
Gebärmuttertransplantationen
Von Christine Westerhaus
Im Oktober 2016 ist es einem Ärzteteam in Tübingen erstmals in Deutschland gelungen, einer Frau
den Uterus einer Spenderin einzupflanzen. Erste Erfolge gab es bereits in Schweden – dort wurde im
September 2014 Vincent geboren, das erste Baby weltweit, das in einer gespendeten Gebärmutter
herangereift ist. Später kamen vier weitere Kinder auf diesem Weg zur Welt. Doch der neue Weg zum
eigenen Kind ist mit hohen Kosten und großen Risiken verbunden – nicht nur für die Mutter, auch für
die Frau, die das Organ spendet. Bisher gibt es keine Langzeiterfahrungen. Und es gäbe Alternativen.
Dazu kommen ethische Fragen.
Dienstag, 31. Januar
Yosemite – Der zweitälteste Nationalpark der USA
Von Wolfgang Stuflesser
Vier Millionen Menschen jährlich besuchen den Yosemite Nationalpark, vier Autostunden östlich von
San Francisco. Ein einzigartiges Stück Natur, mit riesigen Granitwänden, kristallklaren Wasserfällen
und Jahrtausende alten Mammutbäumen. Auf der Suche nach Ausgleich zwischen dem Ansturm der
Touristen und dem Naturschutz geht die Parkverwaltung inzwischen ungewöhnliche Wege:
Asphaltierte Wege werden rückgebaut, Souvenirläden versetzt, ganze Mammutbaum-Wälder über
Jahre gesperrt. „Unsere beste Idee“, nannte der amerikanische Schriftsteller Wallace Stegner die
Nationalparks. Im 19. Jahrhundert war es in der Tat visionär, weite Flächen des amerikanischen
Kontinents zum Wohle aller von wirtschaftlicher Nutzung auszunehmen und zu bewahren. Bis heute
verkörpern die Parks auch den Stolz der Amerikaner auf ihre Jahrhunderte alte Demokratie.
SWR2 Wissen – Januar 2017
WISSENSCHAFT UND BILDUNG IN SWR2
SWR2 Campus
Wissenschaft lebt!
Samstag, 10.05 – 10.30 Uhr
Was treibt die Wissenschaft gerade – und was treibt sie um? SWR2 Campus informiert über aktuelle
Trends und ordnet neue Forschungsergebnisse ein. Was bedeuten sie wirklich? Wie passen sie mit
anderen zusammen? Anders als oft dargestellt, ist Wissenschaft nicht die Abfolge von
„Durchbrüchen“. Wissenschaft streitet und kämpft. Sie steht in Wechselwirkung mit Politik,
Gesellschaft und Kultur. Wir berichten deshalb auch über Entwicklungen im Wissenschaftssystem:
Wohin führt die derzeitige Hochschul- und Forschungspolitik?
SWR2 Impuls
Das Wissensmagazin
Montag bis Freitag, 16.05 – 17.00 Uhr
SWR2 Impuls gibt täglich Denkanstöße: mit Wissenswertem, Außergewöhnlichem und Skurrilem aus
dem Wissenschaftsbetrieb. Dazu aktuelle Titel aus Jazz, Pop und Weltmusik.
1000 Antworten
Warum sind Pilze keine Pflanzen? Wie entstand der Kuss? Warum haben wir zwei Nasenlöcher?
Riechen Männer anders als Frauen? Wie misst ein Flugzeug die Windgeschwindigkeit? Warum
bekommt man im Gesicht keine Gänsehaut? Stellen Sie Ihre Fragen im Internet unter
swr.de/blog/1000Antworten
SWR2 Archivradio
Das SWR2 Archivradio befördert historische Tonaufnahmen zurück an die Öffentlichkeit und ordnet
sie ein. Ein Webchannel für alle zeitgeschichtlich Interessierten.
Im Netz unter: swr2.de/archivradio
SWR2 WISSEN – SERVICE
SWR2 Wissen Podcast – Webradio
SWR2 Wissen können Sie auch als Live-Stream hören im SWR2 Webradio
unter www.swr2.de oder als Podcast nachhören: http://www1.swr.de/podcast/xml/swr2/wissen.xml
Manuskriptdienst
Manuskripte der Sendungen SWR2 Wissen und Aula finden Sie unter swr2.de/wissen.
Auch als E-Book für mobile Endgeräte.
Programm-Informationen per E-Mail
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SWR2 Wissen – Januar 2017
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