SWR2 Wissen – Programmübersicht Montag bis Sonntag 8.30 bis 9.00 Uhr im Radio Dezember 2016 Donnerstag, 1. Dezember Wenn der Kopf den Körper ablehnt Unser Körperschema und seine Störungen Von Dörte Fiedler Manche Menschen fühlen sich krankhaft hässlich und sind davon so massiv überzeugt, dass sie mitunter extreme Maßnahmen ergreifen, um ihren Körper zu verändern. Andere empfinden ein Körperteil, ihren Arm oder Bein als absoluten Fremdkörper – bis hin zu Amputationsgedanken. Sind das nur Rechenfehler im Gehirn? Forschern geben diese folgenreichen Störungen viele Rätsel auf. Das, was in diesen Fällen gestört ist, ist das Körperschema. Im Normalfall stimmt es mit unserem Körper genau überein, wir können nicht zwischen unserem Körper und seiner Darstellung in unserem Gehirn unterscheiden. Wenn eine Störung vorliegt, ist das Verhältnis verschoben – mit folgenreichen Auswirkungen. Die Ursachen sind noch ziemlich unerforscht, auch Therapieansätze gibt es nur sehr eingeschränkt. Klar ist jedoch, wenn das Körperschema gestört ist, entsteht für die Betroffenen ein großer Leidensdruck, der manchmal auch lebensbedrohlich werden kann. Freitag, 2. Dezember Strolche, Jauner, Beutelschneider Diebe im 18. Jahrhundert Von Claudia Heissenberg ”Die aus Nachlässigkeit eines Wächters aus dem Gefängnis entwichene Maria Barbara Reinhardt, vulgo Schleiferbärbel, ist eine ausgelernte und meistermäßige Diebin, die wenig ihresgleichen hat”, heißt es in einem Steckbrief von 1784. Die Schleiferbärbel zählt damals mit dem Konstanzer Hans zu den berüchtigtsten Gaunern des deutschen Südwestens. Beide gehören zur Bevölkerungsschicht der Vaganten – Menschen ohne festen Wohnsitz, die mit Kind und Kegel auf der Straße leben. Da das Geld, das sie als Tagelöhner verdienen, nicht reicht, stehlen sie: auf Märkten, in Kramläden und Bauernhäusern. Einer, der sich unerbittlich an ihre Fersen heftet, ist der Sulzer Oberamtmann Jacob Georg Schäffer. Ihm geht es aber nicht nur darum, die Täter dingfest zu machen, er will auch wissen, warum jemand auf die schiefe Bahn gerät … (Produktion 2015) Samstag, 3. Dezember ”EVE Online” – Ein Spiel zwischen den Welten Von Tobias Nowak Weltraumschlachten, bei denen Hunderte von Spielern virtuelle Raumschiffe im Wert von mehreren Hunderttausend Euro zerstören. Mit solchen Schlagzeilen fällt das Computerspiele EVE Online immer wieder auf. Aber das Spiel hat viele andere Seiten, an denen virtuelle und tatsächliche Wirklichkeit sich berühren: Religionswissenschaftler beobachten, welche Formen Trauer im Spiel nimmt, Humangenetiker lassen sich von den Gamern helfen, das New Yorker Museum of Modern Art hat EVE Online für seine Sammlung erworben. SWR2 Wissen wirft einen Blick auf die unerwarteten Facetten moderner Computerspiele, die auch die Forschung faszinieren. SWR2 Wissen – Dezember 2016 2 Sonntag, 4. Dezember Aula: Innere Stärke Wie funktioniert Selbstregulierung? Von Sabina Pauen Manche Menschen haben sich gut im Griff, sie können Abstand von ihren Trieben nehmen, sich selbst kontrollieren, sie stecken nicht fest im Reiz-Reaktionsmodus, sondern agieren gelassen und autonom. Doch wie kann man diese Selbstregulierung erlernen, oder ist sie gar genetisch kodiert? Antworten gibt Professor Sabina Pauen, Psychologin an der Universität Heidelberg. Montag, 5. Dezember Biohacker Bastler, Forscher, Weltenretter Von Nicola Wettmarshausen Warum ewig diskutieren über Genscheren oder über Langlebigkeit? Biohacker stellen sich lieber ins Labor und probieren die Dinge selber aus. Sie testen, ob sich Pilzmyzel als Baustoff eignet und wollen lernen, wie man fermentiert. Aus CD-Playern stellen sie Zentrifugen her und tauschen sich in digitalen Netzwerken darüber aus. Biohacker bilden ein wachsendes Netzwerk aus Aktivisten und Neugierigen, aus Laien und Profis. Die Szene hat Vordenker wie den Niederländer Pieter van Boheemen, der in der Waag Society einen anderen, gesellschaftlich orientierten Umgang mit Bio-Technologien propagiert. Und Aktive wie Rüdiger Trojok, der eine digitale Biologie mit Open-Source-Struktur entwickeln will. Beide wollen den Bürger involvieren und politisch mündiger machen. Frank Oliver Glöckner findet Bürgerforschung gut. Anhand seines eigenen Projekts beschreibt der Bioinformatiker aber auch, wo die Probleme liegen können. Dienstag, 6. Dezember Sylt: Ausverkauf einer Insel Von Jörn Freyenhagen Sylt wird von zwei Seiten bedroht: Vom Meer durch Sandabbrüche nach Sturmfluten und von Land durch den wachsenden Tourismus. Lange Zeit schrumpfte die Insel, doch Sandaufspülungen ließen sie in jüngster Zeit wieder wachsen. Ein Küstenschutz-Erfolg, sagen Forscher. Dafür müssen sich die Sylter immer stärker gegen den Ausverkauf ihrer Heimat wehren. Die Immobilienpreise haben astronomische Höhen erreicht. Viele Einheimische können sich eine Wohnung nicht mehr leisten und ziehen aufs Festland. Außerhalb der Saison sind ganze Straßenzüge unbewohnt. Mit dem Bau von mehr bezahlbarem Dauerwohnraum versucht die Gemeinde, dem Negativtrend entgegenzuwirken, doch reicht das? Mittwoch, 7. Dezember Der Universalgelehrte aus Uppsala Die Wiederentdeckung von Olof Rudbeck dem Älteren Von Gábor Paál Alle Sprachen leiten sich aus dem Schwedischen ab, in Schweden wurde die Astronomie erfunden, und auch Platons Atlantis war in Wahrheit Schweden. – Der Universalgelehrte Olof Rudbeck der Ältere glaubte im 17. Jahrhundert, diese “Tatsachen” belegen zu können. Seine Thesen sind natürlich längst überholt, und doch hat Olof Rudbeck mit seinen Methoden die europäische Wissenschaft stärker beeinflusst als lange angenommen. Er war Kartograf und Anatom, hat das Medizinstudium reformiert und gilt als einer der Entdecker des Lymphsystems. Auch der junge Carl von Linné – der Begründer der biologischen Taxonomie – war von den Rudbeckianern beeinflusst, und Gottfried Wilhelm Leibniz interessierte sich ebenfalls für die Schriften seines schwedischen Zeitgenossen. SWR2 Wissen – Dezember 2016 3 Donnerstag, 8. Dezember Der Schriftsteller Wolfgang Hildesheimer Erinnerungen an einen Apokalyptiker Von Stefan Fuchs Er war der Apokalyptiker unter den Schriftstellern der Nachkriegszeit. Wolfgang Hildesheimer hat immer damit gerechnet, dass irgendwann der letzte Leser das letzte Buch zuschlägt. Mit seinen jüdischen Eltern war er den Nazis 1933 nach Palästina entkommen, als Dolmetscher bei den Nürnberger Prozessen kehrte er nach Deutschland zurück. Hildesheimer war Mitglied der Gruppe 47 und redete mit seinen Hörspielen, Romanen und Theaterstücken der verstockten Adenauer-Republik ins Gewissen. Als einer der ersten prangerte der Büchnerpreisträger die Zerstörung der Natur an. Seinen endgültigen Abschied vom Schreiben begründete er mit den Worten: “Wir schreiben über Liebe, in Wirklichkeit geht die Welt unter”. Am 9. Dezember wäre Wolfgang Hildesheimer 100 Jahre alt geworden. Freitag, 9. Dezember Herzog Carl Eugen von Württemberg Tyrann, Verschwender, Modernisierer Von Marianne Thoms Carl Eugen regiert Württemberg mit seiner halben Million Untertanen von 1744 bis 1793. Der selbstverliebte Herrscher macht seinen Hof – trotz seines kleinen und armen Herzogtums – zum glänzendsten Europas. Er hat zahllose Liebschaften und zeugt mehr als 100 uneheliche Kinder. Carl Eugen umgibt sich mit Günstlingen, die seine maßlose Verschwendung von Steuergeldern einfallsreich unterstützen. Kritiker wie Christian Schubart lässt er mit Kerkerhaft brechen. Die Landstände verklagen ihn beim kaiserlichen Hofgericht wegen fortgesetzten Verfassungsbruchs. Doch Carl Eugen denkt auch reformerisch: Er gründet die Hohe Carlsschule, deren berühmtester Zögling Friedrich Schiller ist, um Beamte, Offiziere und Künstler besser ausbilden zu lassen. Bis zu seinem Tod hält Carl Eugen aber seinen Anspruch auf absolute Herrschaft für unantastbar. (Produktion 2015) Samstag, 10. Dezember Introvertiert – Die Stärken der Stillen Von Christina Bergengruen Ob Marie Curie oder Steve Wozniak: Viele der begabtesten und erfolgreichsten Menschen waren und sind introvertiert. Im täglichen Leben werden stille Persönlichkeiten aber auch oft übersehen oder unterschätzt. Einige von ihnen versuchen, mit Hilfe von Ratgeberliteratur oder Coachings an ihren vermeintlichen Schwächen zu arbeiten. Das geht allerdings nur bedingt, denn der Introversion liegen eine genetische Veranlagung und messbare Unterschiede im Belohnungssystem des Gehirns zugrunde. Diese wirken sich auf einige emotionale und motivationale Prozesse aus und lassen leise Menschen in bestimmten Situationen auf ganz eigene Weise reagieren. Deshalb sollten Introvertierte lieber mit ihren besonderen Stärken arbeiten anstatt gegen sie. Und auch für die Gemeinschaft lohnt es sich, die Stärken der Stillen zu kennen und wertzuschätzen, um so noch besser davon zu profitieren. Sonntag, 11. Dezember Reformation 500 Aula: Aufbruch in die Moderne (1/2) 500 Jahre Reformation Von Sabine Appel 2017 begehen wir den 500. Jahrestag der gegen die Praktiken der römischen Kirche gerichteten Thesenformulierungen von Martin Luther, die die Reformation einleiteten. Aber was bedeuten 500 Jahre deutsche Reformation? War diese Zäsur ein Meilenstein für die Entwicklung der westlichen Länder auf dem Wege der Aufklärung und des Rationalismus, der Menschenrechte, des Wissenschaftsbooms, war sie die Basis für die viel beschworene Autonomie des Subjekts, die für die Moderne unverzichtbar ist? Die Germanistin Dr. Sabine Appel beantwortet in zwei Teilen diese Fragen. (Teil 2, Sonntag, 18. Dezember, 8.30 Uhr) SWR2 Wissen – Dezember 2016 4 Montag, 12. Dezember Fallexperimente Forscher überprüfen die Allgemeine Relativitätstheorie Von Uwe Springfeld Kleine Kinder werfen Gläser vom Tisch. Erwachsene schnipsen Krümel vom Balkon. Dinge runterzuwerfen macht Spaß. Physiker wollen das jetzt mit einem Satelliten namens “Microscope” machen. Mit seinem freien Fall wollen sie die Allgemeine Relativitätstheorie überprüfen. Eine Gefahr für Menschen? Am 19. Februar 2010 schlug der Tank einer Delta-Rakete bei Burensoum in der Mongolei auf. Zu Heilig Abend 2011, als die Welt “vom Himmel hoch, da komm ich her” sang, schlug ein Teil eines Satelliten in der sibirischen Ortschaft Wagaizewo ein. Ausgerechnet auf der Straße der Astronauten. Was haben sich die Forscher bei ihrem jetzigen Experiment gedacht? Würde ein einziges Experiment überhaupt reichen, eine etablierte Theorie zu stürzen? Und wie ist es um die Sicherheit bestellt? Dienstag, 13. Dezember Die digitale Versuchung Zerstreuen wir uns zu Tode? Von Ralf Caspary Wir lassen uns dank digitaler Techniken permanent ablenken und haben Angst davor, mal ein paar Stunden offline zu sein. Das “Ich” des gewöhnlichen Internet-Users löst sich in lauter kleine Fragmente auf: Mal sind wir für Sekunden Facebooker, dann wieder Whats-Apper, Google- oder WikipediaSurfer. Wir verteilen unsere Aufmerksamkeit auf eine Vielzahl von Dingen und verlieren die Konzentrationsfähigkeit. Kann unser Gehirn mit diesen Zerstreuungsgefahren umgehen? Sind wir wirklich multitaskingfähig oder benötigen wir eine neue Medienkompetenz? (Produktion 2015) Mittwoch, 14. Dezember Medikament nicht lieferbar Bedrohliche Engpässe der Pharmaindustrie Von Hellmuth Nordwig Wir sind es gewohnt, Medikamente auf Rezept innerhalb weniger Stunden in der Apotheke abzuholen. Für lebensrettende Krebstherapien müssen ebenfalls schnell die notwendigen Arzneimittel verfügbar sein. Doch immer häufiger kommt es zu Engpässen, die Pharmaindustrie kann den Nachschub für bestimmte Medikamente nicht gewährleisten. Deshalb mussten Ärzte sogar schon Krebsbehandlungen verschieben. Sie fordern die Politik daher auf zu handeln. Mittlerweile veröffentlicht die zuständige Bundesbehörde die betroffenen Medikamente auf einer Liste: zum Beispiel Tumormedikamente, Antibiotika und Insulin. Und die Pharmaindustrie erkennt, dass ihr Image auf dem Spiel steht, wenn sie ihre Produkte nicht zuverlässig herstellen kann. Donnerstag, 15. Dezember Ingeborg Bachmann: Erzählungen und Gedichte Von Liebe, Verzweiflung und Sehnsucht Aus der Reihe: Klassiker der Schullektüre (2/3) Von Helmut Böttiger Ingeborg Bachmann war in den 50er-Jahren das Fräuleinwunder der deutschen Lyrik. Ihre Liebesgedichte hatten den existenzialistischen Hauch ihrer Zeit. Sie spielte mit Scheu und Verführung, mit mädchenhafter Schutzbedürftigkeit und der Unnahbarkeit einer Diva. Doch 1961 erschien ein schmaler Band mit Erzählungen von ihr – und alle waren irritiert. Diese Prosa war widersprüchlich und hart. “Undine geht” – die Schlusserzählung des Bandes “Das dreißigste Jahr” – wirkte wie ein Programm. Im Gewand des mythischen Wassergeistes wendet sich das weibliche Ich gegen die “Ungeheuer mit Namen Hans”. In die Verzweiflung mischt sich in diesen Erzählungen immer auch eine Sehnsucht, vielleicht am eindrücklichsten in “Drei Wege zum See”. Auch hier werden autobiografische Erfahrungen in zeitlose Bilder verwandelt. SWR2 Wissen – Dezember 2016 5 Freitag, 16. Dezember Heilige Haute Couture Jesus und Maria und ihre Garderoben Von Hans-Volkmar Findeisen Vor einiger Zeit berichtete die Zeitschrift „National Geographic“ von einem seltsamen Brauch in einer Region Mexikos. Dort ist es üblich, dass gläubige Frauen an hohen Festtagen den Corpus Christi vom Kreuz nehmen und seine Blöße bedecken – mit ihrer eigenen Unterwäsche! Aber so ungewöhnlich ist diese Tradition nicht: Das Bekleiden von Heiligenfiguren war ein wichtiger Bestandteil der geistlichen Spiele auch des europäischen Mittelalters. Prominente Figuren der biblischen Geschichte wie Jesus und Maria besaßen teilweise stattliche Garderoben, die insbesondere an Weihnachten oder Ostern zum Einsatz kamen. In einzelnen Regionen Europas wie zum Beispiel im schweizerischen Einsiedeln hat sich der fromme Verkleidungsbrauch bis heute erhalten. Samstag, 17. Dezember Depressionen bei Kindern Von Ronny Arnold Langanhaltende Traurigkeit hat einen Namen: Depression. Immer öfter sprechen Erwachsene über ihren Schmerz und ihre Sorgen. Was aber, wenn schon Kinder ihre Lebenslust verlieren? “Wenn ein Kind dauerhaft traurig ist und nicht spielt, sollte man genauer hinschauen”, sagt Kai von Klitzing. Der Professor für Kinder- und Jugendpsychiatrie will die Früherkennung einer Krankheit etablieren, die soziale und ökonomische Folgen für unsere Gesellschaft hat: Rund 300.000 Menschen melden sich jährlich aufgrund einer Depression arbeitsunfähig. Das Feature begleitet einen betroffenen Jungen und seine Familie, erörtert Ursachen und Therapiemethoden. (Produktion Februar 2016) Sonntag, 18. Dezember Reformation 500 Aula: Aufbruch in die Moderne (2/2) 500 Jahre Reformation Von Sabine Appel 2017 begehen wir den 500. Jahrestag der gegen die Praktiken der römischen Kirche gerichteten Thesenformulierungen von Martin Luther, die die Reformation einleiteten. Aber was bedeuten 500 Jahre deutsche Reformation? War diese Zäsur ein Meilenstein für die Entwicklung der westlichen Länder auf dem Wege der Aufklärung und des Rationalismus, der Menschenrechte, des Wissenschaftsbooms, war sie die Basis für die viel beschworene Autonomie des Subjekts, die für die Moderne unverzichtbar ist? Die Germanistin Dr. Sabine Appel beantwortet in zwei Teilen diese Fragen. Montag, 19. Dezember Kautschuksammler und Klimasünder Das “Reservat Chico Mendes” in Brasilien Von Karl-Ludolf Hübener Seinem Namen begegnet man im brasilianischen Bundesstaat Acre auf Schritt und Tritt: Chico Mendes. Der Kautschuksammler kämpfte für die schonende Nutzung und den Schutz des AmazonasRegenwalds. Holzfirmen und Viehzüchter sahen dagegen in Chico Mendes ein Entwicklungshindernis, denn er organisierte den gewaltfreien Widerstand von Kautschukzapfern und Indianern gegen ihre Kettensägen. Der Urwald sei “die Quelle unserer Reichtümer”, heißt es im “Manifest der Waldvölker”. 1988 wurde Chico Mendes ermordet. Das erste Reservat im Amazonasgebiet ist nach ihm benannt. Doch die Menschen, die im und vom Regenwald leben, kämpfen heute mit zahlreichen Schwierigkeiten. So bedroht ein Klimaschutzprogramm namens REDD die traditionelle Lebensweise der Indianer Acres. Klimasünder können sich damit einen Ablass erkaufen. SWR2 Wissen – Dezember 2016 6 Dienstag, 20. Dezember Raubmilben und Marienkäfer Pflanzenschutz mit den Waffen der Natur Von Jantje Hannover Jedes Lebewesen hat natürliche Gegenspieler, Fressfeinde z. B. Schädlinge wie Minierfliegen, Läuse oder Thripse, die Tomatenpflanzen und anderem Gemüse übel zusetzen, werden von Schlupfwespen, Raubmilben oder Marienkäfern attackiert. Im biologischen Pflanzenschutz nennt man diese Insekten deshalb Nützlinge. Sie werden routinemäßig in Deutschlands Gewächshäusern eingesetzt. Agrarchemie wird unter Glas kaum noch gespritzt, auch um die sensiblen Bestäuber, künstlich angesiedelte Hummelvölker, zu schützen. Die Natur kennt viele solcher Gegenspieler, darunter auch Bakterien, Viren und Pilze. In einer Zeit, in der die Diskussion um Spritzmittel wie Glyphosat hohe Wellen schlägt, forschen Biologen und Agrarwissenschaftler an Alternativen zu Giftstoffen. Mittwoch, 21. Dezember Vorurteile Schubladen im Kopf Von Ingeborg Breuer Ausländer begehen mehr Straftaten als Deutsche, Russen saufen Wodka, Blondinen sind blöd. Jeder kennt solche Gedanken, die bestimmte Gruppen oder Individuen in ein Raster einordnen. Stereotype helfen zwar zunächst, die komplexe Welt zu bündeln und die Übersicht zu behalten. Doch sind sie oft falsch. Forscher untersuchen, unter welchen Umständen wir Vorurteile entwickeln und wie sie auf uns und die anderen wirken. Auf dieser Grundlage haben sie Methoden entwickelt, die Vorurteile abbauen und Toleranz fördern sollen. Donnerstag, 22. Dezember Der Butler Die hohe Kunst des Dienens Von Isabella Arcucci Wenn Lords die Contenance verlieren, Ladys in Ohnmacht fallen oder das Festmenü für die Jagdgesellschaft im Eimer ist – dann ist es der Butler, der die Situation rettet. Ruhig, diskret und mit vollendeter Perfektion. So zumindest stellen Filme und Romane die Rolle des Butlers dar. In englischen Adelshäusern war der oberste Diener tatsächlich oft so einflussreich und geliebt wie ein enges Familienmitglied. Dafür musste er tagein, tagaus die eigenen Wünsche und das eigene Ego zurückstellen. Heute ist die Nachfrage nach erstklassigem Dienstpersonal wieder groß – ob bei deutschen Multimillionären oder thailändischen Prinzessinnen. Doch im 21. Jahrhundert braucht der Butler nicht nur vollendete Manieren und Nerven aus Stahl, sondern muss auch technisch versiert und interkulturell kompetent sein. Zum Lohn winken Spitzengehälter. Freitag, 23. Dezember Pferd und Mensch – eine Kulturgeschichte Von Petra Stalbus Mit der Zähmung des Wildpferdes vor mehr als 6000 Jahren begannen Menschen eine historisch einmalige, enge Verbindung mit einem Tier einzugehen. Pferde halfen Menschen, Pflüge, Streitwagen, Karren und Schlitten zu ziehen. Pferde verliehen Schnelligkeit, Kraft und kriegerische Überlegenheit – Reiter wurden Jahrtausende lang zu Ikonen der Macht. Noch bis ins 20. Jahrhundert waren Pferde allgegenwärtig, in Landwirtschaft, Städten und bei Armeen. Als Sport- und Freizeitpartner werden die Vierbeiner bis heute geschätzt und geliebt. Doch es gibt auch Nischen, in denen Pferde wie früher Arbeitsgefährten des Menschen sind. Sogar die barocke Reitkunst wurde wiederbelebt, an der einzigen deutschen Hofreitschule, in Schloss Bückeburg in Ostwestfalen. SWR2 Wissen – Dezember 2016 7 Samstag, 24. Dezember Knecht Ruprecht Nachruf auf einen schwarzen Pädagogen Von Hans-Volkmar Findeisen Noch zu Zeiten der heutigen Großelterngeneration waren sie ein unschlagbares Team. Sankt Nikolaus belohnte die guten Kinder, Knecht Ruprecht und seine Helfershelfer verdroschen nach Kräften die bösen. Aber im Zeitalter der Kinderrechte sind böse Kinder und der Prügel schwingende Vollzugsbeamte heiliger Gewalt nahezu lautlos in der Versenkung verschwunden. Oder zur Witzfigur geworden wie in der TV-Comicserie “Die Simpsons”. In deren deutscher Ausgabe heißt der Hund “Knecht Ruprecht”. Sonntag, 25. Dezember Aula: Glauben ade? Die Zukunft der Kirchen in Deutschland Mit Detlef Pollack Den Kirchen gehen immer mehr Mitglieder verloren. Im Jahr 2015 dokumentierte die katholische Kirche über 230.000 Gläubige weniger, die evangelische spricht von über 400.000. Wobei es gleichzeitig große Unterschiede zwischen Ost- und Westdeutschland gibt. Was sind die Ursachen? Können sich die christlichen Kirchen noch behaupten im globalen Wettbewerb der Religionen? Antworten gibt Professor Detlef Pollack, Religionssoziologe an der Universität Münster, im Gespräch mit Ralf Caspary. (Produktion 2015) Montag, 26. Dezember Aula: Liebe und Evolution Die Natur eines Gefühls Von Thomas Junker Die romantische Liebe ist nicht einfach vom Himmel gefallen, sie ist Resultat eines langen evolutionären Prozesses. Die Liebe zwischen Mann und Frau sichert einerseits das Überleben der Gattung, sie gewährleistet einen maximalen Schutz für den Nachwuchs und sie ist zugleich ein wichtiger gesellschaftlicher Kitt. Ohne Liebeskonzepte hätten sich wohl kaum so große menschliche Gemeinschaften bilden können. Der Evolutionsbiologe Professor Thomas Junker erklärt das Phänomen aus seiner Sicht. Dienstag, 27. Dezember Rettung für den Ostsee-Dorsch Von Jörn Freyenhagen Die Bestände an Dorsch, auch Kabeljau genannt, schwanken dramatisch in der Ostsee. Nach jahrzehntelanger Überfischung vermehrte sich der Fisch bis 2010 wieder – und ging dann abermals zurück. Viele der Tiere leiden Mangel an Nahrung und Sauerstoff und bleiben klein. Aus der Nordsee gelangt nur während lang anhaltender Stürme sauerstoffhaltiges Frischwasser in die Ostsee. Zudem ist das Binnenmeer durch Abwässer, dichten Schiffsverkehr, Pipeline-Projekte und versenkte Munition aus dem Zweiten Weltkrieg belastet. Mit Fangquoten und Schonzeiten allein ist dem Dorsch nicht zu helfen. Forscher entwickeln bessere Netze, aus denen zu kleine Dorsche flüchten können, und mit modernsten Methoden können sie die Bestände exakter bestimmen. Außerdem hoffen sie, dass sich der Zustrom von Nordseewasser 2014 und 2015 positiv auf den Dorsch auswirkt. SWR2 Wissen – Dezember 2016 8 Mittwoch, 28. Dezember Der Schlaf der Tiere Von Rainer B. Langen Schlafen ist für viele Tiere eine heikle Angelegenheit: Sie könnten dabei gefressen werden, ertrinken oder vom Himmel fallen. So hängen Faultiere sich zur Ruhe hin, auch wenn es in ihrem Wald gefährliche Ozelote gibt. Delfine schlafen beim Schwimmen, obwohl sie regelmäßig atmen müssen und ertrinken könnten. Einige Vögel schlafen sogar im Flug, ohne dabei abzustürzen. Selbst Bienen, Schaben, Fruchtfliegen und Fadenwürmer schlafen. Wie sie das machen, finden Zoologen und Hirnforscher nach und nach heraus. Und sehen, dass Schlaf viel Arbeit macht – jedenfalls für das Gehirn. Donnerstag, 29. Dezember William James und der philosophische Pragmatismus Von Anat Kalman Der 1910 verstorbene Arzt und Philosoph William James gilt als Begründer einer wissenschaftlich fundierten Psychologie in den USA. Dabei war er ausgesprochen vielseitig und für Ungewöhnliches offen. So führte er zur Erforschung religiösen Erlebens psychedelische Experimente mit Lachgas durch. 1872 gründete er zusammen mit seinem Freund Charles Sanders Peirce den “Metaphysical Club”, eine Art intellektuelle Keimzelle des Pragmatismus.”Wahr ist, was nutzt”, war seine durchaus provokativ-pragmatische Lebensdevise, mit der er zu seiner Zeit spirituelle Philosophen wie den französischen Denker Henri Bergson herausforderte. Oft missverstanden, sind viele von William James’ Ideen zu Pragmatismus, Religionsphilosophie, Mystik und Psychologie bis heute aktuell. Freitag, 30. Dezember Der Alpenkrieg 1915 – 1918 Von Stefan Wimmer 1915 entbrannte in den Alpen der Gebirgskrieg, das vielleicht aberwitzigste Kapitel des Ersten Weltkriegs. Die italienische Monarchie wechselte die Bündnis-Seiten und fiel ihrem ehemaligen Partner Österreich-Ungarn in den Rücken, der Kampf wurde auf beiden Seiten mit unvorstellbarer Brutalität geführt. Stellungskämpfe im Gletschereis, Stollenwettläufe, mittels derer ganze Berge in die Luft gesprengt werden sollten, Sturmangriffe im meterhohen Schnee, blutige Schlachten um Bunkeranlagen, Gaskrieg. Unter den Kämpfern waren Menschen wie Luis Trenker, Gabriele D’Annunzio und Benito Mussolini, und im Massensterben berühren immer wieder persönliche Tragödien – wie die des Sextner Bergführers Sepp Innerkofler (1865 – 1915). (Produktion 2015) Samstag, 31. Dezember Ich im Netz – Folgen der Selbstdarstellung Von Gabi Schlag und Benno Wenz YouTube ist in, Fernsehen ist out. Und zwar komplett. Die Jugendlichen haben ihre eigenen medialen Plattformen und sozialen Netzwerke: YouTube ist eines der wichtigsten. Über dieses Medium informieren und unterhalten sie sich und bewerten die medialen Inhalte und vor allem sich gegenseitig ununterbrochen mit Likes und Postings. Und jetzt haben Jugendliche ab 13 – über die Live-Plattform YouNow – auch die Möglichkeit, live ihre eigene Sendung ins Internet zu stellen, direkt aus dem Kinderzimmer. Bewertet und belohnt werden sie von Zuschauern, die sie nicht kennen. Und ohne um die Gefahren zu wissen, die mit diesem Livestreaming verbunden sein könnten. Eltern und Pädagogen sind häufig ratlos. Wie gefährlich ist die neue Selbstdarstellung? (Produktion 2015) SWR2 Wissen – Dezember 2016 WISSENSCHAFT UND BILDUNG IN SWR2 SWR2 Campus Wissenschaft lebt! Samstag, 10.05 – 10.30 Uhr Was treibt die Wissenschaft gerade – und was treibt sie um? SWR2 Campus informiert über aktuelle Trends und ordnet neue Forschungsergebnisse ein. Was bedeuten sie wirklich? Wie passen sie mit anderen zusammen? Anders als oft dargestellt, ist Wissenschaft nicht die Abfolge von „Durchbrüchen“. Wissenschaft streitet und kämpft. Sie steht in Wechselwirkung mit Politik, Gesellschaft und Kultur. Wir berichten deshalb auch über Entwicklungen im Wissenschaftssystem: Wohin führt die derzeitige Hochschul- und Forschungspolitik? SWR2 Impuls Das Wissensmagazin Montag bis Freitag, 16.05 – 17.00 Uhr SWR2 Impuls gibt täglich Denkanstöße: mit Wissenswertem, Außergewöhnlichem und Skurrilem aus dem Wissenschaftsbetrieb. Dazu aktuelle Titel aus Jazz, Pop und Weltmusik. 1000 Antworten Warum sind Pilze keine Pflanzen? Wie entstand der Kuss? Warum haben wir zwei Nasenlöcher? Riechen Männer anders als Frauen? Wie misst ein Flugzeug die Windgeschwindigkeit? Warum bekommt man im Gesicht keine Gänsehaut? Stellen Sie Ihre Fragen im Internet unter swr.de/blog/1000Antworten SWR2 Archivradio Das SWR2 Archivradio befördert historische Tonaufnahmen zurück an die Öffentlichkeit und ordnet sie ein. Ein Webchannel für alle zeitgeschichtlich Interessierten. Im Netz unter: swr2.de/archivradio SWR2 WISSEN – SERVICE SWR2 Wissen Podcast – Webradio SWR2 Wissen können Sie auch als Live-Stream hören im SWR2 Webradio unter www.swr2.de oder als Podcast nachhören: http://www1.swr.de/podcast/xml/swr2/wissen.xml Manuskriptdienst Manuskripte der Sendungen SWR2 Wissen und Aula finden Sie unter swr2.de/wissen. Auch als E-Book für mobile Endgeräte. Programm-Informationen per E-Mail Die Wochenübersichten des Programms von SWR2 WISSEN können Sie sich regelmäßig über den SWR2 Newsletter zuschicken lassen – einfach E-Mail-Adresse eintragen bzw. austragen unter www.swr2.de/wissen (Service). 9 SWR2 Wissen – Dezember 2016 10 SWR2 Programmfragen Bei SWR2 Programmfragen erhalten Sie allgemeine Informationen zum Programm SWR2 und auch Manuskripte. SWR2 Programmfragen, 76522 Baden-Baden, Telefon 07221 300 222 (Mo – Fr 10 – 12 Uhr). Kennen Sie das Serviceangebot des Kulturradios SWR2? Mit der SWR2 Kulturkarte können Sie zu ermäßigten Eintrittspreisen Veranstaltungen des SWR2 und seiner vielen Kulturpartner im Sendegebiet besuchen. Mit dem Infoheft SWR2 Kulturservice sind Sie stets über SWR2 und die zahlreichen Veranstaltungen im SWR2-Kulturpartner-Netz informiert. 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