SWR2 Wissen Dezember 2016

SWR2 Wissen – Programmübersicht
Montag bis Sonntag 8.30 bis 9.00 Uhr im Radio
Dezember 2016
Donnerstag, 1. Dezember
Wenn der Kopf den Körper ablehnt
Unser Körperschema und seine Störungen
Von Dörte Fiedler
Manche Menschen fühlen sich krankhaft hässlich und sind davon so massiv überzeugt, dass sie
mitunter extreme Maßnahmen ergreifen, um ihren Körper zu verändern. Andere empfinden ein
Körperteil, ihren Arm oder Bein als absoluten Fremdkörper – bis hin zu Amputationsgedanken. Sind
das nur Rechenfehler im Gehirn? Forschern geben diese folgenreichen Störungen viele Rätsel auf.
Das, was in diesen Fällen gestört ist, ist das Körperschema. Im Normalfall stimmt es mit unserem
Körper genau überein, wir können nicht zwischen unserem Körper und seiner Darstellung in unserem
Gehirn unterscheiden. Wenn eine Störung vorliegt, ist das Verhältnis verschoben – mit folgenreichen
Auswirkungen. Die Ursachen sind noch ziemlich unerforscht, auch Therapieansätze gibt es nur sehr
eingeschränkt. Klar ist jedoch, wenn das Körperschema gestört ist, entsteht für die Betroffenen ein
großer Leidensdruck, der manchmal auch lebensbedrohlich werden kann.
Freitag, 2. Dezember
Strolche, Jauner, Beutelschneider
Diebe im 18. Jahrhundert
Von Claudia Heissenberg
”Die aus Nachlässigkeit eines Wächters aus dem Gefängnis entwichene Maria Barbara Reinhardt,
vulgo Schleiferbärbel, ist eine ausgelernte und meistermäßige Diebin, die wenig ihresgleichen hat”,
heißt es in einem Steckbrief von 1784. Die Schleiferbärbel zählt damals mit dem Konstanzer Hans zu
den berüchtigtsten Gaunern des deutschen Südwestens. Beide gehören zur Bevölkerungsschicht der
Vaganten – Menschen ohne festen Wohnsitz, die mit Kind und Kegel auf der Straße leben. Da das
Geld, das sie als Tagelöhner verdienen, nicht reicht, stehlen sie: auf Märkten, in Kramläden und
Bauernhäusern. Einer, der sich unerbittlich an ihre Fersen heftet, ist der Sulzer Oberamtmann Jacob
Georg Schäffer. Ihm geht es aber nicht nur darum, die Täter dingfest zu machen, er will auch wissen,
warum jemand auf die schiefe Bahn gerät … (Produktion 2015)
Samstag, 3. Dezember
”EVE Online” – Ein Spiel zwischen den Welten
Von Tobias Nowak
Weltraumschlachten, bei denen Hunderte von Spielern virtuelle Raumschiffe im Wert von mehreren
Hunderttausend Euro zerstören. Mit solchen Schlagzeilen fällt das Computerspiele EVE Online immer
wieder auf. Aber das Spiel hat viele andere Seiten, an denen virtuelle und tatsächliche Wirklichkeit sich
berühren: Religionswissenschaftler beobachten, welche Formen Trauer im Spiel nimmt,
Humangenetiker lassen sich von den Gamern helfen, das New Yorker Museum of Modern Art hat EVE
Online für seine Sammlung erworben. SWR2 Wissen wirft einen Blick auf die unerwarteten Facetten
moderner Computerspiele, die auch die Forschung faszinieren.
SWR2 Wissen – Dezember 2016
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Sonntag, 4. Dezember
Aula: Innere Stärke
Wie funktioniert Selbstregulierung?
Von Sabina Pauen
Manche Menschen haben sich gut im Griff, sie können Abstand von ihren Trieben nehmen, sich selbst
kontrollieren, sie stecken nicht fest im Reiz-Reaktionsmodus, sondern agieren gelassen und autonom.
Doch wie kann man diese Selbstregulierung erlernen, oder ist sie gar genetisch kodiert? Antworten
gibt Professor Sabina Pauen, Psychologin an der Universität Heidelberg.
Montag, 5. Dezember
Biohacker
Bastler, Forscher, Weltenretter
Von Nicola Wettmarshausen
Warum ewig diskutieren über Genscheren oder über Langlebigkeit? Biohacker stellen sich lieber ins
Labor und probieren die Dinge selber aus. Sie testen, ob sich Pilzmyzel als Baustoff eignet und wollen
lernen, wie man fermentiert. Aus CD-Playern stellen sie Zentrifugen her und tauschen sich in digitalen
Netzwerken darüber aus. Biohacker bilden ein wachsendes Netzwerk aus Aktivisten und Neugierigen,
aus Laien und Profis. Die Szene hat Vordenker wie den Niederländer Pieter van Boheemen, der in der
Waag Society einen anderen, gesellschaftlich orientierten Umgang mit Bio-Technologien propagiert.
Und Aktive wie Rüdiger Trojok, der eine digitale Biologie mit Open-Source-Struktur entwickeln will.
Beide wollen den Bürger involvieren und politisch mündiger machen. Frank Oliver Glöckner findet
Bürgerforschung gut. Anhand seines eigenen Projekts beschreibt der Bioinformatiker aber auch, wo
die Probleme liegen können.
Dienstag, 6. Dezember
Sylt: Ausverkauf einer Insel
Von Jörn Freyenhagen
Sylt wird von zwei Seiten bedroht: Vom Meer durch Sandabbrüche nach Sturmfluten und von Land
durch den wachsenden Tourismus. Lange Zeit schrumpfte die Insel, doch Sandaufspülungen ließen
sie in jüngster Zeit wieder wachsen. Ein Küstenschutz-Erfolg, sagen Forscher. Dafür müssen sich die
Sylter immer stärker gegen den Ausverkauf ihrer Heimat wehren. Die Immobilienpreise haben
astronomische Höhen erreicht. Viele Einheimische können sich eine Wohnung nicht mehr leisten und
ziehen aufs Festland. Außerhalb der Saison sind ganze Straßenzüge unbewohnt. Mit dem Bau von
mehr bezahlbarem Dauerwohnraum versucht die Gemeinde, dem Negativtrend entgegenzuwirken,
doch reicht das?
Mittwoch, 7. Dezember
Der Universalgelehrte aus Uppsala
Die Wiederentdeckung von Olof Rudbeck dem Älteren
Von Gábor Paál
Alle Sprachen leiten sich aus dem Schwedischen ab, in Schweden wurde die Astronomie erfunden,
und auch Platons Atlantis war in Wahrheit Schweden. – Der Universalgelehrte Olof Rudbeck der Ältere
glaubte im 17. Jahrhundert, diese “Tatsachen” belegen zu können. Seine Thesen sind natürlich längst
überholt, und doch hat Olof Rudbeck mit seinen Methoden die europäische Wissenschaft stärker
beeinflusst als lange angenommen. Er war Kartograf und Anatom, hat das Medizinstudium reformiert
und gilt als einer der Entdecker des Lymphsystems. Auch der junge Carl von Linné – der Begründer
der biologischen Taxonomie – war von den Rudbeckianern beeinflusst, und Gottfried Wilhelm Leibniz
interessierte sich ebenfalls für die Schriften seines schwedischen Zeitgenossen.
SWR2 Wissen – Dezember 2016
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Donnerstag, 8. Dezember
Der Schriftsteller Wolfgang Hildesheimer
Erinnerungen an einen Apokalyptiker
Von Stefan Fuchs
Er war der Apokalyptiker unter den Schriftstellern der Nachkriegszeit. Wolfgang Hildesheimer hat
immer damit gerechnet, dass irgendwann der letzte Leser das letzte Buch zuschlägt. Mit seinen
jüdischen Eltern war er den Nazis 1933 nach Palästina entkommen, als Dolmetscher bei den
Nürnberger Prozessen kehrte er nach Deutschland zurück. Hildesheimer war Mitglied der Gruppe 47
und redete mit seinen Hörspielen, Romanen und Theaterstücken der verstockten Adenauer-Republik
ins Gewissen. Als einer der ersten prangerte der Büchnerpreisträger die Zerstörung der Natur an.
Seinen endgültigen Abschied vom Schreiben begründete er mit den Worten: “Wir schreiben über
Liebe, in Wirklichkeit geht die Welt unter”. Am 9. Dezember wäre Wolfgang Hildesheimer 100 Jahre alt
geworden.
Freitag, 9. Dezember
Herzog Carl Eugen von Württemberg
Tyrann, Verschwender, Modernisierer
Von Marianne Thoms
Carl Eugen regiert Württemberg mit seiner halben Million Untertanen von 1744 bis 1793. Der
selbstverliebte Herrscher macht seinen Hof – trotz seines kleinen und armen Herzogtums – zum
glänzendsten Europas. Er hat zahllose Liebschaften und zeugt mehr als 100 uneheliche Kinder. Carl
Eugen umgibt sich mit Günstlingen, die seine maßlose Verschwendung von Steuergeldern einfallsreich
unterstützen. Kritiker wie Christian Schubart lässt er mit Kerkerhaft brechen. Die Landstände verklagen
ihn beim kaiserlichen Hofgericht wegen fortgesetzten Verfassungsbruchs. Doch Carl Eugen denkt
auch reformerisch: Er gründet die Hohe Carlsschule, deren berühmtester Zögling Friedrich Schiller ist,
um Beamte, Offiziere und Künstler besser ausbilden zu lassen. Bis zu seinem Tod hält Carl Eugen
aber seinen Anspruch auf absolute Herrschaft für unantastbar. (Produktion 2015)
Samstag, 10. Dezember
Introvertiert – Die Stärken der Stillen
Von Christina Bergengruen
Ob Marie Curie oder Steve Wozniak: Viele der begabtesten und erfolgreichsten Menschen waren und
sind introvertiert. Im täglichen Leben werden stille Persönlichkeiten aber auch oft übersehen oder
unterschätzt. Einige von ihnen versuchen, mit Hilfe von Ratgeberliteratur oder Coachings an ihren
vermeintlichen Schwächen zu arbeiten. Das geht allerdings nur bedingt, denn der Introversion liegen
eine genetische Veranlagung und messbare Unterschiede im Belohnungssystem des Gehirns
zugrunde. Diese wirken sich auf einige emotionale und motivationale Prozesse aus und lassen leise
Menschen in bestimmten Situationen auf ganz eigene Weise reagieren. Deshalb sollten Introvertierte
lieber mit ihren besonderen Stärken arbeiten anstatt gegen sie. Und auch für die Gemeinschaft lohnt
es sich, die Stärken der Stillen zu kennen und wertzuschätzen, um so noch besser davon zu
profitieren.
Sonntag, 11. Dezember
Reformation 500
Aula: Aufbruch in die Moderne (1/2)
500 Jahre Reformation
Von Sabine Appel
2017 begehen wir den 500. Jahrestag der gegen die Praktiken der römischen Kirche gerichteten
Thesenformulierungen von Martin Luther, die die Reformation einleiteten. Aber was bedeuten 500
Jahre deutsche Reformation? War diese Zäsur ein Meilenstein für die Entwicklung der westlichen
Länder auf dem Wege der Aufklärung und des Rationalismus, der Menschenrechte, des
Wissenschaftsbooms, war sie die Basis für die viel beschworene Autonomie des Subjekts, die für die
Moderne unverzichtbar ist? Die Germanistin Dr. Sabine Appel beantwortet in zwei Teilen diese Fragen.
(Teil 2, Sonntag, 18. Dezember, 8.30 Uhr)
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Montag, 12. Dezember
Fallexperimente
Forscher überprüfen die Allgemeine Relativitätstheorie
Von Uwe Springfeld
Kleine Kinder werfen Gläser vom Tisch. Erwachsene schnipsen Krümel vom Balkon. Dinge
runterzuwerfen macht Spaß. Physiker wollen das jetzt mit einem Satelliten namens “Microscope”
machen. Mit seinem freien Fall wollen sie die Allgemeine Relativitätstheorie überprüfen. Eine Gefahr
für Menschen? Am 19. Februar 2010 schlug der Tank einer Delta-Rakete bei Burensoum in der
Mongolei auf. Zu Heilig Abend 2011, als die Welt “vom Himmel hoch, da komm ich her” sang, schlug
ein Teil eines Satelliten in der sibirischen Ortschaft Wagaizewo ein. Ausgerechnet auf der Straße der
Astronauten. Was haben sich die Forscher bei ihrem jetzigen Experiment gedacht? Würde ein
einziges Experiment überhaupt reichen, eine etablierte Theorie zu stürzen? Und wie ist es um die
Sicherheit bestellt?
Dienstag, 13. Dezember
Die digitale Versuchung
Zerstreuen wir uns zu Tode?
Von Ralf Caspary
Wir lassen uns dank digitaler Techniken permanent ablenken und haben Angst davor, mal ein paar
Stunden offline zu sein. Das “Ich” des gewöhnlichen Internet-Users löst sich in lauter kleine Fragmente
auf: Mal sind wir für Sekunden Facebooker, dann wieder Whats-Apper, Google- oder WikipediaSurfer. Wir verteilen unsere Aufmerksamkeit auf eine Vielzahl von Dingen und verlieren die
Konzentrationsfähigkeit. Kann unser Gehirn mit diesen Zerstreuungsgefahren umgehen? Sind wir
wirklich multitaskingfähig oder benötigen wir eine neue Medienkompetenz? (Produktion 2015)
Mittwoch, 14. Dezember
Medikament nicht lieferbar
Bedrohliche Engpässe der Pharmaindustrie
Von Hellmuth Nordwig
Wir sind es gewohnt, Medikamente auf Rezept innerhalb weniger Stunden in der Apotheke abzuholen.
Für lebensrettende Krebstherapien müssen ebenfalls schnell die notwendigen Arzneimittel verfügbar
sein. Doch immer häufiger kommt es zu Engpässen, die Pharmaindustrie kann den Nachschub für
bestimmte Medikamente nicht gewährleisten. Deshalb mussten Ärzte sogar schon
Krebsbehandlungen verschieben. Sie fordern die Politik daher auf zu handeln. Mittlerweile
veröffentlicht die zuständige Bundesbehörde die betroffenen Medikamente auf einer Liste: zum
Beispiel Tumormedikamente, Antibiotika und Insulin. Und die Pharmaindustrie erkennt, dass ihr Image
auf dem Spiel steht, wenn sie ihre Produkte nicht zuverlässig herstellen kann.
Donnerstag, 15. Dezember
Ingeborg Bachmann: Erzählungen und Gedichte
Von Liebe, Verzweiflung und Sehnsucht
Aus der Reihe: Klassiker der Schullektüre (2/3)
Von Helmut Böttiger
Ingeborg Bachmann war in den 50er-Jahren das Fräuleinwunder der deutschen Lyrik. Ihre
Liebesgedichte hatten den existenzialistischen Hauch ihrer Zeit. Sie spielte mit Scheu und Verführung,
mit mädchenhafter Schutzbedürftigkeit und der Unnahbarkeit einer Diva. Doch 1961 erschien ein
schmaler Band mit Erzählungen von ihr – und alle waren irritiert. Diese Prosa war widersprüchlich und
hart. “Undine geht” – die Schlusserzählung des Bandes “Das dreißigste Jahr” – wirkte wie ein
Programm. Im Gewand des mythischen Wassergeistes wendet sich das weibliche Ich gegen die
“Ungeheuer mit Namen Hans”. In die Verzweiflung mischt sich in diesen Erzählungen immer auch eine
Sehnsucht, vielleicht am eindrücklichsten in “Drei Wege zum See”. Auch hier werden autobiografische
Erfahrungen in zeitlose Bilder verwandelt.
SWR2 Wissen – Dezember 2016
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Freitag, 16. Dezember
Heilige Haute Couture
Jesus und Maria und ihre Garderoben
Von Hans-Volkmar Findeisen
Vor einiger Zeit berichtete die Zeitschrift „National Geographic“ von einem seltsamen Brauch in einer
Region Mexikos. Dort ist es üblich, dass gläubige Frauen an hohen Festtagen den Corpus Christi vom
Kreuz nehmen und seine Blöße bedecken – mit ihrer eigenen Unterwäsche! Aber so ungewöhnlich ist
diese Tradition nicht: Das Bekleiden von Heiligenfiguren war ein wichtiger Bestandteil der geistlichen
Spiele auch des europäischen Mittelalters. Prominente Figuren der biblischen Geschichte wie Jesus
und Maria besaßen teilweise stattliche Garderoben, die insbesondere an Weihnachten oder Ostern
zum Einsatz kamen. In einzelnen Regionen Europas wie zum Beispiel im schweizerischen Einsiedeln
hat sich der fromme Verkleidungsbrauch bis heute erhalten.
Samstag, 17. Dezember
Depressionen bei Kindern
Von Ronny Arnold
Langanhaltende Traurigkeit hat einen Namen: Depression. Immer öfter sprechen Erwachsene über
ihren Schmerz und ihre Sorgen. Was aber, wenn schon Kinder ihre Lebenslust verlieren? “Wenn ein
Kind dauerhaft traurig ist und nicht spielt, sollte man genauer hinschauen”, sagt Kai von Klitzing. Der
Professor für Kinder- und Jugendpsychiatrie will die Früherkennung einer Krankheit etablieren, die
soziale und ökonomische Folgen für unsere Gesellschaft hat: Rund 300.000 Menschen melden sich
jährlich aufgrund einer Depression arbeitsunfähig. Das Feature begleitet einen betroffenen Jungen und
seine Familie, erörtert Ursachen und Therapiemethoden. (Produktion Februar 2016)
Sonntag, 18. Dezember
Reformation 500
Aula: Aufbruch in die Moderne (2/2)
500 Jahre Reformation
Von Sabine Appel
2017 begehen wir den 500. Jahrestag der gegen die Praktiken der römischen Kirche gerichteten
Thesenformulierungen von Martin Luther, die die Reformation einleiteten. Aber was bedeuten 500
Jahre deutsche Reformation? War diese Zäsur ein Meilenstein für die Entwicklung der westlichen
Länder auf dem Wege der Aufklärung und des Rationalismus, der Menschenrechte, des
Wissenschaftsbooms, war sie die Basis für die viel beschworene Autonomie des Subjekts, die für die
Moderne unverzichtbar ist? Die Germanistin Dr. Sabine Appel beantwortet in zwei Teilen diese Fragen.
Montag, 19. Dezember
Kautschuksammler und Klimasünder
Das “Reservat Chico Mendes” in Brasilien
Von Karl-Ludolf Hübener
Seinem Namen begegnet man im brasilianischen Bundesstaat Acre auf Schritt und Tritt: Chico
Mendes. Der Kautschuksammler kämpfte für die schonende Nutzung und den Schutz des AmazonasRegenwalds. Holzfirmen und Viehzüchter sahen dagegen in Chico Mendes ein Entwicklungshindernis,
denn er organisierte den gewaltfreien Widerstand von Kautschukzapfern und Indianern gegen ihre
Kettensägen. Der Urwald sei “die Quelle unserer Reichtümer”, heißt es im “Manifest der Waldvölker”.
1988 wurde Chico Mendes ermordet. Das erste Reservat im Amazonasgebiet ist nach ihm benannt.
Doch die Menschen, die im und vom Regenwald leben, kämpfen heute mit zahlreichen
Schwierigkeiten. So bedroht ein Klimaschutzprogramm namens REDD die traditionelle Lebensweise
der Indianer Acres. Klimasünder können sich damit einen Ablass erkaufen.
SWR2 Wissen – Dezember 2016
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Dienstag, 20. Dezember
Raubmilben und Marienkäfer
Pflanzenschutz mit den Waffen der Natur
Von Jantje Hannover
Jedes Lebewesen hat natürliche Gegenspieler, Fressfeinde z. B. Schädlinge wie Minierfliegen, Läuse
oder Thripse, die Tomatenpflanzen und anderem Gemüse übel zusetzen, werden von Schlupfwespen,
Raubmilben oder Marienkäfern attackiert. Im biologischen Pflanzenschutz nennt man diese Insekten
deshalb Nützlinge. Sie werden routinemäßig in Deutschlands Gewächshäusern eingesetzt.
Agrarchemie wird unter Glas kaum noch gespritzt, auch um die sensiblen Bestäuber, künstlich
angesiedelte Hummelvölker, zu schützen. Die Natur kennt viele solcher Gegenspieler, darunter auch
Bakterien, Viren und Pilze. In einer Zeit, in der die Diskussion um Spritzmittel wie Glyphosat hohe
Wellen schlägt, forschen Biologen und Agrarwissenschaftler an Alternativen zu Giftstoffen.
Mittwoch, 21. Dezember
Vorurteile
Schubladen im Kopf
Von Ingeborg Breuer
Ausländer begehen mehr Straftaten als Deutsche, Russen saufen Wodka, Blondinen sind blöd. Jeder
kennt solche Gedanken, die bestimmte Gruppen oder Individuen in ein Raster einordnen. Stereotype
helfen zwar zunächst, die komplexe Welt zu bündeln und die Übersicht zu behalten. Doch sind sie oft
falsch. Forscher untersuchen, unter welchen Umständen wir Vorurteile entwickeln und wie sie auf uns
und die anderen wirken. Auf dieser Grundlage haben sie Methoden entwickelt, die Vorurteile abbauen
und Toleranz fördern sollen.
Donnerstag, 22. Dezember
Der Butler
Die hohe Kunst des Dienens
Von Isabella Arcucci
Wenn Lords die Contenance verlieren, Ladys in Ohnmacht fallen oder das Festmenü für die
Jagdgesellschaft im Eimer ist – dann ist es der Butler, der die Situation rettet. Ruhig, diskret und mit
vollendeter Perfektion. So zumindest stellen Filme und Romane die Rolle des Butlers dar. In
englischen Adelshäusern war der oberste Diener tatsächlich oft so einflussreich und geliebt wie ein
enges Familienmitglied. Dafür musste er tagein, tagaus die eigenen Wünsche und das eigene Ego
zurückstellen. Heute ist die Nachfrage nach erstklassigem Dienstpersonal wieder groß – ob bei
deutschen Multimillionären oder thailändischen Prinzessinnen. Doch im 21. Jahrhundert braucht der
Butler nicht nur vollendete Manieren und Nerven aus Stahl, sondern muss auch technisch versiert und
interkulturell kompetent sein. Zum Lohn winken Spitzengehälter.
Freitag, 23. Dezember
Pferd und Mensch – eine Kulturgeschichte
Von Petra Stalbus
Mit der Zähmung des Wildpferdes vor mehr als 6000 Jahren begannen Menschen eine historisch
einmalige, enge Verbindung mit einem Tier einzugehen. Pferde halfen Menschen, Pflüge, Streitwagen,
Karren und Schlitten zu ziehen. Pferde verliehen Schnelligkeit, Kraft und kriegerische Überlegenheit –
Reiter wurden Jahrtausende lang zu Ikonen der Macht. Noch bis ins 20. Jahrhundert waren Pferde
allgegenwärtig, in Landwirtschaft, Städten und bei Armeen. Als Sport- und Freizeitpartner werden die
Vierbeiner bis heute geschätzt und geliebt. Doch es gibt auch Nischen, in denen Pferde wie früher
Arbeitsgefährten des Menschen sind. Sogar die barocke Reitkunst wurde wiederbelebt, an der
einzigen deutschen Hofreitschule, in Schloss Bückeburg in Ostwestfalen.
SWR2 Wissen – Dezember 2016
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Samstag, 24. Dezember
Knecht Ruprecht
Nachruf auf einen schwarzen Pädagogen
Von Hans-Volkmar Findeisen
Noch zu Zeiten der heutigen Großelterngeneration waren sie ein unschlagbares Team. Sankt Nikolaus
belohnte die guten Kinder, Knecht Ruprecht und seine Helfershelfer verdroschen nach Kräften die
bösen. Aber im Zeitalter der Kinderrechte sind böse Kinder und der Prügel schwingende
Vollzugsbeamte heiliger Gewalt nahezu lautlos in der Versenkung verschwunden. Oder zur Witzfigur
geworden wie in der TV-Comicserie “Die Simpsons”. In deren deutscher Ausgabe heißt der Hund
“Knecht Ruprecht”.
Sonntag, 25. Dezember
Aula: Glauben ade?
Die Zukunft der Kirchen in Deutschland
Mit Detlef Pollack
Den Kirchen gehen immer mehr Mitglieder verloren. Im Jahr 2015 dokumentierte die katholische
Kirche über 230.000 Gläubige weniger, die evangelische spricht von über 400.000. Wobei es
gleichzeitig große Unterschiede zwischen Ost- und Westdeutschland gibt. Was sind die Ursachen?
Können sich die christlichen Kirchen noch behaupten im globalen Wettbewerb der Religionen?
Antworten gibt Professor Detlef Pollack, Religionssoziologe an der Universität Münster, im Gespräch
mit Ralf Caspary. (Produktion 2015)
Montag, 26. Dezember
Aula: Liebe und Evolution
Die Natur eines Gefühls
Von Thomas Junker
Die romantische Liebe ist nicht einfach vom Himmel gefallen, sie ist Resultat eines langen
evolutionären Prozesses. Die Liebe zwischen Mann und Frau sichert einerseits das Überleben der
Gattung, sie gewährleistet einen maximalen Schutz für den Nachwuchs und sie ist zugleich ein
wichtiger gesellschaftlicher Kitt. Ohne Liebeskonzepte hätten sich wohl kaum so große menschliche
Gemeinschaften bilden können. Der Evolutionsbiologe Professor Thomas Junker erklärt das
Phänomen aus seiner Sicht.
Dienstag, 27. Dezember
Rettung für den Ostsee-Dorsch
Von Jörn Freyenhagen
Die Bestände an Dorsch, auch Kabeljau genannt, schwanken dramatisch in der Ostsee. Nach
jahrzehntelanger Überfischung vermehrte sich der Fisch bis 2010 wieder – und ging dann abermals
zurück. Viele der Tiere leiden Mangel an Nahrung und Sauerstoff und bleiben klein. Aus der Nordsee
gelangt nur während lang anhaltender Stürme sauerstoffhaltiges Frischwasser in die Ostsee. Zudem
ist das Binnenmeer durch Abwässer, dichten Schiffsverkehr, Pipeline-Projekte und versenkte Munition
aus dem Zweiten Weltkrieg belastet. Mit Fangquoten und Schonzeiten allein ist dem Dorsch nicht zu
helfen. Forscher entwickeln bessere Netze, aus denen zu kleine Dorsche flüchten können, und mit
modernsten Methoden können sie die Bestände exakter bestimmen. Außerdem hoffen sie, dass sich
der Zustrom von Nordseewasser 2014 und 2015 positiv auf den Dorsch auswirkt.
SWR2 Wissen – Dezember 2016
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Mittwoch, 28. Dezember
Der Schlaf der Tiere
Von Rainer B. Langen
Schlafen ist für viele Tiere eine heikle Angelegenheit: Sie könnten dabei gefressen werden, ertrinken
oder vom Himmel fallen. So hängen Faultiere sich zur Ruhe hin, auch wenn es in ihrem Wald
gefährliche Ozelote gibt. Delfine schlafen beim Schwimmen, obwohl sie regelmäßig atmen müssen
und ertrinken könnten. Einige Vögel schlafen sogar im Flug, ohne dabei abzustürzen. Selbst Bienen,
Schaben, Fruchtfliegen und Fadenwürmer schlafen. Wie sie das machen, finden Zoologen und
Hirnforscher nach und nach heraus. Und sehen, dass Schlaf viel Arbeit macht – jedenfalls für das
Gehirn.
Donnerstag, 29. Dezember
William James und der philosophische Pragmatismus
Von Anat Kalman
Der 1910 verstorbene Arzt und Philosoph William James gilt als Begründer einer wissenschaftlich
fundierten Psychologie in den USA. Dabei war er ausgesprochen vielseitig und für Ungewöhnliches
offen. So führte er zur Erforschung religiösen Erlebens psychedelische Experimente mit Lachgas
durch. 1872 gründete er zusammen mit seinem Freund Charles Sanders Peirce den “Metaphysical
Club”, eine Art intellektuelle Keimzelle des Pragmatismus.”Wahr ist, was nutzt”, war seine durchaus
provokativ-pragmatische Lebensdevise, mit der er zu seiner Zeit spirituelle Philosophen wie den
französischen Denker Henri Bergson herausforderte. Oft missverstanden, sind viele von William
James’ Ideen zu Pragmatismus, Religionsphilosophie, Mystik und Psychologie bis heute aktuell.
Freitag, 30. Dezember
Der Alpenkrieg 1915 – 1918
Von Stefan Wimmer
1915 entbrannte in den Alpen der Gebirgskrieg, das vielleicht aberwitzigste Kapitel des Ersten
Weltkriegs. Die italienische Monarchie wechselte die Bündnis-Seiten und fiel ihrem ehemaligen
Partner Österreich-Ungarn in den Rücken, der Kampf wurde auf beiden Seiten mit unvorstellbarer
Brutalität geführt. Stellungskämpfe im Gletschereis, Stollenwettläufe, mittels derer ganze Berge in die
Luft gesprengt werden sollten, Sturmangriffe im meterhohen Schnee, blutige Schlachten um
Bunkeranlagen, Gaskrieg. Unter den Kämpfern waren Menschen wie Luis Trenker, Gabriele
D’Annunzio und Benito Mussolini, und im Massensterben berühren immer wieder persönliche
Tragödien – wie die des Sextner Bergführers Sepp Innerkofler (1865 – 1915). (Produktion 2015)
Samstag, 31. Dezember
Ich im Netz – Folgen der Selbstdarstellung
Von Gabi Schlag und Benno Wenz
YouTube ist in, Fernsehen ist out. Und zwar komplett. Die Jugendlichen haben ihre eigenen medialen
Plattformen und sozialen Netzwerke: YouTube ist eines der wichtigsten. Über dieses Medium
informieren und unterhalten sie sich und bewerten die medialen Inhalte und vor allem sich gegenseitig
ununterbrochen mit Likes und Postings. Und jetzt haben Jugendliche ab 13 – über die Live-Plattform
YouNow – auch die Möglichkeit, live ihre eigene Sendung ins Internet zu stellen, direkt aus dem
Kinderzimmer. Bewertet und belohnt werden sie von Zuschauern, die sie nicht kennen. Und ohne um
die Gefahren zu wissen, die mit diesem Livestreaming verbunden sein könnten. Eltern und Pädagogen
sind häufig ratlos. Wie gefährlich ist die neue Selbstdarstellung? (Produktion 2015)
SWR2 Wissen – Dezember 2016
WISSENSCHAFT UND BILDUNG IN SWR2
SWR2 Campus
Wissenschaft lebt!
Samstag, 10.05 – 10.30 Uhr
Was treibt die Wissenschaft gerade – und was treibt sie um? SWR2 Campus informiert über aktuelle
Trends und ordnet neue Forschungsergebnisse ein. Was bedeuten sie wirklich? Wie passen sie mit
anderen zusammen? Anders als oft dargestellt, ist Wissenschaft nicht die Abfolge von
„Durchbrüchen“. Wissenschaft streitet und kämpft. Sie steht in Wechselwirkung mit Politik,
Gesellschaft und Kultur. Wir berichten deshalb auch über Entwicklungen im Wissenschaftssystem:
Wohin führt die derzeitige Hochschul- und Forschungspolitik?
SWR2 Impuls
Das Wissensmagazin
Montag bis Freitag, 16.05 – 17.00 Uhr
SWR2 Impuls gibt täglich Denkanstöße: mit Wissenswertem, Außergewöhnlichem und Skurrilem aus
dem Wissenschaftsbetrieb. Dazu aktuelle Titel aus Jazz, Pop und Weltmusik.
1000 Antworten
Warum sind Pilze keine Pflanzen? Wie entstand der Kuss? Warum haben wir zwei Nasenlöcher?
Riechen Männer anders als Frauen? Wie misst ein Flugzeug die Windgeschwindigkeit? Warum
bekommt man im Gesicht keine Gänsehaut? Stellen Sie Ihre Fragen im Internet unter
swr.de/blog/1000Antworten
SWR2 Archivradio
Das SWR2 Archivradio befördert historische Tonaufnahmen zurück an die Öffentlichkeit und ordnet
sie ein. Ein Webchannel für alle zeitgeschichtlich Interessierten.
Im Netz unter: swr2.de/archivradio
SWR2 WISSEN – SERVICE
SWR2 Wissen Podcast – Webradio
SWR2 Wissen können Sie auch als Live-Stream hören im SWR2 Webradio
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Manuskriptdienst
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Auch als E-Book für mobile Endgeräte.
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SWR2 Wissen – Dezember 2016
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