SWR2 MANUSKRIPT ESSAYS FEATURES KOMMENTARE VORTRÄGE, SWR2 DIE BUCHKRITIK Peter Wohlleben: Das Seelenleben der Tiere Liebe, Trauer, Mitgefühl - erstaunliche Einblicke in eine verborgene Welt Ludwig Verlag, München 2016 239 Seiten 19,99 Euro Rezension von Johannes Kaiser Donnerstag, 01. September 2016 (14:55 – 15:00 Uhr) Bitte beachten Sie: Das Manuskript ist ausschließlich zum persönlichen, privaten Gebrauch bestimmt. Jede weitere Vervielfältigung und Verbreitung bedarf der ausdrücklichen Genehmigung des Urhebers bzw. des SWR. SWR2 MANUSKRIPT Bitte beachten Sie: Das Manuskript ist ausschließlich zum persönlichen, privaten Gebrauch bestimmt. Jede weitere Vervielfältigung und Verbreitung bedarf der ausdrücklichen Genehmigung des Urhebers bzw. des SWR Kennen Sie schon das Serviceangebot des Kulturradios SWR2? Mit der kostenlosen SWR2 Kulturkarte können Sie zu ermäßigten Eintrittspreisen Veranstaltungen des SWR2 und seiner vielen Kulturpartner im Sendegebiet besuchen. Mit dem Infoheft SWR2 Kulturservice sind Sie stets über SWR2 und die zahlreichen Veranstaltungen im SWR2-Kulturpartner-Netz informiert. Jetzt anmelden unter 07221/300 200 oder swr2.de Sein Buch ‚Das geheime Leben der Bäume‘ steht bis heute auf der Bestsellerliste des Spiegels – ein ebenso unverhoffter wie verdienter Erfolg, denn der Forstwirtschaftler und Förster Peter Wohlleben versteht es hervorragend, wissenschaftliche Erkenntnisse mit persönlichen Erfahrungen zu verknüpfen. Seit langem baut der engagierte Naturschützer für seine Gemeinde einen naturnahen Mischwald auf, gilt deshalb in konservativen Forstkreisen als ‚enfant terrible‘. Jetzt hat er nur ein Jahr später ein zweites Sachbuch veröffentlicht: ‚Das Seelenleben der Tiere‘. Im Mittelpunkt des Buches stehen nicht Exoten, sondern Tiere aus unserer unmittelbaren Umgebung, aus unserem Alltag. Wir kennen sie und darum sich die Beispiele, die Peter Wohlleben in seinem Buch aufführt, vertraut. Schließlich hat er vor dem Forsthaus einen Wald voller Tiere, großer wie kleiner, und seine Familie hütet einen Kleinzoo aus Ziegen, Katzen, Hunden, Kaninchen, Hühnern und Pferden. Bitte beachten Sie: Das Manuskript ist ausschließlich zum persönlichen, privaten Gebrauch bestimmt. Jede weitere Vervielfältigung und Verbreitung bedarf der ausdrücklichen Genehmigung des Urhebers bzw. des SWR. SWR2 MANUSKRIPT Anschaulich schildert der Autor auf 200 Seiten, wie Tiere Gefühle empfinden und ausdrücken. Die Emotionen bezeichnet er als ihr Seelenleben. Dass sich ihre Gefühlswelt von unserer weitaus weniger unterscheidet, als wir das gerne glauben, macht den Reiz des Buches aus. Peter Wohlleben holt uns vom Sockel der Überheblichkeit herunter. Auch Tiere gebieten über ein umfassendes Gefühlleben. Er begründet das durchaus plausibel mit der Evolution, die nicht uns zuliebe einen Sonderweg eingeschlagen, sondern einfach nur ihre Grundformen variiert hat. Das bedeutet nichts anderes, als dass die Gefühle und Sinnesorgane, wie wir haben, auch in Tieren wiederzufinden sind, denn wir teilen uns einen gemeinsamen genetischen Grundstock. Die Evolution hat nicht für uns extra etwas Neues erfunden. Peter Wohlleben dekliniert in vierzig kurzen Kapiteln die ganze Gefühlspalette durch. Das reicht von Trauer und Schmerz über Scham und Angst bis zu Mitgefühl, Altruismus und Begierde. Es ist schon amüsant, wie zum Beispiel Wohllebens Haushahn Fridolin seine Hennen betrügt, um sie besteigen zu können. Normalerweise ruft er die beiden Damen, sobald er einen Leckerbissen entdeckt hat und überlässt ihn ihnen großzügig. Doch bisweilen lügt er. Es gibt gar nichts zu finden. Der Hahn lockt die Hennen nur, um sie zu begatten. Lug und Trug gibt es also auch in der Tierwelt. Gerne kommt Peter Wohlleben auf die Schweine zu sprechen, denn sie sind intelligent, reinlich und gefühlsstark. Ein Beispiel für viele: Im Herbst darf in Frankreich gejagt werden. An der Rhone nun gibt es eine französische und eine Schweizer Seite. Bei den Eidgenossen darf nicht gejagt werden. Also schwimmen jeden Herbst die in Frankreich lebenden Wildschweine durch die Rhone auf die Schweizer Seite und warten dort bis zum Ende der Jagdsaison. Das beweist für den Autor dreierlei: die Tiere erkennen eine Gefahr und können sich an die Jahre zuvor erinnern, als einige von ihnen verletzt oder getötet wurden. Zum zweiten verspüren sie Angst und verlassen darum das angestammte französische Revier. Zum dritten müssen sie sich daran erinnern, dass es im Genfer Kanton sicher ist. Überhaupt Schweine: sie sind sensible Wesen, die durchaus Schmerz empfinden. Peter Wohlleben hält ihre Haltung auf engstem Raum in Massenställen denn auch für brutal und unvertretbar. Er plädiert für eine artgerechte Haltung, ohne jedoch Fleischverzicht zu Bitte beachten Sie: Das Manuskript ist ausschließlich zum persönlichen, privaten Gebrauch bestimmt. Jede weitere Vervielfältigung und Verbreitung bedarf der ausdrücklichen Genehmigung des Urhebers bzw. des SWR. SWR2 MANUSKRIPT fordern. Es sind die sofort verständlichen und einleuchtenden Beispiele, die das Buch zu einer anregenden und unangestrengt aufklärenden Lektüre machen. Peter Wohlleben versteht es, locker und ohne Fachjargon wissenschaftliche Erkenntnisse wiederzugeben und mit eigenen Eindrücken zu vermischen. Man begreift sehr rasch, dass Tiere keineswegs nur instinktgetriebene, genetisch vorprogrammierte Maschinen sind. Sie besitzen eine ausgeprägte Gefühlswelt und sind uns bisweilen, was die Sinnesorgane angeht, durchaus ebenbürtig oder sogar überlegen. Dass Hunde besser riechen können als wir, ist bekannt. Weniger bekannt dürfte sein, dass eine Schmetterlingsart mit den Füßen, an denen Sinneshaare sitzen, sechs verschiedene Substanzen auf einer Pflanze herausschmecken kann. Danach entscheidet sie, ob deren Blätter geeignet sind, auf ihren Eier abzulegen. Der Falter kann sogar das Alter und den Gesundheitszustand der Pflanze erkennen. Der Untertitel des Buches „Erstaunliche Einblicke in eine verborgene Welt“ ist denn auch mehr als gerechtfertigt. Eines allerdings vermeidet Peter Wohlleben konsequent: weder verniedlicht noch vermenschlicht er die Tiere. Die können, wie er zeigt, auch egoistisch, brutal und bösartig sein. Auch da sind sie uns ähnlicher, als wir das gerne wahrhaben möchten. So ist das Buch eine gute Einführung in Demut. Es lehrt uns, die Tiere als Mitgeschöpfe mehr zu achten und zu respektieren. Bitte beachten Sie: Das Manuskript ist ausschließlich zum persönlichen, privaten Gebrauch bestimmt. Jede weitere Vervielfältigung und Verbreitung bedarf der ausdrücklichen Genehmigung des Urhebers bzw. des SWR.
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