Manuskript

SWR2 MANUSKRIPT
ESSAYS FEATURES KOMMENTARE VORTRÄGE,
SWR2 DIE BUCHKRITIK
Heinrich Thies: Mein Herz gib wieder her
Lisa und Hermann Löns
Eine Romanbiografie
Zu Klampen Verlag
24,80 Euro
Rezension von Sabine Grimkowski
Donnerstag, 28.07.2016 (14:55 – 15:00 Uhr)
Bitte beachten Sie:
Das Manuskript ist ausschließlich zum persönlichen, privaten Gebrauch bestimmt. Jede weitere
Vervielfältigung und Verbreitung bedarf der ausdrücklichen Genehmigung des Urhebers bzw. des SWR.
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Hermann Löns – für die einen ist er der Heimatdichter und Naturfreund, für die anderen
Wegbereiter der Nazis. Die Romanbiografie „Mein Herz gib wieder her“ von Heinrich Thies
fügt einen dritten Aspekt hinzu, er stellt den Menschen und Ehemann Löns in den
Mittelpunkt. Und zum ersten Mal kommt auch dessen Frau Lisa zu Wort. Sabine
Grimkowski hat die Doppelbiografie mit Gewinn gelesen.
Löns-Straßen, Löns-Schulen, Löns-Apotheken – in der Lüneburger Heide begegnet man
dem umstrittenen Heimatdichter auf Schritt und Tritt. Zumindest regional hat seine
Popularität vom Beginn des 20. Jahrhunderts bis heute angehalten. Heinrich Thies, selbst
in der Heide lebender Autor und Redakteur, hat nun eine Romanbiografie vorgelegt, die
ein neues Licht oder besser: einen Schatten wirft auf den Mythos vom hehren
Heidedichter. Hermann Löns muss sich den Platz in dieser Doppelbiografie mit seiner
zweiten Frau Lisa teilen. Der Biograf stützt sich auf bisher unbeachtete Briefe, vor allem
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von Lisa Löns, und hat die Lebensgeschichten, wie er schreibt, „szenisch aufbereitet, um
die Vergangenheit zum Leben zu erwecken.“
Heinrich Thies geht chronologisch vor, beginnt mit den Jugendjahren seiner
Protagonisten, fügt aber zwischendurch Szenen ein, die Löns auf dem Weg zur Front im
Ersten Weltkrieg zeigen. Der achtundvierzigjährige Kriegsbegeisterte hatte sich als
Freiwilliger gemeldet, um (Zitat) „endlich mal zu zeigen, dass er nicht nur ein
Tintenkleckser war, sondern ein ganzer Kerl“. Löns überlebte den Ausflug in die
Schützengräben kaum einen Monat und starb am 26. September 1914 bei einem Angriff
nördlich von Reims.
Löns‘ frühe Jahre zeigen ihn als Versager: Studienabbruch, Alkoholexzesse,
Gelegenheitsjobs. Das änderte sich erst, als er beim neu gegründeten „Hannoverschen
Anzeiger“ Redakteur wurde. Dort lernte Hermann Löns 1901 Lisa Hausmann kennen. Er,
schon bekannt durch seine Kolumnen, Gedichte und Naturschilderungen, sie, Sekretärin
bei der Zeitung und darauf wartend, ihr Schreibtalent unter Beweis zu stellen. Aber die
Redakteursposten waren Männern vorbehalten. Lisa sympathisierte mit der
Frauenbewegung und setzte sich für das Frauenwahlrecht und die Gleichberechtigung im
Berufsleben ein. Im Mai 1902 heirateten sie. Schon zwei Jahre später verfiel Löns wieder
dem Alkohol, dazu kamen Wahnvorstellungen und Depressionen. Das Paar bekam 1906
einen behinderten Sohn, um den sich Hermann wenig kümmerte und den er später
verleugnete. Da waren die Eheleute schon getrennt. Hermann verweigerte die
Unterhaltszahlungen, Lisa musste sich und den Sohn allein durchbringen.
Die Geschichte dieser Ehe zeigt eine mutige, tatkräftige, selbstbewusste Lisa und einen
lebensuntüchtigen, lamentierenden, sich aller Probleme entziehenden, frauenfeindlichen
Aufschneider und Alkoholsüchtigen. Zugleich vollzog sich in dieser Zeit Löns‘ Aufstieg zum
Heide- und Heimatdichter. Schon zu Lebzeiten populär, wurde er nach seinem Tod zum
Mythos stilisiert. Die Nazis sahen in den fremdenfeindlichen, rassistischen,
deutschtümelnden Äußerungen in Löns‘ Schriften nationalsozialistisches Gedankengut
und erkannten in ihm einen Geistesverwandten. Als1934 in Frankreich Löns‘ angebliche
Überreste gefunden wurden, ordnete Hitler persönlich an, die Gebeine nach Deutschland
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zu überführen und in einem Staatsbegräbnis beizusetzen. Lisa Löns hielt sich dem Kult
um ihren Mann weitestgehend fern.
Heinrich Thies nennt sein Buch eine Romanbiografie. Fiktive Szenen, für deren
Rekonstruktion sich der Autor auf Briefe und Zeitzeugen beruft, lassen die Personen
lebendig werden. Thies ergreift nicht Partei und wertet nicht. Wenn die Sympathien des
Lesers auf Lisa Löns‘ Seite sind, liegt das nicht an einer etwaigen tendenziösen
Darstellung des Autors. Hermann Löns desavouiert sich durch die zitierten Briefe und
Schriften selbst. Eine lesenswerte Doppelbiografie, den Heidedichter sollte man dagegen
in Frieden ruhen lassen.
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