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SWR2 DIE BUCHKRITIK
Antonio Tabucchi: Reisen und andere Reisen
Aus dem Italienischen von Karin Fleischanderl
Hanser Verlag
19,90 Euro
Rezension von Stefan Berkholz
Dienstag, 12. Juli 2016 (14:55 – 15:00 Uhr)
Bitte beachten Sie:
Das Manuskript ist ausschließlich zum persönlichen, privaten Gebrauch bestimmt. Jede weitere
Vervielfältigung und Verbreitung bedarf der ausdrücklichen Genehmigung des Urhebers bzw. des SWR.
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Der italienische Schriftsteller Antonio Tabucchi gilt als Meister der Erzählungen. In seinem
Werk bündeln sich minutiöse Alltagsbeobachtungen und psychologische Studien mit
Betrachtungen über die verrinnende Zeit und Visionen zwischen Traum und Realität. Vor
vier Jahren starb Tabucchi im Alter von 68 Jahren. Nun hat der Hanser Verlag ein weiteres
Buch veröffentlicht, der Titel: Reisen und andere Reisen. Eine Sammlung von Texten, die
Tabucchi noch selbst zusammengestellt hatte. Eine Empfehlung von Stefan Berkholz.
Autor:
Er habe seine Reisen nie unternommen, um darüber zu
schreiben, verrät der italienische Schriftsteller Antonio
Tabucchi: „Das habe ich immer für dumm erachtet“, schreibt
er. „Als würde man sich verlieben wollen, um ein Buch über
die Liebe zu schreiben.“ Aber er war nun einmal viel
unterwegs und so ist am Ende das vorliegende Buch
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entstanden: „Reisen und andere Reisen", so der Titel dieser
bereits 2010 in Italien erschienenen Textsammlung. Manche
Reisen finden eben in Büchern (oder in Träumen) statt und
auch darüber schreibt der Schriftsteller. Ja, Tabucchi war ein
Weltreisender, schmunzelnd bemerkt er: „Ich muss zugeben,
alles in allem bin ich viel gereist.“ Von Italien über Paris und
Spanien, nach Kairo, in die USA und Mexiko, von Brasilien
nach Indien und Australien bis in die Mongolei. Er
bevorzugte Regionen abseits der Touristenströme. So führt
er auf Kreta zu stillen, verträumten Dörfern im
Landesinneren, in denen noch traditionell gelebt wird. In
Washington besichtigt er eine riesige Bronzeskulptur für
Albert Einstein, die in keinem Reiseführer vermerkt ist. Durch
Sète, ein französisches Küstenstädtchen nicht weit von der
mittelalterlichen Stadt Montpellier entfernt, lässt er sich
treiben und empfiehlt zunächst einen verborgenen Winkel
oberhalb des Städtchens, um sich einen Überblick zu
verschaffen und die Ruhe zu genießen und dann das Grab
des französischen Lyrikers und Philosophen Paul Valéry zu
besichtigen, um dann in die Gedankenwelt des Verstorbenen
zu versinken und dann: das Leben einfach zu genießen. „Die
beste Eigenschaft des Reisenden“ sei das Staunen, schreibt
Tabucchi. In Delphi erkennt er die Ursprünge der Welt, den
„Nabel der Welt“, wie Zeus ihn bestimmte, jenen „Ort, von
dem aus die Welt von einem Zentrum aus wiederaufgebaut
werden muss“, damit sich „die Geometrie der Erde und der
Seele“ treffen können. Und lyrisch fährt der Schriftsteller fort:
„Und die riesige dunkle Masse des Olivenhains im Tal
darunter (…) erschien mir wie das unbekannte Meer des
Lebens, das ich von einer Klippe aus betrachtete.“ In diesen
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Sätzen erklärt sich auch Tabucchis Anspruch: Er, der Dichter
und Denker und Philosoph, betonte den Erlebnischarakter
von Reisen, die Bilder im Kopf, die keine Fotografie
wiedergeben kann. Deshalb gelte es von den Gefühlen zu
sprechen, die Orte oder auch Träume hervorrufen, und eben
nicht von Ansichten, die auf Fotos gebannt werden können.
Natürlich darf Portugal in diesem Buch nicht fehlen, denn das
Land war zu seiner Wahlheimat geworden. Sein
bekanntester Roman, „Erklärt Pereira“, 1994 in Italien
veröffentlicht und ein Jahr später mit Marcello Mastroianni in
der Hauptrolle verfilmt, ist in Zeiten von Salazars Diktatur
angesiedelt. Und sein „Requiem“ verfasste Tabucchi sogar
auf Portugiesisch. So lautet das fünfte Kapitel im Reisebuch:
„Oh Portugal!“. Der Schriftsteller führt nun, auf den Spuren
seines Helden aus „Requiem“, durch Lissabon; er bewundert
die Bronzestatue für Fernando Pessoa, Tabucchis
literarischen Helden, und er findet zum Kaffeehaus aus alter
Zeit, das sich noch weitgehend erhalten hat. Tabucchi macht
neugierig auf entlegene Orte, er gibt Reiseempfehlungen,
öffnet dem Leser die Augen für die Schönheiten der Natur
und die Rätsel der Menschheitsgeschichte, erklärt und
veranschaulicht den Unterschied zwischen der Reiseliteratur
der Vergangenheit und den Touristenführern heutiger Tage.
„Der einzige Sinn der Reise besteht darin, eine Reise zu
sein“, zitiert Tabucchi den griechischen Lyriker Konstantinos
Kavafis und fügt dann hinzu: „Die Reise ist wie unser Leben,
dessen Sinn vor allem darin besteht, dass wir es gelebt
haben.“ Antonio Tabucchi hat ein Buch zum Schmökern und
Entdecken hinterlassen, es ist sowohl als Reiseanleitung zu
nutzen als auch als Anstoß zum Träumen nach der
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Bettlektüre.
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