Hier blüht den Besuchern was

POCKING / BAD FÜSSING
Lebensgefahr – nur für ein Foto
Mittwoch, 11. Mai 2016
Nummer 108
KOMMENTAR
Verschobenes
Wertesystem
Von Angela Esterer
K
Pocking. Auf die Jesus-Statue
in Rio de Janeiro klettern – und
abdrücken. Vor einem aktiven
Vulkan posen – „Cheese“! Wild
lebende Bären anlocken – und
dann klick, klick, klick. Der Selfie-Trend ist kaum zu stoppen.
Immer ausgefallener, besonderer – und vor allem gefährlicher
müssen die Selfies, also die meist
mit Smartphones oder Digitalkameras geschossenen Selbstporträts, sein, um im Internet
überhaupt noch Aufsehen zu erregen. In unseren Gefilden dominiert eher ein anderer – aber
nicht weniger gefährlicher –
Trend: Da springen Jugendliche
mal eben auf Bahngleise, turnen
dort herum und machen Bilder
davon. Oder sie klettern – etwa
auf Baugerüste. So jetzt in Pocking geschehen.
Bei letzterem wurden am vergangenen Sonntag zwei Mädels
in der Berger Straße beobachtet.
Sie betraten widerrechtlich die
dortige Baustelle und stiegen das
Gerüst, das am künftigen Ärztehaus angebracht ist, hinauf.
inder und Jugendliche sind neugierig,
wollen Grenzen ausloten, sich ausprobieren, wollen sehen, was geht. Das gehört dazu. Ja, es ist sogar unverzichtbar fürs Erwachsenwerden. Es ist seit jeher das Vorrecht
der Jugend, mal die ausgetretenen Wege zu verlassen und sich einen anderen, bisher unvorstellbaren Blick auf die Dinge zu gönnen. Daraus ergeben sich nicht selten Innovationen,
von denen letztendlich alle profitieren. Und so
haben junge Leute schon immer Sachen gemacht, die die Älteren mit Kopfschütteln quittiert haben. Daran hat sich nichts geändert.
Was sich aber geändert hat, ist ein anderer
Umstand. Früher sind die Kinder mit dem festen Wissen aufgewachsen, dass es – trotz aller
Forschheit und Gewitztheit – Sachen gibt, die
man einfach nicht tut. Die sich einfach nicht
gehören, die sich von selbst verbieten. Es gab
quasi moralische Leitplanken, resultierend
aus einem vernünftigen Wertesystem, überliefert von Generation zu Generation.
Heute indes gibt diese Werte das Internet
vor. Und hier lautet die Devise: Alles ist möglich, alles ist erlaubt. Es gibt keine Grenzen
mehr. Einer macht es vor, alle machen es nach.
Und wenn es der größte Blödsinn ist, den die
Menschheit je gesehen hat. Wer am durchgeknalltesten ist, ist am coolsten. Und in dem
Moment, in dem es einer vormacht, ist es auch
erlaubt. Da macht sich die Jugend dann keine
Gedanken mehr über Konsequenzen. Da
schaltet der Menschenverstand aus. Auf der
Jagd nach dem besten Selfie klettert man auf
Baugerüste oder Bahngleise. Da begibt man
sich für ein Foto, das ins Internet gestellt wird,
in Lebensgefahr. Nicht mehr und nicht weniger. Das ist so. Und das bleibt so. Auch wenn es
alle machen. Umso schlimmer.
Und genau hier ist das Internet – trotz aller
Chancen und Vorteile, die es uns bietet – gefährlich. Das Werteraster wird durch das world
wide web verschoben. In eine bedenkliche
Richtung. Dem gilt es entgegenzusteuern. Also, liebe Jugend, nicht immer nur den Computer oder das Handy einschalten, sondern ab
und zu auch mal das Hirn. Dass da was Vernünftiges drin ist, für den Input quasi, dafür
müssen die Älteren sorgen, die mit dem ererbten Werteraster. Dazu muss man sich zusammensetzen, miteinander reden und sich zuhören. Probiert es mal alle aus. Ihr werdet sehen:
Man kann voneinander lernen. Es macht Spaß
und ist sinnvoll. Auf jeden Fall sinnvoller als
auf Bauzäune und Bahngleise zu klettern.
ANZEIGE
Schnappschüsse zur
Selbstdarstellung
Dort oben auf dem Dach posierten die beiden Jugendlichen anschließend – dass sie dabei auch
von einer Handykamera eines
Pizzeria-Besuchers in der Berger Straße aufgenommen wurden, dürfte ihnen dabei entgangen sein. Gepostet wurde ein Foto aus der Ferne vom illegalen
Fotoshooting nun in der Facebook-Gruppe „Spotted Pocking“.
Blauer Himmel im Hintergrund, Sonnenschein, wehende
Haare und der Blick über Pocking – für die Teenager symbolisieren die Schnappschüsse Freiheit und Glück – und sind genau
deshalb bestens geeignet für die
Ihre private
Kleinanzeige
Wir beraten Sie gerne!
(0851) 802 502
Wir sind für Sie da.
In Gefahr haben sich zwei Mädchen am Wochenende begeben, als
sie über das Baustellengerüst auf das Dach des Ärztehauses stiegen,
um Selfies zu machen. Das Handyfoto hat der Besucher eines Lokals
in der Berger Straße gemacht und es bei der Facebook-Gruppe
„Spotted Pocking“ hochladen lassen.
− Screenshot: PNP
optimierte Selbstdarstellung in
sozialen Netzwerken wie Facebook und Instagram. Für viele
Teenager sind die Schnappschüsse mit dem Smartphone eine Art Hobby geworden. Doch
dabei gehen die Jugendlichen
große Gefahren ein und handeln
oftmals gesetzeswidrig.
So ist auch die Diskussion unter den Nutzern bei „Spotted Pocking“ zwiegespalten: „Is’ doch
cool, lass die doch“, schreibt einer. Das hagelt sofort Widerspruch: „Anscheinend muss erst
mal was passieren, dass die es
kapieren“, schreibt eine Nutzerin und eine andere fügt ironisch
hinzu: „Ein toller Spielplatz! Ja i
weiß ned so recht!“. Ein anderer
verbucht die Aktion in der Kategorie Jugendsünden: „Amüsant,
die ganzen Moralapostel, die da
was kommentieren, haben in ihrer Kindheit ja nie Scheiß gebaut...“. Wie gefährlich es war,
beschreibt eine Augenzeugin:
„Die Mädels waren sicher noch
nie auf einem Gerüst! Sind total
wacklig runter!“
Eine anderes Gruppenmitglied merkt an: „Des is doch de
Baustelle in da Berger Straße,
oder?? Und die ist mit Sicherheit abgesperrt. Die zwei Damen
haben da a nix verloren.“ Und
das haben die beiden Mädchen
tatsächlich nicht. „Es ist ein
Bauzaun da und es sind Schilder
am Gerüst angebracht, auf de-
www.pnp.de
nen ganz deutlich ’Betreten verboten‘ steht – die Baustelle ist
seitens der Behörden abgenommen worden“, sagt Wolfgang
Lill, der als Architekt für die
Baustelle mitverantwortlich ist.
„Man macht sich da schon Sorgen – wenn was passiert, ist die
Hölle los“, fügt er hinzu. In der
Vergangenheit habe er auf Baustellen noch keine ähnlichen
Selfie-Aktionen erlebt – „zum
Glück“, sagt Lill.
Bereits mehrere Tote
bei Selfies auf Gleisen
Auch bei der Pockinger Polizei sind bislang keine solchen
Fälle bekannt. „Die Selfies von
Bahngleisen kennt man eher
von der Münchner S-Bahn“,
sagt
Polizeihauptkommissar
Günther Lippe auf PNP-Anfrage. Bei solchen „Fotoshootings“
sind bundesweit bereits mehrere
Teenager ums Leben gekommen. „Unsere Bahnstrecken
sind dagegen sehr übersichtlich“, gibt Lippe derzeit Entwarnung für das Rottal. Auch für die
Polizei ist klar, dass die Jugendlichen gesetzeswidrig gehandelt
haben: Der Bauzaun sei zwar
„zum Stadtpark hin lückenhaft“,
so der Polizeibeamte, allerdings
Hier blüht den Besuchern was
„ist die Baustelle klar als solche
erkennbar.“
Wäre den Mädchen auf der
Baustelle etwas passiert, hätte
etwa die Feuerwehr kommen
müssen, dann hätte das für die
beiden Teenager teuer werden
können. Zwar sagt Pockings
Feuerwehrkommandant Ingo
Frank: „Menschenrettung ist
kostenlos.“ Der Feuerwehrler
sieht das ganz pragmatisch: Die
Gerätschaften seien angeschafft
worden und stünden für einen
Einsatz bereit, daher zahle erst
einmal die Allgemeinheit. Doch
ob es sich um groben Unfug handelt, das entscheidet letztlich die
Stadt Pocking.
Bei grobem Unfug
wird zur Kasse gebeten
Dort erklärt geschäftsleitender Beamter Christian Hanusch:
„Wir halten in solchen Fällen
erst einmal Rücksprache mit der
Polizei und Feuerwehr, die vor
Ort waren und sich um die Betroffenen gekümmert haben.“
Löst beispielsweise eine Person
mit psychischen Problemen den
Einsatz aus, zahlt die Allgemeinheit. „Doch handelt es sich um
groben Schabernack, würden
diejenigen zur Kasse gebeten
werden“, erklärt Hanusch. Der
Betrag richtet sich dann nach
der Kostensatzung für Feuerwehr-Einsätze. Anschließend
könnten die Betroffenen Widerspruch einlegen, „dann geht der
Fall vor den Hauptausschuss“,
so der geschäftsleitende Beamte.
Dass die tödlichen Unfälle
beim Aufnehmen von immer
ausgefalleneren Selfies zunehmen, gibt eine Studie wieder: Im
ersten Dreivierteljahr 2015 haben zwölf Personen weltweit ihr
spektakuläres Erinnerungsfoto
mit dem Leben bezahlt. Im Vergleich: Nur acht Todesfälle gibt
es im gleichen Zeitraum, bei denen ein Hai die Ursache war.
Sperrmüllsammler
hat Rauschgift dabei
„Woche der offenen Tür“ in der Kurgärtnerei läuft bis Sonntag – Um die 500 Interessierte kommen täglich
Von Carmen Keller
Bad Füssing. Im Kurort hält der
Sommer schon kommende Woche
Einzug: Die Frühjahrsblüher im
Kurpark und allen weiteren bepflanzten Anlagen verschwinden,
der Sommerflor kommt. Um die
150 000 Blumen werden ausgesetzt. Noch befinden sich Geranien, Salvien, Verbenen, Eispegonien, Tagetes & Co. in den Gewächshäusern der Kurgärtnerei – in bilderbuchartiger Farbenvielfalt und
Üppigkeit. Dieses faszinierende
Blumenmeer aus 200 verschiedenen Arten und Sorten kann man
jetzt bei der „Woche der offenen
Tür“ auf sich wirken lassen. Bis
einschließlich Sonntag, 15. Mai,
besteht täglich von 8 bis 16 Uhr die
Möglichkeit, den Kurgärtnern in
den Gewächshäusern am Zieglöder Weg über die Schulter zu
schauen.
Das weiß Rudi Fuchs, der Chef
der Kurgärtnerei, natürlich auch.
Seite 17
Um Selfies von sich zu machen, sind zwei Mädchen widerrechtlich auf die Baustelle des Pockinger Ärztehauses gestiegen
Von Markus Gerauer
Elfriede und Hans-Jürgen Evert
aus Braunschweig sind Wiederholungstäter. Und das nicht nur, weil
sie derzeit zum 14. Mal in Bad Füssing kuren. Bei der „Woche der offenen Tür“ im letzten Jahr waren
die beiden so begeistert, dass sie
die Blütenpracht in den Gewächshäusern auch diesmal auf sich wirken lassen wollten. „Die Blumenarrangements in Bad Füssing sind
sehr geschmackvoll, nicht nur im
Kurpark“, schwärmt Elfriede
Evert. „Die Farbenvielfalt, die
Kontraste... einfach schön“, begeistert sich die Braunschweigerin,
die aus Bad Füssing immer wieder
Anregungen für daheim mitnimmt.
So findet sie es umso spannender,
zu erfahren, wo das alles herkommt. Die Everts sind überzeugt,
dass Blumen für gute Stimmung
sorgen können, da komme man
einfach sehr gerne vorbei.
/
Pocking. Strafanzeigen wegen
Verstößen gegen das Betäubungsmittelgesetz haben sich ein ungarischer Sperrmüllsammler und sein
Beifahrer am Samstag in Pocking
eingehandelt. Gegen 20 Uhr kontrollierten Beamte der Bundespolizei das Fahrzeug der beiden auf
dem Parkplatz eines Autohauses
an der B 12. Dabei fanden sie beim
ungarischen Fahrer ein Tütchen
mit einer geringen Menge Marihuana. Gegen den Beifahrer wurde
ebenfalls Strafanzeige erstattet, da
dieser ebenfalls eine geringe Menge Marihuana dabei hatte. − red
Wieder Diesel auf
Baustelle gestohlen
Pocking. Rund 300 Liter Diesel
haben Unbekannte aus zwei Baufahrzeugen abgezapft, die an der
Großbaustelle in Aumühle abgestellt waren. Die Tat ereignete sich
laut Polizei in der Zeit von Mittwoch, 4. Mai, 17.30 Uhr, bis Montag, 9. Mai, 7 Uhr. An den Fahrzeugen (Mobilbagger und Schubraupe) entstand kein Sachschaden.
Der Beuteschaden wird mit 350
Euro beziffert. Hinweise erbittet
die Polizeistation Pocking unter
" 08531/905860.
− red
Die „Woche der offenen Gärtnerei“ ist wohl gewählt: Jetzt, eine Woche bevor die Sommerblüher ausgesetzt werden, lässt sich die volle Blütenpracht
in den Gewächshäusern der Kurgärtnerei bewundern. Leiter Rudi Fuchs (r.) beantwortet die Fragen der Gäste.
− Foto: Jörg Schlegel
So viele Blumen auf einem Fleck,
das sei nicht nur was fürs Auge,
sondern auch für die Seele. Deshalb hat er nach einigen Jahren
Pause die „Woche der offenen Tür“
im letzten Jahr reaktiviert und die
Gewächshäuser mit den selbst gezogenen Pflanzen für alle Interessierten geöffnet. Bis zu 500 Besucher kamen täglich. Das könnte
heuer noch getoppt werden, denn
erstmals sind die Gäste auch am
Wochenende in die 2000 Quadratmeter Hochglas umfassenden Ge-
wächshäuser am Zieglöder Weg
eingeladen.
Im Eingangsbereich der Kurgärtnerei gestalten Gärtnerin
Kathrin Erath und Floristmeisterin
Diana Brand gerade die großen
Pflanztröge neu. Währenddessen
beantworten sie Fragen zu Rückschnitt, Düngung oder Standortwahl. „Die meisten Leute erhoffen
sich Pflegetipps für zu Hause“, sagt
Kathrin Erath, die den BesucherAnsturm alles andere als anstrengend empfindet. Der ist eher die
Ruhe vor dem Sturm. Geht es doch
erst ab der kommenden Woche für
die Mitarbeiter der Kurgärtnerei so
richtig rund, wenn die 150 000
Blumen ausgepflanzt werden, darunter auch die Gärtnerpflanze des
Jahres Bidens (Zweizahn). Es werde zwar gerne mal was Neues ausprobiert, aber generell „nicht groß
experimentiert“, erklärt Kathrin
Erath. Man müsse sich nun mal
den Gegebenheiten des jeweiligen
Standorts anpassen. So kämen für
einen Kreisverkehr in praller Son-
PERSONALISIERTE AUSGABE FüR LESESAAL (ABO.-NR. 3636191)
ne nur gewisse Pflanzen in Frage,
etwa Tagetes, Currykraut oder Federbusch. Es hat was Beruhigendes, wenn die Damen während ihrer Pflanzarbeiten erklären und erzählen. Ab der nächsten Woche
herrscht eine andere Atmosphäre,
wenn sich die Gewächshäuser für
zirka vier Wochen leeren. Dann
steht schon die nächste Pflanzaktion an. Ab August sind Stiefmütterchen, Gänseblümchen & Co. dran.
Übrigens: Gekauft werden kann in
der Kurgärtnerei nichts.
Ladendiebin hat
Gras in der Tasche
Pocking. Zu einem Ladendiebstahl ist die Polizei am Samstag, gegen 13.30 Uhr in die Füssinger
Straße gerufen worden. Eine 29jährige Ladendiebin hatte Lebensmittel im Gesamtwert von 14,54
Euro entwendet. Doch damit nicht
genug: Bei der anschließenden
Durchsuchung fanden die Beamten bei der 29-Jährigen noch eine
geringe Menge Marihuana. Es wurden zwei Anzeigen wegen Ladendiebstahl und Besitz von Betäubungsmitteln erstellt.
− red