Deutschland: Bruttoinlandsprodukt – den Augenblick genießen

Makro Research
Volkswirtschaft Aktuell
Freitag, 13. Mai 2016
Deutschland: Bruttoinlandsprodukt – den Augenblick genießen
‡ Die deutsche Wirtschaft wuchs im ersten Quartal 2016 mit kräftigen 0,7 % im Vorquartalsvergleich. Die auf das Gesamtjahr
hochgerechnete Wachstumsrate betrug 2,7 % und liegt damit weiter über dem deutschen Potenzialwachstum von 1,5 %.
‡ Die Konsumbilanz des ersten Quartals ist trotz des auf dem Papier guten Wachstums von gut ½ % qoq eher schwach ausgefallen. Die Investitionen in Ausrüstungen legten zu. Kräftig angestiegen sind einmal mehr die Bauinvestitionen. Vom Außenbeitrag gingen trotz gestiegener Exporte bremsende Effekte aus.
‡ Das erste Quartal war bei weitem nicht so gut, wie es die reine Wachstumszahl nahelegt. Es war vor allem ein starker Jahreswechsel, der Impulse gab. Zahlreiche Indikatoren schwächelten im Verlauf des ersten Quartals und belasten damit das zweite Quartal. Wir rechnen mit einer merklichen Abkühlung des gesamtwirtschaftlichen Wachstums im zweiten Quartal.
1. Die deutsche Wirtschaft wuchs im ersten Quartal 2016 mit kräftigen 0,7 % im Vorquartalsvergleich (Bloomberg-Median und DekaBank: 0,6 % qoq). Die auf das Gesamtjahr hochgerechnete Wachstumsrate betrug 2,7 % und liegt damit weiter über dem deutschen Potenzialwachstum von 1,5 %. Wie immer werden bei der Schnellschätzung noch keine Details
veröffentlicht, doch der Blick auf die Konjunkturindikatoren erlaubt es, ein recht detailreiches Bild zu zeichnen.
2. Um den privaten Konsum war es im ersten Quartal schlecht bestellt. Außer einem ordentlichen Weihnachtsgeschäft berichtete der Einzelhandel von eher leblosen Umsätzen, die völlig kontraintuitiv im Ostermonat März sogar deutlich zurückgegangen waren. Auch die im Quartalsdurchschnitt guten Pkw-Neuzulassungen lebten vor allem von einem Monat, dem Januar.
Somit ist die private Konsumbilanz zu Jahresbeginn trotz des auf dem Papier guten Wachstums von gut ½ % qoq
eher schwach ausgefallen. Unterstützung kam einmal mehr von dem zurzeit üppigen Staatskonsum.
3. Die Investitionen in Ausrüstungen legten zu, obwohl das Umfeld nicht das beste war. Die Kapazitätsauslastung
war im ersten Quartal geringfügig gesunken. Gleichzeitig verschlechterten sich die ohnehin gedämpften Absatzperspektiven im
Ausland noch etwas und die Planungsunsicherheit stieg. Man denke allein an die Panikattacke zu Jahresbeginn aufgrund von
Zweifeln an der chinesischen Konjunktur. So gesehen, kann man zufrieden sein.
4. Anders sieht es bei den Bauinvestitionen aus. Mit stabilen und guten Einkommensperspektiven der Haushalte und einem
akuten Anlagenotstand der Sparer flüchten sich immer mehr Menschen in „Betongold“. Zu dieser seit geraumer Zeit wirkenden Kraft, kam ein milder Winter hinzu, der es der Baubranche erlaubte mit nur wenigen Unterbrechungen ihre gut gefüllten Auftragsbücher abzuarbeiten.
5. Verglichen mit den Sorgen um den deutschen Export im ersten Quartal, konnte dieser erfreulich zulegen. Das
war kein großer Sprung, aber dank guter Daten im Februar und März gelang es, die schwachen Vormonate mehr als auszuBruttoinlandsprodukt (sb, qoq, in %)
Bruttoinlandsprodukt (nsb, yoy, in %)
%, qoq
2.0
%, yoy
7
6
1.5
5
4
1.0
3
0.5
2
1
0.0
0
-1
-0.5
-2
-1.0
2011
2012
Quelle: Destatis, DekaBank
2013
2014
2015
2016
-3
2011
2012
Quelle: Destatis, DekaBank
2013
2014
2015
2016
Makro Research
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Freitag, 13. Mai 2016
gleichen. Die Importe legten sogar etwas stärker zu, sodass vom Außenbeitrag ein leicht negativer Wachstumsbeitrag ausging.
Wenn man nur die Quartalsdaten betrachtet, scheint die Welt in Ordnung. Blickt man tiefer, so zeigt sich
6.
aber, dass das Gros der Konjunkturindikatoren im ersten Quartal nur dank eines starken Jahreswechsels gut abschnitt. Das schwache Quartalsende führt sogar dazu, dass die deutsche Volkswirtschaft mit angezogener Handbremse in das
zweite Quartal startet. So liegen bei der Industrie- und Bauproduktion, bei den Inlandsaufträgen, dem Industrieumsatz und
dem Einzelhandelsumsatz statistische Unterhänge vor, die in den Monaten April bis Juni erst einmal kompensiert werden müssen. Auf Basis der Über- und Unterhänge aus dem ersten Quartal ergibt sich für das zweite Quartal zunächst eine Stagnation.
Das wird aber nicht das letzte Wort sein, denn es werden auch wieder bessere Daten kommen. Unterm Strich bringt aber
das zweite Quartal eine merkliche Abkühlung auf rund ¼ % qoq.
Quelle: Destatis, DekaBank
1.7
Einfuhr
-0.9
-1.5
-0.3
0.3
0.4
0.3
-0.9
derzeitiger Stand Q1
Einzelhandelsumsatz
Jan 16
Okt 15
Jul 15
Apr 15
Jan 15
Okt 14
Jul 14
Apr 14
Jan 14
-2.0
Ausfuhr
-1.5
Industrieumsatz
-1.0
2.1
2.1
Industrieproduktion
-0.5
Auftragseingang
Ausland
0.0
-0.5
0.5
Auftragseingang-1.4
Inland
1.0
-1.3
1.5
Bauproduktion
2.0
2.0
3.5
3.0
2.5
2.0
1.5
1.0
0.5
0.0
-0.5
-1.0
-1.5
-2.0
2.5
2.8
Das erste Quartal und Über-/Unterhänge für das zweite
-1.1
Einzelhandelsumsatz (mom, in %)
Über-/Unterhang für Q2
Quelle: Destatis, DekaBank
Autor:
Dr. Andreas Scheuerle
Tel.: 069/7147-2736, E-Mail: [email protected]
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