Makro Research Volkswirtschaft Aktuell Donnerstag, 28. April 2016 USA: Private Haushalte sorgen für knappes positives Wirtschaftswachstum ‡ Das Bruttoinlandsprodukt ist im ersten Quartal 2016 nach vorläufigen Angaben um 0,5 % (qoq, ann.) angestiegen. Während die privaten Haushalte mit höheren Ausgaben und Wohnungsbauinvestitionen für positive Wachstumsimpulse sorgten, kamen von den Unternehmen durchweg negative Wachstumsbeiträge. ‡ Wann man die offiziellen Zahlen nochmals saisonbereinigt, dann führt diese Berechnung zu einem freundlichen Wachstumsbild der US-Wirtschaft. Demnach lag keine weitere Wachstumsentschleunigung vor. Vielmehr nahm hiernach das Bruttoinlandsprodukt um 2,6 % (qoq, ann.) zu. ‡ Den FOMC-Mitgliedern ist zwar die Problematik hinsichtlich der unzureichenden Saisonbereinigung in den offiziellen Daten bekannt. Allerdings richten sie sich in ihrer geldpolitischen Entscheidung trotzdem danach. Somit ist die Hürde für die nächste Leitzinserhöhung im Juni relativ hoch. 1. Die Dynamik der US-Wirtschaft war zu Beginn des Jahres 2016 schwach. Den Erwartungen nahezu entsprechend stieg das Bruttoinlandsprodukt im ersten Quartal annualisiert um 0,5 % gegenüber dem Vorquartal (Bloomberg-Umfrage: 0,7 %; DekaBank: 0,5 %). Seit dem dritten Quartal 2015 hat sich damit bereits zum dritten Mal in Folge die Wachstumsdynamik abgeschwächt. Allerding war bereits in den vergangenen Jahren mehrfach das Wachstum im Anfangsquartal eines Jahres auffallend gering. Hintergrund hierfür ist eine unzureichende Saisonbereinigung der offiziellen Zahlen (siehe hierzu: Volkswirtschaft Spezial vom 01.06.2015: „USA: Unzureichende Saisonbereinigung erschwert die Interpretation des amtlichen Bruttoinlandsprodukts“). So werden vom Bureau of Economic Analysis (BEA) nur die Rohdaten von saisonalen Einflüssen bereinigt. In der weiteren Aggregation können dann allerdings erneut saisonale Muster auftreten. Unterzieht man die Daten im aggregierten Zustand einer erneuten Saisonbereinigung, dann wäre das Bruttoinlandsprodukt im ersten Quartal deutlich stärker um 2,6 % (qoq, ann.) angestiegen. Der Vergleich zwischen den offiziellen mit den erneut saisonbereinigten Zahlen zeigt, dass der Eindruck einer seit drei Quartalen vorliegenden Wachstumsverlangsamung trügen könnte. 2. Die Zusammensetzung des Bruttoinlandsprodukts im ersten Quartal lag im Rahmen unserer Erwartungen: Die Dynamik der privaten Konsumausgaben war mit knapp zwei Prozent schwächer als in den drei Quartalen zuvor. Zwar war die Einkommensdynamik etwas stärker als im Quartal zuvor. Allerdings stieg die Sparquote von 5,0 % auf 5,2 % an. Bei den Staatsausgaben sorgten die Ausgaben im Bereich Verteidigung für einen negativen gesamtwirtschaftlichen Wachstumsbeitrag in Höhe von 0,2 Prozentpunkten (ann.). Bruttoinlandsprodukt* 5 4 3 2 1 0 -1 1Q 13 2Q 13 3Q 13 4Q 13 1Q 14 2Q 14 offizielle Berechnung 3Q 14 4Q 14 2Q 15 3Q 15 4Q 15 erneute Saisonbereinigung *annualisierte Veränderung gg. dem Vorquartal in Prozent Quellen: Bureau of Economic Analysis, DekaBank 1Q 15 1Q 16 Makro Research Volkswirtschaft Aktuell Donnerstag, 28. April 2016 3. Erneut enttäuschend war die Entwicklung der Ausrüstungsinvestitionen (bestehend aus „Equipment“ und „Intellectual Property Products“). Diese sanken zum zweiten Mal in Folge. Im Gegensatz zum Vorquartal lag dieses Mal aber kein einzelner Sondereffekt vor. Vielmehr waren innerhalb des Bereichs „Equipment“ alle vier Teilbereiche von Investitionsrückgängen betroffen. Bereits zum dritten Mal in Folge sanken die Gewerbebauinvestitionen. Hier machten sich vor allem erneut gesunkene Investitionen im Bereich Fracking bemerkbar und sorgten für einen gesamtwirtschaftlich negativen Wachstumsbeitrag in Höhe von 0,6 Prozentpunkten. Sieht man hiervon ab, dann war die Investitionsdynamik im Gewerbebau sogar überraschend kräftig. Dies gilt uneingeschränkt auch für die Wohnungsbauinvestitionen. Von deren Stärke wurden wir positiv überrascht. Daten der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen: Verwendungsseite Veränderung gegenüber Vorquartal saisonber. und auf Jahresrate in % 2015 2016 3. Quartal 4. Quartal 1. Quartal Bruttoinlandsprodukt Privater Konsum Staatsausgaben Anlageinvestitionen Ausrüstungsinvestitionen Gewerbebauinvestitionen Wohnungsbauinvestitionen Exporte Importe Lagerinvestitionen 2,0 3,0 1,8 3,7 5,5 -7,2 8,2 0,7 2,3 x 1,4 2,4 0,1 0,4 -1,3 -5,1 10,1 -2,0 -0,7 x 0,5 1,9 1,2 -1,6 -4,6 -10,6 14,9 -2,6 0,2 x Wachstumsbeiträge ggü. Vorquartal in Prozentpunkten 2015 2016 3. Quartal 4. Quartal 1. Quartal 2,0 0,3 0,6 0,5 -0,2 0,3 0,1 -0,4 -0,7 1,7 0,0 0,1 -0,1 -0,1 0,3 -0,3 0,1 -0,2 1,3 0,2 -0,3 -0,5 -0,3 0,5 -0,3 -0,0 -0,3 Quellen: Bureau of Economic Analysis, DekaBank 4. Zum dritten Mal in Folge sorgten die Lagerinvestitionen für einen negativen Wachstumsbeitrag. Die Lagerinvestitionen befinden sich nun wieder auf einem fast normalen Niveau, sodass weitere Belastungen kaum noch drohen. Vom Außenhandel kam ebenfalls ein spürbarer negativer Wachstumsbeitrag aufgrund gesunkener Exporte. 5. Die erneute Saisonbereinigung der Teilaggregate ändert nichts Wesentliches an der Zusammensetzung des Bruttoinlandsprodukts: Auch hiernach bliebe eine Schrumpfung der Unternehmensinvestitionen. Nur der Wachstumsbeitrag vom Außenhandel wäre aufgrund eines Exportanstiegs positiv. Zumindest für den Moment drängt sich der Eindruck auf, dass nur die privaten Haushalte mithilfe ihrer Konsumausgaben und ihren Wohnungsbauinvestitionen die USWirtschaft auf Wachstumskurs halten. Allerdings gilt es die schwache Investitionsdynamik zu hinterfragen, denn am Arbeitsmarkt, der normalerweise einen Gleichlauf mit den Unternehmensinvestitionen hat, liegt nach derzeitigem Kenntnisstand keine spürbare Wachstumsverlangsamung vor. Durchaus möglich ist daher, dass der erneute Rückgang der Unternehmensinvestitionen im Zusammenhang mit den Finanzmarktturbulenzen zu Beginn des Jahres steht. Da sich hierdurch aber letztlich die Fremdfinanzierungskosten (zumindest im Bereich der Unternehmensanleihen) deutlich verringert haben, kann die Dynamik der Unternehmensinvestitionen durchaus zeitnah wieder anspringen. 6. Neben der unzureichenden Saisonbereinigung gab es in den vergangenen Aufschwungsjahren eine weitere Parallele: Die Veränderungsrate des Bruttoinlandsprodukts vom ersten Quartal wurde bei den anschließenden Revisionen (mit einer Ausnahme) stets nach unten revidiert. Somit ist eine später gemeldete Schrumpfung des Bruttoinlandsprodukts im ersten Quartal nicht auszuschließen. Den FOMC-Mitgliedern ist zwar die Problematik hinsichtlich der unzureichenden Saisonbereinigung in den offiziellen Daten bekannt. Allerdings richten sie sich in ihrer geldpolitischen Entscheidung trotzdem danach. Somit ist die Hürde für die nächste Leitzinserhöhung im Juni relativ hoch. Makro Research Volkswirtschaft Aktuell Donnerstag, 28. April 2016 Autor: Rudolf Besch Tel.: 069/7147-5468, E-Mail: [email protected]. Disclaimer: Diese Informationen inklusive Einschätzungen wurden von der DekaBank nur zum Zwecke der Information des jeweiligen Empfängers erstellt. Die Informationen stellen weder ein Angebot, eine Einladung zur Zeichnung oder zum Erwerb von Finanzinstrumenten noch eine Empfehlung zum Erwerb dar. Die Informationen oder Dokumente sind nicht als Grundlage für eine vertragliche oder anderweitige Verpflichtung gedacht. 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