INFORMATION zur Pressekonferenz mit Landesrat Rudi Anschober 21. Dezember 2015 zum Thema "Oö. Initiative: Pflegeeltern für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge & weitere Initiativen für Privatquartiere" Weitere Referenten: • • Mag. Reinhold Rampler, Abt. Kinder- und Jugendhilfe, Amt der Oö. Landesregierung Roman Knapp, Abt. Soziales, Amt der Oö. Landesregierung , Rückfragen-Kontakt: Mag. a Tina Schmoranz (+43 732) 77 20-12083 oder (+43 664) 600 72-12083 LR Rudi Anschober Seite 1 "Oö. Initiative: Pflegeeltern für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge & weitere Initiativen für Privatquartiere" Die aktuellen Kriege und Terror-Akte weltweit zwingen Millionen Menschen – Frauen, Männer und Kinder – zur Flucht, dazu ihr Zuhause zu verlassen. Unter jenen Flüchtlingen, die in Österreich und Oberösterreich ankommen und ihren Asylantrag stellen sind aktuell immer mehr sogenannte „unbegleitete minderjährige Fremde“ (UMF). Also Jugendliche v.a. im Alter zwischen 14 und 18 Jahren, hauptsächlich männlich, die ohne Begleitung die Flucht bis nach Österreich geschafft haben. In Oberösterreich sind aktuell 872 unbegleitete Minderjährige untergebracht, hauptsächlich in Wohngruppen verschiedener NGOs. Weit über 1.000 UMFs warten allerdings noch in Traiskirchen auf einen passenden Betreuungsplatz. Das Land OÖ sucht daher weitere Wohngruppen für die Betreuung der v.a. Jugendlichen, startet aber auch einen Aufruf an interessierte Familien, einen Jugendlichen in Pflege zu nehmen. Die Kinderund Jugendhilfe sowie die Bezirksverwaltungsbehörden stehen hierzu für Informationen und Eignungsüberprüfungen zur Verfügung. Auch bei anderen Flüchtlingen setzt Oberösterreich aktuell stärker auf private Wohnungen. Immer mehr Menschen zeigen daran Interesse. Sind es in Oberösterreich rund 10% der 11.500 Quartierplätze, die so zur Verfügung gestellt werden, sind es in Wien 50%. Um diese Option weiter zu stärken, richtet Integrations-Landesrat Rudi Anschober auch hier einen Appell an Hilfsbereite und verweist auf eine neue Infooffensive darüber über die Anlaufstelle „ZusammenHelfen in OÖ“ mit Website zusammenhelfen.ooe.gv.at. LR Anschober: „Die Unterkunft und spezielle Betreuung der minderjährigen Flüchtlinge muss Priorität bekommen – hier gibt es einen hohen Integrationsbedarf – auch zum Schutz vor Radikalisierungen oder die der Pressekonferenz 21. Dezember 2015 LR Rudi Anschober Seite 2 Schaffung von Parallelgesellschaften. Die Betreuung in Pflegefamilien, in einem familiären Umfeld kann die Integration der Jugendlichen massiv erleichtern und einen altersgerechten Lebensalltag, ein schnelles Zurechtfinden ermöglichen. Wir möchten daher gezielt über diese Möglichkeit für Interessierte, die speziell diese verletzlichste Gruppe von Flüchtlingen unterstützen möchten, informieren. Fakt ist aber, dass es sich eben um die verletzlichste Gruppe handelt, dass viele der Jugendlichen traumatisiert sind. Daher ist es Aufgabe aller Behörden, hier eine spezielle Eignungsprüfung in jedem einzelnen Fall zu unternehmen – sowohl bei den Pflegewerbern als auch bei den jungen Menschen selbst, um Kindeswohl und das Zurechtkommen aller Involvierten in dieser Situation bestmöglich zu gestalten.“ Unbegleitete minderjährige Fremde – Begriffsklärung Nach der Begriffsbestimmung des Artikel 2 EU-Aufnahmerichtlinie 2013/33/EU sind "unbegleitete minderjährige Fremde" Drittstaatsangehörige oder Staatenlose unter 18 Jahren, die ohne Begleitung eines für sie nach dem einzelstaatlichen Recht oder den Gepflogenheiten des betreffenden Mitgliedstaats verantwortlichen Erwachsenen in das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats einreisen, solange sie sich nicht tatsächlich in der Obhut eines solchen Erwachsenen befinden; dies schließt Minderjährige ein, die nach der Einreise in das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats dort ohne Begleitung zurückgelassen wurden. Unbegleitete minderjährige Fremde bedürfen nach Artikel 7 Abs. 1 der GVV einer über Art. 6 hinausgehenden Grundversorgung in Form von unterstützenden Maßnahmen zur Erstabklärung und Stabilisierung, die der psychischen Festigung und dem Schaffen einer Vertrauensbasis dienen sollen. Im Bedarfsfall ist darüber hinaus sozialpädagogische und psychologische Unterstützung zu gewähren. Pressekonferenz 21. Dezember 2015 LR Rudi Anschober Seite 3 Seit der Fremdenrechtsnovelle 2009 werden bei Zweifeln über die Minderjährigkeit multifaktorielle Altersbegutachtungen, bestehend aus einer körperlichen Untersuchung, einer Beurteilung des Zahnstatus (Panoramaröntgen) und einer Handwurzelröntgenuntersuchung, durchgeführt. Im Herbst 2010 wurde zusätzlich die Möglichkeit einer CTUntersuchung des Schlüsselbeins eröffnet. Daten & Fakten: UMF in Österreich und Oberösterreich (Entwicklung seit Jänner 2015) Aktuell befinden österreichweit sich in 6400 unbegleitete Grundversorgung, minderjährige davon 2636 Fremde in den Bundesbetreuungsstellen – etwa eine Verdreifachung gegenüber dem Vorjahr. In Oberösterreich befinden sich davon 872 Jugendliche. Um die Quote von unbegleiteten 16,764122% der Minderjährigen in Grundversorgung (analog dem befindlichen gesamten Grundversorgungsbereich) erfüllen zu können, fehlen rund 530 Plätze in Oberösterreich. Bis 2017 ist in Oberösterreich mit einem Anstieg der minderjährigen Flüchtlinge auf bis zu 2.000 Jugendliche zu rechnen. Von jenen 6.175 UMFs, die in Österreich im Jahr 2015 Asyl beantragt haben, waren nur 380 unter 14 Jahren alt, die meisten von ihnen kommen aus Afghanistan (65%), gefolgt von Syrien, Irak, Somalia und Pakistan. Von jenen 546 in OÖ in der Grundversorgung untergebrachten minderjährigen Flüchtlingen sind 439 Jugendliche zwischen 15-18 Jahren, 78 schulpflichtige Kinder und Jugendliche zwischen 6 und 15 Jahren, 2 im Vorschulalter und 27 sind bereits 18. In der oö. Grundversorgung befinden sich 21 Mädchen. Pressekonferenz 21. Dezember 2015 LR Rudi Anschober Seite 4 Betreuung von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen Anders als bei den grundversorgten Erwachsenen bzw. Familien sind UMF in den Einrichtungen in eine sehr enge Betreuungsstruktur eingebettet, die Integrationsarbeit wird hierbei v.a. vom Betreuungspersonal wahrgenommen. Es gibt Bezugsbetreuersysteme, klar definierte Ziele sowie eine regelmäßige Evaluierung dieser, Festlegung (sowie Motivation zur Einhaltung) einer Tagesstruktur (Besuch von Deutschkursen, Hauptschulexternistenkurse, Schulbesuch, Vorbereitung Lehre, auf BFI-Kurse, Schule oder Externistenkurse in Basisbildungskursen in den Einrichtungen). Des Weiteren werden Patenschaftsprojekte (Amigo, dUNDu) bei manchen Trägern forciert. Projekte für UMF in OÖ- Standorte Derzeit befinden sich 546 UMF in Oberösterreich in der Grundversorgung des Landes. 468 davon sind in organisierten Quartieren für UMF untergebracht, eingerichtet von Volkshilfe OÖ, Caritas OÖ, pro mente OÖ, SOS Menschenrechte, Diakoniewerk OÖ, Pammesberger und Noah Sozialbetriebe Gemeinnützige GmbH, die restlichen Minderjährigen bei Pflegefamilien und in Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe. Neue oö. Initiative: Pflegeeltern für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge Die Obsorge über die minderjährigen Flüchtlinge wird von der jeweils örtlichen Bezirksverwaltungsbehörde (BVB) wahrgenommen. Diese und die Betreuerinnen und Betreuer in den Quartieren kennen somit den mj. Flüchtling und dessen Bedürfnisse am besten. Sie können auch im Pressekonferenz 21. Dezember 2015 LR Rudi Anschober Seite 5 Einvernehmen mit dem Jugendlichen herausfinden, ob eine Betreuung außerhalb eines Quartiers, z.B. bei Pflegepersonen, in Frage kommt. Aktuell sind in Oberösterreich erst 7 minderjährige Flüchtlinge bei Pflegeeltern untergebracht. Bei den Pflegewerbern könnte es sich zum einen um bereits überprüfte Pflegefamilien handeln, zum anderen aber auch um Personen, die sich aus konkretem Anlass vorstellen können, ein Kind bzw. eine/n Jugendliche/n aus einer UMF-Einrichtung als Pflegeeltern aufzunehmen. Wenn noch keine Eignungsfeststellung als Pflegeeltern erfolgt ist, wird das Verfahren analog zu den Regeln „Pflege im näheren sozialen Umfeld“ durchgeführt. Deshalb ist es unbedingt notwendig, dass begleitend zur Überprüfung der Eignung ein entsprechender Kontakt- und Beziehungsaufbau erfolgt. Ansprechpartner für interessierte Pflegewerber ist immer die Bezirkshauptmannschaft bzw. der Magistrat am jeweiligen Wohnsitz. Hinsichtlich der besonderen Anforderungen gibt es ein eigenes Informationsblatt für die Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter. Der gesamte Ablauf wird jedenfalls mehrere Wochen in Anspruch nehmen. Die Eignung wird immer für ein bestimmtes Kind bzw. eine/n bestimmte/n Jugendliche/n ausgesprochen. Liegt diese vor, besteht nach Inpflegenahme Anspruch auf Pflegekindergeld und Bekleidungsbeihilfe nach § 30 Oö. KJHG 2014. In Einzelfällen kann für besondere Ausgaben Sonderbedarf ebenfalls gewährt werden. Es stehen qualitätssichernde Angebote für Pflegeeltern offen (Weiterbildung, Beratung durch Psycholog/innen, Supervision). Pressekonferenz 21. Dezember 2015 LR Rudi Anschober Seite 6 Die Betreuung in einem Pflegeverhältnis endet grundsätzlich mit der Vollendung des 18. Lebensjahres des mj. Flüchtlings. Damit endet auch die Zuständigkeit der Kinder- und Jugendhilfe. Im Einzelfall kann diese Unterstützung mit Zustimmung des jungen Erwachsenen bis zum 21. Lebensjahr verlängert werden. Ein Anspruch auf Familienbeihilfe besteht nicht, solange das Asylverfahren nicht positiv abgeschlossen ist. Sollte der junge Erwachsene in der Folge den Schritt in die Eigenständigkeit setzen, so kann ihm weitere Unterstützung durch die Grundversorgung bzw. - sobald das Asylverfahren positiv abgeschlossen wurde – durch die bedarfsorientierte Mindestsicherung gewährt werden. Für allgemeine Fragen, die nicht direkt mit der Wohnsitzbehörde geklärt werden können, steht die Abt. Kinder- und Jugendhilfe beim Amt der Oö. Landesregierung zur Verfügung. Pressekonferenz 21. Dezember 2015 LR Rudi Anschober Seite 7 Weitere Initiativen für Privatquartiere für alle Flüchtlinge Interessierte, die Wohnraum zur Verfügung haben, können diesen natürlich aber auch für erwachsene Asylwerber/innen bzw. für Familien zur Verfügung stellen. Rund 1.262 Asylwerber/innen leben aktuell in privaten Wohnungen, weitere 3.379 Asylwerber/innen wohnen in organisierten Quartieren, die von Privaten betrieben werden mit zusätzlicher, mobiler Betreuung durch NGOs. Beides kann unbürokratisch und rasch von Privaten angeboten werden. Die neue Anlaufstelle „ZusammenHelfen in OÖ“ steht unter der Hotline 0732/ 770993, per Mail unter [email protected] oder über die Website samt Online-Formular http://zusammenhelfen.ooe.gv.at für Auskünfte oder Angebote gern zur Verfügung. Integrations-Landesrat Rudi Anschober: „Die gemeinsame Anlaufstelle samt neuer Website zusammenhelfen.ooe.gv.at ist der erste Schritt unserer Offensive, auf der Suche nach Unterkünften für Asylwerber/innen generell nun verstärkt auf private Quartiere zu setzen. Vorbild hier ist Wien, wo rund 50 Prozent der Quartiersplätze bei Privaten geschaffen wurden. In Oberösterreich stehen wir bei dieser Form der Unterbringung bei erst rund 10 Prozent. Plan für die nächsten Monate ist, dass die Asylwerber/innen zuerst in organisierten Quartieren untergebracht werden, wo die wichtigsten Behördengänge erledigt und erste Sprachkenntnisse vermittelt werden, dann soll eine Weitervermittlung in private Quartiere erfolgen, um so möglichst kleinräumig und familiär eine optimale Integration zu fördern.“ Pressekonferenz 21. Dezember 2015
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